Was hat Maklersein mit der Doktormethode zu tun? Erfahren Sie es bei „#Makler im Gespräch“ inklusive Video...
Von Toni Kuhn, AssCompact
Seit wenigen Tagen haben Stephan Busch und Tom Wonneberger ihren Bachelor-Abschluss in der Tasche und sind stolz. Das Studium Finanzwirtschaft mit Schwerpunkt Versicherung haben sie an der Berufsakademie Dresden sehr erfolgreich abgeschlossen. Ihre Bachelorarbeit haben sie ganz ihrer beruflichen Zukunft gewidmet und einen Businessplan für die kommenden drei Jahre erstellt. In einem schönen Einband liegt die Arbeit auf dem Tisch in einem ihrer zwei Räume, die sie in einer Maklergemeinschaft in Dresden-Radebeul angemietet haben. Blättert man darin, sticht das kreative Layout jenseits von Blocksatz und Times New Roman-Schrift sofort ins Auge. Denn zum Businessplan von Wonneberger und Busch gehört auch ihre Überzeugung „Wir wollen anders sein als die anderen“. Dies finden sie auch deshalb wichtig, weil sie eine spezielle Zielgruppe haben. „Wir haben ursprünglich angefangen, Studenten zu beraten, und unser Konzept ist auch weiterhin, uns auf die unter 25-Jährigen auszurichten“, erklärt Wonneberger.
„Zwei Jungs, die die Dinge in die Hand nehmen“
„Progress.made.in.Dresden“ lautet daher auch der geplante Unternehmensname. Er entstand bei der Suche nach einem Begriff, der einerseits den regionalen Bezug herstellt, andererseits modern klingt und auffällt, aber auch auf die Zukunft gerichtet ist. Nicht umsonst taucht auch das Wort „Fortschritt“ (Progress) auf: „Wir wollen den jungen Leuten vermitteln, dass hier zwei Jungs sind, die die Dinge für sie in die Hand nehmen“, so Busch. „Es ist uns wichtig, dass unsere Mandanten einen Fahrplan für die nächsten Jahre haben.“ Angefangen haben die jungen Makler mit einem Facebookauftritt und einer außergewöhnlichen Webseite, um die jungen Leute dort abzuholen, wo sie sich häufig orientieren: im Internet. Busch erklärt: „Bei Facebook geht es uns um Neukundenakquise und darum, uns für die Zielgruppe menschlicher und greifbarer zu machen. Hier posten wir viel über den Fortschritt unseres Unternehmens, auch mit Fotos. Viele kennen uns schon seit etlichen Jahren und wollen wissen, wie es vorangeht.“
Den Weg in die Vermittlertätigkeit schlugen beide schon früh ein. Busch begann als Jugendlicher in einem Strukturvertrieb. „Als es dann darum ging, Adressen aus dem Handy anzurufen, um Riesterrenten zu verkaufen, war mir klar, dass ich das nicht konnte, weil ich auch viel zu wenig Ahnung von der Materie hatte.“ Er absolvierte dann eine Ausbildung in der Werbebranche und begann dann den dualen Studiengang Finanzwirtschaft in Dresden. Dort lernte er Wonneberger kennen. Dieser war anfangs als Mehrfachagent tätig, merkte aber schnell, dass dies nicht seine Philosophie ist. Die Motivation, sich selbstständig zu machen, war bei beiden von Anfang an vorhanden: „Wir wussten, dass wir im Angestelltenverhältnis nicht glücklich werden. Weil wir manchmal verrückte Ideen haben, die nicht immer gleich auf Gegenliebe bei Chefs stoßen“, so Busch.
