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18. Februar 2022
„Für mich hat das Thema Hund den Bereich Kfz abgelöst“

„Für mich hat das Thema Hund den Bereich Kfz abgelöst“

Martin Markowsky ist auf den Hund gekommen – nicht nur privat, sondern auch als Spezialmakler für Versicherungslösungen rund um Paule & Co. Wie es dazu kam und worauf es bei der Absicherung für Hundehalter und ihre vierbeinigen Gefährten ankommt, hier einige Einblicke.

Ein Interview mit Martin Markowsky, Versicherungsmakler und Geschäftsführer der Dogvers GmbH
Herr Markowsky, wie kam es zu Ihrer Spezialisierung auf Hunde? Sie waren ja vorher im Bereich bAV aktiv.

Für diese Veränderung gab es zwei Auslöser: Der eine war der Einzug von Paule, meinem Border-Collie-Whippet-Mix, und der andere relativ zeitgleich die Insolvenz eines großen bAV-Kunden. Das war der Punkt, an dem ich kurzzeitig auch an das Wechseln der Branche gedacht habe. Letztendlich habe ich mich dann aber für mein Herzensthema Hunde bzw. die Absicherung von Hunden entschieden.

Und wie hat sich der Beratungsalltag verändert?

In meinem Arbeitsalltag spielte plötzlich nur noch das Thema Hund eine Rolle. Wirtschaftlich war dies natürlich auch ein Wagnis, da ich ab diesem Zeitpunkt so gut wie kein Abschlussprovisionsgeschäft mehr generierte. Die Umstellung hat aber dazu geführt, dass das sogenannte „Grundrauschen“ in meinem Unternehmen eine Größenordnung erreicht hat, die viele Dinge entspannter macht. Für mich steht 2022 das Thema Cross-Selling auf meiner Agenda.

Wie ist Ihre Einschätzung der aktuellen Markt­situation? Wie entwickelt sich derzeit die Nachfrage nach der Hundehalterhaftpflicht und der Tierkranken­versicherung?

Der Markt für die Absicherung von Hunden erlebte durch die Pandemie einen regelrechten Schub. Die Anzahl der Hunde stieg alleine in den letzten zwei Jahren um gut eine Million. Entsprechend ist auch die Nachfrage nach Absicherungsmöglichkeiten deutlich angestiegen. Trotzdem sind erst rund 20% aller Hunde in Deutschland kranken- und/oder OP-versichert. Schaut man zum Beispiel nach Großbritannien oder nach Schweden, ist dieser Anteil dort deutlich höher. Potenzial gibt es also bei uns immer noch reichlich.

Für mich hat das Thema Hund den Bereich Kfz in der Neukundenakquise abgelöst. Der Hund ist positiv besetzt und ich bin fast ausschließlich auf einer Herzensebene bei meinen Kunden. Da sind der nächste Schritt zum angesprochenen Thema Cross-Selling und der Weg zur Gesamtbetreuung dann nicht weit.

Geht der Trend denn hin zum Zweithund?

Allein, dass wir rund 12 Millionen Hunde in Deutschland haben und diese in rund 9,8 Millionen Haushalten leben, zeigt, dass es diesen Trend gibt. Ich glaube, dass das auch damit zusammenhängt, dass viele Neuhundebesitzer feststellen, dass der Hund auch nach der Pandemie Aufmerksamkeit benötigt, aber aus beruflichen Gründen seines Halters häufiger alleine bleiben muss. Das verstärkt sicher den Trend zum Zweithund.

Sie haben die Beispiele Groß­britannien und Schweden schon angesprochen. Wie versichern andere Länder und kann man davon etwas lernen?

Im Bereich der Krankenver­sicherung oder/und OP-Kosten­absicherung sieht man in Schweden und Großbritannien, dass die Quote der Hunde, die abgesichert sind, deutlich höher ist als in Deutschland. In Schweden beträgt sie über 80%, in Großbritannien über 45%.

Was ich sehr gut finde, ist der Ansatz in Großbritannien, dass dort in der Regel das versichert wird, was unvorhersehbar ist – alles das, was vorhersehbar ist, dagegen nicht. Das heißt, dass zum Beispiel das Thema Vorsorgeaufwendungen wie Krallen schneiden, Wurmkur, Impfungen nicht bezahlt werden, aber der Kreuzbandriss oder eine Zerrung.

Was sind denn die Finessen bei den Krankenversicherungsbedingungen?

