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BU

Rückwirkende Befristung der BU-Leistung ist nicht rechtens

Ein Berufsunfähigkeitsversicherer hat die geleistete BU-Rente gegenüber einer Versicherten rückwirkend für befristet erklärt – allerdings ohne eine rechtlich wirksame Einstellungsmitteilung. So nicht, entschied das Oberlandesgericht Dresden.

Erklärt ein Berufsunfähigkeitsversicherer (BU-Versicherer) für einen zurückliegenden, abgeschlossenen Zeitraum seine Leistungspflicht, so gilt diese Erklärung als ein unbefristetes Anerkenntnis. Das hat kürzlich das Oberlandesgericht Dresden (OLG) entschieden.

Versicherer erklärt rückwirkend die BU-Leistung für befristet

In dem vom OLG entschiedenen Sachverhalt hatte die Klägerin erstmals im Juli 2016 eine Berufsunfähigkeitsrente für den Zeitraum von Dezember 2014 bis April 2016 geltend gemacht. Der beklagte BU-Versicherer erklärte daraufhin im Februar 2017, dass er Leistungen ab dem 01.01.2015 anerkennt. Weiterhin erklärte er aber, dass diese Leistung am 30.11.2015 wieder ende. Diese Entscheidung begründete der BU-Versicherer insbesondere damit, dass die Klägerin nach Aussage eines Gutachtens eines psychiatrischen Sachverständigen (Prof. Dr. med. S.) seit dem 01.12.2015 wieder ihre berufliche Tätigkeit ausüben könne.

Mit ihrer Klage verfolgte die Klägerin das Ziel, dass trotz dieser Erklärung darin ein unbefristetes Anerkenntnis durch den BU-Versicherer zu sehen sei. Sie verlangte daher vor Gericht eine BU-Rente auch über den 30.11.2015 hinausgehend.

Ausnahmefälle lagen bei der Versicherten nicht vor

Die Klägerin hat vor dem OLG grundsätzlich recht bekommen. Die Richter führten aus, dass in den Versicherungsbedingungen konkrete Gründe vereinbart waren, bei denen die Rente hätte befristet werden können. Allerdings lag bei der Klägerin keiner dieser Gründe vor.

Zwar hätte der BU-Versicherer sein Anerkenntnis auch mit einer wirksamen Einstellungsmitteilung verbinden können. Dann hätte er aber im Februar 2017 für die Klägerin nachvollziehbar begründen müssen, warum nur bis 30.11.2015 Leistungen gewährt werden sollen. Mit dem wörtlich wiedergegebenen Satz „[...] da Sie nach Aussage von Prof. Dr. med. S. seit dem 01.12.2015 wieder ihre berufliche Tätigkeit ausüben können [...]“ hatte der BU-Versicherer diese Voraussetzungen jedoch noch nicht erfüllt. Erst in einem Schriftsatz der Rechtsanwälte des BU-Versicherers im November 2018 wurde diese Einstellungsmitteilung rechtswirksam nachgeholt. Aus diesem Grund, so die Richter am OLG, habe die Klägerin auch bis zu diesem Zeitpunkt Anspruch auf eine BU-Rente.

Urteil zeigt Komplexität von BU-Versicherungsfällen

Ob die Leistungsfähigkeit vor oder nach Antragstellung weggefallen ist, bedarf keiner Feststellung, da die Auflistung von Ausnahmen in den allgemeinen Versicherungsbedingungen eines BU-Versicherers, unter denen die zeitliche Befristung eines Anerkenntnisses möglich sein soll, auch dessen Möglichkeit zu einem rückwirkenden Anerkenntnis beschränken, argumentierten die Richter.

„Dieses Urteil zeigt einmal mehr die Komplexität von Versicherungsfällen in der Berufsunfähigkeitsversicherung“, kommentiert Tobias Strübing, Fachanwalt für Versicherungsrecht bei der Kanzlei WIRTH RECHTSANWÄLTE, gegenüber AssCompact. „Versicherungsnehmer sind daher immer gut beraten, sich in solchen Fällen beraten zu lassen.“ (as)

OLG Dresden, Urteil vom 22.08.2023 – Az. 4 U 943/20

Bild: © Keitma – stock.adobe.com

 

Welche Folgen hat eine abstrakte Verweisungsklausel in der BU?

Im Falle einer Berufsunfähigkeit kann es zu Verweisungen des Versicherten durch den Versicherer kommen. Eine Grundlage dafür ist die abstrakte Verweisungsklausel. Rechtsexperte Björn Thorben M. Jöhnke erklärt in seiner regelmäßig erscheinenden BU-Kolumne, welche Auswirkungen eine solche Verweisung hat.

Artikel von Björn Thorben M. Jöhnke, Fachanwalt für Versicherungsrecht und Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte

Einige Berufsunfähigkeitsversicherungen verwenden in ihren Versicherungsbedingungen eine abstrakte Verweisungsklausel. Diese Klausel taucht jedoch eher nur in älteren Versicherungsverträgen auf. Heutzutage verzichten viele Versicherungen auf diese Art der Verweisung. Doch woran erkennt man eine abstrakte Verweisungsklausel und welche Auswirkungen hat sie für Versicherungsnehmer? Wer trägt die Beweislast für die maßgebenden Umstände? Was ist zu beachten, wenn sich die Versicherung auf die abstrakte Verweisungsklausel beruft? Diese und weitere Fragen werden im Folgenden beleuchtet.

Die typische abstrakte Verweisungsklausel

Die abstrakte Verweisungsklausel dient der Konkretisierung der Eintrittspflicht des Versicherers hinsichtlich der Berufsunfähigkeit. Denn die Versicherung leistet nur, wenn eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit, wie sie im konkreten Vertrag vereinbart wurde, vorliegt. Eine typische Formulierung der abstrakten Verweisungsklausel lautet wie folgt:

„Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn der Versicherte infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich dauernd außerstande ist, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht.“

Demgemäß genügt es nicht, wenn der bisher zuletzt in gesunden Tagen ausgeübte Beruf nicht mehr ausgeübt werden kann. Auch vergleichbare Berufe, also „andere Tätigkeiten“, dürfen durch den Versicherten – abstrakt – nicht ausgeübt werden können.

