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22. Oktober 2021
„Wir sehen die Zusammenarbeit mit Vertriebspartnern auf Augenhöhe“
Concept of collaboration on wooden blocks

„Wir sehen die Zusammenarbeit mit Vertriebspartnern auf Augenhöhe“

Der ACE baut die Kooperation mit Versicherungsmaklern kontinuierlich aus. Zudem erweitert der Autoclub seine Schutzbriefleistungen stetig und verschiebt damit die Services auch immer mehr in Richtung nachhaltiges Mobilverhalten. Interview mit Stefan Heimlich, Vorsitzender des ACE Auto Club Europa e. V.

Herr Heimlich, wie hat sich das Mobilitätsverhalten der Deutschen in der Pandemie verändert?

Die Corona-Pandemie hat den Alltag vieler Menschen stark verändert und somit auch ihr tägliches Mobilitätsverhalten. Arbeiten im Home-Office, keine Urlaubsreisen in ferne Länder, weitere Wege Fehlanzeige. Routinen wurden auf den Kopf gestellt, Mobilität reduziert. Die individuellen Verkehrsmittel wie das Auto oder Fahrrad haben dabei an Aufmerksamkeit gewonnen, während Bus, Bahn, Flugzeug, all die Verkehrsmittel, die mit anderen zu teilen sind, starke Rückgänge verzeichnen mussten.

Mit Blick auf das Auto sehen wir, dass die Menschen insbesondere die Möglichkeit schätzen, spontan nach ihrem Gusto verreisen oder zur Arbeit fahren zu können. Zudem ist nicht überall in Deutschland der öffentliche Nahverkehr so gut, dass die Menschen zuverlässig auf diese Angebote zugreifen können.

Erwarten Sie bleibende Effekte?

Flächendeckend betrachtet zeigen viele Mobilitätsdaten von Mobilfunkanbietern einen Verkehr wie vor der Pandemie. Auch wenn alternative Mobilitätsformen in einigen Regionen an Bedeutung gewonnen haben. Teilweise, insbesondere in den Ferienzeiten, zeigen aktuelle Daten sogar, dass der Verkehr auf Deutschlands Straßen nochmals zugenommen hat. Dieser Trend könnte sich auf absehbare Zeit fortsetzen, da die Bevölkerung aus Vorsicht die individuelle Mobilität präferiert.

Deutschland will die Verkehrswende. Wie sieht aus Ihrer Sicht ein nachhaltiges Verkehrssystem aus?

Ein nachhaltiges Verkehrssystem muss in der Lage sein, alle Mobilitätsformen einfach zu kombinieren, und es muss emissionsfrei ausgestaltet sein. Dabei muss auf die unterschiedlichen Lebenssituationen der Menschen Rücksicht genommen werden. Ein Arbeitnehmer, der jeden Morgen zum Arbeiten pendelt, hat andere Bedürfnisse an die Mobilität als ein junger Stadtmensch, der beispielsweise seine Arbeit gemischt vom Home-Office und Büro aus erledigt. Verbunden sind sie in dem Wunsch, dass die Mobilität, wann immer, schnell und vor allem zuverlässig funktioniert. Ein dritter Aspekt ist, dass Mobilität bezahlbar bleiben muss. Mobilität bedeutet gesellschaftliche Teilhabe. Somit sollte es weder finanzielle Hürden noch sonstige Barrieren geben.

Welche Auswirkungen erwarten Sie für Unfallsituationen, insbesondere durch Zunahme der Digitalisierung?

Autonomes Fahren und alle Vorstufen wie auch das bereits ver­breitete assistierte Fahren mithilfe von Notbremsassistenten etc. werden dazu beitragen, dass Unfälle zurückgehen. Der Faktor „menschliches Versagen“ wird reduziert. Wichtig ist dennoch zu wissen: Erst in der letzten Ausbaustufe, dem „autonomen Fahren“, wird die Verantwortung vom Menschen auf die Maschine übertragen. Eine Stufe davor, beim „vollautomatisierten Fahren“, soll der Mensch noch überwachen und im Notfall einschreiten können. Inwieweit ein Eingreifen aus der Situation des Beobachtens so möglich ist, dass Unfälle gänzlich abgewendet werden können, ist noch nicht hinreichend geklärt. Dass die Verantwortung bei der Nutzung eines noch nicht fehlerfreien Systems auf die Nutzenden übertragen wird, dessen sollten sich alle Verkehrsteilnehmenden bewusst sein.

Die Zahl der E-Autos steigt. Was ist hier bei Unfällen und entsprechender Pannenhilfe anders?

E-Autos haben im Vergleich zu Verbrennern wesentlich weniger Verschleißteile, denn es fehlen Zahnriemen, Zündkerzen, Schaltgetriebe, Tanksystem, Katalysatoren, etc. Auch die Betriebsflüssigkeiten wie Motoröl, Kühlwasser, Getriebeöl fallen weg. Was nicht vorhanden ist, kann auch nicht kaputt gehen.

Auch die elektronischen Komponenten sind nahezu wartungsfrei und Elektromotoren sind wesentlich einfacher und verschleißfreier gebaut. Einziger Schwachpunkt ist aktuell noch die Zyklenfestigkeit der Akkus. Hinsichtlich der Pannenhilfe heißt das aber auch, das Vororthilfe seltener erfolgen kann und der Anteil an Abschleppen zur Fachwerkstatt steigen wird.

