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22. Februar 2023
„Mischfonds aus Aktien und Mikrofinanz gibt es so noch nicht“

„Mischfonds aus Aktien und Mikrofinanz gibt es so noch nicht“

Impact-Fonds erzielen eine nachvollziehbare positive Wirkung für Natur und Gesellschaft. Ein auf Nachhaltigkeit spezialisiertes Maklerhaus hat den Versuch gewagt, einen eigenen Impact-Fonds am Markt zu starten. Über die Gründe und die Anlageziele hat sich AssCompact mit dem Geschäftsführer unterhalten.

Interview mit Gottfried Baer, Geschäftsführender Berater bei der MehrWert GmbH
Herr Baer, Sie selbst sind Geschäftsführer eines auf Nachhaltigkeit spezialisierten Maklerhauses. Warum sollten nachhaltige Anlageprodukte dennoch in jedes Beraterportfolio gehören?

Grundsätzlich ist eine Anlageempfehlung eines Finanzberaters natürlich immer basierend auf dessen Einstellungen, Erfahrungswerten und Markteinschätzungen, und diese können naturgemäß sehr unterschiedlich ausfallen. Nachhaltige Anlagemärkte wie erneuerbare Energien, neue Mobilität oder auch Bildung sind deshalb so interessant, weil sie zum einen klare Wachstumsmärkte abbilden und somit großes Ertragspoten­zial aufweisen. Zum anderen bieten sie aufgrund ihres positiven Impacts für Gesellschaft, Mensch und Natur zusätzlichen Sinn für die Anleger.

Im Bereich nachhaltiger Kapital­anlagen differenziert sich die Produktlandschaft zunehmend. Vermehrt ist von Impact-Fonds die Rede. Was ist daran das Besondere?

Bei diesen Fonds geht man davon aus, dass sie tatsächlich eine nachvollziehbare positive ökologische/soziale Wirkung für die Natur und/oder Gesellschaft haben. Eine solche Wirkung muss dabei auch messbar sein: Im Gegensatz zu SRI-Fonds oder zu einem reinen ESG-Ansatz werden konkret Ziele beim Impact Investing fixiert und anschließend gemessen. Mit Impact-Fonds wird also versucht, einen ganz praktischen, messbaren Wandel mithilfe des Investments zu erzielen. Viele Menschen wollen heute genau dies in Verbindung mit ihrer Geldanlage sehen. Reine Ausschlusskriterien sind heute „Standard“ und werden von Kunden vorausgesetzt und erwartet.

Zum Jahreswechsel hat Ihr Maklerhaus den Impact-Fonds „Best of Green & Common Good“ auf den Markt gebracht. Was bietet dieses Produkt den Anlegern?

Das Besondere an diesem neuen Fonds ist, dass er versucht, einen hohen praktischen Impact zu erzielen, indem mithilfe einer Benefit-Fee und Teilen unserer Einnahmen ökologische/soziale Projekte in Deutschland mit hohem messbaren Impact finanziell unterstützt werden.

Außerdem bilden wir, wie es sonst in den üblichen Mischfonds der Fall ist, die Rentenseite nicht über Unternehmens- oder Staatsanleihen ab, sondern wir investieren an deren Stelle in Mikrofinanz. Einen Mischfonds mit der Kombination „Aktien und Mikrofinanz“ gibt es so am Markt noch nicht.

Warum launcht Ihr Maklerhaus überhaupt einen neuen Fonds und überlässt diese Aufgabe nicht den Fondsgesellschaften?

Wir beschäftigen uns seit 2010 mit Gründung der MehrWert GmbH ausschließlich mit dem Thema nachhaltige Geldanlagen. Nach zwölf Jahren erfolgreicher Arbeit trauen wir uns zu, mit unserer erlangten Expertise in dieser Positionierung einen eigenen Fonds auf den Markt zu bringen. Außerdem finden wir, ehrlich gesagt, nur wenige Fonds am deutschen Markt, die uns in Sachen Impact/Nachhaltigkeit inhaltlich überzeugen. Mit „Best of Green & Common Good“ setzen wir unseren eigenen hohen Anspruch an Impact ganz praktisch um. Dazu haben wir die MehrWert Asset Management GmbH im letzten Jahr gegründet und mit entsprechenden Fachleuten ausgestattet.

Die Website des Fonds bewirbt das Produkt als „kompromisslos wirkungsintensiv“. Welches Anlageziel verfolgt der neue Fonds?

Der Fonds ist ein offensiver Mischfonds der Risikoklasse 5. Das Anlageziel ist, eine Rendite zu erzielen, die im angemessenen Verhältnis zum Risiko steht. Wir haben zwei Zielgruppen für den Fonds im Blick:

1. Berater oder Finanzdienstleister, die Fonds anbieten möchten, die nachweislich kein Greenwashing unterstützen wollen und in puncto Nachhaltigkeit höchsten Ansprüchen gerecht werden möchten. Damit wird auch im Rahmen der Nachhaltigkeitspräferenzabfrage die Auswahl einfacher, weil man mit diesem Fonds als Anlageinstrument auch sehr hohen Nachhal­tigkeitsansprüchen von Kunden gerecht wird.