Den Anfang ihrer Zusammenarbeit markiert eine gemeinsame Studienarbeit im dritten Semester. Dabei entwickelten sie ein Konzept zur Beratung von Studierenden. „Schon damals merkten wir, dass wir gut zusammenarbeiten“, erzählt Wonneberger. Zu der Zeit waren beide bereits bei einem Maklerservice namens AICON in Dresden-Radebeul tätig, wo sie auch heute ihre Büroräume haben. Dort berieten sie eigene Mandanten nach ihrem neuen Konzept. Um den Bedarf und die Wünsche zu erkennen, führten die Makler auch Befragungen bei den jungen Leuten durch und entwickelten so ihr Konzept weiter. Anfangs beschrieben sie dabei genau ihre Zielgruppe. „Wie denkt der Mensch unter 25, wie fühlt er, wie lebt er?“, beschreibt Busch die Fragestellungen.
Darauf aufbauend entwickelten sie erst strategische Ansätze für die Beratung sowie einen Beratungsleitfaden für die Zielgruppe. „Wir haben gemerkt, dass bei den Jungen viel Unsicherheit besteht, aber auch viel Interesse. Oft scheuen sie den ersten Schritt. Für junge Leute sollte die Risikoabsicherung im Zentrum stehen. Altersvorsorge können sie sich noch gar nicht leisten. Das kommt erst später“, so Wonneberger. Bezüglich der Absicherung haben die beiden eine Priorisierung entwickelt, mit der sie auch heute arbeiten. Vom Haushaltsplan und der Existenzsicherung geht es mit den Mandanten Schritt für Schritt weiter zum Besitzschutz, zur Altersvorsorge und zum Vermögensaufbau. „Wir nennen das gerne Lebensphasenberatung. Das Fundament ist der Haushaltsplan“, erklärt Busch. „Die meisten sind begeistert und führen ihn selbstständig weiter.“
Die Doktormethode
Das Herz ihres Konzeptes bildet dabei die sogenannte Doktormethode. Hier haben die beiden jungen Makler bewusst eine Metapher gewählt, die einfach zu verstehen ist: „Es ist ein bisschen wie beim Arzt, zuerst kommt die Untersuchung und erst dann die Diagnose und das passende Rezept.“ Auch Wonneberger und Busch fangen zuerst mit der „Untersuchung“ an, indem sie die Mandanten kennenlernen und die Unterlagen prüfen. Als „Rezept“ erhalten diese im nächsten Schritt ein übersichtliches Gutachten über bestehende Verträge und Notwendigkeiten der Absicherung, die mit einer Art Ampelsystem je nach Dringlichkeit bewertet werden. „Ein junger Mensch, der gerade mit dem Studium fertig ist und noch keine Altersvorsorge hat, kriegt von uns deshalb keine rote Bewertung. Diese richtet sich nach der Lebensphase“, erklärt Wonneberger. Das Gutachten umfasst maximal zwei Seiten.
Im Anschluss an die Risikobewertung erhalten die Kunden einen ebenfalls einfach zu überblickenden Konzeptvorschlag für die weiteren gemeinsamen Schritte und eventuelle neue oder zu ändernde Verträge. Das entspricht dem Baustein „Behandlung“ im Konzept der Makler. „Uns ist wichtig, dass wir komplexe Themen wie Arbeitskraftabsicherung verständlich rüberbringen.“ Auch hier bedienen sich die beiden einer Metapher: Wie bei der Kfz-Versicherung sprechen sie von Vollkasko, Teilkasko und Basisschutz. Wonneberger bemerkt: „Es muss einfach, verständlich und greifbar sein. Das Finanzgequatsche geht vielen auf die Nerven und die wenigsten verstehen es. Daher haben wir immer nach Begriffen gesucht, die man nachvollziehen kann“, erklärt Wonneberger.
Mit „Folgeuntersuchung“ bezeichnen die Makler die Bestandsbetreuung. Diese findet mindestens jährlich in Form eines neuen Gutachtens statt, aber auch durch regelmäßige Telefonate. „Der Mandant soll den Überblick auch über die Folgezeit behalten“, sagt Busch.
