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6. November 2025
Zukunft der AO: „Breitere Marktaufstellung spricht für Mehrfachagenten“
Zukunft der AO: „Breitere Marktaufstellung spricht für Mehrfachagenten“

Zukunft der AO: „Breitere Marktaufstellung spricht für Mehrfachagenten“

Quo vadis, Ausschließlichkeitsvertrieb? Diese Frage stellen sich nicht nur einige AO-Vermittler, sondern zunehmend auch Versicherer. Gemeinsam mit dem Vermittlernetzwerk IGAL hat die ALH Gruppe ihren AO-Vertrieb in Mehrfachagenturen überführt. War dieser Umwandlungsprozess erfolgreich? Und was braucht es, damit dieser Weg in anderen Konstellationen gelingen kann?

Interview mit Stephan Buck, Vorstand des Netzwerks für innovative gesellschaftsübergreifende Agenturlösungen e. V. (IGAL)
Herr Buck, vor einigen Monaten haben Sie Ihre Ausschließlichkeitsagentur in eine Mehrfachagentur umgewandelt. Wie denken Sie rückblickend über diesen Schritt?

Ich hätte diesen Schritt sicher schon vor Jahren gemacht, wenn er nicht erst mal mit dem Verlust von Beständen und Beziehungen und damit einer längeren wirtschaftlichen Durststrecke verbunden gewesen wäre.

Die Veränderung ging mit Unterstützung der ALH Gruppe einher. Der Versicherer ist ja als Makler­versicherer bekannt. Warum wollte man den Ausschließlichkeitsvertrieb umwandeln? Und wer setzte den entscheidenden Impuls?

Das war ein längerer Prozess. Am Anfang stand von uns, der IGAL als Interessengemeinschaft der damaligen Ausschließlichkeitsorganisation, der Wunsch nach einer flexiblen Marktöffnung für Produkte bei denen das notwendig ist. Dies kam zusammen mit einer Neuausrichtung der ALH Gruppe auf den Vertrieb ihrer Produkte auf Makler und Mehrfachagenten. Wir haben daraus eine Win-win-Situation gemacht.

Die Transformation des Ausschließlichkeitsvertriebs hin zu einer Mehrfachagentur ist nicht ohne Risiken. Welche Bedenken gab es aufseiten der ALH, welche aufseiten der Ausschließlichkeitsvertreter?

Ein Wechsel in mehr Freiheit und Eigenverantwortung erfordert zunächst ein Umgewöhnen und das Verlassen gewohnter Pfade. Wir hatten viele IGAL-Kolleginnen und -Kollegen mit Vorfreude und auch einige mit Respekt vor der Aufgabe. Alleine die Umstellung von Prozessen und Technik hat manche schon gefordert und fordert sie auch heute noch. Nicht jeder will sich diese Mehrarbeit zumuten. Mit der Kollegialität unseres Verbandes und den richtigen Partnern wie der vfm Gruppe konnten wir hier aber viele Ängste nehmen.

Bei der ALH war es klar die Angst vor Kontrollverlust. In vielen Köpfen gelten Ausschließlichkeitsorganisationen als leichter planbar und führbar. Aber IGAL-Agenturen waren schon bisher nicht typische Exklusiv-Vermittler. Jede Agentur setzte eigene Schwerpunkte und hatte eine eigene Ausrichtung. Wir waren schon immer Unternehmen mit einem hohen Maß an Individualität. Da wir aber überproportional zum Ergebnis der Gesellschaften der Gruppe beitrugen, hätte ein Bestandsverlust durch Umdeckungen schon spürbar schlechtere Zahlen zur Folge gehabt. Es gehört also schon etwas Mut dazu, Vermittler in die Mehrfachagentur-Schiene gehen zu lassen und alle Bestände mitzugeben. Diesen Mut hatte die ALH Gruppe.

Nun, einige Monate später: Waren die Bedenken überhaupt berechtigt?

Absolut Nein! Bestände bei unseren bisherigen Exklusivpartnern ALH und Itzehoer blieben stabil oder wuchsen. Weitere Erträge über neue Partner kamen für die Vermittler dazu. Die IGAL-Mitglieder fühlen sich überwiegend sehr wohl und man spürt gerade bei den jungen Kolleginnen und Kollegen eine unglaubliche Dynamik.

Das heißt: Sowohl der Versicherer als auch die Ausschließlichkeitsagenturen erkannten gemeinsam die Vorteile eines solchen Wechsels?

Da bin ich mir heute sicher und die Branche schaut nach unserer Wahrnehmung auch ganz genau, was wir da tun und ob das ein Weg ist, den andere Unternehmen auch gehen könnten.

