Ein Artikel von Ralf Berndt, Vorstand bei der Stuttgarter Lebensversicherung a.G. für Vertrieb, Marketing und Kooperationsvertrieb
Die AssCompact TRENDS Studie „Playoffs im Markt der Maklerpools und -verbünde“ liefert eine umfassende Analyse der betriebswirtschaftlichen Entwicklung von Pools und Verbünden. Eine zentrale These der Autoren ist, dass die hohe Wachstumsdynamik einiger Marktteilnehmer in der Vergangenheit zu einer Art „Abkopplung“ von den übrigen Anbietern führe und diese längerfristig vom Markt verschwänden. Die Begründung: Es finde eine „Abstimmung mit den Füßen“ statt, indem sich die Makler als Kunden der Pools tendenziell den größten und scheinbar leistungsfähigsten Anbietern anschließen würden.
Die These eröffnet eine interessante Debatte. Denn es stellt sich die Frage, ob die Ergebnisse einer quantitativen Analyse, die insbesondere die Umsätze der Pools in den Blick nimmt, die Bedürfnisse kleinerer und mittlerer Makler tatsächlich hinreichend widerspiegeln. Und wenn ich die Perspektive der Makler einnehme, die ich aus jahrzehntelanger Zusammenarbeit kenne, sehe ich eine große Gefahr: Pools, die massiv im Umsatz gewachsen sind und ihr Angebot ausgebaut haben, könnten versucht sein, ihre Marktmacht auszunutzen.
„Playoffs“ ist zu kurz gegriffen
Eine einfache Hochrechnung von Wachstumskennziffern für eine Prognose des Angebotsumfelds führt nach meiner langjährigen Erfahrung im Maklervertrieb nicht zum Ziel.
Die wesentliche Berechtigung des Geschäftsmodells von Pools besteht darin, für die Makler Leistungen zu erbringen, deren Mehrwert auf Synergie- oder Skaleneffekten beruht. Hohe Investitionen in Technologie oder zur Erfüllung regulatorischer Anforderungen sind von eher kleinen und mittleren Maklerunternehmen mit Mitarbeiterzahlen im niedrigen zweistelligen Bereich kaum zu stemmen. Zudem liegen sie in der Regel außerhalb der Kernkompetenz der Beratung, nehmen also Zeit und Kapazität vom eigentlichen Geschäft weg. Es ist also für diese Makler sinnvoll, solche Aufgaben auszulagern und zuzukaufen.
Was aus Sicht der Makler nicht damit verbunden sein darf, ist der Aufbau von Abhängigkeiten. Denn es besteht die Gefahr, die Kern-Wertpotenzials des Maklerunternehmens, nämlich die Kundenbeziehungen und die Verbindungen zu den Versicherern, schleichend zu verlieren. Der Makler muss Herr über die Kundendaten und der Vertragsbestand sein alleiniges Eigentum bleiben. Auch die für die Dienstleistung anfallenden Kosten bzw. der entsprechende Provisionsverzicht müssen in einem angemessenen Verhältnis zur Leistung stehen. Zudem darf die Arbeitsteilung zwischen Makler und Pool-Dienstleister auch nicht dazu führen, dass insgesamt die Margenbelastung auf die Produkte oder Verträge ständig steigt. Das ist der Fall, wenn der Dienstleister unabhängig von der Courtagevereinbarung des Maklers zusätzliche Gebühren bei den Produktanbietern erhebt, die gar nicht Bestandteil der direkten Vertragsbeziehung zwischen Versicherungsunternehmen und Makler sind. Eine solche Entkopplung des Maklers vom Produktanbieter widerspricht dem ursprünglichen Charakter der Pool-Dienstleistung.
Kann die Unabhängigkeit der Makler gewahrt werden?
Was die Position des Maklers im Kern ausmacht, ist die Unabhängigkeit seiner Beratung. Das schließt auch die Unabhängigkeit von Dienstleistern oder Intermediären ein. Die Frage ist, ob dieses Modell des freien, unabhängigen Maklers als selbstständiger Unternehmer gefährdet ist. Der kontinuierliche Rückgang der Zahl selbstständiger Makler, wie ihn die offiziellen Zulassungsstatistiken vermitteln, könnte ein deutliches Anzeichen dafür sein. Doch dass es einen Konsolidierungstrend gibt, ist zunächst einmal eine normale Marktentwicklung, die die Tragfähigkeit des Geschäftsmodells nicht infrage stellt. Demografie, Regulierung und Digitalisierung schaffen einen Trend zu größeren Einheiten. Doch die Breite des Marktes bleibt erhalten, und mit ihr das Geschäftsmodell des unabhängigen Maklers in der Region. Einzelne Makler werden (auch im Privat- und KMU-Geschäft) größer, andere entwickeln eine stärkere Spezialisierung. Pools bedienen den Bedarf nach Effizienz und fachlicher Unterstützung, eine disruptive Wirkung haben sie nicht.
