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14. Mai 2022
„So lange Riester-Lösung anbieten, wie dies ermöglicht wird“

„So lange Riester-Lösung anbieten, wie dies ermöglicht wird“

Zu Jahresbeginn startete Nettowelt eine Plattform zur Vermittlung von Riester-Nettotarifen der Versicherer die Bayerische, ALH-Gruppe und VOLKSWOHL BUND. Der Vermittler legt dabei die Höhe der Vergütung selbst fest, der Kunde kann sofort oder in Raten zahlen.

Interview mit Karoline Viktoria Mielken, Geschäftsführerin der Nettowelt GmbH & Co. KG
Frau Mielken, warum trotz aller Kritik ein Festhalten an der Riester-Rente?

Riester ist unserer Einschätzung nach unbedingt erhaltenswert und in der Kritik muss auch ganz klar unterschieden werden, welche berechtigt ist und welche nicht.

Welche Kritik ist denn berechtigt?

In erster Linie werden die Kostenstruktur und die Rentabilität eines Riester-Vertrages bemängelt, die durchaus in einigen Brutto-Riester-Tarifen unglücklich gelöst waren. Wir stimmen der Kritik also in einem gewissen Umfang zu. Auf der anderen Seite wussten wir, dass Netto­tarife genau diese Schwachstellen eben nicht aufweisen. Die Zulagen oder eine etwaige Steuerersparnis kommen von Anfang an im Vertrag des Kunden an und verpuffen eben nicht durch hohe Abschluss- oder Verwaltungskosten.

Ein echter Nettotarif – ganz gleich ob als Riester oder in einer anderen Schicht – beinhaltet keine auf die Vermittlung bezogenen Abschlusskosten und – was noch viel wichtiger ist – ist auch bei den Verwaltungs- und Kapitalanlagekosten auf ein Minimum reduziert. Das lässt zusammen mit staatlicher Förderung ein Anlageergebnis zu, das seinesgleichen sucht, und daher sind wir mit unseren Partnergesellschaften den Weg über nettoriester gegangen.

Und welche Kritik ist es nicht?

Kritik, die sich auf eine gewisse Starrheit oder Unflexibilität bezieht, können wir nur bedingt verstehen, wenn man doch bedenkt, auf welchem Grundgedanken Riester basiert. Eine staatliche Förderung ist unserer Ansicht nach – in welcher Form auch immer – unbedingt erhaltenswert.

Mit nettoriester.de haben Sie eine neue Plattform entwickelt, um all dem entgegenzuwirken. Können Sie uns bitte in Kürze erklären, wie Ihre Plattform aus Sicht der Vermittler funktioniert?

Über nettoriester.de registrieren sich interessierte Vermittler vollkommen kostenfrei, können unsere drei Partnergesellschaften berechnen und Verträge vermitteln. Die Angebotsberechnung funktioniert wie in der Bruttowelt auch, nur dass der Vermittler seine Vergütung hier selbstständig angibt – pauschale Vergütung – oder diese vom Programm errechnet wird – prozentual anhand der Beitragssumme.

Und für den Kunden?

Der Kunde hat mehrere Möglichkeiten, die Vergütung zu zahlen:

Er kann einmalig zahlen oder er nutzt das für ihn kostenlose Factoring, also: Er zahlt ratierlich und der Vermittler erhält seine Vergütung vordiskontiert ausgezahlt.

Die dritte Möglichkeit ist, dass eine ratierliche Zahlung vereinbart wird, dann wird die Vergütung monatlich beglichen und ebenfalls in Raten an den Vermittler gezahlt.

Aus den gewählten Vorgaben erstellt der Rechner eine einseitige, vorausgefüllte Vereinbarung, die der Vermittler seinem Kunden aushändigt. Die Abwicklung und das Inkasso übernimmt die Nettowelt, also genau wie in der Bruttowelt muss sich der Vermittler um nichts weiter kümmern.

Wir haben Vermittler, die innerhalb weniger Tage die ersten Verträge vermittelt haben. Wenn Vermittler also grundsätzlich mit dem Gedanken spielen, in das Nettogeschäft einzusteigen, bietet nettoriester.de die idealen Startbedingungen – ganz ohne Kostenverpflichtungen.

Ziel der Nettotarife ist es, Kosten zu reduzieren, wie erwähnt. Versicherungsvermittler legen dafür aber die Höhe der Vermittlungsvergütung selbst fest. Wie kann sichergestellt werden, dass die Produkte dennoch attraktiv bleiben?

Ein echter Nettotarif unterscheidet sich nicht nur in den einmaligen Kosten vom Bruttotarif, sondern in den minimalen laufenden Kosten, und hier ist die wesentliche Einsparung.

