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6. April 2021
Kein Versicherungsschutz beim Verlassen des Unfallorts

Kein Versicherungsschutz beim Verlassen des Unfallorts

Verlässt ein Autofahrer nach einem Unfall den Unfallort, ohne die Polizei und seinen Versicherer zu informieren, muss der Kaskoversicherer den Schaden nicht regulieren. Das geht aus einem Beschluss des OLG Koblenz in einem Fall hervor, in dem der Fahrer ohne Fremdeinwirkung mit einer Leitplanke kollidiert war.

Ein Mann war mit seinem Fahrzeug auf der Autobahn unterwegs. Bei einer Geschwindigkeit von 100 Stundenkilometern kollidierte er ohne Fremdeinwirkung mit einer Leitplanke. Zunächst fuhr der Mann weiter bis zum nächsten Rastplatz und begutachtete dort den Schaden. Das Fahrzeug war auf der gesamten betroffenen Fahrzeugseite aufgeschrammt. Er meldete den Schaden jedoch nicht zeitnah an seinen Kfz-Vollkaskoversicherer und auch nicht an die Polizei. Vielmehr setzte er seine Fahrt einfach fort und stellte die Schadenanzeige an seinen Versicherer erst vier Tage später fertig.

Versicherer lehnt Schadenregulierung ab

Die Reparatur des Fahrzeugs verursachte Kosten in Höhe von über 22.000 Euro. Zum Missfallen des Mannes weigerte sich sein Kaskoversicherer jedoch, den Schaden zu regulieren. Daraufhin klagte der Mann gegen den Versicherer auf Leistungserbringung.

Wartepflicht am Unfallort unzumutbar?

Das Landgericht (LG) Koblenz wies die Klage des Mannes ab. Er habe gegen seine Wartepflicht verstoßen, als er sich vom Unfallort entfernte. Dadurch habe er es seinem Versicherer unmöglich gemacht, wesentliche Feststellungen zum Versicherungsfall zu erheben. Der Mann sah das jedoch anders und legte Berufung beim Oberlandesgericht (OLG) Koblenz ein. Schließlich könne es ihm nicht zugemutet werden, seiner vertraglich vereinbarten Wartepflicht am Unfallort auf einer vielbefahrenen Autobahn nachzukommen.

Auch Unfallflucht begangen

Das Berufungsgericht entschied nun jedoch, dass die Klage des Versicherungsnehmers nicht erfolgversprechend sei. Der Mann habe seine in den Versicherungsbedingungen festgelegte Wartepflicht tatsächlich verletzt. Ihm stehe deshalb keine Schadenregulierung durch den Versicherer zu. Da das Fahrzeug des Mannes auch Schäden an der Leitplanke hinterlassen hat, habe er sogar den Straftatbestand der Unfallflucht erfüllt, als er sich vom Unfallort entfernte.

Feststellungen zum Versicherungsfall erschwert

Ob es ihm zumutbar war, am Unfallort zu warten oder ob die Meldung des Unfalls auch am nächsten Rastplatz zulässig gewesen wäre, entschied das Gericht nicht. Da er jedoch auch nach Ankunft am nächstgelegenen Rastplatz weder die Polizei noch seinen Versicherer informierte, habe er zweifellos eine Pflichtverletzung begangen, die seinen Versicherer aus der Haftung entbindet. Der Versicherer habe auf diese Weise schließlich nicht feststellen können, ob zum Unfallzeitpunkt eine Einschränkung oder sogar ein Wegfall des Versicherungsschutzes vorlag. Das Versicherungsunternehmen könne nicht einmal nachprüfen, ob der Mann das Fahrzeug zum Unfallzeitpunkt überhaupt selbst gelenkt habe. Der Versicherungsnehmer zog seine Berufungsklage vor dem OLG daraufhin zurück. (tku)

OLG Koblenz, Beschluss vom 11.12.2020 – 12 U 235/20

Bild: © Petair – stock.adobe.com