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6. April 2022
ELTIF-Studie: Marktvolumen wurde massiv unterschätzt
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ELTIF-Studie: Marktvolumen wurde massiv unterschätzt

Der Markt für ELTIFs ist deutlich größer als bisher angenommen. Scope schätzt, dass mittlerweile bereits bis zu 7,7 Mrd. Euro in diesen Fondsvehikeln stecken. Zuletzt war man nur von 2,4 Mrd. Euro ausgegangen. Besonders relevant sind ELTIFs in Italien und Frankreich. Deutschland hat Nachholbedarf.

Das Analysehaus Scope hat sich in einer aktuellen Studie mit ELTIFs beschäftigt. Diese European Long Term Investment Funds wurden im Jahr 2015 als neues Fondsvehikel eingeführt, um vermögenden Privatanlegern einen europaweit einheitlichen, regulierten Zugang zu illiquiden Anlageklassen zu ermöglichen.

Marktvolumen massiv unterschätzt

Die repräsentative Umfrage unter Asset-Managern ergibt nun, dass der ELTIF-Markt wohl deutlich größer ist als bisher angenommen. Scope schätzt das ELTIF-Volumen basierend auf den erhobenen Daten per Ende 2021 auf 7,2 bis 7,7 Mrd. Euro für 53 registrierte und vermarktete Produkte. Frühere Schätzungen waren nur von einem ELTIF-Marktvolumen von 2,4 Mrd. Euro per April 2021 ausgegangen.

Relevante Asset-Klassen

Das meiste Kapital vereint demnach die Asset-Klasse Private Debt mit 36% des platzierten Volumens auf sich. Zweitstärkstes Anlagesegment ist mit 31% Infrastruktur, wobei viele Produkte dieser Kategorie nur für professionelle Investoren zugelassen wurden. Rund 26% sind in Private-Equity-ELTIFs angelegt. Die restlichen 7% beschränken sich nicht auf eine Asset-Klasse, sondern stecken in gemischten ELTIFs.

Privatanleger haben weniger Zugang

46% des Marktvolumens sind nach Analystenschätzung in ELTIFs platziert, die professionellen Kunden vorbehalten sind, 54% in Produkten, die sowohl für Privatanleger als auch für professionelle Kunden zugelassen sind. Zu den aktivsten Asset Managern, die ihre Produkte auch Privatanlegern anbieten, gehören Amundi, Azimut, BlackRock, Commerz Real, Muzinich und Partners Group.

Italien und Frankreich im Fokus

Die regional größten ELTIF-Märkte in Europa sind laut Studie Italien und Frankreich. Der italienische ELTIF-Markt wird von Privatanlegern dominiert, die unter bestimmten Bedingungen von steuerlichen Anreizen profitieren können. Der französische ELTIF-Markt hingegen ist vor allem ein Markt für professionelle Investoren.

Situation in Deutschland

Der ELTIF-Markt in Deutschland hinkt im Vergleich zu Italien und Frankreich hinterher. Einer der Gründe ist laut Scope vermutlich, dass es nach den schlechten Erfahrungen mit geschlossenen Beteiligungen in der Finanzkrise gerade in Deutschland lange eine Skepsis gegenüber geschlossenen Produkten gab. Zudem behindere die komplexe Abwicklung mit teilweise hohem manuellen Aufwand den Vertrieb im fragmentierten deutschen Bankenmarkt mit zusätzlich vielen unterschiedlichen Fondsplattformen. ELTIFs seien deshalb in Deutschland bislang vor allem erfolgreich in Private-Wealth-Einheiten von Großbanken, die die Abwicklung im eigenen Haus durchführen, platziert worden. Nach Startschwierigkeiten gebe es in jüngster Vergangenheit allerdings positive Beispiele dafür, dass ELTIFs auch abseits der Großbanken in Deutschland ankommen. Sowohl im Vertrieb der Private-Banking-Einheiten als auch bei den Abwicklungsplattformen würden Lernprozesse einsetzen.

EU-Gesetzgebung als ELTIF-Booster

Als weiterer Wachstumstreiber für den ELTIF-Markt könnte sich die aktuell innerhalb der EU diskutierte Gesetzesnovelle erweisen, die die Rahmenbedingungen für das Angebot und den Vertrieb von ELTIFs durch weniger Restriktionen optimieren soll, glauben die Scope-Analysten.

Sekundärmarkt wünschenswert

Außerdem könne die Etablierung eines Sekundärmarkthandels förderlich sein, da gerade gehobene Privatkunden die Illiquidität der allermeisten ELTIF-Produkte teilweise als Hürde empfänden. Auch das geht aus der Scope-Befragung hervor.

ELTIFs als Nachhaltigkeitstreiber

Darüber hinaus zeige die Erfahrung aus Italien, dass insbesondere nationale steuerliche Anreize ein großer Treiber für das Wachstum des ELTIF-Markts sein könnten. Bedarf an einer stärkeren Verbreitung von ELTIFs hätten nicht nur Anleger und Anbieter. Auch vonseiten der EU bestehe ein berechtigtes Interesse an einem größeren ELTIF-Markt. Diese Fondsvehikel könnten sich nach Ansicht der Scope-Analysten als schlagkräftiges Instrument bei der Umsetzung des europäischen Green Deals erweisen, weil sie Investitionen in Sachwerte und Infrastruktur förderten. (tku)

Bild: © zobaair – stock.adobe.com