IGAL e. V. hat eine entscheidende Mittlerrolle beim Umwandlungsprozess inne. Welche Rolle spielte die IGAL bei der Umsetzung?

Die IGAL genoss als Interessengemeinschaft der ALH-Vermittler schon immer ein hohes Vertrauen auf beiden Seiten und konnte diesen Prozess nicht nur anstoßen, sondern auch weitgehend gestalten. So kam zum Beispiel der Anstoß, die vfm Gruppe als Partner ins Projekt zu nehmen, vor allem von uns. Wir holten uns kompetente Berater ins Boot, für die dieser völlig neue Weg auch hochinteressant war, und stellten die richtigen Fragen.

Heute sind wir das Netzwerk für Vermittler mit Interesse an einer innovativen gesellschaftsübergreifenden Agenturlösung oder kurz: IGAL. Wir bilden die kollegiale Heimat für selbstbewusste, gute Vertriebler.

Wer ist heute in der IGAL organisiert und welche Ziele verfolgt die Vereinigung aktuell?

Der IGAL e. V. bündelt heute rund 150 Agenturunternehmen mit rund 500 Mitarbeitern. Die meisten stammen aus der alten AO-Welt. Wir haben aber auch schon neue Agenturen gewinnen können. Neben dem notwendigen Generationenwechsel sehen wir unsere Aufgabe darin, auch andere Kolleginnen und Kollegen zu begeistern, in Freundschaft mit unseren Premiumpartnern zu arbeiten und gleichzeitig den Markt umfangreich anbieten zu können.

Könnten Sie noch detaillierter erläutern, wie es ein Vermittlernetzwerk wie IGAL seinen Mitgliedern ermöglicht, auch Kundengruppen zu erreichen, die zuvor nicht zugänglich waren?

Durch unsere Kooperation mit der vfm Gruppe können wir Produkte von allen gängigen Versicherern anbieten oder bestehende Verträge in unsere Betreuung nehmen. Dabei ist es jedem weitgehend selbst überlassen, ob dies über unseren Dienstleister vfm-service oder bei größerem Volumen mit Direktanbindung an einen Versicherer geschieht. So stehen Lösungen für Kundengruppen zur Verfügung, für die die ALH bisher als ausschließlicher Partner in Teilbereichen nicht das passende Produkt anbot.

Die Erfahrung zeigt nun, dass durch unsere Rundum-Betreuung in diesen Kundengruppen wiederum auch die Top-Produkte von ALH und Itzehoer platziert werden können.

Warum hat der IGAL e. V. zusätzlich noch die IGAL Service GmbH gegründet?

Wie in den meisten Hausvereinen organisierte die IGAL alle Aufgaben ehrenamtlich. Aufseiten der Gesellschaften und bei unseren Dienstleistern stehen dagegen qualifizierte bezahlte Strukturen. Wir mussten uns hier professionalisieren. Die GmbH entlastet den IGAL-Vorstand, indem sie z. B. unsere Veranstaltungen und Treffen organisiert. Sie bietet Weiterbildung und Beratungen an und ist unsere Schnittstelle für die Anbindung neuer Agenturen. Wir können so bei unseren Partnern das Gewicht unserer Zusammenarbeit deutlicher darstellen. Mit meinem Vorgänger und heutigen Ehrenpräsidenten, Detlef Schimansky, als Geschäftsführer und engagierten Mitarbeiterinnen haben wir uns hervorragend aufgestellt.

Sie haben betont, dass der Übergang von der Ausschließlichkeit zur Mehrfachagentur in Zusammenarbeit mit dem Versicherer eine Win-win-Situation darstellt. Inwiefern kann die Erfolgs­geschichte der IGAL als Blaupause für andere Versicherer und ihre Vermittlerinnen und Vermittler dienen?

Das kommt ganz auf den Mut der Verantwortlichen an. Wie erwähnt wissen wir, dass wir von vielen Gesellschaften und kollegialen Vereinigungen intensiv beobachtet werden. Über den Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) und den Arbeitskreis Vertretervereinigungen der Deutschen Assekuranz (AVV) stehen wir auch mit einigen in regem Kontakt. Nicht überall passen aber die Voraussetzungen. Denn ein solcher Weg geht definitiv nicht im Streit zwischen Gesellschaften und Vermittlern, sondern nur in fairer Partnerschaft. Die Steine und Bedenken müssen gemeinsam aus dem Weg geräumt werden.

Liegt die Zukunft des Vertriebs also eher bei den Mehrfachagenten als bei den AO-lern?

Ja, alleine schon die breitere Marktaufstellung spricht klar für den Mehrfachagenten.

Lesen Sie auch: Wenn AO-Vermittler ausscheiden, was passiert mit den Beständen?

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Ein Interview mit
Stephan Buck