AssCompact suche
Home
Assekuranz
5. Februar 2021
„Green Home“ auch bei der Versicherungspolice?

„Green Home“ auch bei der Versicherungspolice?

Wie können Wohngebäude- und Hausratversicherungen nachhaltig werden? Mit dieser Frage beschäftigt sich die Greensurance Stiftung. Gründer und Geschäftsführer Marcus Reichenberg und Geschäftsführerin Anna Schirpke erklären, worauf es ankommt.

Sweet Home, Smart Home und jetzt Green Home? Immer mehr Kunden achten beim Neubau und bei der Sanierung auf Nachhaltigkeit. Das bedeutet konkret zwei Dinge: eine energiesparsame sowie energieeffiziente Technik und eine nachhaltige Bau­biologie. Umwelt­freundliche Bau- und Dämm­­stoffe wie Holz, Lehm und Hanf­fasern finden immer öfter Einzug in die Bauweise von Häusern. Neben der Bausubstanz spielt die Energienutzung eine wichtige Rolle, insbesondere durch effiziente Technik und den Einsatz von erneuerbaren Energien (u. a. nachwachsende Rohstoffe, Erdwärme, Solarenergie). Die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) unterstützt ab 2021 die Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 durch Anreize für Investitionen in Energieeffizienz und erneuerbare Energien.

Auch in Bezug auf die Einrichtung und den allgemeinen Konsum ist ein Trend zu fairen und nachhal­tigen Produkten zu sehen. Avocado­store, ein nachhaltiger Marktplatz für „Eco Fashion und Green Lifestyle“, wurde 2016 vom FOCUS zum Wachstumschampion von 500 Unternehmen – vor Zalando und Home24 – ausgezeichnet. Eine aktuelle Studie aus dem Herbst 2020 von der Managementberatung PwC bestätigt, dass 80% der Privatkunden Nachhaltigkeit nicht nur als Modeerscheinung ansehen. Damit wächst die Zielgruppe für grüne Versicherungen.

Denn: Sollte nicht auch der Versicherungsschutz nachhaltig lebender Menschen und deren grüner Immobilien auf die Zukunft aus­gerichtet sein? Doch an welchen Stellen setzt grüner Versicherungsschutz an? Und was hat dieses Wissen mit dem EU-Aktionsplan Sustainable Finance zu tun?

Nachhaltigkeitshaltung des Versicherers im Fokus

Um ein Versicherungsprodukt im Bereich Wohngebäude und Hausrat nachhaltig ausrichten zu können, wirken die Gesamtstra­tegie und die Kapitalanlage der Ver­sicherungsgesellschaft sowie die Produktgestaltung mit einer nachhaltigen Schadenregulierung als größte Zukunftshebel. Erster Betrachtungspunkt ist dabei, ob das Versicherungsunternehmen an sich nachhaltig und zukunftsorientiert wirtschaftet. Denn nur wenn die Versicherungsgesellschaft nachhaltig agiert, kann auch das Versicherungsprodukt vollumfänglich als nachhaltig bezeichnet werden.

Damit die Assekuranz, Berater und deren Kunden einen Überblick über die Nachhaltigkeitsleistung von Versicherungsgesellschaften erhalten, widmet sich ein zweijähriges Projekt der Greensurance Stiftung in Kooperation mit der Hochschule für Technik Stuttgart (HFT) der Nachhaltigkeitsbewertung von Non-Life-Gesellschaften. Unter dem Namen „NATIVE“ wird das Projekt durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördert. Ende 2021 können Verbraucher die Nachhaltigkeitsbewertung kostenlos nutzen. Die Assekuranz selbst und Berater erhalten weitere Informationen zur NATIVE-Bewertung über einen kostenpflichtigen Online-Zugang.

Makler, die nicht so lange warten möchten, können sich aufgrund des CSR-Richtlinien-Umsetzungsgesetzes bereits ein eigenes Bild machen. Große kapitalmarktorientierte Unternehmen und Finanzinstitute sind seit dem Geschäftsjahr 2017 verpflichtet, nichtfinanzielle Informationen bereitzustellen. Viele mittelständische Versicherungen, die nicht der Berichtspflicht unterliegen, stellen freiwillig Informationen über die nachhaltige Unternehmensführung zur Verfügung, zum Beispiel in einem Nachhaltigkeitsbericht.

