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14. Dezember 2025
„Skalierung ist wichtig, aber nicht um den Preis der Unabhängigkeit“
„Skalierung ist wichtig, aber nicht um den Preis der Unabhängigkeit“

„Skalierung ist wichtig, aber nicht um den Preis der Unabhängigkeit“

Die Konsolidierer sind auf dem Vormarsch – und dieser Entwicklung will sich nicht jeder hingeben. Janine Bradfisch pocht mit ihrem Unternehmen auf die Unabhängigkeit im Maklerhaus und möchte diese mit einem regionalen Maklernetzwerk für sich und für andere stärken.

Interview mit Janine Bradfisch, Geschäftsführerin der DRB GmbH
Frau Bradfisch, Sie haben sich als Maklerhaus für die Unabhängigkeit entschieden. Vorweg: Wie schätzen Sie die aktuelle Konsolidierungsbewegung am Maklermarkt ein?

Die Konsolidierung ist sehr dynamisch und ich sehe sie kurz vor ihrem Höhepunkt. Viele Maklerinnen und Makler verspüren in meinen Augen eine Torschlusspanik und möchten noch schnell verkaufen. Doch es gibt keinen Grund zur Panik – Bewegungen hat es am Markt immer gegeben und wird es auch weiterhin geben. Der demografische Wandel spielt hier eine große Rolle: Ein erheblicher Anteil der Babyboomer wird in nächster Zeit nach und nach aus dem Markt ausscheiden, was die Dynamik verstärkt erscheinen lässt.

Und natürlich sind die aufgerufenen Preise lukrativ, und für ältere Kolleginnen und Kollegen ohne Nachfolge ist ein Verkauf verständlich. Aber gerade jüngere Maklerinnen und Makler geben mit einem Verkauf ihr Unternehmertum auf. Sie haben plötzlich Investoren im Nacken und können nicht mehr frei walten. Die vermeintliche Freiheit, die oft versprochen wird, funktioniert in meinen Augen nur, solange die Zahlen und die Rendite stimmen – andernfalls sieht es schnell anders aus.

Fragen wie „Welche Prozesse sollen gelten? Welche IT wird genutzt? Mit welchem Versicherer wird zusammengearbeitet? Wie wird abgewickelt?“, all das entscheidet man plötzlich nicht mehr selbst. Man ist angestellte Geschäftsführung und weisungsgebunden. Es ist de facto nicht mehr das eigene Unternehmen.

Welche Rolle können oder sollten kleinere Maklerhäuser bei der Konsolidierung einnehmen?

Es ist schade, dass nicht an uns lokale, regionale, inhabergeführte Makler beim Gedanken zu verkaufen gedacht wird. Wir sind oft ebenfalls finanzstark, möchten gerne organisch wachsen, werden aber bei der Konsolidierung nur von der einen Seite des Verkäufers berücksichtigt. Unsere Vorteile – Kundennähe, Regionalität, Verständnis für die Beratung, persönliche Ansprechpartner, kurze Entscheidungswege, optimierte Prozesse – werden häufig übersehen.

Gerade in Zeiten des Aufkaufens lohnt es sich, genau zu überlegen, an wen man verkauft. Es geht oft um das Lebenswerk, um Herzblut – da nur auf das Geld zu schauen, ist schade. Meine Erfahrung zeigt: Bei Konsolidierern wechseln die Menschen dahinter häufig und die kaufmännische Sicht dominiert. Das ist nicht die Art von Stabilität und Kundenorientierung, für die ich mit meinem Team stehe.

Aus Ihrer Sicht: Warum die Unabhängigkeit?

Unabhängigkeit bedeutet für mich Entscheidungsfreiheit in allen Bereichen meines Unternehmens, Verantwortung und Nähe zum Mandanten. Wir können flexibel agieren, auf regionale Besonderheiten eingehen und unsere Partner individuell unterstützen – ohne Konzernvorgaben oder Renditezwänge. Das ist nicht nur ein unternehmerischer Wert, sondern auch ein Qualitätsversprechen gegenüber unseren Mandanten und Kooperationspartnern.

Sie verstehen sich als Regionalmaklerin. Geht das nicht gegen den Trend, dass viele Makler auf Online-Beratung gehen und somit auch ganz Deutschland abdecken können?

Online-Beratung ist ein wertvolles Werkzeug – aber kein Ersatz für regionale Kompetenz und persönliche Beziehungen. Gerade in komplexen Beratungssituationen ist Vertrauen entscheidend. Dieses Vertrauen entsteht oft durch lokale Präsenz, durch das Wissen um regionale Märkte und durch echte Begegnungen. Der Mensch ist bei uns in der Beratung der entscheidende Punkt in der Mandantenbeziehung und -bindung. Wir nutzen digitale Tools, aber wir glauben an die Stärke des persönlichen Kontakts.

Durch KI kommt da noch mal eine neue Welle an Effizienzsteigerung dazu. Ich denke, wir werden dadurch viel auffangen können, was durch das personelle Ausscheiden der Babyboomer entsteht. KI ist für mich eine tolle Ergänzung zur Online-Beratung und zur digitalen Abwicklung. Dennoch bleiben die persönliche Beratung und die direkte Erreichbarkeit unsere Stärke. Genau damit heben wir uns vom Markt ab.

