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09/2014
12. September 2014
Nutzung von E-Mails und Internet im Maklerunternehmen

Nutzung von E-Mails und Internet im Maklerunternehmen

Emotional hat vermutlich kein Entscheidungsträger eines Maklerunternehmens etwas dagegen, wenn ein Mitarbeiter kurz privat im Internet recherchiert. Andererseits ahnen viele berechtigter­weise, dass eine erteilte Erlaubnis an Arbeitnehmer, Internet und Firmen-E-Mail auch ­privat zu nutzen, rechtliche Konsequenzen nach sich zieht.

Unabhängig davon, ob es im Arbeitsvertrag ausdrücklich geregelt wurde oder nicht, gilt, dass es jedem ­Arbeitnehmer als arbeitsvertragliche Nebenpflicht zunächst einmal nicht gestattet ist, betriebliche IT-Mittel wie ­Internet und Firmen-E-Mail zu privaten Zwecken in Anspruch zu nehmen.

Aber auch Arbeitgeber sollten einige Normen im Auge behalten. So müssen Arbeitgeber mit Betriebsrat darauf achten, dass es wegen der konkreten Gestaltung der Nutzung von ­Firmen-IT ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG (Betriebsverfassungsgesetz) gibt. Weiter ist auch das Datenschutzrecht, zum Beispiel der § 32 BDSG (Bundesdatenschutzgesetz) und dessen Grenzen, für den Arbeitgeber zu ­beachten.

Überraschenderweise wird in diesem Bereich rechtlich vertreten, dass der Arbeitgeber im Falle der Gestattung von privater IT-Nutzung im Betrieb gemäß den Regelungen des Telekommunikationsgesetzes (TKG) und des Telemediengesetzes (TMG) „Diensteanbieter“ sei (§ 2 S. 1 Nr. 1 TMG, § 3 Nr. 6 TKG). In diesem Rahmen gibt es dann durchaus strafrechtliche Risiken des Arbeitgebers, die sich zum Beispiel bei Fehlleistungen des Arbeitnehmers bei der Firmen-­Internet- oder E-Mail-Nutzung realisieren können (siehe §§ 202a, 206, 303a Abs. 1 StGB).

Rechtslage bei Verbot der ­Privatnutzung

Die Risiken des Arbeitgebers von Datenschutzverstößen in diesem Bereich sowie strafrechtliche Verfehlungen können durch ein Verbot der privaten Nutzung der Firmen-IT minimiert werden. So führt beispielsweise die „Muster“-Formulierung in einer betrieblichen IT-Richtlinie („Der Computer am Arbeitsplatz einschließlich des E-Mail-­Accounts und des Internets darf ausschließlich zu dienstlichen Zwecken genutzt werden. Eine wie auch immer geartete weitergehende Nutzung ist nicht gestattet“), dazu, dass das TKG und das TMG nicht greifen.

Eine weitere Erleichterung kann sein, dass ein Betriebsrat auf den Bereich „betriebliche IT-Nutzung“ keinen Zugriff hat, denn nur das „Wie“ und nicht das „Ob“ ist mitbestimmungspflichtig.

Problemloser Zugriff auf Daten

Für viele Arbeitgeber ein sehr wichtiges Argument ist auch, dass nur im Falle des Verbotes einer privaten IT-Nutzung der Arbeitgeber problemlos auf die Daten des Arbeitnehmers an seinem Arbeitsplatz zugreifen kann. Denn diese Daten müssen bei einem Verbot folgerichtig betriebliche Daten sein. Dies kann zum Beispiel in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren, in dem man dem Arbeitnehmer Wettbewerbsverstöße nachweisen möchte, der entscheidende Vorteil sein.

Rechtslage bei erlaubter ­Privatnutzung

Ist die private Nutzung der betrieblichen IT-Mittel erlaubt, greifen TKG und TMG. Der Arbeitgeber ist nun Diensteanbieter und muss unter anderem das Fernmeldegeheimnis (§ 88 TKG), das Abhörverbot (§ 89 TKG) sowie Datenschutzrechte (§§ 92ff. TKG, 12ff. TMG) beachten. Ein Betriebsrat darf außerdem mitbestimmen und im schlimmsten Fall drohen dem Arbeitgeber sogar strafrechtliche Risiken.