Anforderungen an die Berufsunfähigkeit bei einer abstrakten Verweisung

Damit der Versicherte auf eine andere Tätigkeit verwiesen werden kann, muss eine Vergleichbarkeit mit der bisherigen Lebensstellung vorliegen. Nicht berücksichtigt werden dürfen Berufe, die mit einem spürbaren wirtschaftlichen oder sozialen Abstieg einhergehen oder deutlich geringere Ausbildungen oder Erfahrungen voraussetzen, als sie der Versicherte aufweist. In der Rechtsprechung wird die Wahrung der bisherigen Lebensstellung bei einem Versicherungsnehmer bejaht, wenn er die Verweisungstätigkeit auch tatsächlich ausübt.

Darüber hinaus muss die Ausübung des Verweisungsberufes dem Versicherten gesundheitlich zumutbar sein. Hierfür muss die Verweisung dessen Beeinträchtigung berücksichtigen und sicherstellen, dass der bedingungsgemäße Grad der Berufsunfähigkeit nicht überschritten wird. Denn die Verweisung auf einen Beruf, der auf Kosten der Gesundheit des Versicherungsnehmers geht, ist unzulässig. Kann der Versicherte sowohl seinem bisher ausgeübten Beruf als auch dem Verweisungsberuf gesundheitlich nicht nachgehen, liegt auch im Falle der abstrakten Verweisung eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit vor.

Der Beruf muss dem Versicherten schließlich auch individuell zumutbar sein. Insbesondere zu beachten ist das Über- und Unterforderungsgebot: Der Versicherungsnehmer muss weder überobligatorische Anstrengungen hinnehmen, um den Verweisungsberuf auszuüben, noch muss er sich auf Berufe verweisen lassen, die verglichen mit der bisherigen Tätigkeit deutlich niedrigere Erfahrungen und Kenntnisse verlangen. Eine individuelle Zumutbarkeit liegt nicht vor, wenn etwaige Voraussetzungen zur Berufsausübung vom Versicherungsnehmer noch erworben werden müssen.

Damit die abstrakte Verweisung auf einen Vergleichsberuf einschlägig ist, müssen also eine Vergleichbarkeit mit der bisherigen Lebensstellung sowie die gesundheitliche und individuelle Zumutbarkeit vorliegen.

Abstrakte Verweisung und die Darlegungs- und Beweislast

Es stellt sich weiterhin die Frage, welche Partei welche Tatsachen vorbringen und beweisen muss. Grundsätzlich trägt der Versicherungsnehmer die Beweislast für die Berufsunfähigkeit. Bei einer abstrakten Verweisung erstreckt sich seine Beweislast auch auf die Tatsache, dass er den Verweisungsberuf nicht ausüben kann oder die Vergleichbarkeit fehlt. Es genügt der summarische Vortrag, dass keine anderen Tätigkeiten ausgeübt werden können, die er mit seinen Ausbildungen und Kenntnissen ausüben könnte und die seiner bisherigen Lebensstellung entsprechen.

Sodann trifft den Versicherer die sekundäre Darlegungslast. Er muss die Anforderungen, Umstände, Qualifikationen und alle sonstigen prägenden Merkmale des Verweisungsberufes derart konkret benennen, dass der Versicherte den ihn daraufhin obliegenden Negativbeweis antreten kann. Erfolgt keine hinreichend konkrete Schilderung des Versicherers, gilt der einfache Vortrag des Versicherten als zugestanden.

Fazit und Hinweise für Versicherungsnehmer

Abstrakte Verweisungsklauseln werden in Versicherungsverträgen nur noch selten bis gar nicht mehr verwendet. Vielfach wird seitens der Versicherungen sogar aktiv darauf verzichtet und mit diesem Verzicht geworben. Bei Abschluss eines neuen Vertrages sollte also darauf geachtet werden, dass eine abstrakte Verweisungsklausel nicht vereinbart wird, denn diese kann nachteilig für den Versicherungsnehmer sein. Falls der bestehende Versicherungsvertrag eine solche Klausel enthält, sind dennoch einige Bedingungen an die wirksame Geltendmachung geknüpft. Maßgeblich ist die vergleichbare Lebensstellung beider Berufe sowie die Zumutbarkeit, die der Versicherer ausreichend darlegen muss.

Weitere wissenswerte Beiträge zum Thema der Berufsunfähigkeitsversicherung sind nachstehend zu finden: „Berufsunfähigkeitsversicherung“.

Bild: © Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte

 

Wenige BU-Versicherer gewähren Einblick in Leistungspraxis

Das BU-Leistungspraxisrating 2023 des Analysehauses Franke und Bornberg hat die Leistungspraxis einiger Versicherer bei der Berufsunfähigkeitsversicherung untersucht. Fazit: Die meisten Versicherer regulieren hervorragend – doch nur wenige gewähren Einblick in ihre Prozesse im Leistungsfall.

Wie arbeiten die Versicherer im Leistungsfall bei der Berufsunfähigkeitsversicherung (BU)? Dieser Frage hat sich die Ratingagentur Franke und Bornberg in ihrem neuen BU-Leistungspraxisrating 2023, welches am Montag veröffentlicht wurde, gewidmet. Denn: Wichtig sei, so Franke und Bornberg, bei der BU nicht nur das passende Produkt und ein stabiler Versicherer, sondern auch die Qualität der Leistungsprüfung. Wie professionell und kundenorientiert gehen die Gesellschaften mit Leistungsanträgen um? Wie lange dauert es vom Eingang einer Anzeige bis zur Entscheidung? Und welche Versicherer agieren transparent und fair?

Laut Franke und Bornberg sei das Rating zur Leistungspraxis nur mit Zustimmung des jeweiligen Versicherers möglich – anders als beim Tarifrating. Auch aus diesem Grund besteht das BU-Leistungspraxisrating lediglich aus neun Versicherern, denn längst nicht alle Gesellschaften erlauben Einblick in ihre Leistungspraxis.

Darauf wurde beim Rating geachtet

Wie kundenorientiert, fair und transparent die Gesellschaften die BU-Leistungsansprüche ihrer Versicherten behandeln, prüft Franke und Bornberg grundsätzlich vor Ort, so die Agentur in ihrer Mitteilung zum Rating. Das Urteil basiert auf einer Stichprobe von mindestens 125 sorgfältig durch die Prüfer ausgewählten Leistungsfällen je Gesellschaft. Grundlage für das Leistungspraxisrating 2023 bilden Regulierungen aus dem Jahr 2022. Bearbeitungsdauer, Anteile von abstrakter Verweisung und Vorgaben zur Umorganisation fließen in das Urteil ebenso ein wie Befristungen und Individualvereinbarungen sowie Rücktritte und Anfechtungen.

