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27. Mai 2021
„Die Zahlen zeigen, dass man um Aktien nicht herumkommt“

„Die Zahlen zeigen, dass man um Aktien nicht herumkommt“

Aktien haben es in Deutschland weiterhin schwer. Dabei sind sie gerade für die langfristige Geldanlage wie insbesondere für die Altersvorsorge längst unverzichtbar, meint DJE-Vorstand Thorsten Schrieber. Das würden nicht zuletzt die historischen Renditezahlen belegen.

Interview mit Thorsten Schrieber, Vorstand der DJE Kapital AG
Herr Schrieber, DJE setzt bei langfristigen Vermögensanlagen wie etwa für die Altersvorsorge traditionell stark auf Aktien. Ist Altersvorsorge ohne Aktien heute nicht mehr möglich?

Wir sehen doch alle, dass wir tagtäglich mit Nullzinsen oder gar Negativzinsen zu tun haben. Die Banken sprechen offiziell zwar von Verwahrentgelt. Das klingt toll. Das hört sich fast so an, als ob die Bank einem etwas Gutes tut. Faktisch sind das aber Negativzinsen. Das trifft auch uns. DJE hat in der eigenen Fondsgesellschaft Kundengelder in der Höhe von rund 6 Mrd. Euro. Wenn wir davon nur 5% als Cash halten, müssten wir dafür 50 Basispunkte Strafzinsen zahlen. Es trifft aber auch jeden Kleinsparer. Und gerade durch die Corona-Krise haben die Deutschen so viel gespart wie noch nie. Entsprechend trifft sie das Niedrigzins­trauertal mehr denn je zuvor.

Und Kapitalmarktinvestments im Allgemeinen und Aktien im Speziellen wären der Ausweg daraus?

Unser ältester Fonds, der FMM-Fonds, ist jetzt 34 Jahre alt. Er hat seit der Auflage eine Performance erzielt, die ein Vielfaches von dem ist, was ein Sparbuch in der gleichen Zeit gebracht hätte. Mittlerweile sind Sparbücher seit Jahren real sogar im Minus. Selbst der MSCI World hat es bei einer Durchschnittsrendite von 5,5% pro Jahr nur auf um die 400% gebracht. Das ist zwar weniger als bei guten aktiven Fonds. Die Zahlen zeigen aber, dass man um Aktien nicht herumkommt. Natürlich haben Aktien ein implizites Risiko. Zudem sollte man sich überlegen, auf welche Unternehmen und Branchen man setzt. Hypes wie Wirecard sind nicht unser Metier. Mit soliden Aktieninvestments sind aber langfristige Durchschnittsrenditen von 5 bis 8% pro Jahr möglich.

Der Staat versucht das unter anderem mit Rürup oder Riester zu fördern. Wie sinnvoll sind diese staatlich geförderten Konstruktionen?

Beides sind Konstruktionen, mit denen die Politik die Lösung des eigentlichen Problems verfehlt. Das Ziel sollte es sein, einen Kapitalstock aufzubauen – wie in Amerika mit dem Modell 401(k). Ein über 60-Jähriger hat dort im Schnitt 190.000 Dollar angesammelt. Das ist ein vernünftiger Kapitalstock, um viele Jahre entspannt über die Runden zu kommen. Riester und Rürup kamen irgendwann mal aus den VL-Leistungen. Während Riester durch den geforderten Beitragserhalt derzeit kaum Chancen bietet, schafft Rürup immerhin noch einen gewissen Ansporn für Menschen, die beispielsweise selbstständig oder etwas besserverdienend sind und teils nicht in die staatliche Rente einzahlen. Beide sind aber mit umfassenden und teils nicht einfachen Regularien versehen. Diese Komplexität ist typisch deutsch. Leider hat es der Bundesfinanzminister bislang verpasst, hier kundenorientierte Lösungen auf den Weg zu bringen. In Deutschland wird gerne bedauert oder angeprangert, dass die Reichen immer reicher werden. Es wird aber nichts getan, um den Kleinanleger und den Mittelstand an diesen Reichtum heranzuführen.

Wie ginge es besser?

Nehmen Sie wieder die USA und 401(k). Da können Sie investieren, in was Sie wollen. Die Anlagen sind bis zur Rente steuerbefreit. Erst beim Verzehr des aufgebauten Kapitalstocks müssen die Anlagen als Einkommen versteuert werden. Aber dann sind die Steuersätze in der Regel niedriger, da das Gesamteinkommen viel niedriger ist. Das ist ein ganz einfaches Konstrukt. Mehr braucht man eigentlich nicht. Die deutschen Förderprodukte lösen hingegen mitunter mehr Fragen aus als Antworten. Da muss man sich nicht wirklich wundern, wenn besagtes Sparbuch weiterhin boomt.

Das ist umso problematischer, als sich das Problem durch die Null- und Negativzinsen verstärkt hat. Gibt es denn irgendeine Hoffnung, dass wir dieses Niedrigzinstrauertal verlassen?

Ich glaube nicht, dass wir absehbar eine Umkehr in der Zinslandschaft erleben werden. Wir werden sicherlich ein paar Zinskorrekturen sehen, da auch wieder etwas Inflation aufkommt. Eine minimale Zins­erhöhung ist aber keine Zinswende. Die Zinsen werden im Keller bleiben. Die internationale Verschuldung ist so hoch, dass sich keiner mehr eine echte Zinswende leisten kann.

Gibt es bei Aktien auch Teilbereiche, die aus Sicht von DJE besonders spannend sind?