Diese vergünstigten Tarife sind vergleichbar mit Großhandelskonditionen. Der Vermittler verschafft seinem Kunden den Zugang zu Sonderkonditionen. Wenn ich im Großhandel für 50 Euro einkaufe, wird mein Einkaufswagen reicher gefüllt sein als im klassischen Supermarkt. Genau dies ist bei Nettotarifen auch der Fall – der Kunde erhält bei gleicher Sparrate in Nettotarifen eine deutlich höhere Ablaufleistung und von Beginn an höhere Rückkaufswerte.

Was sind denn die rechtlichen Voraussetzungen für die Nutzung der Plattform?

Der Vertriebspartner benötigt eine Zulassung als Makler oder Agent, das heißt eine Erlaubnis der zuständigen Industrie- und Handelskammer nach § 34d Abs. 1 Gewerbeordnung, und stellt ebenfalls sicher, dass die angemessene Qualifikation der bei ihm mitwirkenden Personen vorliegt sowie die Zuverlässigkeit der mitwirkenden Personen gegeben ist.

Es handelt sich dabei um Honorarvermittlung. Benötigt der Vermittler deshalb keine weiteren Zulassungen?

Eine Zulassung bzw. Erlaubnis etwa als Versicherungsberater gemäß § 34d Abs. 2 Gewerbeordnung benötigt der Vertriebspartner in der Tat nicht, da wir als Nettowelt uns im Bereich der Honorarvermittlung bewegen, wie Sie sagen, und dies für Versicherungsvermittler sehr bequem als zweites Standbein ausgeübt werden kann. In der Honorarberatung wäre dies natürlich anders, hier entscheidet sich der Berater allein für diesen Weg und somit auch gegen die Bruttowelt.

Wie lange kann Riester denn überhaupt noch angeboten werden?

Der Riester-Markt hat sich ja bereits sehr gelichtet, da durch die 100%ige Beitragsgarantie eine Darstellung für viele Anbieter nach herkömmlichen Kalkulationen kaum noch möglich ist. Auch im Bereich der Nettotarife sind im Übrigen Mindestlaufzeiten notwendig, wir haben jedoch den großen Vorteil gegenüber der Bruttowelt, dass Stornohaftungszeiten, Laufzeitmaximierungen und hälftige Courtagen bei uns keine Rolle spielen.

Die eigentliche Frage nach dem „überhaupt“ kann derzeit wohl nur die Ampelkoalition beantworten. Bisher gibt es hier noch keinen Lösungsvorschlag.

Klar ist jedoch, dass wir mit nettoriester so lange eine hervorragende Riesterlösung anbieten werden, wie dies von staatlicher Seite ermöglicht wird. Sollte es eine neue staatliche Förderung geben, so könnten wir dies – vorausgesetzt, diese bleibt in Versichererhand – jederzeit als Blaupause für jede neue Altersvorsorge­lösung übernehmen.

Was ist der Vorteil für Vermittler von Nettotarifen allgemein, bei Riester insbesondere?

Der Vermittler ist unabhängig von gesetzlichen Entscheidungen, er legt seine Vergütung individuell von Fall zu Fall fest und ermöglicht seinem Kunden den Zugang zu besonderen Konditionen, die er sonst am Markt nicht erhalten kann. Insbesondere bei Riester ist der große Vorteil, dass Riester nahezu nur noch als Nettotarif darstellbar ist und der Kunde somit überhaupt einen Zugang zu Riester erhält – ohne dass der Versicherungsvermittler wie in der Bruttowelt auf seine Vergütung zu Teilen verzichten muss.

Und nicht zu unterschätzen ist für Vermittler auch: Es handelt sich um eine verdiente Vergütung.

Über die Riester-Rente

Die nach dem früheren Bundesarbeitsminister Walter Riester benannte Riester-Rente wurde im Jahr 2002 eingeführt, um die gesetzliche Rente zu ergänzen bzw. die allgemeine Absenkung des damaligen Rentenniveaus auszugleichen. Immer wieder geriet die Riester-Rente seit Einführung in die Kritik. Und doch wurden über 16 Millionen Verträge abgeschlossen. Mit sinkendem Zins verlor Riester allerdings an Attraktivität, auch wenn es 2021 noch eine Art „Schlussverkauf“ gab. Mit der Reduzierung des Höchstrechnungszinses auf 0,25% zum 01.01.2022 hat sich ein Großteil der Versicherer aus dem Riester­Geschäft verabschiedet. Zu einer Verabschiedung von der 100%-Beitragsgarantie oder einer Reform von Riester konnte sich die Ampelkoalition nicht durchringen. Die Regierung will dagegen das System der privaten Altersvorsorge grund­legend reformieren – mit dem Ziel, höhere Renditen für die Sparer zu erzielen. Es gilt jedoch ein Bestandsschutz für laufende Riester-Verträge.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 04/2022, S. 40 ff., und in unserem ePaper.

Bild: © A. Hartung – stock.adobe.com

 
Ein Interview mit
Karoline Viktoria Mielken