Tatort Deutschland: 36% der Unternehmen in Deutschland waren in den letzten beiden Jahren Opfer von Wirtschaftskriminalität. Noch schlimmer hat es die großen Unternehmen erwischt: 45%, also beinahe jedes zweite Unternehmen, war von Wirtschaftskriminalität betroffen. Gleichzeitig schätzen Großunternehmen das Risiko einer Attacke deutlich zu niedrig ein, denn nur 23% befürchten einen Angriff; die überwiegende Mehrheit hingegen wähnt sich in trügerischer Sicherheit. Das sind Ergebnisse der repräsentativen Umfrage „Wirtschaftskriminalität in Deutschland 2016“, die TNS Emnid im Auftrag von KPMG im Frühjahr dieses Jahres unter 500 Unternehmen durchgeführt hat.
Betrug und Untreue vorn – Datendelikte Angstfaktor Nummer eins
Die häufigsten Deliktarten in den letzten zwei Jahren waren Betrug und Untreue (45%), dicht gefolgt von Diebstahl und Unterschlagung (43%). Mit 63% waren die großen Unternehmen noch stärker von Diebstahl und Unterschlagung betroffen. Hier sind vor allem auch die Korruptionsdelikte auf dem Vormarsch, nämlich bei knapp der Hälfte (45%) der von Wirtschaftskriminalität betroffenen Großunternehmen. Das ist ein sprunghafter Anstieg von 50% gegenüber 2014.
Jedes vierte aller betroffenen Unternehmen (24%) hatte mit Fällen von Datendiebstahl und Datenmissbrauch zu tun. Auffällig ist, dass die Angst vor Cyberdelikten sehr viel größer ist als die tatsächliche Betroffenheit. Denn vier von fünf Befragten (82%) sehen auf diesem Feld ein hohes oder sogar sehr hohes Risiko.
KPMG: 100 Mrd. Euro Schaden pro Jahr
Die höchsten Schäden sind in den letzten zwei Jahren laut KPMG-Studie durch Kartellrechtsverstöße (83%) entstanden. Die durchschnittlichen Gesamtschäden, das heißt inklusive Ermittlungs- und Folgekosten, wurden von den Unternehmen, die von Kartellrechtsverstößen betroffen waren und die dazu Angaben gemacht haben, mit 4,6 Mio. Euro beziffert.
Korruption ist die Deliktart, die mit 53% an zweiter Stelle steht, wenn es um materielle Schäden geht. Erst dann folgen in der Gesamtschau Betrug und Untreue (39%). Gleichzeitig werden bei Betrug und Untreue aber extreme Spitzenwerte festgestellt. So geben 6% der davon betroffenen Unternehmen Gesamtschäden von 20 Mio. Euro und mehr an.
Reputationsrisiken werden unterschätzt
Und dann gibt es noch das Reputationsrisiko, das nach Beobachtung von KPMG noch immer unterschätzt wird. 13% aller befragten Unternehmen geben an, schon einmal einen Reputationsschaden durch Wirtschaftskriminalität oder Compliance-Verstöße erlitten zu haben. Dabei war die Betroffenheit umso stärker, je höher der Umsatz war.
Insgesamt berichten 77% der von Reputationsschäden Betroffenen von spürbaren Folgen nach Veröffentlichung der Straftaten. Vor allem im Unternehmen selbst: 42% nennen negative Auswirkungen auf die Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen. Bei einem Fünftel der Betroffenen ging der Umsatz zurück. In 38% der Fälle haben externe Partner die Fortsetzung der Geschäftsbeziehungen an Bedingungen geknüpft. Dazu zählen vor allem die unabhängige Aufklärung des Falles und die Einführung eines wirksamen Compliance Management Systems. Immerhin jedes dritte Unternehmen (35%) schließt Geschäftsbeziehungen mit Unternehmen, die Täter von Wirtschaftskriminalität wurden, grundsätzlich aus. (sg)
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