Das duale Studium als „idealer Weg“
Rund 85 Kunden betreuen die beiden Makler bereits. Diese haben sie in den Praxisphasen im dualen Studium akquiriert. Viele bekommen sie auch über Empfehlungen. „Schon allein aus diesem Grund war der duale Studiengang für uns der ideale Weg, um direkt in die Praxis einzusteigen und schon während des Studiums erste Vorbereitungen für das eigene Unternehmen zu treffen“, bemerkt Wonneberger.
Frühzeitig haben sich die beiden auch um das Marketing gekümmert. Dies fällt vor allem in Buschs Aufgabengebiet, da er von seiner Ausbildung in der Werbeagentur auch das kreative Know-how mitbringt. Die Ideen dazu sammeln sie zu zweit an ihrem „Kreativfreitag“, an dem sie sich in die Nacht hinein mit einem Glas Wein zusammensetzen und Neues entwickeln oder Bestehendes anpassen. Momentan konzentrieren sich die Makler auch auf die Standardisierung der Unternehmensprozesse.
Auch hierfür haben sie im dualen Studium nützliches Wissen erworben. Im Modul „Agenturmanagement“ entwickelten Busch und Wonneberger ein eigenes Controllingtool auf Excel-Basis, um Arbeitsprozesse zu erfassen, zu bewerten und dann zu verbessern. „Vor allem der Zeitaufwand wird dort berechnet“, erklärt Wonneberger. „Wieviel Zeit brauche ich für die Beratung, wieviel Zeit brauche ich, damit aus einem Angebot ein Vertrag wird? Daraus leiten wir ab, wie profitabel wir arbeiten und wo wir uns noch verbessern können.“ Aufgrund der klaren Struktur, die sich die beiden mithilfe des Tools auch selbst vorgeben, können sie sich bei der Arbeit auch besser ergänzen und auch abwechseln. Jeder hat zwar seine eigenen Kunden, Ziel ist aber, einen Mandantenpool zu schaffen und sich die Arbeit sowie das Einkommen dementsprechend zu teilen.
Das Bild der zwei Gehirnhälften
Dabei sind die beiden jungen Makler schon äußerlich zwei recht unterschiedliche Charaktere. „Jeder von uns hat bestimmte Eigenschaften“, bestätigt auch Busch und zeigt auf ein Bild, das an der Wand hängt. Darauf sind die zwei Gehirnhälften des Menschen entsprechend ihrer Funktionen illustriert. Busch steht für das Verrückte, Bunte und vor Ideen Überschäumende der rechten Gehirnhälfte. Wonneberger, der für die linke und eher rationalere Gehirnhälfte steht, bremst manchmal und strukturiert die Dinge, die aus Busch heraussprudeln. „So ergänzen wir uns super, wie ein Gehirn eben auch funktioniert“, sagt Busch lächelnd.
Entsprechend haben sie auch die Tätigkeiten aufgeteilt. Busch kümmert sich schwerpunktmäßig um die Beratungen, das Marketing und den Außenauftritt. Das Erstellen der Unterlagen machen sie gemeinsam. Wonneberger kümmert sich um die Unternehmensentwicklung und die rechtlichen Belange, die damit verbunden sind, sowie um das Netzwerken. Er betont: „Wichtig ist, dass wir gleichberechtigte Partner sind und nicht einer der Verwaltungsangestellte und der andere der große Vertriebler. Es funktioniert nur, wenn wir als Doppelspitze das Unternehmen führen und darstellen.“
Beide sind sich außerdem bewusst darüber, dass ein Team immer ein Risiko birgt, gerade wenn man über lange Zeit zusammen arbeitet. Schon jetzt achten sie darauf, immer wieder teambildende Maßnahmen wie die „Kreativfreitage“ anzusetzen. „Für nächstes Jahr haben wir auch vor, mal eine Woche aus dem Tagesgeschäft rauszukommen, wegzufahren und uns dort in Ruhe zu überlegen, wie es mit dem Unternehmen weitergeht.“ Für den Berufsalltag finden sie es elementar, dass die Kommunikation stimmt und sie offen miteinander über eventuell auftretende Probleme sprechen. Um die Qualität bewahren zu können, so sind sie überzeugt, darf man sich aber nicht zu viel aufhalsen. „Man muss seine physischen und psychischen Grenzen kennen“, betont Wonneberger. „Hier kann man sich auch gegenseitig beobachten und entlasten.“