In den vergangenen Jahren sind immer mehr Anbieter auf den Markt gekommen, da sie erkannt haben, dass das Thema Hunde interessant ist. Eine größere Auswahl an Anbietern begrüße ich grundsätzlich sehr. Zum einen belebt Konkurrenz das Geschäft und führt zum anderen sicher auch zu einer Verbesserung der Leistungen bzw. der Bedingungen, was ich am Markt auch durch Gespräche mit den Anbietern spüre.

Leider stelle ich aber auch fest, dass es Anbieter gibt, die einfach nur eine Krankenversicherung im Angebot haben möchten. Hier sehe ich keine positiven Besonderheiten oder innovative Produktideen. Teilweise werden Bedingungen unterschiedlicher Anbieter einfach abgeschrieben und dann in einem Akt der „Bedingungsakrobatik“ so verschlimmbessert, dass diese Produkte aus meiner Sicht noch nicht einmal eine Daseinsberechtigung haben. Gerne genommen werden hier dann auch Verklausulierungen, wo selbst ich teilweise überlegen muss, was denn jetzt überhaupt noch gemeint bzw. versichert ist.

Meine Empfehlung beim Lesen der Versicherungsbedingungen ist, immer mit den Ausschlüssen zu beginnen. Hier geht es insbesondere um den Ausschluss klassischer Erkrankungen wie etwa HD, das heißt Hüftdysplasie, ED oder Ellenbogendysplasie, Patellaluxation, also die Kniescheibe, brachyzephales Syndrom bzw. Deformation des Kopfes, Herz und einiges mehr. Wenn all diese Krankheiten ausgeschlossen sind, ist das bereits ein erstes Anzeichen für eher suboptimale Bedingungen.

Eine weitere Unart ist die Limitierung von Leistungen, um den Beitrag optisch günstig darstellen zu können. Beispielsweise gibt es Anbieter, die Leistungen im ambulanten Bereich und im OP-Kostenbereich bei 2.000 Euro deckeln oder nur bis zum zweifachen Satz der Gebührenordnung der Tierärzte (GOT) übernehmen. Im Notdienst mit Abrechnung bis zum vierfachen Satz bedeutet dies im Zweifel, dass nur die Hälfte der Kosten erstattet wird. Die Begrenzung der Leistungen nach Summe habe ich noch gar nicht berücksichtigt.

Mit welchen Kosten ist denn in der Regel zu rechnen, um eine adäquate Absicherung zu erhalten?

Das hängt zum einen davon ab, ob ich nur die Teildeckung aus der Krankenversicherung absichern möchte, also die reine OP-Kostenabsicherung, oder die Krankenversicherung inklusive OP. Weiterhin kommt es auf die Rasse an: Ist diese anfälliger für Erkrankungen, zum Beispiel eine französische Bulldogge oder ein Mops, dann wird es teurer, wenn man einen optimalen Schutz wünscht. Die Beiträge schwanken bei der OP und der Krankenversicherung teils deutlich.

Und wie teuer oder günstig kommt heute denn eine Hundehalterhaftpflichtversicherung?

Hier gibt es eine sehr große Bandbreite, was die Beiträge angeht. Es gibt Hundehalterhaftpflichtversicherungen ab etwa 40 Euro. Nach oben kann es auch schon mal über die 200-Euro-Grenze hinausgehen. Das hängt zum einen natürlich vom Leistungsumfang, aber auch von der zu versichernden Rasse ab. Beispielsweise ist ein Pitbull deutlich teurer zu versichern als ein Chihuahua. Wobei viele Versicherer sogenannte Listenhunde erst gar nicht versichern. Bei meiner gemeinsam mit asspario entwickelten Hundehalterhaftpflicht liegt der Beitrag je nach Hund in der Exklusivdeckung zwischen 60 Euro und knapp 100 Euro. Dann allerdings auch mit einem einzigartigen Deckungsumfang wie die Mitversicherung von Schäden durch Giftköder und mehr.

Wie sehr gleichen sich die Angebote der Versicherer?

Im Bereich der Hundehalterhaftpflicht ist die Basis bei den meisten Anbietern vergleichbar. Es gibt hier sowohl nach unten wie auch nach oben aber sicher Ausnahmen. Beispielsweise scheuen die meisten Anbieter die Absicherung von Listenhunden, oder das Thema Rechtsschutz und Ordnungswidrigkeiten ist in den Deckungen nicht vorhanden. Ich glaube, hier wird sich der Markt aber in den nächsten Jahren verändern. Aus meiner Sicht sind einige Risiken dazugekommen, die es vor 10 oder 15 Jahren einfach so gut wie nicht gegeben hat, wie das bereits erwähnte Thema Giftköder.