Weiterhin untersuchen die Analystinnen und Analysten, wie die Unternehmen ihre Versicherten in dieser schwierigen Situation begleiten. Positiv bewertet werden hier z. B. das individuelle Eingehen auf die Antragsteller, durch individuell zugeschnittene Fragebögen nach vorheriger Kontaktaufnahme. Für Geschäftsführer Michael Franke sollten Versicherte auch im Leistungsfall als Menschen und nicht als Verwaltungsvorgänge behandelt werden – dies treffe gleichermaßen auf die Begutachtung komplexer Gegebenheiten vor Ort durch geschulte Mitarbeiter zu, bspw. bei Selbstständigen. So könnten sie Abläufe und Anforderungen des Arbeitsplatzes wirklichkeitsnah einschätzen. Auch sollte Kunden das Ergebnis der Leistungsprüfung so transparent und nachvollziehbar wie möglich mitgeteilt werden.

Sechs von neun Versicherern mit Bestnote

Die Höchstbewertung von FFF+ bzw. „hervorragend“ erreichten sechs der neun angetretenen Versicherer, nämlich Allianz, ERGO, Generali, HDI, NÜRNBERGER und Zurich. Ein „sehr gut“ bzw. FFF erhielten die übrigen drei: Gothaer, Hannoversche und SIGNAL IDUNA. Laut Michael Franke sei die Wahrscheinlichkeit eines guten Abschneidens umso größer, je häufiger ein Unternehmen am BU-Leistungspraxisrating teilnehme. Diesen Effekt führt der Geschäftsführer hauptsächlich darauf zurück, dass die Ratings Benchmarks liefern, für Transparenz sorgen und zugleich den Blick für Verbesserungen schärfen.

Am Rating teilgenommen haben noch mehr Versicherer – allerdings haben diese der Veröffentlichung ihrer Ergebnisse nicht zugestimmt.

Fakten und Trends in der BU-Regulierung

Etwas verlängert hat sich laut der Untersuchung die Dauer der Leistungsprüfung. Diese dauerte 2022 durchschnittlich 184 Tage. Dies sei wohl auch bedingt durch den Fachkräftemangel. „Abwerbungen durch Mitbewerber und BU-Dienstleister haben die ohnehin knappen Personalressourcen einiger Gesellschaften weiter ausgedünnt“, so Franke und Bornberg. Als Gegenmaßnahme setzen die Versicherer verstärkt auf eigenen Nachwuchs – mit Erfolg. Doch auch auf Arztberichte und vor allem Gutachten mussten die Versicherer 2022 noch länger warten als zuvor.

Zeitersparnis verspreche der Einsatz des Telefons anstelle von Papier. Christian Monke, Leiter Ratings Gesundheit und Private Risiken bei Franke und Bornberg: „Der Formularmarathon ist ein Auslaufmodell. Wer konsequent telefoniert und Fragen gemeinsam mit dem Kunden durchspricht, kann die Regulierung deutlich abkürzen.“ Auch würden erste Gesellschaften positive Erfahrungen mit Chats in geschützten Portalen sammeln.

Digitale Prozesse und künstliche Intelligenz bieten außerdem viel Potenzial für schnellere Entscheidungen, so die Ratingagentur. Bspw. könnten umfangreiche Arztberichte in Zukunft automatisch so strukturiert werden, dass Leistungsprüfer einen besseren Überblick gewinnen. Rückversicherer hätten schon jetzt automatisierte Entscheidungshilfen entwickelt, die in der Praxis als Zweitmeinung dienen, aber aus Sicht der befragten Versicherer erfahrene und empathische Leistungsprüfer bislang noch nicht ersetzen könnten.

Wertung und Ausblick

Es sei ein Warnsignal für Verbraucher und Vermittler, dass noch immer zu wenige Versicherer auf eine unabhängige Bewertung ihrer Leistungsprüfung setzen. Denn erst hier entscheide sich, ob ein Vertrag seinen Zweck erfüllt, so Franke und Bornberg. Teilnehmende Gesellschaften könnten im Laufe der Jahre mit einer überzeugenden Leistungspraxis punkten und erhalten außerdem einen detaillierten Untersuchungsbericht, der individuelle Ansatzpunkte und Hebel für weitere Verbesserungen aufzeigt.

Die vollständige BU-Leistungspraxis-Studie enthält noch weitere Informationen u. a. zu Ursachen der Berufsunfähigkeit, Anerkennungs- und Ablehnungsquoten, Bearbeitungsdauern und Prozessquoten. Diese wird Franke und Bornberg demnächst vorstellen. (mki)

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„Mit betrieblicher BU gewinnen Arbeitgeber und Arbeitnehmer“

Der Belegschaft eine Versicherung für den Fall der Berufsunfähigkeit (BU) anzubieten, kann sich besonders für kleine und mittelständische Unternehmen lohnen. Über die Vorteile von BU-Kollektivverträgen in der betrieblichen Altersversorgung (bAV) sprach AssCompact mit Uwe Neußel und Florian Schlögl.

Interview mit Uwe Neußel, Leiter Betriebliche Altersversorgung Continentale Versicherung, und seinem Stellvertreter Florian Schlögl
Herr Neußel, eine aktuelle Studie aus Ihrem Haus besagt, dass in der Bevölkerung das Bewusstsein für das Risiko, berufsunfähig zu werden, gestiegen ist. Was hat die Studie genau ergeben?

Uwe Neußel Eine private BU-Versicherung ist knapp drei Vierteln aller Befragten zwischen 18 und 60 Jahren wichtig. Bei den 18- bis 29-Jährigen sind es sogar 80%. In unserer letzten Studie zum Thema vor vier Jahren sahen das insgesamt noch deutlich weniger Menschen so. Was besonders spannend ist: Für die Generation Z ist die BU-Vorsorge nach der Haftpflicht die wichtigste Versicherung. Zudem sind junge Leute stärker für psychische Erkrankungen als Hauptursache für eine BU sensibilisiert. Aber nach wie vor klaffen Bewusstsein und Handeln weit auseinander: Beim Grad der Absicherung in der Bevölkerung sind wir leider noch auf dem Niveau von 2019.