2. Kunden, die im Rahmen ihrer Geldanlage auch die Werte im Fonds vorfinden, die sie mit einem nachhaltigen Fonds tatsächlich in Verbindung bringen. Die Erwartung von Kunden ist nachweislich so, dass sie sich Werte aus der erneuerbaren Energien-, der Recycling-, der Biolebensmittel-, Bildungs-, neuen Mobilitätsbranche usw. vorstellen. Die typischen Konsum- und Tech-Werte, wie sie in vielen sonstigen nachhaltigen Fonds vorkommen, entsprechen in der Regel nicht den Vorstellungen eines nachhaltigen Investments dieser Kundenzielgruppe.

Sie erwähnen, dass die jährliche Rendite zwischen Anleger und Gemeinwohl-Projekten aufgeteilt wird. Was passiert im Falle von Verlusten? Werden die ebenfalls verrechnet?

Mit dem Fonds wollen wir echten praktischen Impact erzeugen. Der Kauf von nachhaltigen Unternehmen in Aktienform bringt nicht sehr viel Impact. Deshalb haben wir beschlossen, dass wir als MehrWert Asset Management GmbH von unseren Einnahmen aus dem Fonds 20% abgeben und dass mithilfe einer „Benefit-Fee“ auch die Anleger 20% ihrer Rendite dazugeben – vorausgesetzt, der Fonds weist eine positive Wertentwicklung aus. Die Kalkulation erfolgt anhand einer rollierenden High Watermark (Verluste werden hierbei gegengerechnet). Mit diesem Geld werden wir in positiven Jahren ganz gezielt ökologische und soziale Projekte in Deutschland auswählen und unterstützen, die auf externe Gelder angewiesen sind. Solche Projekte können von Vereinen, von Einzelpersonen, NGOs, Start-ups, Bildungseinrichtungen und Kultur-/Sozialprojekten initiiert sein und sie müssen mit ihrer Arbeit einen messbaren positiven Beitrag für Mensch und Natur leisten. Die Menschen hinter diesen Projekten können sich mithilfe eines Fragebogens auf der Homepage des Fonds dafür bei uns bewerben. Ein externes vierköpfiges Gremium wird dann die Verteilung der Gelder auf entsprechende Projekte auswählen. Auf der Homepage des Fonds werden wir ausführlich über diese Projekte berichten.

Insgesamt, so sind wir überzeugt, werden wir damit einen echten praktischen Impact erzielen. Für die Anleger wird es somit zum anfassbaren, praktischen und vor allem nutzenstiftenden Mehrwert.

In welche Titel investiert „Best of Green & Common Good“? Und wie läuft der Auswahlprozess der Titel, in die investiert werden soll, ab?

Wir investieren zu 70% in Aktien, 20% in Mikrofinanz und 10% in Cash. Die im „Best of Green & Common Good“ enthaltenen Aktien sollen mehr als nur nachhaltigen Ausschlusskriterien genügen. Deshalb sind wir proaktiv in Branchen vertreten, die ein hohes Rendite- als auch ein hohes Impactpotenzial besitzen. Deshalb investieren wir nicht in klassische Produktions- und Vertriebsunternehmen aus Konsumgüterbranchen, sondern in Unternehmen, die in zehn von uns ausgewählten Gemeinwohlbranchen agieren und positiven Wandel vorantreiben. Diese Branchen sind: erneuerbare Energien, Wasser, Bildung, neue Mobilität, Recycling, Gesundheitswesen, Holz-/Forstwirtschaft, grüne Finanzdienstleister, Biolandwirtschaft/-lebensmittel, Baustoffe/Energieeffizienz. Davon gibt es gut 100.000 börsennotierte Unternehmen. Unser Expertenteam analysiert anschließend alle Unternehmen der aus­gewählten Branchen mit verschiedenen erprobten Methoden darauf, wie leistungsfähig die Unternehmen wirtschaftlich sind und wie zukunftsfähig ihr Handeln ist. – Danach bleiben nur ca. 200 Unternehmen übrig. Anschließend verdient sich der Fonds das „Best of“, indem daraus die 35 ganzheitlich besten Unternehmen in puncto ökonomischer und nachhaltiger Leistungsfähigkeit ausgewählt werden, um ein ausgewogenes Portfolio mit maximalem Gemeinwohlimpact und aussichtsreicher Ertragschance zu gestalten.

Wie stellen Sie trotz des strengen Selektionsprozesses ein gewisses Maß an globaler und sektoraler Diversifikation sicher?

Unser strenger ökonomischer und ökologischer Filterprozess bildet die Grundlage für ein sehr aussichtsreiches Portfolio. Wir sind hierbei in zehn verschiedenen Branchen, in 14 Ländern, in Growth- als auch in Value-Titeln und in unterschiedlichen Größen der Marktkapitalisierung investiert. Dies bildet eine solide Grundlage für eine entsprechende Diversifikation. Hinzu kommt noch der Anteil Mikro­finanz, der in der Regel keine Korrelation zu den Entwicklungen der Aktienmärkte aufweist.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 02/2023, S. 60 f., und in unserem ePaper.

Bild: © Gottfried Baer, MehrWert GmbH

 
Ein Interview mit
Gottfried Baer