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15. März 2022
„Howden hat eine langfristige Strategie“
Hands of international coworkers sitting around table, putting colorful puzzles together, teamwork concept, top view

„Howden hat eine langfristige Strategie“

Howden ist in Deutschland bisher mit vier Maklerunternehmen vertreten. Unter einer noch jungen deutschen Holding sollen künftig Synergien gehoben und Investitionen getätigt werden. Gleichermaßen plant Howden Zukäufe und verspricht interessierten Maklern, einiges anders zu machen als andere Käufer.

Ein Interview mit Holger Schäfer, CEO von Howden Deutschland
Herr Schäfer, Sie waren lange international in der Versicherungswirtschaft tätig. Im September 2021 wechselten Sie auf die Maklerseite. Was macht die Aufgabe bei Howden für Sie so interessant?

Ich war 36 Jahre für den Allianz Konzern tätig, 13 Jahre davon im Ausland. In verschiedenen Ländern, in verschiedenen Positionen – unter anderem bei der AGCS – habe ich Einheiten auf- oder ausgebaut. Dann hat mich der Ruf von Euler Hermes, dem Kreditversicherer in der Allianz Gruppe, ereilt. Man hat mich damals gebeten, die regionale CEO-Rolle für ganz Asien und Pazifik zu übernehmen. Das war eine sehr spannende Aufgabe. Alle meine Stationen in den vergangenen 15, fast 20 Jahren, waren Aufgaben, in deren Rahmen ich etwas aufbauen und gestalten konnte.

Ich durfte immer Dinge gestalten, verändern und Menschen für eine neue Strategie begeistern. Nun geht man nach so vielen Jahren nicht einfach von einem Unternehmen weg, aber Howden kam auf mich zu und hat mich mit interessanten Gesprächen gewinnen können. Die Aufgabe per se und die Kultur von Howden sind überaus spannend. Das Leitmotiv „People First“ und das unternehmerische Denken haben mir gut gefallen. Da hat es mich mehr und mehr gereizt, einen neuen Job auf Maklerseite zu übernehmen und Howden Deutschland für die Zukunft auszurichten.

Warum Howden?

Howden hat eine interessante Philosophie. In Deutschland ist Howden schon heute relativ groß. Wir sind die Nummer sechs im Markt mit 90 Mio. Euro Umsatz und ca. 370 Mitarbeitern. Alle Einheiten, die zur Howden-Gruppe in Deutschland gehören, sind schon heute sehr prominent im Markt vertreten: EUROASSE­KURANZ ist einer der großen Kompositmakler in Süddeutschland. hendricks ist der Marktführer in D&O. Wir haben beispielsweise mit Howden Caninenberg eine Einheit, die bei Real Estate, also im Hausverwaltungsgeschäft, bzw. im Sport- und Entertainmentbereich hervorragend im Markt etabliert ist.

Damit ist Howden kein Newcomer im Markt, sondern verfügt über exzellente Voraussetzungen. Wir zeichnen uns durch Expertise, hervorragende Teams und hohe Qualität aus. Qualität ist für mich besonders wichtig. Howden in Deutschland basierend auf dieser starken Marktstellung noch weiter nach vorne zu bringen, das reizt mich. Wir sind damit besonders attraktiv für Talente im Markt. Howden ist einfach ein sehr dynamisches Unternehmen.

Howden ist gerade dabei, in verschiedenen Ländern Holdings aufzubauen, nicht nur in Deutschland.

Howden hat sich vor ein, zwei Jahren das Ziel gesetzt, in Europa sehr stark zu expandieren und zu investieren. Wir wollen der größte inhabergeführte Makler in Europa werden und da sind wir auf einem guten Weg. Es wurde in verschiedenen Märkten zugekauft und es werden sicher noch einige – auch größere – Transaktionen hinzukommen.

Deutschland wiederum ist heute schon der zweitwichtigste Markt nach Großbritannien. Und es gibt hier noch viel Potenzial. Bisher haben unsere vier Einheiten weitgehend unabhängig voneinander agiert. Das hat gut funktioniert, begrenzt aber Synergien. Nun wollen wir Howden als Marke mehr nach vorne stellen und insgesamt stärker als Einheit zusammenfinden. Wobei die Einheiten nach wie vor ihre Unabhängigkeit im Tagesgeschäft behalten werden.

Was wird also anders?