Inwiefern sieht Ihr Angebot heute dann anders aus als noch vor wenigen Jahren?

In den vergangenen Jahren haben wir die Leistungen unserer Tarife mit Blick auf die Bedürfnisse unserer Mitglieder umgestaltet, sodass wir uns heute als Mobilitätsbegleiter für unsere Mitglieder sehen. Menschen in der Stadt zum Beispiel nutzen vermehrt das Fahrrad neben dem Auto und benötigen dahingehend eine Absicherung. Im Rahmen unserer COMFORT-Mitgliedschaft bieten wir mit dem Fahrradschutzbrief eine umfangreiche Sicherung bei Panne oder Unfall, unabhängig davon, ob die Mitglieder mit dem Pedelec, E-Bike oder Fahrrad unterwegs sind.

Zudem haben wir unsere digitalen Serviceangebote ausgebaut. Über unsere ACE-App bieten wir aktuelle Informationen für unterwegs an, etwa den Tankstellenfinder oder Erste-Hilfe-Anleitungen. Klare Orientierung digital geben wir auch, wenn es darum geht, über neue Mobilitätsformen oder den hohen Nutzen von Elektroautos aufzuklären.

Für Fahrräder und E-Bikes bieten Sie den erwähnten Schutzbrief. In welchen Fällen ist dieser hilfreich?

Unser Leistungsspektrum im Fahrradschutzbrief wird in verschiedensten Situationen in Anspruch genommen: Dies reicht über die Lieferung eines neuen Fahrradschlauches bei einem Platten durch die angebundenen Fahrradwerkstätten bis zu einem kompletten Abschleppvorgang mithilfe der Vertragspartner. Wir sehen schon deutlich, dass die Zeiten, als Reparaturen noch eigenständig durchgeführt wurden, weitgehend vorbei sind. Insbesondere im Bereich der elektrischen Fahrräder und Pedelecs wird die Technik immer komplizierter, die Zweiräder immer teurer. Da möchten viele ungern selbst Hand anlegen, zumal in den konkreten Fällen häufig auch der Gewährleistungsanspruchs bei einem Defekt eine Rolle spielt.

Sehen Sie sich auf einer Linie mit den Versicherern oder gibt es hier große Wettbewerbssituationen?

Die Frage ist nicht so einfach zu beantworten, da die Schutzbriefleistungen der Versicherer sehr unterschiedlich in ihrem Leistungspaket sind. Teilweise gibt es Überschneidungen, teilweise aber auch deutliche Unterschiede der Leistungsversprechen im Vergleich zu unserem Angebot. Wir bieten unseren Clubmitgliedern grundsätzlich einen umfangreichen und transparenten Schutz für alle Fahrzeuge eines Haushalts in ganz Europa und über spezielle Clubleistungen attraktive Extras, die weit über das normale Leistungspaket eines Schutzbriefes hinausgehen. Hinzu kommt, dass wir uns als Verein für mehr Verkehrssicherheit und Verbraucherschutz aller modernen mobilen Menschen einsetzen.

Eine Wettbewerbssituation ergibt sich für uns hieraus nicht automatisch. Im Gegenteil, bei vielen Mitgliedern sehen wir, dass über die Clubmitgliedschaft hinaus noch ein starkes Interesse an ergänzenden Versicherungsangeboten rund um ihre Mobilität besteht.

Sie haben in den vergangenen Monaten viel getan, um die Zusammenarbeit mit Versicherungsmaklern, Vertrieben und Pools zu intensivieren. Tragen die Anstrengungen Früchte?

Wir arbeiten ja nicht erst seit gestern mit Finanz- und Versicherungspartnern zusammen. In den letzten Jahren konnten wir eine nachhaltige Zusammenarbeit mit verschiedenen Vertrieben aufbauen. So kooperieren wir beispielsweise mit Bonnfinanz, Qualitypool, Dr. Klein oder Telis. Parallel dazu haben wir die Beratung von Interessenten über die Zurich Exklusivpartner ausgebaut. Wir sehen die Zusammenarbeit mit unseren Vertriebspartnern auf Augenhöhe in diesem Bereich als strategische Säule der Mitgliedergewinnung. Deshalb sind wir auch seit 2018 kontinuierlich auf der DKM präsent. Wir sehen hier eine wichtige Plattform und Anlaufstelle für unsere Partner aus dem Kreis der Versicherungsmakler.

Angekündigt haben Sie auch weitere Services. Was gibt es Neues?

Die letzten 18 Monate haben wir dazu genutzt, unsere Services für Vertriebspartner weiter zu optimieren und Prozesse zu digitalisieren. Wir bieten seit 2020 eine Reihe digitaler Lösungen an und können als erster Autoclub die vollständige Dunkelverarbeitung bereitstellen. Darüber hinaus werden wir unseren Service für Vertriebspartner weiter ausbauen und investieren in die technologischen und persönlichen Strukturen im Vertrieb, konkret im Bereich der Maklerbetreuung. Ab 2022 werden wir den Fokus auf die Absicherung von Gewerbekunden legen. Hier folgen wir der steigenden Nachfrage unserer Partner.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 10/2021 und in unserem ePaper.

Bild: © thodonal – stock.adobe.com: Porträtfoto: © ACE

 
Ein Interview mit
Stefan Heimlich