Das heißt, junge Menschen rechnen eher mit einer psychischen Erkrankung als die Generationen davor. Liest sich eigentlich schrecklich, oder?

UN Ja, das klingt erst mal hart. Aber wir müssen hier differenzieren: Die jungen Menschen rechnen gar nicht unbedingt damit, dass sie selbst wegen einer psychischen Erkrankung nicht mehr arbeiten können. Ihr eigenes Risiko, einmal berufsunfähig zu werden, schätzen sie eher gering ein. Nur 16% der 18- bis 29-Jährigen hält die Wahrscheinlichkeit, selbst einmal betroffen zu sein, für groß. Sie verdrängen das Thema am Ende doch.

Positiv ist, dass der jungen Generation das Risiko psychischer Erkrankungen viel mehr bewusst ist. Dazu haben vermutlich auch Long Covid und die psychologischen Auswirkungen der Lockdowns beigetragen. Hier wurde sichtbar, dass eine BU unerwartet und schnell auch gesunde Menschen treffen kann.

Herr Schlögl, das Bewusstsein steigt, die finanzielle Absicherung der Arbeitskraft ist trotzdem kein Selbstläufer. Liegt dies vor allem am Preis?

Florian Schlögl Ja, das ist schon der Hauptgrund. Knapp drei Vierteln der Befragten ohne Versicherungsschutz ist eine BU-Versicherung zu teuer. Allerdings schätzt genau diese Gruppe ihren persönlichen Beitrag häufig höher ein, als er in der Realität wahrscheinlich ist. Und fast die Hälfte will ihr Geld lieber für andere Dinge ausgeben.

Neben rein finanziellen Gründen sind vor allem mangelnde Kenntnisse eine Hürde: So geben mehr als 40% der Befragten ohne Versicherungsschutz an, sie hätten sich über das Thema noch nicht informiert. Und: Das gilt für deutlich mehr als die Hälfte der 18- bis 29-Jährigen, die als Zielgruppe besonders interessant sind. Es gibt also finanzielle Gründe und gleichzeitig einen hohen Infor­mationsbedarf.

Mit einer betrieblichen BU-Vorsorge gewinnen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Denn damit werden gleich mehrere Probleme gelöst. Menschen werden in die Lage versetzt, einfach und günstig diese existenzielle Vorsorge abzuschließen. Unternehmen haben einen attraktiven Benefit im Wettbewerb um Mitarbeiter.

Sie sprechen sich für eine betriebliche BU-Versicherung aus. Handelt es sich um eine selbstständige BU oder um eine Zusatzversicherung?

FS Wir empfehlen eine selbstständige BU-Versicherung – am besten im Kollektivvertrag. Die BU-Vorsorge kann beispielsweise als Direktversicherung im Rahmen der Entgeltumwandlung abgeschlossen werden. Im Idealfall übernimmt der Arbeitgeber die Beiträge komplett.

Was spricht aus Arbeitnehmersicht dafür?

UN Vom Staat gibt es bekanntlich nur eine Grundversorgung. Mit einer betrieblichen BU-Vorsorge im Kollektiv löst der Arbeitgeber ein existenzielles Problem des Arbeitnehmers. Außerdem profitieren die Mitarbeiter meist von einer vereinfachten Gesundheitsprüfung. Noch vorteilhafter ist es, wenn der Arbeitgeber eine Dienstobliegenheitserklärung abgibt. Weitere Vorteile sind günstige Beiträge und attrak­tive Rentenhöhen.

Was passiert bei einem Arbeitgeberwechsel?

FS Das kommt darauf an. Handelt es sich um eine Entgeltumwandlung, kann der Arbeitnehmer den Vertrag grundsätzlich problemlos fortführen. Ist die BU-Vorsorge arbeitgeberfinanziert, ist das unter bestimmten Voraussetzungen möglich.

Die BU-Versicherungen werden immer flexibler. Bietet das auch eine betriebliche BU-Versicherung?

FS Im Unterschied zur privaten sind bei der betrieblichen BU-Versicherung die steuerlichen Vorgaben des Gesetzgebers zu beachten. Daher ist sie weniger flexibel. Der große Pluspunkt ist einfach der erleichterte Zugang durch das Kollektiv. Durch eine Mischkalkulation ist es außerdem möglich, attraktive Prämien selbst für Berufsgruppen mit erhöhten BU-Risiken zu bieten.

Gibt es Punkte zu beachten, was die Sozialversicherung und die Steuer angeht?

UN Alle Formen der Entgeltumwandlung funktionieren nach dem gleichen Prinzip: Die Beiträge zur bAV gehen direkt vom Bruttoentgelt ab, es fallen meist weder Steuern noch Beiträge zur Sozialversicherung an. In der Auszahlungsphase sind die Leistungen dann in vollem Umfang zu versteuern, zudem werden dann Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung fällig.

Dennoch ist eine BU-Vorsorge im Rahmen der bAV in der Regel der günstigste Weg – und wegen der vereinfachten Gesundheitsprüfung für viele überhaupt die einzige Möglichkeit, ihre Arbeitskraft abzusichern.

Auch die Sozialabgaben des Unternehmens reduzieren sich. Weitsichtige Chefs setzen auf arbeitgeberfinanzierte Bausteine. Den Zuschuss können sie von der Steuer absetzen.

Welche Vorteile bringt es denn noch für den Arbeitgeber? Die müssen Sie bzw. die Vermittler ja zunächst erst mal erreichen.

FS Mehr denn je geht es für Unternehmen darum, sich im Wettbewerb um die besten Mitarbeiter abzuheben. Ein BU-Kollektivvertrag lässt sich besonders leicht implementieren. Daher ist er gerade für kleine und mittelständische Betriebe bestens geeignet, um die dringend benötigten Kräfte zu finden und zu binden. Vor allem bei diesen Unternehmen ist die bAV-Durchdringung ausbaufähig. Da liegt viel Potenzial für den Vermittler.

Ein weiterer Vorteil: Zunehmend mehr Menschen achten auf ESG-Kriterien. Indem der Arbeitgeber diese existenzielle Vorsorge anbietet, kann er deutlich machen, dass er sozial handelt. Gemäß dem Gleichbehandlungsgrundsatz sollte es außerdem Ziel sein, möglichst allen Zugang zur Versorgung zu gewähren – von der Reinigungskraft bis zum Manager.