Was sollte eine Hundehalterhaftpflicht bieten?

Im Bereich der Haftpflichtversicherung sollten grundsätzlich folgende Risiken versichert sein:

  • Versicherungssumme mindestens 20 Mio. Euro pauschal für Personen-, Sach- und Vermögensschäden
  • Hüten durch dritte Personen
  • Führen ohne Leine/keine Maulkorbpflicht
  • Weltweiter Versicherungsschutz
  • Teilnahme an Trainings, Turnieren und Rennen
  • Mietsachschäden auch an gemieteten (Ferien-) Wohnungen
  • Beschädigung und Abhandenkommen von fremden beweglichen Sachen
  • Forderungsausfalldeckung und Schadensersatz-Rechtsschutz
  • Welpen bis zum Alter von zwölf Monaten
Sie haben die Problematik der Listenhunde bereits angesprochen. Worauf ist denn beim Versicherungsschutz für entsprechende Rassen zu achten?

In der Hundehalterhaftpflicht haben Versicherer häufig massive Probleme, Hunde, die als sogenannte Listenhunde gelten, überhaupt abzusichern. Wenn es dann möglich ist, ist mir besonders wichtig, dass das Thema Strafrechtsschutz und Ordnungwidrigkeiten mit abgesichert ist. In den klassischen Rechtsschutzversicherungen ist dies häufig nicht der Fall. Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass Listenhundbesitzer per se „immer“ schuld sind. Ein Beispiel: Bei einer Rauferei von einem American Staffordshire Terrier mit einem Jack Russel versucht die Besitzerin, ihren Jack Russel aus der Situation zu nehmen. Dabei beißt der Staff ihr in die Hand. Jetzt bewegen wir uns im Bereich der Körperverletzung und nach Anzeige durch die Besitzerin wird sich sehr kurzfristig auch das Ordnungsamt melden. Hier sollte dann eine vernünftige Absicherung vorhanden sein.

Was muss man als Makler über die Rasse, mögliche Krankheiten oder auch Haftpflichtrisiken wissen?

Der Kunde oder Interessent merkt sehr schnell, ob man in diesem Thema zu Hause ist oder nicht. Deshalb sollten Makler schon eine grobe Klassifizierung vornehmen können: Bestimmte Rassen wie Schäferhunde oder Labradore haben häufig Probleme mit der Hüfte oder den Gelenken. Kurzköpfige Rassen wie Boxer, Möpse oder französische Bulldoggen sind anfällig für das brachyzephale Syndrom, also die Deformation des Kopfes und die damit einhergehend auftretenden Krankheiten. Bei der Absicherung sollte man darauf achten, dass diese speziellen Rasserisiken auch wirklich gedeckt sind. Ist dies nicht der Fall, ist der Kopf einfach nicht versichert: Gaumensegel, Augen und Ohren sind gänzlich ausgeschlossen.

Wie viele Hunde muss man im Schnitt ungefähr versichern, um von der „Zielgruppe“ leben zu können?

Eine schwierige Frage. Wenn ich nichts anderes außer der Hundehalterhaftpflicht, der Hundekranken- oder OP-Absicherung mache, benötigt man aus meiner Sicht etwa 1.000 Hunde. Aber hier spielt natürlich auch die persönliche Situation und der eigene Lebensstil eine wichtige Rolle. Nutzt man aber das Thema Tierversicherung als Einstieg für Cross-Selling, denke ich, dass es dann ab ca. 400 bis 500 Hunden auch schon sehr interessant werden kann.

Tierversicherung scheint auch ein Thema für InsurTechs zu sein. Wie nehmen Sie die neuen Player wahr?

Ja, an das Thema Hunde- bzw. Katzenkrankenversicherung oder OP-Schutz hat sich das eine oder andere InsurTech herangewagt. Teilweise mit aus meiner Sicht guten Ansätzen, aber mir ist aktuell kein Anbieter bekannt, der den klassischen Versicherern das Wasser reichen kann, zumindest nicht im Bereich der Leistungen und der Beitragsgestaltung. Bezogen auf die digitale Antragsabwicklung mit Dunkelverarbeitung gibt es aber bei den herkömmlichen Anbietern zum Teil noch deutlichen Nachbesserungsbedarf.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 02/2022, S. 40 ff., und in unserem ePaper.

Bild: © Reddogs – stock.adobe.com; Bild oben: © Martin Markowsky

 
Ein Interview mit
Martin Markowsky