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29. März 2021
„Die Szene der InsurTechs ist ernstzunehmender geworden“

„Die Szene der InsurTechs ist ernstzunehmender geworden“

Das InsurTech FinanzRitter baut seine Dienstleistungen für Maklerbetriebe aus. Das Start-up will sich zur Full-Service-Agentur entwickeln und fokussiert dabei auf einen hybriden Ansatz. Nachgefragt bei Florian Kümper, Geschäftsführer der FinanzRitter UG (haftungsbeschränkt).

Herr Kümper, vor etwa vier Jahren wurde die App FinanzRitter auf dem Markt eingeführt. Seitdem ist die Euphorie rund um digitale Versicherungsmakler abgekühlt. Wie ist es Ihnen ergangen?

FinanzRitter sollte von Anfang an eine Software sein, die mir als Makler langwierige aber notwendige Verwaltungsaufgaben abnimmt. Herzstück unseres Modells ist und war dabei immer die maximale Automatisierung dieser Aufgaben, um so durch die Zeitersparnis auch kleinere Sachversicherungen wieder profitabel zu machen und sich im Service auf die Kund:innen konzentrieren zu können. Ich sehe nicht, dass die Euphorie um digitale Versicherungsmakler abgekühlt ist, ich sehe eher, dass es wenig nachrückende Gründungen gibt, dafür die Weiterentwicklung und Fokussierung auf unterschiedliche Bereiche der bestehenden Unternehmen in den Vordergrund gerückt ist. Das zeigen auch die größer werdenden Finanzierungsrunden in die bestehenden Start-ups. Die Szene der InsurTechs ist deutlich erwachsener und auch ernstzunehmender geworden.

Sie haben nun angekündigt, eine Service-Agentur für Maklerbetriebe werden zu wollen. Ist das nicht eine Abkehr vom ursprünglichen Geschäftsmodell?

Wie schon kurz angedeutet, ist das keineswegs eine Abkehr vom ursprünglichen Geschäftsmodell. Wir haben uns in den letzten Jahren – anders als manche Mitbewerber – nicht auf die Vermarktung konzentriert, sondern auf unsere Prozesse, Dienstleistungen und Produkte mit dem Schwerpunkt der Automatisierung. Ich war und bin der Überzeugung, dass diese Grundlagen letztlich darüber entscheiden werden, wer profitabel wird und wer nicht. Wir haben eine einzigartige Lösung geschaffen mit der wir uns als Full-Service-Agentur für Versicherungsmakler:innen positionieren, einschließlich der Übernahme des telefonischen Kundenservices. Mit unserer Lösung reduzieren Makler:innen ihre Verwaltungsarbeit im Kompositgeschäft um 90%. Im Übrigen werden wir auch weiterhin unsere eigenen Endkund:innen bedienen.

Wie soll das Angebot aussehen?

Unser B2B-Geschäft wickeln wir über unsere Marke FinanzRitter Hybrid ab. Wir übernehmen dabei die gesamte Abwicklung des Versicherungsgeschäftes im Kompositbereich, von der Beratung über Vertragsabschluss, Kundenservice, Verwaltung und Schadenabwicklung. Darüber hinaus bekommen die Makler:innen Zugang zu Verwaltungsprogramm, Endkunden-App, Webplattform, Marketingmaterial inklusive Webseite, automatisierten Terminvereinbarungen für die Beratung von Lebens-und Krankenversicherungen und vielem mehr. Die Makler:innen können sich also voll und ganz auf die qualifizierten Beratungen im Lebens- und Krankenversicherungsgeschäft und die Kundenpflege konzentrieren.

Wir agieren dabei als Maklerpool, bieten aber als Full-Service-Agentur eben weitaus mehr. Dabei sehen wir uns mehr als Gemeinschaft denn als Pool – so stimmen unsere Makler:innen auch über weitere Funktionen mit ab und können an regelmäßig stattfindenden Veranstaltungen und Stammtischen teilnehmen. Unsere „Tafelrunde“ findet beispielsweise ohne Agenda statt. Im Gegenzug erhalten wir von den Makler:innen einen Courtagesplit sowie Overhead-Courtagen durch die Versicherer. Des Weiteren bieten wir Nachfolgeregelungen im Rahmen des Bestandskaufes zu überdurchschnittlichen Kaufpreisen und einfachen, automatisierten Bewertungsmethoden sowie Hilfen im Rahmen eines Filialkonzeptes für Ausschließlichkeitler an, die den Schritt in die Versicherungsmaklerei gehen möchten.

Möglich macht den Ausbau des B2B-Bereichs der Zufluss von frischen Investments. Wie stellt sich das dar?