Zur Gesamtstrategie gehört die nachhaltige Ausrichtung der Kapitalanlagen. Nur wenn mindestens das Sicherungsvermögen durch Anlagegrundsätze im Sinne der Nachhaltigkeit ausgestaltet ist, kann ein Kompositversicherungsprodukt als nachhaltig bezeichnet werden. Dazu zählt immer die vollständige Devestition aller fossilen Assets (Stichwort: „Divestment“).

Zukunftsfähiges Wording für Gebäude und Hausratsparte

Ein Versicherungsprodukt wird dann ein nachhaltiges, wenn das Wording ein zukunftsfähiges ist. Spätestens mit diesem Verständnis hat die Schadenregulierung nach gleicher Art und Güte seine Berechtigung verloren. Mit „Mehrleistungen für nachhaltigen Schadensersatz“ sollten Versicherungsprodukte zukünftig immer versehen sein. Damit steht die Reparatur vor Neuanschaffung und die Neuanschaffung immer in Bezug zur Nachhaltigkeit. Wordings sollten auf Nachhaltigkeitssiegel wie zum Beispiel den Blauen Engel, FSC-Siegel, Fairtrade oder GOTS, ausgerichtet sein. Auch können weitere sinnvolle Mehrleistungen im Sinne der Nachhaltigkeit erbracht werden.

In der Gebäudeversicherung sollte die Leistung für Energieberatung zum Regulierungsumfang gehören, um der Klimawandelproblematik gerecht zu werden und um durch Klimaanpassungsausrichtung präventiv für die Zukunft zu regulieren. Nach einem Elementarschaden sollte der Hochwasserpass des HochwasserKompetenzCentrum (HKC) zur regulierbaren Leistung gehören (https://www.hkc-online.de/de/Projekte/Hochwasserpass). Nur wenn der Versicherungsnehmer durch Risikobewusstseinsschärfung die Gefahr durch Starkregenereignisse und sonstige Überschwemmung erkennt, wird er bereit sein, für seinen Versicherungsschutz mehr zu bezahlen, und Präventionsmaßnahmen ergreifen.

Um Produkte nachhaltiger zu gestalten, bieten einige Versicherungen auch Öko-Add-Ons wie eine Spende oder eine Nachhaltigkeitsverpflichtung pro Vertrag an. In vielen Fällen eine Bereicherung, jedoch sollten sich Policen auf ein Wording mit nachhaltigem Schadensmanagement fokussieren, weil damit die Wirkung für Kunden, die Gesellschaft und die Umwelt am größten ist.

Weiterbildung für ein besseres Verständnis

Wie die Nachhaltigkeitswordings der Assekuranz zu lesen sind, welche Notwendigkeit besteht, die Versicherungsberatung auf Nachhaltigkeit auszurichten, und wie die Bringschuld einer nachhaltigen Beratung umgesetzt werden kann, dafür bietet die Greensurance Stiftung seit 2016 die Weiterbildung zum/zur ESGberater/-in, Fachberater/-in für nachhaltiges Versicherungswesen© an. Die Initiative war die erste vom BMU geförderte Maßnahme zur Weiterbildung der Versicherungsbranche zu Klimaanpassung und Nachhaltigkeit.

Das Wissen um eine nachhaltige Assekuranz und deren Produkte ist insbesondere aufgrund des EU- Aktionsplans „Finanzierung nachhaltigen Wachstums“ eine anzunehmende Herausforderung. Im Jahr 2021 wird es für einige Maklerinnen und Makler verpflichtend, ESG-Themen in die Beratungsleistung miteinzubeziehen und den Kunden nach seinen ESG-Präferenzen zu befragen. Auch aus diesem Grund ist es ratsam, sich im Vorfeld mit Nachhaltigkeit, nichtfinanziellen Informationen, ESG- und CSR-Themen auseinanderzusetzen.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 01/2021, Seite 44 f., und in unserem ePaper.

Bild: © Man As Thep – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Anna Schirpke
Marcus Reichenberg