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8. Dezember 2025
Ab wann sind Mehrarbeitszuschläge bei Teilzeitkräften fällig?
Ab wann sind Mehrarbeitszuschläge bei Teilzeitkräften fällig?

Ab wann sind Mehrarbeitszuschläge bei Teilzeitkräften fällig?

Das Bundesarbeitsgericht stellt klar: Eine Tarifregel, die Mehrarbeitszuschläge erst ab der 41. Stunde vorsieht und damit Teilzeitkräfte benachteiligt, ist diskriminierend und nichtig. Für Teilzeitkräfte muss die Zuschlagsgrenze anteilig abgesenkt werden.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat eine für viele Branchen relevante Entscheidung zur Behandlung von Mehrarbeitszuschlägen bei Teilzeitbeschäftigten getroffen. Eine tarifvertragliche Regelung, nach der Zuschläge erst ab der 41. Wochenstunde fällig werden – unabhängig von der individuellen Arbeitszeit –, verstößt gegen das Diskriminierungsverbot des § 4 Abs. 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG). Teilzeitkräfte dürfen nicht schlechter gestellt werden als Vollzeitkräfte, wenn sie über ihre persönliche vertragliche Arbeitszeit hinaus arbeiten.

Im konkreten Fall galt der Manteltarifvertrag des bayerischen Groß- und Außenhandels. Dieser definiert für Vollzeitbeschäftigte eine Wochenarbeitszeit von 37,5 Stunden. Zuschläge werden laut Tarif erst ab der 41. Stunde gezahlt. Ein in Teilzeit tätiger Arbeitnehmer mit einer vereinbarten Wochenarbeitszeit von 30,8 Stunden machte geltend, dass diese starre Grenze ihn benachteilige. Unter Anwendung des Pro-rata-temporis-Grundsatzes müsse für ihn bereits ab Überschreiten der proportionalen Zuschlagsgrenze – also ab 32 Stunden – ein Zuschlag von 25% gewährt werden.

Während die Vorinstanzen die Klage abwiesen, gab der 5. Senat des BAG dem Kläger nun Recht. Die tarifliche Regelung sei insoweit nichtig, als sie für Teilzeitkräfte keine anteilig abgesenkte Grenze für Mehrarbeitszuschläge vorsieht. Ein sachlicher Grund für diese Ungleichbehandlung existiere nicht. Insbesondere könne sie nicht mit dem Argument gerechtfertigt werden, dass Überstunden jenseits der 40-Stunden-Grenze besonders belastend seien und daher einen Gesundheitsschutz rechtfertigten. Teilzeitkräfte müssten ebenso vor übermäßiger Belastung geschützt werden – auch sie leisten „Mehrarbeit“, sobald sie ihre individuelle Wochenarbeitszeit überschreiten.

Folglich steht Teilzeitbeschäftigten der tarifliche Zuschlag zu, sobald sie ihre persönliche Wochenarbeitszeit in dem Verhältnis überschreiten, das für Vollzeitbeschäftigte zur Zuschlagsgrenze führt. Eine vorherige Frist für die Tarifparteien, ihre Regelung anzupassen, ist nicht erforderlich. Bei unionsrechtlich geprägten Diskriminierungsverboten – wie hier – haben Gerichte unmittelbar zu korrigieren.

Da das zuvor mit dem Fall befasste Landesarbeitsgericht bislang nicht festgestellt hat, wie viel Mehrarbeit der Kläger tatsächlich geleistet hat, wurde der Fall zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen. (bh)

BAG, Urteil vom 26.11.2025 – Az: 5 AZR 118/23