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Management & Wissen
6. Mai 2022
„Geteiltes Wissen ist doppeltes Wissen“
Teamwork and brainstorming concept with businessmen that share an idea with a lamp. Concept company startup

„Geteiltes Wissen ist doppeltes Wissen“

Der Austausch unter Maklerkollegen hat zugenommen, Wissen und Erfahrungen werden regelmäßig weitergegeben. Die sozialen Medien sind hierfür nicht mehr der richtige Raum, meint Makler und Podcaster Nicolas Vogt. Auch deshalb hat er neue Networking-Formate ins Leben gerufen.

Interview mit Nicolas Vogt, Geschäftsführer der WBV Finanzservice-GmbH, Moderator des Makler & Vermittler Podcasts und Initiator der dazugehörigen „Workation“
Herr Vogt, es gab Zeiten, da wollten Versicherungsmakler noch wenig von ihrem Wissen der Branche zur Verfügung stellen. Heute ist das anders. Erklärt sich das anhand neuer digitaler Medien?

Ich halte es für ein Grundprinzip, das es bereits lange vor den sozialen Medien gab: Geteiltes Wissen ist nicht halbes, sondern doppeltes Wissen. Wer sich einmal mit Kollegen ernsthaft ausgetauscht hat, erkennt schnell, was für ein Katalysator dies im Lernen und in der eigenen Weiterentwicklung ist. Es gilt dabei aber eine Grundregel zu beachten: Wer erst einmal fragt „what’s in it for me“, wird wenig Mehrwert erfahren. Wer erst einmal gibt und anderen hilft, wird hingegen reich beschenkt werden.

In den einschlägigen Makler-Facebook-Gruppen ist meines Erachtens nur noch selten seriöser Austausch möglich, da durch das ständige Bashing von Fragestellern die Hemmschwelle zu offener Kommunikation sehr hoch ist. Die sozialen Medien sind kein geschützter Raum. Diesen braucht es aber für echten Austausch. In den letzten Jahren haben sich daher neue Formate entwickelt, die diesen „geschützten Raum“ gewährleisten und einen unbezahlbaren Mehrwert für den Einzelnen bringen können.

Sie selbst haben mit Torsten Jasper den „Makler- und Vermittlerpodcast“ und mit der dazugehörigen „Workation“ ein Netzwerk-Event für Makler und Maklerinnen aufgebaut. Was ist Ihre Motivation?

Mit dem Makler- und Vermittlerpodcast verfolgen wir das Ziel, die Besten unserer Branche zu vernetzen. Torsten und ich sind beide fest davon überzeugt, dass der Markt groß genug ist für alle. Aber niemand kann in der Tiefe alles wissen und es gibt immer einen Kollegen, der meine aktuelle Frage für sich bereits beantwortet hat. Also liegt es nahe, mit diesem Kollegen darüber zu sprechen und inspiriert zu werden. Das ist das Grundprinzip unseres Podcasts. Dort sprechen wir mit Kollegen über deren Geschäftsmodelle und Geschäftspraktiken und mit Experten über fachliche Themen und Beratungsansätze, damit alle voneinander lernen können.

Wir tragen damit zu einer steigenden Qualität in der gesamten Finanzberatung bei. Das hilft den Kunden und verbessert das Image unserer Branche. Davon wiederum profitieren wir alle.

Mit der Workation des Makler- und Vermittlerpodcasts haben wir den Geist des Podcasts in die reale Offline-­Welt gebracht. Dies war seit Jahren ein Herzensprojekt von mir. Ein Podcast ist eine sehr einseitige Geschichte, man bekommt sehr wenig direktes Feedback. Auf der Workation ziehen wir mit 15 Kollegen für vier Tage zusammen in ein Haus und helfen uns gegenseitig bei den aktuell größten Herausforderungen und tauschen unsere Erfolgsrezepte aus. Der grandiose Erfolg der ersten Workation im September 2021 gibt uns recht, die Gruppe, die sich dort gefunden hat, hilft sich immer noch laufend gegenseitig weiter und es sind tolle langfristige Kooperationen daraus entstanden.

