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14. November 2022
Zur Nachbesserungspflicht des Immo-Verkäufers bei Altlasten
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Zur Nachbesserungspflicht des Immo-Verkäufers bei Altlasten

Der BGH hat per Urteil die Voraussetzungen für eine Haftung eines Grundstücksverkäufers wegen Altlasten bzw. eines Altlastenverdachts präzisiert. Im konkreten Fall geht es um eine im Innenhof eines Wohngebäudes aufgefundene ehemalige Kiesgrube, die mit Schadstoffen belastet ist.

Eine Gemeinschaft von Wohnungseigentümern, deren Wohnanlage sich auf einem Grundstück in München befindet, hat gegen ein Immobilienunternehmen geklagt, in dessen Besitz die Wohnanlage ursprünglich gewesen ist.

Der Klage ging Folgendes voraus: Das Immobilienunternehmen teilte das Grundstück mit dem bestehenden Gebäude im Jahr 2012 in Wohnungseigentum auf und begann mit dem Verkauf der Einheiten. Für den zunächst beabsichtigten Bau einer Tiefgarage ließ es im Frühjahr 2013 die Böden des Innenhofs und der Außenflächen der Anlage untersuchen. Dabei wurde eine ehemalige Kiesgrube aufgefunden, deren aufgefüllte Böden laut weiterer Untersuchungen unterschiedlich mit Schadstoffen belastet sind.

Das Immobilienunternehmen stoppte daraufhin zunächst den Verkauf und informierte die Stadt München. Behördlich angeordnete Untersuchungen des Oberbodens auf Altlasten ergaben Belastungen u. a. mit Benzoapyren (BaP). In einer vom Immobilienunternehmen in Auftrag gegebenen gutachterlichen Bewertung der Untersuchungsergebnisse wurde für den Innenhof ein Bodenaustausch bis zu einer Tiefe von 30 cm vorgeschlagen. Auf einen Austausch des tiefer liegenden Bodens könne wegen der geplanten Errichtung der Tiefgarage verzichtet werden. Maßnahmen im südlichen Außenbereich seien trotz der festgestellten Belastungen wegen einer möglichen Einzäunung der betroffenen Bereiche nicht erforderlich.

Ab Ende Mai 2013 setzte das Immobilienunternehmen den Verkauf der Wohnungen fort. In den Kaufverträgen wies es auf eine allein den Innenhof betreffende Altlastenauskunft der Stadt München hin und verpflichtete sich zur Durchführung der für den Innenhof vorgeschlagenen Sicherungsmaßnahmen. Die Haftung für eine Altlastenfreiheit des Grundstücks außerhalb des Innenhofs wurde ausgeschlossen.

In der Folgezeit tauschte das Immobilienunternehmen den Oberboden des Innenhofes in einer Tiefe von 20 cm aus. Der Bau einer Tiefgarage erfolgte dagegen nicht. In zwei Eigentümerversammlungen im Mai 2014 und im Oktober 2015 beschlossen die Wohnungseigentümer mehrheitlich die gerichtliche Geltendmachung möglicher Ansprüche wegen Altlasten im Innenhof und im südlichen Außenbereich.

Bisheriger Prozessverlauf: Landgericht gibt dem Hauptantrag teilweise statt

Das Landgericht (LG) hat der mit dem Hauptantrag beanspruchten Feststellung des Bestehens von Mängelansprüchen teilweise stattgegeben. In der Berufungsinstanz hat das Oberlandesgericht (OLG) den Hauptantrag als unzulässig abgewiesen und auf den Hilfsantrag der Wohnungseigentümergemeinschaft das Immobilienunternehmen zur Beseitigung der vorhandenen Altlasten durch Sanierung des Innenhofs und des südlichen Außenbereichs verurteilt – jedoch nur, soweit jeweils der Wert von 0,5 mg/kg BaP überschritten wird. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision hat das Immobilienunternehmen die vollständige Abweisung der Klage erstrebt. Die Eigentümergemeinschaft hat mit der Anschlussrevision ihr Klagebegehren weiterverfolgt, soweit dieses erfolglos geblieben ist.

BGH-Entscheidung: Zurückverweisung an das Oberlandesgericht

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat das Urteil auf die Revision des Immobilienunternehmens aufgehoben, soweit es zur Beseitigung der vorhandenen Altlasten verurteilt worden ist. Insoweit ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurückverwiesen worden.

Zwar sei die Annahme, dass das Grundstück wegen des Vorfindens einer aufgefüllten Kiesgrube und eines hierdurch begründeten Altlastenverdachts einen Mangel i. S. d. § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB a. F. aufweist, nicht zu beanstanden. Die vom Immobilienunternehmen wegen eines Altlastenverdachts geschuldete Nachbesserung umfasse aber laut BGH zunächst nur die Ausräumung des Verdachts durch Aufklärungsmaßnahmen. Ein Altlastenverdacht rechtfertige hingegen nicht die Sanierung des Grundstücks, zu der das Unternehmen vom Berufungsgericht verurteilt worden ist. Die Beseitigung von Altlasten könne der Käufer erst dann verlangen, wenn sich der Verdacht bestätige. Entscheidend sei deshalb, ob über den Altlastenverdacht hinaus eine tatsächliche Bodenbelastung in einem Umfang vorliege, der die vom Berufungsgericht ausgesprochene Verurteilung zur Sanierung trägt. Hiervon könne aber auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen nicht ausgegangen werden, so der BGH. (ad)

BGH, Urteil vom 11.11.2022 – V ZR 213/21

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