Bei Gegenüberhaltung der Vor- und Nachteile stehen viele Arbeitgeber vor dem Zielkonflikt, auf der einen Seite rechtlich fast dazu gezwungen zu sein, private IT-Nutzung im Betrieb zu untersagen, auf der anderen Seite aber den Arbeitnehmer nicht zu sehr einschränken zu wollen. Dies vielleicht auch mit der Überlegung, dass der Arbeitnehmer bei privater Nutzungsmöglichkeit der Firmen-IT eher engagiert und länger ­arbeitet.

Rechtsklarheit schaffen

Viele Arbeitgeber dulden daher (heimlich) die private Internetnutzung und schauen vermeintlich nicht hin, wenn ein Mitarbeiter doch die Firmen-IT privat nutzt. Dies ist jedoch rechtlich heikel, da eine Duldung so ausgelegt werden könnte, dass die Arbeitsvertragsparteien konkludent die private IT-Nutzung im Betrieb vereinbart hätten.

Um Rechtsklarheit zu erhalten, schaffen viele Arbeitgeber die technische Möglichkeit, dem Arbeitnehmer neben der Firmen-E-Mail oder dem Firmen-­Internet Zugriff zu einem von der ­Firma gezahlten privaten Account zu verschaffen, den der Arbeitnehmer dann getrennt von der Firmen-IT nutzt. So kann der Arbeitgeber auf einen ­Bereich (Firmen-IT) zugreifen und auf den anderen (von Firma eingerichteter Privat-Account) nicht.

Aber auch die Rechtsprechung gibt Ansatzpunkte, welche Eingriffsmöglichkeiten der Arbeitsgeber bei gestatteter Privatnutzung von Firmen-IT hat: So sei eine ständige Kontrolle der privaten E-Mail-Nutzung im Rahmen der laufenden IT-Nutzung (zum Beispiel Weiterleitung von E-Mails bzw. Überprüfung bei nur kurzer Abwesenheit des Arbeitnehmers) zwar unzulässig. Dies gelte jedoch nicht, wenn die Nutzung ruhe, beispielweise bei Freistellungen, Langzeiterkrankungen oder wenn aus ­anderen Gründen die Mitarbeiter lange Zeit keine Zugangsmöglichkeiten zur Firmen-IT haben.

Einverständniserklärung des ­Arbeitnehmers zu ­Kontrollen

Genauso rechtlich diskutiert werden arbeitsvertragliche Gestaltungen wie zum Beispiel eine Einverständniserklärung des Arbeitnehmers. Hier erklärt sich der Arbeitnehmer mit Kontrollen durch den Arbeitgeber einverstanden. Es ist aber nach wie vor umstritten, ob eine pauschale Einverständniserklärung wirksam ist (§§ 305ff. BGB) oder ob es jeweils eine vertragliche Ermächtigung für jeden einzelnen konkreten Kontrollvorgang geben muss, was eher nicht praktikabel wäre.

Klarstellung des Gesetzgebers sinnvoll

Dies zeigt, dass es eine Fülle von Einzelfallrechtsprechung im Themenfeld „IT und Arbeitsrecht“ gibt. Eine gesetzgeberische Klarstellung an diesem Punkt ist sinnvoll, denn das Thema ist in höchstem Maße praxisrelevant.

Rechtspolitisch könnte eine Regelung in Betracht gezogen werden, nach der ein Arbeitgeber in einem klar definierten Umfang private Nutzung der Firmen-IT erlauben darf, ohne Nachteile gegenüber seinen Arbeitnehmern oder gegenüber Dritten fürchten zu müssen. Denn (private) E-Mail- bzw. Internetnutzung gehört mittlerweile derart zur Lebensgestaltung, dass ein Ausschluss von Arbeitnehmern am Arbeitsplatz von diesem Bereich nicht mehr lebensnah erscheint.

 
Ein Artikel von
Dr. Jan Freitag