Konsolidierer werben auch mit den Wachstums- und Skalierungsmöglichkeiten durch einen Verkauf. Wie sehen Sie das?

Wachstum ist kein Selbstzweck. Skalierung ist wichtig – auch für uns –, aber nicht um den Preis der Unabhängigkeit. Ich glaube an organisches Wachstum, an Kooperation statt Integration. Ob die Konsolidierer dieses Versprechen am Ende wirklich halten, werden wir sehen.

Aktuell wächst man dort vor allem durch anorganisches Wachstum, also Zukäufe. Doch die Herausforderungen wie Nachwuchskräftemangel, fehlende Prozesse oder langsame Entscheidungswege beim Versicherer betreffen auch die Konsolidierer. Mit zunehmender Größe wird vieles erfahrungsgemäß träger. Ob da wirklich mehr „rumkommt“, wird sich zeigen.

Sie verfolgen mit der DRB GmbH eine Art Gegenbewegung zur Konsolidierung. Was hat es damit auf sich?

Wir möchten zeigen, dass es Alternativen gibt. Wir sind mittlerweile gut vernetzt in der Branche unter den inhabergeführten Betrieben – sowohl bei Jungmaklern als auch bei alteingesessenen Maklerhäusern. Durch regelmäßige Treffen tauschen wir uns aus – über verschiedenste Themen wie Personalgewinnung, neue Tools, Best-Practice-Erfahrungen usw.

Wir wollen ein Netzwerk unabhängiger Makler aufbauen, das auf Zusammenarbeit, gegenseitiger Unterstützung und regionaler Stärke basiert. Wir setzen auf Werte wie Vertrauen, Eigenverantwortung und Qualität – und nicht auf kurzfristige Skaleneffekte. Unsere Bewegung ist ein Aufruf: Bleibt unabhängig, bleibt unternehmerisch! Und wenn ihr verkaufen wollt oder müsst, schaut in unserem Netzwerk nach geeigneten Partnern, denen ihr eure Mandanten mit gutem Gewissen anvertraut. Denkt gerne auch an uns.

Was sind Ihre langfristigen Pläne mit dem Netzwerk?

Wir wollen das Netzwerk qualitativ und regional schaffen und aufbauen. Ziel ist, eine starke Gemeinschaft unabhängiger Makler hervorzubringen, die sich gegenseitig stärkt und gemeinsam sichtbar wird.

Die Idee ist, dass Maklerinnen und Makler, die ihr Portfolio ergänzen möchten, sich mit uns zusammentun und kooperieren anstatt mit Pools oder Konsolidierern. Gleiches gilt, wenn ein Maklerhaus stark sach- oder leben-lastig ausgerichtet ist: Durch gezielte regionale Kooperationen können wir Synergien schaffen, ohne die Unabhängigkeit aufzugeben.

Wir möchten zeigen: Unabhängigkeit ist nicht nur möglich, sie ist zukunftsfähig – in einem guten Netzwerk, das auf Vertrauen, Austausch und gemeinsame Werte baut.

Welche Vorteile haben Maklerhäuser durch einen Verkauf an Sie oder Makler durch eine Kooperation mit Ihnen?

Unsere Partner profitieren von einem starken Netzwerk, von fachlicher Unterstützung, von gemeinsamen Marketingmaßnahmen und von einem echten Austausch auf Augenhöhe. Wir bieten keine Einheitslösungen, sondern individuelle Begleitung – und das ohne den Druck, sich einem Konsolidierer unterzuordnen.

Ich würde das Gleiche sagen wie einem Bewerber: Wir sind ein familiär geführter Betrieb, bieten echte Benefits, einen starken Zusammenhalt im Team und ein Umfeld, in dem man sich persönlich wie fachlich weiterentwickeln kann.

Darüber hinaus sind wir ISO-zertifiziert, was bedeutet, dass unsere Prozesse klar definiert und kontinuierlich optimiert sind. Wir arbeiten mit guten technischen Lösungen, setzen bereits erste KI-Tools ein und verfügen über qualifiziertes Personal, das sowohl fachlich als auch menschlich überzeugt.

Durch unsere Regionalität und eingespielten Abläufe ist es für uns kein Problem, Teams zusammenzuführen oder Mandanten zu übernehmen. Wir sprechen oft denselben Dialekt, kennen die lokalen Gegebenheiten und schaffen dadurch eine vertrauensvolle Atmosphäre – sowohl intern als auch gegenüber dem Mandanten.

Provokant gefragt: Können Sie dasselbe Level an Unterstützung bieten wie ein Konsolidierer?

Wir bieten ein anderes Level – eines, das auf Nähe, Flexibilität und echter Partnerschaft basiert. Teilweise, wie Sie aus meiner vorherigen Antwort entnehmen, sogar mehr Unterstützung. Unsere Unterstützung ist nicht standardisiert, sondern maßgeschneidert. Und weil wir selbst Unternehmer sind, verstehen wir die Herausforderungen unserer Partner aus eigener Erfahrung.

Lesen Sie auch: Chancen der Konsolidierung: So wandelt sich gerade der Maklermarkt

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