Sie können sich vorstellen, dass es eine gewisse Zeit dauert, bis wir profitabel sind, dennoch fallen immense Investitionen in Personal, Infrastruktur, Unternehmenskäufe usw. an. Mit unseren Investoren haben wir starke und erfahrene Partner an unserer Seite, die uns sowohl mit den finanziellen Mitteln als auch mit ihrem Know-how und großartigem Netzwerk unterstützen.

Mittlerweile gibt es zahlreiche „Enabler-Angebote“ für Maklerbetriebe. Neben den klassischen InsurTechs gesellen sich die Angebote von Maklerpools und auch von Versicherern. Wie wollen Sie sich da durchsetzen?

Sie drücken es in der Frage bereits aus: Es gibt viele Angebote am Markt. Doch die meisten bieten nur Teillösungen an und konzentrieren sich auf bestimmte Probleme. Wir verfolgen seit jeher einen ganzheitlichen Ansatz. Wo einige Unternehmen mit Faxgeräten und händischen Unterschriften immer noch in der Vergangenheit leben und andere die Maklerei vor Ort am liebsten „wegdigitalisieren“ wollen, beschreiten wir den vernünftigen Mittelweg – daher auch der Name FinanzRitter Hybrid. Menschliche Beratung und Automatisierung sind in unserem Produkt perfekt integriert, da wir den Vorteil hatten, vor fünf Jahren technologisch auf einer grünen Wiese anfangen zu können. Daher stehen wir nun nicht mit einem konzeptionellen und technologischen Flickenteppich da – im Gegensatz zu vielen etablierten Maklerpools und Versicherern. Weder bei kleinen Start-ups, noch bei etablierten Unternehmen sehe ich ein Produkt, das die Vorzüge der einzelnen Angebote vereint und den Makler:innen ein solches Rundum-Paket bietet, wie wir es können.

Welche Technologien werden dabei eine Rolle spielen?

Falls die Frage auf Technologien wie die Blockchain abzielt, muss ich Sie enttäuschen. Es gibt in der Versicherungswelt sicherlich großes Potenzial für solche Technologien, jedoch sind weite Teile der Branche noch damit beschäftigt in Sachen Digitalisierung aufzuholen. Solche Technologien werden nicht selten auch als Buzzword eingesetzt um Investor:innen anzulocken, ohne in der Praxis einen tatsächlichen Mehrwert zu bieten. Wir konzentrieren uns vorerst darauf, die akuten Digitalisierungsprobleme der Makler:innen zu lösen.

Dabei liegt unser Fokus, wie man auch an der Zusammensetzung unseres Gründerteams sehen kann, auf der Entwicklung stabiler Hintergrundprozesse, moderner und performanter Benutzeroberflächen und gut integrierter Automatisierung. Die Branche ist im Allgemeinen nicht gerade für User Experience bekannt. Das wollen wir ändern: Wir bringen das Maklerverwaltungsprogramm nicht nur in die Cloud, sondern mit modernen Webtechnologien auch auf Tablets und Smartphones – mit großartiger Bedienung und herausragender Performance, während im Hintergrund eigens entwickelte Machine Learning Systeme beispielsweise eingehende Dokumente und E-Mails auswerten, Kundendaten analysieren, Bedarfsanalysen fahren, Versicherungen beraten, Adressänderungen durchführen oder dabei helfen, Leads im eigenen Kundenstamm zu finden. Zusätzlich bieten wir ein herausragend ausgebildetes Service-Team sowohl für den direkten Kundenservice als auch als Ansprechpartner für unsere Makler:innen.

Eine Konsolidierung des Marktes scheint unausweichlich. Welche Ziele verfolgen Sie – ein langfristiges Geschäftsmodell oder hoffen Sie auf mögliche zahlungskräftige Käufer?

Zunächst einmal ist unser kurzfristiges Ziel, die Markeneinführung FinanzRitter Hybrid erfolgreich abzuschließen. Und dann kann ich Ihnen sagen, ich selbst bin mit Herz und Seele Makler und seit 2005 in der Versicherungsbranche tätig, seit 2009 als unabhängiger Versicherungsmakler. Selbstverständlich möchten und müssen wir, wie jedes andere Unternehmen auch, Geld verdienen. Wie unsere Herangehensweise in der Vergangenheit aber bereits gezeigt hat, möchten wir nicht einfach das schnelle Geld machen, sondern die Branche nachhaltig verbessern und ein langfristiger Partner der Versicherungsmakler:innen auf der einen und der Kund:innen auf der anderen Seite werden.

Bilder: © Costello77 – stock.adobe.com; FinanzRitter

 
Ein Interview mit
Florian Kümper