Ein Artikel von Andreas Grimm, Gründer des Resultate Institut
Viele Makler beschäftigen sich irgendwann mit der Frage, wann sie ihr Unternehmen übergeben wollen – aber kaum einer fragt sich wirklich rechtzeitig, an wen eigentlich. Oft entscheidet der Zufall: Man trifft jemanden auf einer Messe, ein Interessent erwischt im Telefongespräch zufällig den richtigen Ton, und plötzlich ist der „Nachfolger“ gefunden. Oder es entscheidet das Bauchgefühl: „Der ist sympathisch, der macht das schon.“ Doch weder Zufall noch Sympathie ersetzen unternehmerische Eignung – und genau hier beginnen die größten Fehler in der Nachfolgeplanung.
Was treibt den Nachfolger wirklich an?
Die meisten Nachfolger im Markt kaufen keine Firma, sondern einen Bestand. Das ist ein Unterschied – rechtlich, steuerlich und vor allem mental. Ein echter Unternehmensnachfolger übernimmt Verantwortung für Menschen, Prozesse und Marktposition. Ein Bestandskäufer sieht Kundenlisten, Courtagevolumina und Renditepotenzial. Entscheidend ist aber nicht nur, ob jemand Bestand oder Unternehmen übernehmen will, sondern auch die Frage: Was treibt den Nachfolger wirklich an?
Wer nur auf schnelle Margen und Cross-Selling schaut, wird kaum in langfristige Kundenbeziehungen investieren. Wer hier nur von Skalierung und Technik spricht, denkt in Prozessen, nicht in Beziehungen. Wir haben erlebt, wie ein vermeintlich perfekter Nachfolger – jung, digital, dynamisch – einen vermögenden Privatkunden-Bestand binnen zwei Jahren zum Vertriebskanal degradierte. Doch wie findet man den richtigen Nachfolger?
Diese Kriterien sind entscheidend
Das lässt sich nicht pauschal beantworten – es hängt davon ab, was Sie wirklich wollen. Aber unabhängig von Ihren Zielen gibt es Kriterien, die Sie in jedem Fall prüfen müssen.
Beginnen wir mit dem wichtigsten: der finanziellen Leistungsfähigkeit. Lassen Sie sich zu Beginn Finanzmittel oder eine belastbare Finanzierungszusage nachweisen. Ohne das brauchen Sie gar nicht erst weiterzumachen.
Die zeitliche Dimension hat zwei Seiten: Passt der Zeitplan des Nachfolgers zu Ihrem eigenen? Wer sofort aussteigen will, braucht einen erfahrenen Käufer. Wer eine gestaffelte Übergabe plant, kann auch einen jüngeren Nachfolger wählen – muss aber bereit sein, weiter involviert zu bleiben. Und noch wichtiger: All diese Überlegungen erfordern Vorlaufzeit. Wer erst sucht, wenn der Ausstieg unmittelbar bevorsteht, hat bereits verloren. Die Nachfolgerwahl ist keine Aufgabe für die letzten sechs Monate, sondern für die letzten zwei bis drei Jahre.
Warum sind meine Kunden überhaupt bei mir?
Wenn Ihnen Kontinuität für Ihre Kunden wichtig ist, müssen Sie sich eine entscheidende Frage stellen: Warum sind meine Kunden überhaupt bei mir – und warum sind sie geblieben? Ist es Ihre persönliche Beziehung zu ihnen? Ihre fachliche Kompetenz? Das Team, das Sie aufgebaut haben? Die Antwort bestimmt, was Ihr Nachfolger mitbringen muss. Wer wegen seiner Persönlichkeit erfolgreich war, braucht einen Nachfolger mit Zeit für Beziehungsaufbau. Wer ein starkes Team aufgebaut hat, braucht jemanden mit Führungskompetenz. Und entscheidend: Teilt der Nachfolger überhaupt Ihre Auffassung über Beratungsgrundsätze und Beziehungspflege?
Wer allerdings nur den höchsten Preis erzielen will, braucht sich diese Fragen nicht zu stellen. Alle anderen sollten ihre Kriterien definieren, bevor sie suchen – sonst wählt nicht der Senior seinen Nachfolger, sondern der Nachfolger wählt sich seinen Senior.
Über den Autor
Andreas W. Grimm ist Gründer des Resultate Institut und beleuchtet an dieser Stelle regelmäßig Aspekte zur Nachfolgeplanung. Gemeinsam mit AssCompact hat er den Bestandsmarktplatz initiiert.
Lesen Sie auch: Was macht einen echten Experten für Maklernachfolgen aus?
Interessieren Sie sich für weitere Hintergrundartikel aus der Branche? Dann abonnieren Sie das monatliche Fachmagazin AssCompact – kostenfrei für Versicherungs- und Finanzmakler.
 Andreas W. Grimm
				Andreas W. Grimm - Anmelden, um Kommentare verfassen zu können
 
 
															 
 