Es sind die übergreifenden Themen, bei denen wir Synergien heben werden. Nehmen wir die Digitalisierung. Das ist eines der Kernthemen, die wir aus der Holding heraus gestalten wollen. Mit der Einstellung von Nicolas Kokoschka im Januar, der bei Transformation und Digitalisierung 25 Jahre Erfahrung mitbringt, wollen wir einheitliche Konzepte entwickeln. Prozesse sind ein ganz wichtiges Thema, aber beispielsweise auch Marketing oder das Beziehungsmanagement zu den Versicherern. Hier geht es nicht zuletzt um Vorteile durch einen gemeinsamen Einkauf.

Wird die Holding weiter ausgebaut?

Nein, wir wollen eine schlanke Holding bleiben. In den Einheiten sind die entsprechenden Experten in aller Regel schon vorhanden. Nun gilt es, diese – quasi virtuell – in eine Einheit zu bringen, um gemeinsam Konzepte und Strategien zu entwickeln und zu implementieren.

Trotzdem klingt es so, als ob sich die Maklerunternehmen nun einer neuen Strategie unterwerfen müssen.

Das wäre die falsche Schlussfolgerung. Im Tages­geschäft bleiben die Teams unabhängig. Bei den übergreifenden Themen halten unsere erfahrenen Kolleginnen und Kollegen in den verschiedenen Maklerhäusern den eingeschlagenen Kurs für richtig. Jeder trägt ihn mit. Ich habe ein sogenanntes Leadership Team gegründet, das den Vorstand der Deutschland AG und die Geschäftsführer, CEOs, der einzelnen Einheiten umfasst. Wir haben dort sehr offen und konstruktiv diskutiert und waren uns schnell einig. Die Bereitschaft zur Veränderung bei übergreifenden strategischen und konzeptionellen Themen ist sehr hoch.

Ihre Wachstumsziele für die nächsten Jahre sind ehrgeizig. Wie wollen Sie diese erreichen?

In der Tat streben wir an, bis 2026 den Umsatz von 90 auf rund 200 Mio. Euro zu steigern. Dabei wollen wir organisch wachsen und das Potenzial in den bisherigen Einheiten heben. Es gibt Segmente, in denen wir bislang kaum vertreten sind. Beispielsweise wollen wir ein starker Partner von firmenverbundenen Maklern werden. Hierfür haben wir auch schon die richtigen Werkzeuge im Kasten, zum Beispiel unser Howden One Netzwerk in über 90 Ländern. Oder unsere Kompetenz bei Warranty/Indemnity sowie Kfz-­Flotten. Und es gibt Produktbereiche wie etwa Financial Lines und Cyber, die wir weiter ausbauen wollen. Beides – organisches und anorganisches Wachstum – ist für uns wichtig.

Wir wollen auch unser Netzwerk mit Kompositmaklern deutlich ausbauen. Nehmen wir etwa Baden-Württemberg, dort sind wir bisher kaum vertreten. Aber in Baden-Württemberg sitzt natürlich eine enorme Anzahl mittelständischer Unternehmen, die wir gerne noch besser bedienen möchten. Deshalb suchen wir dort Partner. Aber auch weitere Spezialmakler sind für uns interessant.

Wie gestaltet sich da der Markt? Können Sie sich die Rosinen herauspicken?

Wir überlegen uns sehr genau: „Wer passt zu uns und wie wollen wir uns künftig aufstellen?“ Wir haben eine Liste von aus unserer Sicht interessanten Maklern, mit denen wir bereits sprechen oder sprechen wollen. Wir sind in guten Gesprächen und ich bin sehr zuversichtlich.

Der Wettbewerb unter den Aufkäufern ist groß, scheint es. Und jeder stellt die Themen Synergien, Digitalisierung und Kosteneffizienz in den Vordergrund. Eigentlich gibt es nicht so viele Unterschiede. Geht es dann nicht doch über den Preis?

Wenn man genau hinschaut – und die Makler schauen sehr genau hin –, stellt man fest, dass die Unterschiede sehr deutlich sind. Es gibt große, internationale Maklerhäuser, die wollen kaufen und voll integrieren. Dann wieder gibt es Käufer, die Größe gewinnen wollen und dazukaufen, aber nicht integrieren. Die gekauften Unternehmen laufen unabhängig voneinander weiter, aber es wird beispielsweise eben nicht in IT und Digitalisierung investiert.

Wir hingegen gehen genau den Mittelweg. Wir wollen, dass der Name und die Identität neuer Partner erhalten bleiben, auch wenn wir das Howden-Branding nach vorne bringen werden. Auch die unternehmerische Freiheit bleibt erhalten. Wir wollen jedoch Partner gewinnen, die an gemein­samen Zielen mitarbeiten und gestalten wollen. Unser Versprechen dabei ist: Wir werden investieren. Wir werden Investitionen für die gesamte Gruppe tätigen und so Synergien zum Vorteil aller Partner heben.

