Ein Artikel von Andreas Grimm
Für viele Handelsvertreter ist der Wechsel in den Maklerstatus der nächste logische Schritt in ihrer unternehmerischen Entwicklung. Mehr Selbstbestimmung, keine Zielvorgaben und eine größere Produktauswahl – zumindest auf dem Papier. In der Praxis wird aus dem angebundenen Vermittler plötzlich ein Unternehmer mit allen Rechten und Risiken. Wer sich nicht vorbereitet, riskiert viel.
Was beim Wechsel rechtlich zählt
Es gibt eine Vielzahl rechtlicher Aspekte, die ein zukünftiger Makler beim Ausstieg aus seiner bisherigen Vertriebsorganisation beachten muss. Besonders schmerzhaft ist allerdings meist der Verlust des bisherigen Kundenbestands. Auf den hat der Handelsvertreter nämlich keinen Anspruch. Wer bei seinem bisherigen Finanzvertrieb versucht, die alten Kunden ohne Zustimmung abzuwerben, merkt schnell: Die Rechtsabteilungen reagieren auf solche Versuche oft sehr humorlos und giftig.
Etwas anders sieht es bei manchem Versicherer aus. Dort erleben wir immer wieder, dass Handelsvertreter ihren Kundenbestand „mitnehmen“ dürfen. Nicht selten fehlt es dem Unternehmen an geeignetem Ersatz – und solange der Vertreter im Guten geht, bleiben die Verträge vermutlich bestehen. Vielleicht bringt er sogar künftig noch Geschäft. Zudem stellt er keine Ausgleichsansprüche mehr. Würde der Versicherer den Wechsel blockieren, bliebe der Vertreter womöglich doch – aber unmotiviert und mit seinen Ausgleichsansprüchen.
Während Ausgleichsansprüche gesetzlich garantiert sind – auch im Krankheits- oder Todesfall –, hat ein Makler keine vergleichbare Absicherung. Er muss sicherstellen, seinen Bestand oder sein Unternehmen später gewinnbringend verkaufen zu können. Scheitert das oder stirbt der Makler unvorbereitet, kann der Statuswechsel einer Kapitalvernichtung gleichkommen.
Rechner schafft Abhilfe
Wer seinen Status wechseln möchte, sollte deshalb mit einem Ausgleichsanspruchsrechner zunächst deren Höhe abschätzen. Entscheidend ist nicht der heutige Anspruch, sondern der zum Zeitpunkt des regulären Ausstiegs prognostizierte. Also hochrechnen, wie sich Bestand und Einnahmen entwickeln könnten – und diesen Werten die potenziellen Einnahmen und den seriös abgeschätzten Verkaufspreis des Bestands als Makler gegenüberstellen. Ob allerdings die heute gezahlten Preise in einigen Jahren noch erzielbar sein werden, bleibt offen – das Zinsumfeld und die Demografie sprechen eher dagegen.
Erst wenn beide Zahlungsreihen – um die anfallenden Steuern ergänzt – durchgerechnet sind, steht die wirtschaftliche Grundlage für eine fundierte Entscheidung. Wer sichergehen will, plant zusätzlich Worst-Case-Szenarien – etwa das eigene Ableben – und fragt sich, ob die Familie das finanziell tragen könnte.
Was sich in jedem Fall lohnt: ein Gespräch mit dem bisherigen Vertragspartner über dessen Haltung zur Bestandsfreigabe. Ein eigener Kundenbestand als Startkapital macht den Wechsel wirtschaftlich deutlich attraktiver.
Vielleicht ist es aber auch gut, dass viele wechselwillige Handelsvertreter diese Berechnungen gar nicht so gründlich anstellen. Denn ein wirtschaftlich weniger erfolgreicher, aber glücklicher Makler schläft vermutlich deutlich besser als ein erfolgreicher, aber unglücklicher Handelsvertreter.
Über den Autor
Andreas W. Grimm ist Gründer des Resultate Institut und beleuchtet an dieser Stelle regelmäßig Aspekte zur Nachfolgeplanung. Gemeinsam mit AssCompact hat er den Bestandsmarktplatz initiiert.
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