Für Ende 2013 wollen Wonneberger und Busch auch Mitarbeiter einstellen. „Damit wir uns auf die Unternehmensentwicklung und die Akquise konzentrieren können“, lautet die Erklärung der Makler. Ihr Wunsch ist es außerdem, irgendwann selbst Studenten auszubilden. Die Makler sind sich bewusst, dass die steigende Regulierung mehr Struktur fordert. „Damit können wir gut umgehen, da wir im Studium auch den betriebswirtschaftlichen Hintergrund mitbekommen haben“, sagt Wonneberger. „Aber trotzdem wird der Verwaltungsapparat größer.“
Die Region fördern durch Netzwerkpartner
Ein weiteres Feld, in das die jungen Makler Zeit investieren, sind ihre sogenannten Netzwerkpartner. Darunter verstehen sie Kleinunternehmen und Selbstständige aus Dresden, die ebenfalls Dienstleistungen anbieten, die für sie selbst, aber auch für ihre Mandanten regional interessant sein können. „Grund ist, dass wir uns vom Markt abheben wollen. Wir möchten den Leuten mehr bieten. Nur Versicherungen verkaufen ist nicht das, was uns ausfüllt. Wir wollen auch die Region fördern. Man hilft sich als Selbstständige gegenseitig. Das macht auch einfach Spaß“, erklärt Busch. Über das Netzwerk empfehlen sich die Partner jeweils Kunden weiter. Dazu zählen beispielsweise Fotografen oder auch ein Frisör.
Ihr Weihnachtsgeschenk für die Kunden wird ein Kalender mit Fotos von Fotografen aus ihrem Netzwerk. „Wir kriegen von ihnen kostenfrei die Bilder, haben dadurch etwas Besonderes und Regionales für Weihnachten und für die Fotografen ist es eine gute Werbung“, sagt Wonneberger. Busch fügt hinzu: „Unser Wunsch ist es auch, junge, kreative Existenzgründer bei den ersten Schritten zu begleiten und finanzielle Dinge für sie zu klären. Das ist das, was Progress ausmachen soll: Leute unterstützen, weg vom Produktverkauf, denn das kann letztlich jeder.“
Ihre Kontakte helfen Wonneberger und Busch auch bei finanziellen Anfangsschwierigkeiten, denen sie ausgesetzt sind, gerade weil sie nicht den reinen Produktverkauf machen wollen. „Es ist schwierig, wenn man eigene Ideen hat, die nachgewiesen funktionieren, eine finanzielle Unterstützung für die ersten Jahre zu bekommen“, sagt Busch. Das Arbeitsamt hat in den letzten Jahren einige Förderprogramme eingestellt. Deshalb konzentrieren sich die beiden darauf, ihre Kontakte innerhalb der Branche, die sie auch schon während des Studiums aufgebaut haben, verstärkt zu nutzen. Auch privat und über Netzwerkpartner bekommen sie einige Dienstleistungen kostenfrei.
Derzeit nutzen sie AICON weiterhin als Backoffice und Maklerpool, was sie vor allem zeitlich und finanziell entlastet. Wonneberger ist froh, dass sie im Businessplan vieles einkalkuliert haben und lässt nicht am Optimismus rütteln: „Unser Businessplan hat gezeigt, dass die ersten Monate schwer werden. Aber wenn wir schrittweise den Plan abarbeiten, ist das Unternehmen rentabel“, ist der Makler überzeugt. Jetzt freuen sich beide auf die Gründung der eigenen GbR zum 01.01.2013. Und bis dahin ist noch einiges zu tun.
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