Gemeinsam ist es übrigens auch einfacher, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Gruppe zu gewinnen. Wir legen gerade ein internationales Traineeprogramm auf. Wir sind mit unserem Howden One Netzwerk sehr international ausgerichtet. Das können nur wenige bieten. Hinzu kommt, dass neue Partner unmittelbar von unserer enormen Produktwelt und unserer internationalen Expertise profitieren können. Das ist unser Angebot. Natürlich muss irgendwann auch der Preis stimmen. Aber in allen Gesprächen steht auf beiden Seiten immer die Frage im Vordergrund: „Passt das?“ Und das ist wichtig und richtig.

Was ist mit den Kunden?

Die Betreuung der Kunden bleibt weiterhin in den Händen der bisher handelnden Personen. Da wollen wir nichts verändern. Sollte mal ein Kunde vielleicht regional von einer anderen Einheit besser betreut werden können, kann man das diskutieren. Aber die persönlichen Verbindungen, die die Makler über Jahrzehnte mit ihren Kunden aufgebaut haben, sind natürlich sehr wichtig.

Ansonsten vergrößern wir die Produktwelt und das Know-how für unsere Kunden. Für einen kleineren Makler ist es naturgemäß nicht einfach, nach London zu gehen und dort mit Märkten zu sprechen oder mit Rückversicherern. All diese Dinge können wir. Wenn es um komplexe Risiken geht, helfen wir weiter. Wir können also gemeinsam einen besseren Service und höhere Kapazitäten zu attraktiveren Preisen anbieten.

Wie reagieren denn die Versicherer? Finden die eine solche Entwicklung gut?

Ich glaube schon, dass das ein Thema ist, das durchaus auch Vorteile für die Versicherer bietet. Sie profitieren, wenn sich die Maklerseite weiter professionalisiert. Denn damit werden Verhandlungen auf Augenhöhe und die Diskussion über Lösungen für die Kunden deutlich einfacher. Und wir sehen auch, dass sich die Versicherer selbst anders – nämlich größer – aufstellen, um Kunden und Makler besser zu bedienen.

Dann müssen wir darüber reden, wo das Geld für die Zukäufe herkommt. Private Equity hat den deutschen Maklermarkt erreicht. Wie kommt das?

Es ist sicherlich nicht meine Aufgabe, generell über Private Equity zu sprechen. Ich würde mich da gerne auf Howden beschränken. Und auch da könnten meine Kolleginnen und Kollegen in London die besseren Antworten geben, weil dort die Gespräche mit den Private-Equity-Investoren geführt werden. Grundsätzlich muss man aber sagen, dass die bekannten Investitionen von drei Private-Equity-Firmen in Howden keine typischen Private-Equity-Investitionen sind.

Mit General Atlantic haben wir kürzlich um weitere sieben Jahre verlängert. Dann wäre der Fonds insgesamt 18 Jahre unser Partner. Auch CDPQ hat um sieben Jahre verlängert. Das wären dann insgesamt 14 oder 15 Jahre. Hg Capital wiederum ist neu dabei, 2020 eingestiegen. Howden hat eine langfristige Strategie. Wir wollen ein europäisches Powerhouse bauen und uns dann weiter global aufstellen. Und genau das ist auch unsere Botschaft an mögliche Partner, die wir gewinnen wollen. Gleichzeitig haben wir Investoren, die genau dieses Geschäftsmodell interessant finden. Howden hat sehr gut in den vergangenen Jahren gewirtschaftet. Die Zahlen für 2021 wurden ja gerade bekannt gegeben, der operative Gewinn lag bei 335 Mio. Pfund. Das sind Zahlen, die auch unseren Investoren gefallen.

Über Howden

Der internationale Versicherungsmakler Howden baut in mehreren Ländern Holdings auf, so auch in Deutschland. Im September 2021 ist Holger Schäfer, der von der Allianz Gruppe kommt, zum CEO für das Deutschlandgeschäft ernannt worden. In Deutschland ist Howden mit hendricks, EUROASSEKURANZ und Howden Caninenberg vertreten. Howden Deutschland will organisch und anorganisch deutlich wachsen. Weitere Zukäufe von Maklerunternehmen sind bereits in Planung.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 03/2022, S. 80 ff., und in unserem ePaper.

Bild: © Prostock-studio – stock.adobe.com

 
Ein Interview mit
Holger Schäfer