Größe fordert Rendite
Für den einzelnen Makler ist die Größe seiner Dienstleister allein nicht entscheidend. Natürlich sucht jeder nach Sicherheit, die ein großer, umsatzstarker Anbieter vermeintlich bietet. Aber die Gesetze der Plattformökonomie erfassen nicht alle Aspekte. Die Private-Equity-finanzierten Anbieter zeigen – das belegt auch die Studie – einen Trend zu mehr Ertragsorientierung. Dies ist per se legitim. Nur wenn die Gesellschafter ihre Rendite zu Lasten der Makler erhöhen und das Multiple der Bewertung optimieren wollen, könnte es für die Makler problematisch werden. Auch ob es bei dauerhaft hohen Investitionen bleibt, ist nicht garantiert. Vielmehr wird ein Private-Equity-Investor zusätzliche Renditepotenziale suchen – durch Kostensenkungen oder die Erschließung zusätzlicher Ertragsquellen. Und nicht zuletzt stellt sich die Frage, ob in das Multiple einer Bewertung nicht doch der Wert der verwalteten Bestände – sozusagen als Handelsware – mit einfließt.
Insofern wird es nicht zu „Playoffs“ einiger weniger Anbieter kommen, sondern es werden sich unterschiedliche Geschäftsmodelle weiter differenzieren. Der Kampf um die höchsten IT-Budgets ist dabei nur eine Disziplin. Die glaubwürdige Unterstützung von Unabhängigkeit sowie die erkennbare Sicherheit von Beständen und Daten als Eigentum der Makler ist eine andere. Und auch die „persönliche Note“ spielt eine Rolle. Wer sein Lebenswerk erhalten und weiterentwickeln will, für den sind kurzfristige KPI nicht der alleinige Maßstab. Er will sich in einer Geschäftsbeziehung auch wohlfühlen.
Pools mit differenzierten Geschäftsmodellen
Wo die Studie Recht hat: Niemand braucht dreißig bis vierzig Pool-Anbieter. Aber ein gesundes Angebot stabiler Anbieter mit differenzierten Leistungsschwerpunkten wird seine Berechtigung behalten – ebenso wie differenzierte Geschäftsmodelle von Maklern. Wer als Pool dazu noch ein übergreifendes Know-how-Spektrum von Versicherung und Investment anbieten kann, bietet seinen Partnern Wachstumsoptionen und Sicherheit durch ein zusätzliches Standbein.
Pools müssen unabhängige Beratung unterstützen. Deshalb ist der zeitliche Horizont der Investition so wichtig. Handelt es sich aus Sicht der Gesellschafter also um eine kurz- bis mittelfristige Investition oder um eine strategische, langfristige und damit dauerhafte Investition in ein Geschäftsmodell. Unsere Motivation, als Versicherungsunternehmen in einen Pool – nämlich die BCA – als Gesellschafter einzusteigen, ist deshalb nicht aus der Kapitalanlage motiviert, sondern eine strategische Entscheidung für den Vertriebsweg und die Sicherung der unabhängigen Beratung. Die Zusammensetzung der Gesellschafter der BCA aus neun Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit sichert nicht nur die Investitionsfähigkeit, sondern bietet dem Unternehmen auch Schutz gegen Übernahmerisiken. Die verbundenen Makler haben so eine hohe Sicherheit, dass die BCA langfristig agieren kann und Investitionszyklen der Eigentümer keine Rolle spielen.
Den Vertriebsweg unabhängiger Makler offen halten
Selbstverständlich agieren die Gesellschafter als Wirtschaftsunternehmen. Doch es geht bei diesem Investment nicht um eine Kapitalanlage, die Rendite abwerfen soll, sondern um die Sicherung der unabhängigen Beratung für unsere Kunden. Der Vertriebsweg Makler bleibt von extrem hoher Relevanz, insbesondere für Versicherer, die primär auf diesen Vertriebsweg ausgerichtet sind. Wir wollen uns niemals erpressbar machen. Deshalb setzen wir auf Diversifikation und strategische Partnerschaften, die die Unabhängigkeit des einzelnen Vermittlers garantieren. Davon profitieren alle: Die Kunden bekommen unabhängige Beratung. Die Makler bleiben unabhängig von Versicherungsunternehmen und Investoren. Und die Versicherer behalten einen unabhängigen Vertriebskanal.
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