Was macht denn einen guten BU-Kollektivvertrag aus Ihrer Sicht aus?

UN Produkte und Prozesse müssen auf die Anforderungen der bAV ausgerichtet sein. Dies berücksichtigt unsere Betriebliche PremiumBU für Kollektive ab zehn Personen. Dazu gehören transparente Annahmerichtlinien und eine einfache Gesundheitsprüfung oder Dienstobliegenheitserklärung. Das allein erleichtert schon die Akzeptanz bei allen Beteiligten. Und natürlich attraktive Beiträge und Leistungen.

Vermittler wie auch Unternehmen legen zudem großen Wert auf schlanke, effiziente Abläufe bei der Verwaltung. Erfahrene Anbieter wie die Continentale bieten zusätzlich eine sehr gute Vertriebsunterstützung von der Beratung bis zur Umsetzung im Betrieb.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 11/2023 und in unserem ePaper.

Bild: © Uwe Neußel, Florian Schlögl, Continentale

 
Ein Interview mit
Florian Schlögl
Uwe Neußel

Franke und Bornberg bewertet BU-Versicherer als „hervorragend“

Die Ratingagentur Franke und Bornberg hat im BU-Unternehmensrating wieder die Professionalität von vier BU-Versicherern unter die Lupe genommen. Die teilnehmenden Unternehmen müssen bei dem Rating tiefe Einblicke gewähren – mit Erfolg: Die Teilnehmer konnten erneut Bestnoten erzielen.

In ihrem jährlichen BU-Unternehmensrating unterzieht die Ratingagentur Franke und Bornberg Versicherer einer tief greifenden Prüfung, um zu analysieren, wie professionell sie das Risiko Berufsunfähigkeit (BU) handhaben und wie kundenorientiert sie dabei vorgehen.

Denn wie gut ein Berufsunfähigkeitsversicherer ist, zeigt sich nicht nur in der Tarifqualität, sondern setzt eine gute Risikoprüfung und ein umfassendes Controlling voraus, um den Versichertenbestand vor übermäßigen Belastungen zu schützen. Auch die Qualität in der Leistungsprüfung ist entscheidend, argumentieren die Analysten.

Teilnehmer erzielen Höchstbewertung FFF+

Die Teilnahme am BU-Unternehmensrating ist freiwillig. Die teilnehmenden Gesellschaften müssen sich einer sehr umfangreichen Untersuchung stellen und laut Michael Franke, geschäftsführender Gesellschafter von Franke und Bornberg, „absolute Transparenz in den Unternehmensbereichen zeigen und auch interne Unterlagen und Berichte offenlegen“. Diese Bereitschaft sei bei vielen Versicherern nicht gerade groß, so Franke weiter.

Dieses Jahr haben sich vier Versicherer zum wiederholten Male dem Verfahren gestellt: die ERGO Vorsorge, Generali, HDI und Nürnberger. Auch und gerade wegen ihrer wiederholten Teilnahme wird von den Kandidaten umso mehr verlangt. „Von den Unternehmen erwarten wir eine kontinuierliche Weiterentwicklung“, sagt Franke. Das Ergebnis ist erfreulich: Alle vier Versicherer konnten im aktuellen Ratingturnus die Bestnote FFF+ (hervorragend) erzielen.

BU-Versicherer gehen neue Wege in der Kundenkommunikation

Für die Analyse bewertet das Ratinghaus zunächst einen Datenbogen mit mehr als 500 Einzelpositionen. Im Abschluss folgen Besuche bei den Unternehmen vor Ort, wo Angaben verifiziert werden, aktuelle und geplante Arbeitsabläufe geplant werden und Leistungsfälle stichprobenartig überprüft werden.

Die Analysten berichten über angepasste Prozesse, die der Kundenzufriedenheit dienen sollen. Lange Zeit war der rechtssichere Kontakt zur Leistungsregulierung in der BU per Brief üblich – was jedoch zu langen Regulierungszeiträumen und dadurch zu Unzufriedenheit auf beiden Seiten führte. Heute läuft der Kontakt viel häufiger telefonisch, was laut den Analysten neben einem besseren und schnelleren Informationsfluss und vor allem zu besserer Kundenbindung führt. Auch digitale Wege der Kundenkommunikation über Chats oder Kundenportale werden erprobt, Datenschutz hemmt hier allerdings bisher die Entwicklung.

Serviceangebote sollen idealerweise Leistungseintritt verhindern

Neue Ideen gibt es außerdem in der Prävention. BU-Versicherer kommen nicht mehr erst am Ende einer langen Krankheitsgeschichte des Versicherten ins Spiel. Künftig sollen bereits vor Eintritt des Leistungsfalls Beratungsangebote zu Erkrankungen und Therapien und Services wie ärztliche Zweitmeinung zur Verfügung stehen – bestenfalls mit dem Ergebnis, dass es gar nicht erst zur Berufsunfähigkeit kommt.

Stabilität und Finanzstärke der untersuchten Unternehmen erfreulich

Zu einem erfreulichen Ergebnis konnte das Ratinghaus in der Teilkategorie „Stabilität des BU-Geschäfts“ kommen. Stabilität gilt aufgrund der langen Leistungsdauer in der BU als sehr wichtig. Hier spielen nicht nur eine verantwortungsvolle Risikoprüfung begleitet von umfangreichen Controlling-Maßnahmen eine Rolle, um Fehlentwicklungen entgegenzuwirken, schreiben die Analysten. Wichtige Elemente sind auch Augenmaß bei der Tarifkalkulation sowie ausgemessene Zeichnungsgrenzen im Neugeschäft.

Eine hervorragende Stabilität wiesen die Teilnehmer auch bei der Finanzstärke auf, und das trotz langjährigen Preiswettbewerbs und herausfordernder Marktbedingungen. (js)

Bild: ดวงหทยพทกษเจรญ – stock.adobe.com

 

Gothaer bAV-Tarif integriert BU und Hinterbliebenenschutz

Die Gothaer hat ihr Angebot in der betrieblichen Altersvorsorge erweitert. Ein neuer Baustein im Tarif „Vorsorgeplan Business“ bietet Unternehmen die Möglichkeit, eine Berufsunfähigkeitsversicherung und/oder einen Hinterbliebenenschutz in die Vorsorgepläne ihrer Mitarbeiter zu integrieren.

