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2. Juli 2021
„Die Betreuung der Kunden wird künftig viel digitaler sein“

„Die Betreuung der Kunden wird künftig viel digitaler sein“

Amundi hat 2020 eines der erfolgreichsten Jahre der Firmengeschichte geschrieben. Dennoch hat die Gesellschaft ihren Deutschland-Vertrieb im April neu aufgestellt. Warum und wie und auf welche Schwerpunkte Amundi in diesem Jahr setzt, erläutert Hermann Pfeifer im Gespräch mit AssCompact.

Interview mit Hermann Pfeifer, Head of Distribution Germany & Head of ETF, Indexing, Smart Beta Germany, Austria and Eastern Europe bei Amundi
Herr Pfeifer, Sie sind im April zum Head of Distribution Germany & Head of ETF, Indexing, Smart Beta Germany, Austria and Eastern Europe ernannt worden. Klingt nach einem umfassenden Aufgabengebiet. Ist das auch in der Praxis so?

Amundi ist europäischer Marktführer und gehört weltweit ebenfalls zu den Top-Playern der Asset-­Management-Branche. Wir haben eine klar definierte Entwicklungsstrategie und Deutschland, Österreich sowie die unter Eastern Europe zusammengefassten Länder gehören zu den Wachstumsmärkten. Daher kann ich Ihre Frage mit einem klaren „Ja“ beantworten. Aber ich sehe es sportlich, denn man braucht Herausforderungen, um immer wieder auszuloten, was möglich ist. Zudem habe ich ein Team von erfahrenen und qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, sodass ich diese Herausforderung optimistisch angehe.

Amundi hat auch insgesamt den Vertrieb in Deutschland umstrukturiert. Wieso?

Nach dem sehr erfolgreichen letzten Jahr und der erfreulichen Entwicklung des Geschäfts seit Jahres­beginn haben wir den Vertrieb neu strukturiert, um unseren Kunden einen noch besseren Service über alle Vertriebsbereiche hinweg bieten zu können. Gleichzeitig merken wir durch die Gespräche mit unseren Kunden, dass es sinnvoll ist, unsere weiter bestehenden Spezia­listenteams für das aktive und passive Geschäft noch enger zu verzahnen. Wir können so noch besser auf den jeweiligen Bedarf reagieren und Lösungen anbieten, die nicht selten aus einer Kombination von aktiven und passiven Produkten bestehen.

Im Zuge der personellen Neuausrichtung des Vertriebs wurde auch der neue Bereich ESG Business geschaffen. Warum und wie sieht dieser konkret aus?

Mit der Schaffung des Bereichs ESG Business vertiefen wir unsere ESG-Expertise in Deutschland und erweitern unsere Kommunikation gegenüber allen Stakeholdern. Dabei können wir auf dem reichen Erfahrungsschatz des ESG-Bereichs der Hauptverwaltung in Paris aufbauen. Durch das Zusammenspiel aus lokalen und zentralen Kompetenzen können wir die ESG-Interessen und Bedürfnisse unserer Kunden in den Investmentprozess und bei den Fondsmanagern noch umfassender und schneller einfließen lassen. Für uns ist dieser Austausch mit den Kunden enorm wichtig.

Auf welchen Themen und Kanälen liegen die Vertriebsschwerpunkte in diesem Jahr?

ESG ist auch 2021 das zentrale Thema. Schon letztes Jahr haben wir bei nachhaltigen Investments einen Boom gesehen, der sich dieses Jahr fortsetzen sollte. Ein weiterer Trend ist die hohe Nachfrage nach passiven Investments.

Wie positioniert sich Amundi in dieser Situation?

Aktive Lösungen sind für uns nach wie vor wichtig, aber die Gewichte werden sich weiter verschieben. Ein weiterer Trend ist, dass sich immer mehr Retail-Kunden für die Börse interessieren. Für uns ist es entsprechend zentral, den Kunden jeweils bedarfsgerechte Lösungen anzubieten. Für den einen kann das ein ETF sein, für den anderen ein aktiv gemanagter Fonds, und für einen Dritten ist vielleicht die Kombination aus aktiv und passiv die richtige Wahl.

Wo liegen noch die Schwerpunkte?

Wie in allen Branchen wird auch im Asset-Management das Rad nicht jedes Jahr neu erfunden. Dennoch sehen wir eine weitere für uns spannende Entwicklung, der wir mit der Gründung von Amundi Technology Rechnung getragen haben. Mit Amundi Leading Technology and Operations – kurz ALTO – bieten wir unser Portfoliomanagement-System anderen Asset-Managern und Vermögensverwaltern an, um ihre Systeme auch im Einklang mit steigenden regulatorischen Anforderungen zukunftsfähig zu machen.