Mit Blick auf den Kooperations- und Austauschgedanken, was sind denn da so die allgemeinen Themen in Ihrem Podcast?

In mittlerweile über 140 Folgen bilden wir die ganze Bandbreite an Themen ab, die einen Vermittlerbetrieb beschäftigen. Einen Schwerpunkt bilden vertriebliche Fragestellungen, Beratungsansätze, Zielgruppenansprache, Digitalisierung, Umgang mit den verschiedenen sozialen Medien, rechtliche Fragen, hilfreiche Tools und Best-Practice-Beispiele. Wir haben aber auch schon mit dem Versicher­ungs­­ombudsmann und verschiedenen Versicherungsvorständen gesprochen. Alle Folgen findet man übersichtlich auf vertriebsansatz.de oder in jeder Podcast-App.

In welchen Bereichen können die von Ihnen angesprochenen Maklerbetriebe im Podcast voneinander lernen?

Der Schlüssel ist die Inspiration durch die Erfahrungen der Kollegen, um Ideen für den eigenen Betrieb zu erhalten: wie erschließe ich erfolgreich eine Zielgruppe? Wie kann ich selbst auf YouTube oder Insta­gram erfolgreich werden? Wie kann ich erfolgreich zur Berufsunfähigkeitsversicherung beraten? Wie finde ich die richtigen Mitarbeiter und wie führe ich sie erfolgreich? Es geht nicht darum, eins zu eins zu kopieren, sondern von den bereits gemachten Erfahrungen der Kollegen zu lernen, sich inspirieren zu lassen und die enthaltene Grundidee auf die eigene Person und den eigenen Betrieb zu übertragen.

Zurück zur Workation. Die nächste Ausgabe findet im Mai dieses Jahres statt. Wie sieht das konkret aus?

Wir werden bei unserer Workation im Mai wieder für vier Tage in ein großes Haus ziehen. Mit dabei sind zwölf Maklerkollegen, drei leitende Vertreter von Versicherungsgesellschaften, unser Team und ein Experte – dieses Mal ist dies Marcus Renziehausen –, in Summe also 19 Personen. Dem Haus in Winterberg im Sauerland ist ein familiengeführtes Restaurant angeschlossen, das uns kulinarisch verwöhnen wird mit hervorragender Küche. In diesem Haus leben und arbeiten wir vier Tage gemeinsam.

Es geht um Netzwerken, aber auch ganz konkret darum, von der Gruppe einerseits Unterstützung bei der aktuell größten eigenen Herausforderung zu erhalten und andererseits seine erfolgreichste Business-Idee der letzten Monate mit der Gruppe zu teilen. Jeder Teilnehmer gibt also eine Idee in die Gruppe und erhält 18 neue Ideen zurück! Darüber hinaus hält unser Experte eine Keynote und macht mit jedem Teilnehmer ein Einzelcoaching zu einem gewünschten Thema. Abgerundet wird das Erlebnis im Anschluss durch eine WhatsApp-Gruppe, in der der gemeinsame Austausch und die Unterstützung weiter­geführt werden.

Wollen Sie insbesondere junge Unternehmen zusammenführen?

Ich bin der Überzeugung, dass die unternehmerische und fachliche Erfahrung unserer „alten Hasen“ für junge Branchenteilnehmer Gold wert ist. Andererseits profitieren die erfahreneren Kollegen enorm von den neuen Ideen, Ansätzen und dem technischen Wissen der jungen Generation. Wir zielen daher immer auf eine heterogene Mischung an Teilnehmern bzgl. des Lebensalters und der Positionierung und Unternehmensgröße; aber alle vereint, dass sie im Herzen jung geblieben sind und weiter persönlich und unternehmerisch wachsen möchten.

Wird dort in diesem Jahr auch das „nachhaltige Maklerbüro“ inhaltlich eine Rolle spielen?

