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7. Oktober 2019
Steuert die Unfallversicherung auf schwierigeres Fahrwasser zu?

Steuert die Unfallversicherung auf schwierigeres Fahrwasser zu?

Die private Unfallversicherung ist inzwischen nicht mehr für alle Anbieter gleichermaßen profitabel. Die Rating-Agentur Assekurata macht zwei Trends aus, die sich negativ auf die Erträge der Versicherer auswirken: So setzt zum einen die Alterung der Bestände den Anbietern zu, zumal die aktiven Senioren die Schadenquoten in die Höhe treiben. Zum anderen wächst im Neugeschäft der Druck durch die Vergleichsportale.

Die private Unfallversicherung gilt seit jeher als Goldesel der Assekuranz. So erzielte der Zweig in den vergangenen 20 Jahren im Schnitt eine Combined Ratio von rund 84%. Doch der Rating-Agentur Assekurata zufolge sind nicht alle Unternehmen so ertragreich. Vielmehr seien teilweise große Unterschiede zu beobachten, was die Profitabilität der Anbieter angeht, wie Dennis Wittkamp, Senior-Analyst der Assekurata, in einem Blog-Beitrag schreibt.

„ERWIN“ zeigt Zustand der Branche

Ein Bild vom Zustand der Branche auf Ebene einzelner Unternehmen liefert der „Ertrags- und Wachstums-Indikator“ von Assekurata, kurz ERWIN. Mit diesem Indikator wird die Combined Ratio als eine relevante Ertragskennzahl mit der Zuwachsrate der Verträge als Wachstumskennzahl in optische Beziehung gesetzt. Damit ermöglicht es ERWIN, den Markt in ertragreiche und weniger ertragreiche, wachsende oder schrumpfende Unternehmen zu unterteilen. Assekurata macht zwei Trends aus, die den Unfallversicherern zu schaffen machen: Die Alterung der Bestände sowie der Konkurrenzdruck im Neugeschäft.

Aktive Senioren treiben Schadenquoten nach oben

So schlage sich zum einen die zunehmende Alterung der Bestände auf Schadenseite nieder, so Wittkamp. Die ältere Generation ist heute viel aktiver als vor zwei Jahrzehnten. Statistisch betrachtet haben diese Versicherten aber auch häufiger und dann meist auch schwerere Unfälle. Diese Tatsache trieb die Schadenzahlungen in den vergangenen Jahren stetig in die Höhe. Beliefen sich die Schadenzahlungen, die Unfallversicherer zu leisten hatten, im Jahr 2000 noch auf rund 2,5 Mrd. Euro, ist diese Summe 2018 auf mittlerweile 3,9 Mrd. Euro angestiegen. Auch die durchschnittliche Schadenzahlung hat sich in diesem Zeitraum erhöht, und zwar von 2.967 Euro auf nun 4.204 Euro.

 

Steuert die Unfallversicherung auf schwieriges Fahrwasser zu?

 

Große Unterschiede bei Schaden- und Kostenquote

Die Branche ist mit einem deutlichen Anstieg der Schadenquote konfrontiert. So erhöhte sich die Quote von 2008 bis 2018 von durchschnittlich 51,92% auf 58,23%. Dagegen verharrte die Kostenquote im selben Zeitraum rund um die Marke von 30%. Wie Wittkamp erläutert, bestehen am Markt sowohl schaden- als auch kostenseitig große Unterschiede: „Während der Großteil der Marktteilnehmer 2018 Schadenquoten zwischen 40% und rund 55 % aufwies, kamen einige Anbieter auf Werte unterhalb von 30%.“ Andere würden dagegen mit Schadenquoten jenseits der Marke von 70% kämpfen. Auch bei der Kostenquote ist die Spanne groß. So bewegen sich die meisten Marktteilnehmer bei Quoten zwischen 30% und 40%, während Minimum und Maximum bei Werten von knapp 12% bzw. 55% liegen.

Zunehmender Wettbewerbsdruck im Neugeschäft

Neben der Schadenentwicklung setzt die Konkurrenz durch die Online-Vergleichsportale den Versicherern im Neugeschäft zu. Wittkamp zufolge steige unter anderem aufgrund der zunehmenden Bedeutung der Internetvergleichsportale der Druck auf die Neugeschäftsprämien weiter an. „Gepaart mit den branchenweiten Bestandsverlusten sorgt dies für stagnierende Prämieneinnahmen mit entsprechender Wirkung auf die Margen bzw. die Combined Ratio.“

Unfallversicherer reagieren mit Ausbau der Leistungen

Um die Unfallversicherung vor allem bei jüngeren Kunden attraktiver zu machen, setzen die Anbieter bei ihren Tarifen auf die Erweiterung der Leistungen. Viele Schadenpolicen decken inzwischen deutlich mehr als den klassischen, bedingungsgemäßen Unfallbegriff ab oder umfassen Sonderleistungen wie Einmalzahlungen oder Kostenübernahme von Operationen.

„Verkomplizierung“ des Produkts macht es für Vermittler nicht einfacher

Nach Ansicht von Wittkamp sei es aber fraglich, ob die damit einhergehende „Verkomplizierung“ für den Absatz bei ungebundenen Vermittlern und Vertrieben förderlich sei. Im Hinblick auf den Vertrieb über Vergleichsportale dürfte es außerdem schwierig werden, diese Mehrleistungen prämienseitig voll umfänglich einfließen zu lassen, gibt der Asskurata-Analyst zu bedenken. (tk)

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