Ja, wir haben mit dem DJE Dividende & Substanz zum Beispiel auch einen etwas konservativeren Aktienfonds im Angebot. In ihm sind viele Titel, die zwischen 3 und 5% jährliche Dividenden ausschütten. In Krisenzeiten werden zwar auch Dividenden hin und wieder gekürzt, in der Breite sind sie aber noch nie ausgefallen, vor allem nicht, wenn man die Unternehmen aktiv selektiert. Bei diesen Titeln kommt die Kursperformance dann noch obendrauf. Beides macht etwa 50% der Gesamtrendite aus. Dividenden sind gerade in Kombination mit Substanzkriterien für Anleger interessant, die das Aktienrisiko reduzieren wollen.

Haben Versicherungslösungen in diesem Umfeld komplett ausgedient?

Nein, auch Versicherungsprodukte können ja auf Aktien setzen. Aber oftmals machen Versicherungskonstrukte die Produkte teurer und komplizierter. Wenn der Kunde Risiken hat, die er kompensieren muss, dann kann er das alternativ auch individuell tun – sei es über eine BU oder über eine Risikolebensversicherung. Dann sind Anlage und Versicherung klar getrennt. Sobald eine Versicherung im Produkt inkludiert ist, ist es für Anleger eher schwerer erkennbar, wo das Kosten- und wo das Ertragselement ist. Am Ende kommt es aber immer auf die individuellen Umstände an – und bevor man gar nichts macht, dann lieber in ein solches Produkt, das zumindest teilweise am Aktienmarkt partizipiert.

Wie wichtig ist eine professionelle Beratung, um die individuellen Umstände zu identifizieren?

Sehr wichtig. Es gibt Tausende gute Berater da draußen – und die wollen wir so gut es geht in ihrer Arbeit unterstützen. Aktuelles Beispiel: Mit unserer Fondsgipfel-Akademie bieten wir mit Acatis und Shareholder Value eine digitale und damit sehr flexible Online-Plattform für professionelle Weiterbildung an. Berater haben die Möglichkeit, im Rahmen verschiedener Themenblöcke ihr Wissen zu vertiefen. Klar, jeden einzelnen Berater bundesweit direkt und selbst zu betreuen ist sicher schwierig. Viele haben sich aber mittlerweile in der Poollandschaft organisiert. Das hilft uns, weil wir unsere Betreuung durch die Pools konzentrierter vornehmen können. Auch mit Pools arbeiten wir daher eng zusammen, zumal sie die Vermittler heute oft auch technisch und in anderen Finanzbereichen sinnvoll unterstützen.

Technologie ist auch bei DJE ein wichtiges Thema. Mit Solidvest ist DJE auch einer der Vorreiter der digitalen Vermögensverwaltungen in Deutschland. Wie läuft diese und ist Robo-Advisory auch für die Altersvorsorge relevant?

Solidvest entwickelt sich weiterhin sehr erfreulich. Der Finanzberater wird dabei im Übrigen nicht außen vor gelassen. Im Gegenteil. Wir haben sehr viele Finanzberater, die uns über Tippgeberverträge Kunden für Solidvest zuführen. Der Vermittler schaut so nicht in die Röhre, sondern kann als Tippgeber an den Vermögensverwaltungsvergütungen partizipieren. Diese Dienstleistung könnte er alleine gar nicht anbieten. Somit macht er sich auch anderweitig kein Geschäft kaputt.

Wie sieht der übliche Kunde von Solidvest aus?

Der Altersschwerpunkt unserer Kunden liegt bei bei 50 Jahren. Das Durchschnittsvermögen beträgt rund 70.000 Euro. Angesichts dieser Summen und des nicht ganz so jungen Alters dürfte ein guter Teil unserer Kunden Solidvest auch für die Altersvorsorge nutzen. Das ist ja auch kein Wunder. Wo kann ich mich denn sonst mit 100 Euro in regelmäßigen Sparraten an einer Vermögensverwaltung beteiligen, die direkt in ca. 30 Aktien und 20 Anleihen investieren kann? Solche Lösungen schaffen Anreize, in Aktien zu investieren und nicht in viel zu komplizierte und unflexible Förderungen.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 05/2021, Seite 48 f., und in unserem ePaper.

Bild: © Phongphan Supphakank – stock.adobe.com

 
Ein Interview mit
Thorsten Schrieber

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Wilfried Stras… am 30. Mai 2021 - 00:10

Generell sind für die Altersvorsorge unsere ETFs die weitaus bessere Lösung, unsere Kunden wissen weshalb.

Zum Beispiel fällt bei Versicherungslösungen, allerdings die RICHTIGEN, keine Steuer bei Umschichtungen an. Das gilt auch für Onlinebroker!. Diese Kosten bei einem Vertrag über 40 Jahre, vielleicht bei 50 Umschichtungen reduzieren die Rendite erheblich. Bis 66% Förderungen, da sind mögliche Kursverluste schon fast kein Thema mehr. Wer sagt mir das wechselnde Fondsmanager über eine so lange Zeit ähnlich gut sind.. Ein wichtiger Faktor gerade bei höheren Kosten. Darum empfiehlt selbst Warren Buffett, der wohl weltweit berühmteste Fondmanager und einer der reichsten Männer der WELT, seiner Frau, nach seinem Tod die Anlage in ETF. Ohne weitere Worte. Aber der Hauptgrund gegen Fonds ist Vorständen nach Unterzeichnung der Geheimhaltungsvereinbarung für meine Jahrhundertidee, die es erstmals fast allen Bürgern ermöglichen wird, sogar höhere Renditen, als heute Reiche erzielen, vorbehalten. Völlig konkurrenzloses Geschäft mit Alleinstellung. Man kann wie bei der Vakzine Bestellung abwarten, oder vor den US-Firmen aktiv werden.....