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14. Mai 2021
Jäger erschießt Jagdhund: Wie bemisst sich der Schadensersatz?

Jäger erschießt Jagdhund: Wie bemisst sich der Schadensersatz?

In welcher Höhe muss ein Jäger Schadensersatz leisten, wenn er versehentlich den Jagdhund einer Kameradin erschießt? Dazu musste nun das OLG Frankfurt eine Entscheidung treffen. Im zugrunde liegenden Fall bekam die Klägerin zwar Recht, der zusätzlich geforderte Schadensersatz steht ihr dennoch nicht zu.

Auf der Jagd kann es unübersichtlich werden. Deshalb müssen Jäger auch in hektischen Momenten eine ruhige Hand und eine eiserne Disziplin am Abzug bewahren. Aber selbst dann kann es zu Unfällen kommen. Welche Schadensersatzpflichten dann auf einen Jäger zukommen, der versehentlich den Jagdhund eines Kameraden erschossen hat, musste nun das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main entscheiden.

Versicherer zahlt 2.100 Euro

Ein Jäger hatte bei einer Drückjagd versehentlich den Hund einer Jagdkameradin erschossen. Die Kameradin verlangte daraufhin Schadensersatz für ihren 20 Monate alten Jagdhund. Von der Haftpflichtversicherung des Jägers hatte sie bereits 2.100 Euro erhalten. Sie war jedoch der Ansicht, dass die erheblichen Ausbildungskosten einen höheren Schadensersatz rechtfertigten.

Fahrlässiger Sorgfaltspflichtverstoß

Vor dem Landgericht war sie mit ihrer Klage gescheitert und auch das OLG entschied im Berufungsverfahren nun zu Ungunsten der Klägerin. Nach Ansicht des OLG hafte der beklagte Jäger grundsätzlich wegen eines fahrlässigen Sorgfaltspflichtverstoßes bei der Schussabgabe. Er habe sich vor Abgabe des Schusses nicht die erforderliche Gewissheit verschafft, dass eine Gefährdung anderer ausgeschlossen sei.

Jäger verliert Hund aus den Augen

Dem Gericht gegenüber hatte er angegeben, er habe eine Sau kommen sehen, die von einem Hund mit Warnweste und dem Terrier der Klägerin gehetzt worden sei. Er habe die Sau angesprochen (damit ist die präzise Beobachtung, Identifizierung und Beurteilung vor der Schussabgabe gemeint). Als das Wildschwein sich ihm genähert habe, sei der Hund mit Warnweste ungefähr zehn Meter neben dem Wildtier gewesen. Den Hund der Klägerin habe er dagegen nicht mehr gesehen. Er habe angenommen, dass sich dieser entfernt habe, und deshalb geschossen.

Jäger hätte nicht schießen dürfen

Das OLG betont, dass der Jäger unter diesen Umständen von einer Schussabgabe hätte absehen müssen, da er den Hund der Klägerin nicht mehr erkennen konnte. Der Jäger sei nicht in der Lage gewesen, zu sehen, ob sich der Hund der Klägerin nicht verdeckt hinter dem Wildschwein befand und im Fall eines Schusses in dieser Richtung getroffen hätte werden können.

Kosten für Terrier-Welpen und dessen Ausbildung

Der entstandene Schaden sei allerdings mit der vorgerichtlichen Zahlung von 2.100 Euro bereits vollständig ausgeglichen. Der Schadensersatzanspruch bemesse sich zum einen an dem Preis für einen vergleichbaren Welpen – dieser Preis liege bei ungefähr 500 Euro. Zum anderen müssten die Kosten berücksichtigt werden, die für die Ausbildung eines Hundes mit durchschnittlicher Begabung aufzuwenden seien, um den Ausbildungsstand des getöteten Hundes zu erreichen. Gemäß Ausführungen eines Sachverständigen seien dafür unter Berücksichtigung des nachgewiesenen Ausbildungsstandes des Terriers insgesamt 79 Stunden anzusetzen. Bei Ansatz von 10 Euro je Ausbildungsstunde ergebe sich damit ein Wert, der unter dem Betrag liegt, den der Haftpflichtversicherer des Jägers bereits überwiesen hat. Dementsprechend stünden der Klägerin keine weiteren Ansprüche zu.

Jagdleiter trifft keine Schuld

Ausgeschlossen seien des Weiteren jegliche Ansprüche auf Schadensersatz gegen den Jagdleiter. Ihm falle keine Pflichtverletzung zur Last. Es habe insbesondere keiner besonderen Anweisung bedurft, nicht auf Hunde zu schießen, die bei der Jagd eingesetzt werden. (tku)

OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 20.04.2021 – 4 U 184/19

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