Wie lange werde ich leben und wie lange muss mein Geld reichen? Diese Frage spielt in der Altersvorsorge eine zentrale Rolle. Doch viele Menschen schätzen ihre eigene Lebenserwartung deutlich zu niedrig ein. Zu diesem Schluss kommt auch die aktuelle Ausgabe der DIA-Studie 50plus des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA), aus der nun erste Ergebnisse vorgestellt wurden. Die Untersuchung zeigt dabei detailliert, in welchen Alters- und Bevölkerungsgruppen die Fehleinschätzungen am größten sind. Befragt wurden 3.000 Personen aus Deutschland ab 18 Jahren. Die komplette Studie mit detaillierten Auswertungen wird Anfang des nächsten Jahres veröffentlicht.
Jüngere unterschätzen eher die Lebenserwartung
Demnach glaubt ein knappes Fünftel (17%) der unter 50-Jährigen, nicht älter als 70 Jahre zu werden. Unter den über 50-Jährigen sind es nur 7%, die mit einer so niedrigen Lebenserwartung rechnen. Besonders auffällig ist, dass gerade Jüngere ihre Chancen auf ein langes Leben deutlich unterschätzen. 40-Jährige in Deutschland haben statistisch gesehen noch eine fernere Lebenserwartung von rund 40 Jahren. In der Befragung gingen jedoch fast 40% der unter 50-Jährigen von deutlich weniger aus. Damit wird sichtbar, wie stark subjektive Wahrnehmung und reale Daten auseinanderklaffen.
„Unterschätzung der Lebenserwartung ist ein verbreitetes Phänomen, das schon länger beobachtet werden kann“, erklärt DIA-Sprecher Klaus Morgenstern. „Dafür gibt es auch eine Erklärung. Viele haben als gedanklichen Anker für die Abschätzung der eigenen Lebenserwartung die Lebensdauer ihrer Eltern oder Großeltern. Da die statistische Lebenserwartung aber seit Jahrzehnten ansteigt, führt diese Orientierung zu einer zu niedrigen Annahme. Aus anderen Untersuchungen geht zum Beispiel hervor, dass die Lebenserwartung im Durchschnitt um sieben Jahre zu gering angesetzt wird", so Morgenstern weiter. Genau auf diese Diskrepanz verweist auch die Initiative „7 Jahre länger“ des GDV.
Sozial Schwächere glauben seltener an ein langes Leben
Hinzu kommt der Einfluss des sozialen Status. Befragte, die sich selbst der Unterschicht zuordnen, nehmen eine deutlich geringere Lebenserwartung an als Befragte aus Mittel- oder Oberschicht. So rechnen nur 17% der „Unterschicht“-Gruppe mit einem Alter zwischen 80 und 89 Jahren, während dieser Anteil in der Mittel- und Oberschicht bei 35 bzw. 32% liegt. „In diesem Fall stimmen individuelle Wahrnehmung und wissenschaftliche Erkenntnisse überein. So ist erwiesen, dass die Lebenserwartung in Korrelation zu den finanziellen Verhältnissen steht und somit vom sozialen Status abhängig ist“, so Morgenstern. Das Robert-Koch-Institut spricht hier beispielsweise von der Lebenserwartungslücke und führt diese auf eine gesundheitliche Ungleichheit in der Bevölkerung zurück.
Daten für Altersvorsorgeberatung interessant
Gerade an diesem Punkt wird deutlich, warum es für die Altersvorsorgeberatung so wichtig ist, die tatsächliche Lebenserwartung in die Planung einzubeziehen. Wer nur mit 70 oder 75 Jahren rechnet, unterschätzt die Dauer des Ruhestands erheblich. Versicherungsvermittler können hier durch eine frühzeitige Aufklärung und die Einbeziehung realistischer Prognosen dazu beitragen, Versorgungslücken zu vermeiden und eine solide finanzielle Absicherung bis ins hohe Alter sicherzustellen. (bh)
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