Die Cloud-basierte Software deckt die komplette Wertschöpfungskette in der Vermögensverwaltung ab, inklusive Portfolioanalyse und -simulation, Order-Management, Compliance, Middle Office sowie Risiko- und Performance-Messung und Reporting. Und natürlich bietet es Nutzern die gleiche ESG-Landschaft im Portfoliomanagement, wie wir sie selbst nutzen. Allein aus Risiko­gesichtspunkten ist das enorm wichtig. Unsere Kunden können wir so über das klassische Produktangebot hinaus Lösungen anbieten, mit denen wir uns von unseren Mitbewerbern differenzieren.

Wie lief das „Corona-Jahr“ insgesamt für Amundi Deutschland?

2020 war trotz Corona ein gutes Jahr für Amundi, auch wenn wir zunächst wie alle technische Herausforderungen meistern mussten. Wir haben jedoch sehr schnell einen Weg gefunden, unseren Mitarbeitern die Arbeit von zu Hause zu ermöglichen und den Kundenkontakt weitgehend in die digitale Welt zu verlagern. Insgesamt haben wir 2020 in Deutschland Mittelzuflüsse von 14 Mrd. Euro erzielt. Erneut ein sehr gutes Ergebnis.

Wie herausfordernd waren die diversen Einschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie für den Vertrieb, speziell im Retail-Bereich?

Wir haben es sehr schnell geschafft, uns auf die neuen Rahmenbedingungen einzustellen. Digitale Kunden­termine und -gespräche sowie Online-Präsentationen zählen inzwischen zu unserem täglichen Geschäft. Auch wenn ich mich natürlich auf persönliche Termine nach der Pandemie freue, wird die Betreuung der Kunden künftig viel digitaler sein und Home-Office-Tage selbstverständlicher werden. Zahlreiche neue Online-Formate helfen uns, den Austausch mit unseren Kunden und Anlegern sogar noch zu forcieren.

Wie wichtig ist das passive Geschäft für Amundi?

Das Geschäftsfeld Amundi ETF, Indexing & Smart Beta ist mit einem verwalteten Vermögen von rund 171 Mrd. Euro ein wichtiger strategischer Wachstums­bereich von Amundi. Sehr wettbewerbsfähige Konditionen und eine hohe Taktrate bei den Innovationen haben Amundi ETF in den letzten Jahren zu einem der führenden Akteure in diesem Bereich gemacht.

Rückenwind bekommen wir zudem vom ETF-Markt, der in Europa während der letzten zehn Jahre konstant um mehr als 17% pro Jahr gewachsen ist. Auch künftig erwarten wir zweistellige Wachstumsraten. Das heißt, passive Lösungen werden bei europäischen Anlegern eine immer wichtigere Rolle spielen. Da wir als Produkt- und Lösungsanbieter agieren, sind wir hier perfekt positioniert.

Mit Lyxor will sich Amundi in diesem Bereich zusätzlich verstärken. Wie wichtig ist Größe in diesem besonders umkämpften Teil des Fondsmarkts?

Amundi hat kürzlich exklusive Verhandlungen zur Akquisition von Lyxor angekündigt. Dadurch würde Amundi zum größten europäischen ETF-Anbieter werden und könnte von weiteren Synergiepotenzialen profitieren. Da die Transaktion noch nicht abgeschlossen ist, können wir leider noch nicht über Einzelheiten sprechen. Grundsätzlich gilt aber: Größe und die damit verbundenen Größenvorteile sowie eine starke Verhandlungsposition sind im ETF-Markt wichtige Wettbewerbsvorteile.

Wie wichtig ist Größe generell im von Niedrigzinsen und hohem Kostendruck geprägten Fondsgeschäft?

Auch das ist ein Thema, das uns schon seit Jahren begleitet. Einerseits sehen wir den Trend zu großen, globalen Playern und andererseits die Spezialisierung bei Nischenanbietern. Für beides wird es weiterhin Bedarf geben. Die großen Häuser zeichnet es zunehmend aus, dass sie neben dem Produkt- auch ihr Service-Angebot kontinuierlich ausbauen können – so wie wir dies mit Amundi Technology getan haben. Solche Leistungen werden sicherlich zukünftig Differenzierungsmerkmale werden.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 06/2021, Seite 48 f., und in unserem ePaper.

Bild: © SFIO CRACHO – stock.adobe.com

 
Ein Interview mit
Hermann Pfeifer