Die betriebliche Altersvorsorge (bAV) ist laut der Gothaer die beliebteste Versicherung zur Steigerung der Arbeitgeberattraktivität – in Zeiten des Fachkräftemangels hat sie sich als gutes Instrument zur Personalgewinnung und -bindung erwiesen. Aus diesem Grund hat der Versicherer nun seine betriebliche Altersvorsorge „Vorsorgeplan Business“ um einen Baustein erweitert, der Unternehmen die Möglichkeit bietet, eine Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) und/oder Hinterbliebenenschutz für Mitarbeiter zu integrieren.

Betriebliche BU auch für Mitarbeiter mit Vorerkrankungen

„Vor dem Hintergrund, dass sich nur jeder zweite abhängig Beschäftigte gegen die Folgen einer Berufsunfähigkeit mit einer BU absichert, leistet diese Versicherung über den Arbeitgeber einen wertvollen Beitrag zur Existenzabsicherung der Mitarbeitenden“, so Michael Kurtenbach, Vorstandsvorsitzender der Gothaer Lebensversicherung. Auch Mitarbeiter mit Vorerkrankungen, für die eine BU privat zu teuer wäre, können über die bAV des Arbeitgebers mitversichert werden.

Unbürokratisches Annahmeverfahren und verwaltungsarme Prozesse

Bei der Konzeption des neuen Kollektivproduktes wurde auf ein unbürokratisches Annahmeverfahren und verwaltungsarme Prozesse geachtet, so das Unternehmen weiter. Der Versorgungsplan Business lässt sich in bestehende bAV-Regelungen von Unternehmen integrieren und schränkt bereits genutzte Fördermöglichkeiten nicht ein. Die Versicherung kann in Betrieben ab zehn Mitarbeitern durch eine einfache Erklärung des Arbeitgebers, die sogenannte Dienstobliegenheitserklärung, abgeschlossen werden. Bei großen Betrieben kann diese sogar ganz entfallen, erklärt der Versicherer.

Bei Direktversicherung ist Weiterführung nach Arbeitgeberwechsel möglich

Der Baustein ist als beitragsorientierte Leistungszusage konzipiert. Der Arbeitgeber kann zwischen Direktversicherung und rückgedeckter Direktzusage wählen. Bei der Entscheidung für eine Direktversicherungsoption können Mitarbeiter den Vertrag auch privat weiterführen, wenn sie das Unternehmen verlassen. (js)

Bild: © Jacob Lund – stock.adobe.com

 

BU: Was bedeutet der Wegfall gefahrerhöhender Umstände?

Bei der Beantragung einer Berufsunfähigkeitsversicherung können Versicherer Risikozuschläge wegen gefahrerhöhender Umstände verlangen. Rechtsexperte Björn Thorben M. Jöhnke erläutert in seiner regelmäßig erscheinenden BU-Kolumne, unter welchen Voraussetzungen der Versicherer diese Risikozuschläge wieder aus dem Vertrag nehmen muss.

Artikel von Björn Thorben M. Jöhnke, Fachanwalt für Versicherungsrecht und Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte

Nach § 19 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) hat der Versicherungsnehmer bis zur Abgabe seiner Vertragserklärung die ihm bekannten Gefahrumstände, die für den Entschluss des Versicherers, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, erheblich sind und nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat, dem Versicherer anzuzeigen. Ob auch ungefragte Angaben zu machen sind, kann unter "Muss der Versicherte auch ungefragte Angaben im BU-Antrag machen?" nachgelesen werden. Werden gefahrerhöhende Umstände vom Versicherten im Versicherungsantrag jedoch nicht angegeben, wird dadurch die vorvertragliche Anzeigepflicht des Antragstellers verletzt und dem Versicherer stehen im Einzelfall möglicherweise Gestaltungsrechte wie zum Beispiel Rücktritt (BU – Die Konsequenzen des Rücktritts durch den Versicherer), Kündigung (BU: Die Konsequenzen der Kündigung durch den Versicherer), Anfechtung (BU: Die Konsequenzen der Anfechtung durch Versicherer), Vertragsanpassung (BU – Die Konsequenzen der Vertragsanpassung des Versicherers) zu.

Hat der Versicherte jedoch wahrheitsgemäße Angaben gemacht und hat der Versicherer daraufhin einen Risikozuschlag erhoben, stellt sich die Frage, ob auch ein Anspruch des Versicherten auf „Herausnahme“ dieses Zuschlags aus dem Versicherungsvertrag besteht. Ist dieses der Fall, würde dieses auch zu einer entsprechenden Prämienreduzierung führen. Mit dieser rechtlichen Fragestellung möchte sich dieser Artikel befassen.

Voraussetzungen der Prämienreduzierung

Fallen Gefahrumstände während der Vertragslaufzeit dauerhaft weg, so entspricht die vom Versicherer übernommene Gefahr nicht mehr der vom Versicherten zu zahlenden Prämie. In diesen Fällen besteht nach § 41 Satz 1 VVG das Recht, vom Versicherer die angemessene Herabsetzung der Prämie zu verlangen. Diese Bestimmung findet im Übrigen auch auf die Krankenversicherung Anwendung.

Voraussetzung für das Verlangen einer Prämienherabsetzung ist, dass gerade wegen bestimmter gefahrerhöhender Umstände überhaupt eine höhere Prämie vereinbart wurde. Diese dem Versicherten bekannten Umstände müssen Grund dafür gewesen sein, dass der Versicherer dem Versicherten eine höhere als die Regelprämie abverlangte. Nicht erforderlich ist, dass der Risikozuschlag aus dem Versicherungsschein ersichtlich ist oder die Prämienkalkulation dem Versicherten offengelegt wurde. Eine interne Kalkulation reicht aus, ist aber auch erforderlich. Diese für den Risikozuschlag ursächlichen gefahrerhöhenden Umstände müssen dauerhaft weggefallen oder bedeutungslos geworden sein. Es genügt nicht, wenn zwar ein gefahrerhöhender Umstand entfallen ist, insgesamt aber der Gefahrstand wegen hinzugekommener anderer gefahrerhöhender Umstände gleichgeblieben ist. Dabei kommt es auf die der Prämienanpassung zugrunde liegende subjektive Einschätzung des Versicherers an. Macht der Versicherte irrtümlich falsche Angaben über risikorelevante Umstände, so befindet er sich in einer vergleichbaren Lage, wie wenn ein solcher Umstand nach Vertragsschluss wegfällt.

