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5. September 2022
Dooring-Unfall: Trifft einen Rennradfahrer ein Mitverschulden?

Dooring-Unfall: Trifft einen Rennradfahrer ein Mitverschulden?

Ein Rennradfahrer kollidiert bei voller Fahrt mit einer sich öffnenden Autotür. Der Radfahrer verletzt sich dabei schwer und klagt auf Schmerzensgeld. Allerdings: Der Kläger hielt zum parkenden Auto nur einen Abstand von 50 cm. Trifft den Rennradfahrer damit ein Mitverschulden?

Allein die Vorstellung einer Kollision eines Rennradfahrers mit einer sich öffnenden Autotür – ein sogenannter „Dooring-Unfall“ – ist schmerzhaft. Ein solcher Unfall ist allerdings einem Rennradfahrer auf einer nachmittäglichen Ausfahrt im Bergischen Land zugestoßen. Als der Fahrer eines Wagens die Fahrertür öffnete, konnte der Radfahrer nicht mehr ausweichen und kollidierte mit der Tür. Dabei zog er sich zahlreiche schwere Verletzungen zu. Er behauptete, er könne in seinem Beruf als Unfallchirurg keine kraftaufwendigen Operationen mehr durchführen und auch nicht mehr als Triathlet am Schwimmtraining teilnehmen.

Beklagter sieht Mitverschulden beim Rennradfahrer

Der beklagte Autofahrer und sein Versicherer erkannten allerdings nur eine Haftungsquote von 75% an und lehnten eine darüber hinausgehende Haftung ab. Denn den Radfahrer treffe ein Mitverschulden in Höhe von 25%, weil er nicht weit genug entfernt von dem geparkten Pkw vorbeigefahren sei, so die Begründung seitens des Versicherers. Er hätte also wahrnehmen können, dass der Beklagte eingeparkt habe und seine Tür habe öffnen wollen.

Autofahrer muss Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausschließen

Daraufhin legte der Rennradfahrer gegen den Unfallgegner und dessen Versicherer Klage beim zuständigen Landgericht Köln (LG) ein. Und die Richter gaben dem Kläger Recht. Grundsätzlich habe der Autofahrer den Unfall verschuldet, weil die Kollision mit dem Fahrrad im unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit dem Öffnen der Fahrertür erfolgt sei. „Gemäß §14 Abs. 1 StVO müsse sich der Autofahrer beim Ein- und Aussteigen so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen sei“, so das LG.

Radfahrer trifft auch kein Mitverschulden

Und auch das Mitverschulden des Klägers am Unfall wies das Gericht ab. „Normalerweise müsse der Seitenabstand so bemessen sein, dass ein geringfügiges Öffnen einer Fahrertür noch möglich sei. Hierfür genügten in der Regel schon 50 cm“, lautet die Ansicht der Richter. Dies sei hier beachtet worden, insbesondere da die Fahrertür bereits leicht geöffnet gewesen sei. Außerdem müsse der Rennradfahrer nicht einen so großen Seitenabstand zum Fahrzeug einhalten, dass er selbst bei einer vollständigen Öffnung der Fahrertür nicht mit dieser kollidiert wäre. Das LG verpflichtete den Beklagten und seinen Versicherer daher, über die bereits anerkannte Haftungsquote von 75%, dem Kläger alle materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen sowie ein Schmerzensgeld in Höhe von 3.500 Euro zu zahlen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. (as)

LG Köln, Entscheidung vom 02.08.2022, Az. 5 O 372/20

Bild: © Dan Race – stock.adobe.com