Wir geben die Themen nicht vor, sondern schaffen nur den geschützten Raum und den angenehmen, positiven Rahmen. Die Gruppe bringt die Themen selbst ein. Da Nachhaltigkeit ein brandaktuelles Thema ist, kann ich mir gut vorstellen, dass es auf der Workation auch diskutiert werden wird.

Was brennt Ihnen und Ihren Maklerkollegen denn aktuell noch besonders unter den Nägeln?

Mangel an qualifizierten Arbeitskräften ist etwas, was fast jeden Makler umtreibt, der über den Einzelkämpfer-Status hinauskommen möchte. Auf der Work­ation im Herbst waren durch unsere Experten Michael Glorius und Mario Strehl die Themen Onlinemarketing, SEO und Vertriebsansätze weitere Schwerpunkte, über die sich rege ausgetauscht wurde.

Neben den unternehmerischen Interessen und dem Community-Feeling wird häufig angeführt, dass auch die Wahrnehmung des Berufsstands in der Öffentlichkeit verbessert werden soll. Vermittlerverbände versuchen dies seit Jahren. Fühlen Sie sich dort nicht gut vertreten?

Ich bin mir bewusst, dass ich mich in einer „Bubble“ innerhalb unserer Branche bewege. In dieser Bubble ist von dem öffentlichen Image des Anzug und Krawatte tragenden „Versicherungsfuzzis“, der „einem Produkte aufs Auge drücken will, die man nicht braucht“, nichts mehr vorhanden. Es geht nicht mehr um Statussymbole, sondern darum, in seinem Betrieb seine Persönlichkeit zum Ausdruck bringen zu können. Das halte ich für einen wunderbaren Ansatz und auf dieser Ebene ist unternehmerischer Austausch sehr wertvoll und entspricht eher einem gegenseitigen Coaching. Direkte Öffentlichkeitsarbeit ist nicht unser Anspruch – wir wollen die Branche von innen heraus verbessern durch gegenseitige Qualifizierung. Dies grenzt sich sehr von der Tätigkeit von Verbänden ab, die in ihren Bereichen ebenfalls sehr wertvolle Arbeit leisten.

Und was könnte denn die Branche insgesamt gemeinsam noch besser machen?

Hätte ich einen Wunsch frei, wäre es, weniger gegenseitiges Zerfleischen in den sozialen Medien, weniger Kampf der Vertriebswege – also Makler, Mehrfachagent, Ausschließlichkeit – und mehr Austausch und Kooperation. Solange der erste Reflex beim Kunden ist, den Vorgänger schlechtzumachen, läuft noch etwas schief. Ich bin aber hoffnungsvoll, dass wir gemeinsam auf dem richtigen Weg sind.

Über den Autor

Nicolas Vogt ist Versicherungsmakler und Experte für die Arbeitskraftabsicherung und führt zusammen mit seinem Bruder die WBV Finanzservice-GmbH. Im „Makler- und Vermittlerpodcast“ informiert er mit Torsten Jasper, Makler und Direktor Vertrieb und Marketing beim Maklerpool Apella, über Geschäftsmodelle und Vertriebsansätze für Versicherungsmakler und Vermittler. Einmal im Jahr lädt der Makler- und Vermittlerpodcast rund 15 Makler und Maklerinnen zur „Workation“ ein. An vier Tagen wird gemeinsam gearbeitet und über Strategien diskutiert. Die nächste Veranstaltung findet vom 16.05. bis 19.05.2022 in Winterberg statt. Vogt ist auch Autor des B2C-­Buchs „Smart versichern“.

Neu in diesem Jahr: Nicolas Vogt wird im Podcast #VolleDeckung auf der Plattform dkm365.de mit Entscheidern der Branche über die neuesten Entwicklungen und Trends sprechen. Gestartet wird in den nächsten Monaten.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 04/2022, S. 82 ff., und in unserem ePaper.

Bild: © alphaspirit – stock.adobe.com

 
Ein Interview mit
Nicolas Vogt