Gestaltungsrecht des Versicherten

Unter diesen Voraussetzungen kann der Versicherte eine Prämienherabsetzung verlangen. Ihm wird insoweit ein unbefristetes und formfrei auszuübendes Gestaltungsrecht eingeräumt. Es wirkt ab Zugang des Herabsetzungsverlangens beim Versicherer, also nur für die Zukunft. Die Rückzahlung von zuvor zu viel gezahlten Prämienanteilen ist ausgeschlossen. Fällt aber der Zugang des Herabsetzungsverlangens in eine laufende Versicherungsperiode für die der Versicherte im Voraus gezahlt hat, so kann er die auf die Zeit nach dem Zugang entfallenden zu viel gezahlten Prämienanteile gemäß § 812 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zurückfordern.

Rechte und Pflichten des Versicherers

Der Versicherer ist in diesem Zusammenhang nicht verpflichtet, der Prämienkalkulation statt der eigenen Risikoeinschätzung, die dem gegenwärtigen Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechende ärztliche Risikobeurteilung zugrunde zu legen. Vielmehr sind die Grundsätze, von denen sich der Versicherer bei der Risikoprüfung leiten lässt, maßgebend. Er ist also berechtigt, seine Prämienkalkulation auf eigenen Erfahrungswerten aufzubauen. Diese Prämienkalkulation ist dem Versicherten jedoch in der Regel unbekannt. Daher trifft den Versicherer eine besondere Substantiierungspflicht, wenn er sich gegen das Herabsetzungsverlangen wehrt. Der Versicherte kann verlangen, dass die Prämie „angemessen“ herabgesetzt wird. Wenn aber ein ausdrücklicher und bezifferter Risikozuschlag vereinbart wurde und genau diese Gefahr entfallen ist, muss dieser Zuschlag schlicht wegfallen. § 41 VVG ist eine halbzwingende Vorschrift, es kann also nur zugunsten des Versicherten davon abgewichen werden, nicht zulasten.

Häufig kennt der Versicherte dieses Recht nicht. Es trifft den Versicherer daher die Pflicht aus § 6 Abs. 4 VVG, den Versicherten auf die Möglichkeit der Rechte aus § 41 VVG hinzuweisen, wenn ihm der Wegfall der Gefahrumstände erkennbar ist. Verletzt er seine Beratungspflicht, so ist er dem Versicherten nach § 6 Abs. 5 VVG schadensersatzpflichtig. Zu beachten ist jedoch, dass dies nicht gilt, wenn der Vertrag von einem Versicherungsmakler vermittelt wird, § 6 Abs. 6 VVG.

Wen trifft die Beweislast?

Für den Wegfall gefahrerhöhender Umstände bzw. für seinen Irrtum über solche Umstände trifft den Versicherten die Beweislast. Er muss beweisen, dass wegen eben dieser Umstände eine höhere Prämie vereinbart wurde. Ist der Prämienzuschlag nicht im Antrag oder im Versicherungsschein exakt beziffert, sondern ergibt er sich aus einer rein internen Kalkulation des Versicherers, so trifft den Versicherer eine sekundäre Darlegungslast. Er muss substantiiert darlegen, wie sich seine ursprüngliche Prämienberechnung zusammensetzt. Schließlich trifft den Versicherten auch die Beweislast hinsichtlich des Zugangs seines Änderungsverlangens und dessen Zeitpunkt.

Fazit und Hinweise für die Praxis

Eine Prämienherabsetzung kann in vielen Fällen geboten sein. Denn liegt tatsächlich ein Risikofortfall vor, ist ein diesbezüglicher Versicherungsschutz mit erhöhter Prämie möglicherweise obsolet geworden. Versicherte müssen jedoch mittels ärztlicher Befunde beweisen, dass ein potenziell erhöhtes Risiko insgesamt nicht mehr besteht und dass zukünftig irgendwelche Folgen der damaligen Erkrankung nicht zu erwarten sind. Versicherte kennen ihre Rechte häufig nicht. Versicherungsvermittler sollten ihre Kunden daher über ihre Rechte entsprechend aufklären.

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BU: Tendenzen und Erfahrungen aus der Leistungsregulierung

Tritt ein BU-Leistungsfall ein, beginnt für den Versicherungsnehmer oft eine lange Zeit der Unsicherheit und des Wartens. Die Bearbeitungszeiten sind lang und ein Nachweis der zugrunde liegenden Erkrankung ist nicht immer leicht. Doch bei den Versicherern findet ein Umdenken statt.

Ein Artikel von Stephan Kaiser, Diplom-Mathematiker (Univ.) und geschäftsführender Gesellschafter der BU-Expertenservice GmbH

Vor einigen Jahren konnte man bei kniffeligen Fällen in der Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) noch häufig den folgenden Satz aus den Leistungs­abteilungen entgegnet bekommen: „Wir sind doch nicht dazu da, dem Kunden nachzuweisen, dass er berufsunfähig ist.“ Die Aussage zeigt deutlich eine nicht vorhandene Kundenorientierung. Hierzu gibt es eine gute und eine schlechte Nachricht. Zuerst die schlechte: Es gibt auch heute noch ein paar Versicherer, deren Credo das zu sein scheint. Nun aber die gute: Diese Versicherer werden weniger. Bei vielen Versicherern hat ein Umdenken eingesetzt, denn eine gute Regulierungspraxis ist ein Aushängeschild. Es scheint, als ob eine neue Generation von Vorständen, Verantwortlichen und Sachbearbeitern langsam ein anderes Denken in die Branche bringt.

Reduzierung der Bearbeitungszeit

Plötzlich sind Bearbeitungszeiten wichtig und wollen reduziert werden. Gut so, es dauert aber immer noch grob um die sechs Monate. So lange in der Luft zu hängen und auf die meist existenziell bedeutende Entscheidung warten zu müssen, zerrt an den Nerven der Versicherten. Aber es ist ein Trend zur Beschleunigung zu erkennen. Viele Versicherer behandeln zumindest einfache Fälle mittlerweile entsprechend vereinfacht, weil nun eine Art Triage am Beginn der Prüfung steht.

Ist ein Leistungsfall aber so komplex, dass eine Begutachtung nötig erscheint, wird aus einem halben Jahr Bearbeitungszeit schnell ein ganzes. Die Ärzteschaft ist überlastet, es gibt lange Wartezeiten. Eine unerträgliche Situation für die Versicherten. Das haben mittlerweile einige Versicherer erkannt und helfen damit, diese Wartezeit mit einer Kulanzleistung finanziell zu überbrücken. Mindestens ein Versicherer hat dies sogar schon in seine allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) aufgenommen. So lobenswert das ist, es doktert nur an den Symptomen herum und löst nicht das eigentliche Problem: die Begutachtung. Man sollte sich langsam nach Alternativen zur Begutachtung umsehen, zumindest aber – und das wäre sehr gut machbar – diese stark reduzieren.

Hilfe bei der Antragstellung

Einige Versicherer bieten Hilfe beim Ausfüllen der Anträge an, ein sogenanntes Tele-Claiming. Hierbei gehen Sachbearbeiter meist via Telefon den Antragsfragebogen mit dem Versicherten durch, befüllen ihn vor und übersenden ihn dann zur Korrektur und Unterschrift. Nur wird dieses Angebot sehr schlecht angenommen. Möglicherweise deshalb, weil der durchschnittliche Versicherungsnehmer nicht weiß, ob er diesem Angebot trauen kann. Daran gilt es seitens der Branche zu arbeiten.

Der Versicherer muss „mitspielen“

Ein Leistungsfall scheint immer eine von Beginn an ungleiche Sache zu sein. Vergleichen wir es mit einem Fußballspiel: Es spielt der 1. FC Kunde gegen den BSV Zitronia. Die Zitronia aber hat nicht nur die besseren Spieler und Trainer, sie darf auch immer das Schiedsrichtergespann stellen. Der, der die Leistung bezahlen soll, entscheidet, ob er das will. Und obwohl Versicherer so tun, als ob sie dabei sehr objektiv seien, sind sie es natürlich nicht. Sie sind aktiv Beteiligte.

Somit bleibt eine wichtige Erkenntnis: Da der Versicherungsnehmer in der Nachweispflicht ist, muss der Versicherer mitspielen, um die Leistungen auch zu bekommen. Gerade so diffizile Erkrankungen wie psychische Beschwerden können nicht direkt nachgewiesen werden. Kein MRT kann eine Depression farblich aufzeigen, mit einem Blutbild kann kein Depressionsfaktor bestimmt werden. Die Apparatemedizin kann derartige Erkrankungen nicht nachweisen. Fachärzte können nur versuchen, sie glaubhaft zu machen. Und das macht es natürlich sehr leicht, Zweifel anzumelden. Das heißt, der Ver­sicherer muss auch gewillt sein, seinen Pflichten nachzukommen. Was, so die Erfahrungen in den letzten Jahren, bei einigen Versicherern wirklich angekommen zu sein scheint. Um es kurz zu machen: Die Leistungsregulierung ist ein hausinternes, kulturelles Thema. Ist die Unternehmenskultur schlecht, ist es meist auch die Regulierung.

Probleme beim Nachweis von Erkrankungen

Ein Paradebeispiel für diese Szenarien bietet sich derzeit mit den sogenannten Post-Covid- und Post-Vac-Symptomen (PCS bzw. PVS). Die Leitlinienempfehlung des britischen National Institute for Health and Care Excellence (NICE) definiert „Long Covid“ als gesundheit­liche Beschwerden, die jenseits der akuten Krankheitsphase einer SARS-CoV-2-Infektion von vier Wochen fortbestehen. Als PCS werden Beschwerden bezeichnet, die noch mehr als zwölf Wochen nach Beginn der Infektion vorhanden sind. Als PVS werden in der Öffentlichkeit nach einer Impfung (nicht notwendigerweise einer Covid-Schutzimpfung) auftretende schwerwiegende Nebenwirkungen bezeichnet. Die Krankheitserscheinungen bei PVS nach Covid-Schutzimpfung sind in etwa die gleichen wie bei PCS.

Für einen an PCS/PVS erkrankten Patienten ist die Behandlung meist wenig zufriedenstellend, weil die Medizin erst dabei ist, das Virus und seine Wirkungsweise zu verstehen. Daher gibt es noch keine Erfolg versprechende Therapie, sondern nur den Versuch, einzelne Symptome zu heilen. Entsprechend stellt sich die Behandlung dar: Zunächst erfolgt die hausärztliche Diagnostik, dann gibt es gegebenenfalls Überweisungen zu Fachärzten. Da es keinen Facharzt für PCS gibt, werden in der Regel Lungen­fachärzte, Kardiologen, Neurologen, Psychiater, Rheumatologen oder HNO-Ärzte bemüht. Diese können das PCS-Syndrom auch nicht nachweisen, sondern betreiben Ausschlussdiagnostik. Der Kardiologe kontrolliert beispielsweise, ob eine Herzmuskelentzündung vorliegt. Meist verlaufen diese Untersuchungen aber ohne Befund. Die schlussendlich gestellte Diagnose ist oft ME/CFS, oder vereinfacht „chronisches Müdigkeitssyndrom“, und glänzt auch nicht gerade durch ihre Beweisbarkeit. Tritt im Laufe der Zeit keine Besserung ein, folgt die Rehabilitation. Mal ambulant, mal stationär. Oft verlaufen diese Maßnahmen ohne nennenswerten Erfolg.

Als Versicherter zweifelt man dann, ob man seine gesammelten Berichte der Fachärzte, die ja nur Ausschlussdiagnosen beinhalten, als Nachweis überhaupt einreichen kann. Das kann man natürlich, denn das ist ja das Einzige, was man vorweisen kann. Und hier schließt sich der Kreis zum Anfang dieses Artikels: Versicherer mit einer vernünftigen Einstellung akzeptieren dies als Nachweis für das Vorliegen einer bedingungs­gemäßen Berufsunfähigkeit, weil das derzeit als leitliniengerechte Behandlung angesehen wird. Unternehmenskultur eben.

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Stephan Kaiser

BU: „Corona hat Fragilität von Gesundheit bewusster gemacht“

Das Geschäft rund um Berufsunfähigkeitsversicherungen boomt und der Wettbewerb der Versicherer nimmt zu. Worauf kommt es bei der Beratung an und welches Vorgehen ist das beste? Im Interview berichten Dr. Berndt Schlemann und Felix Czekalla aus ihrem Arbeitsalltag.

Interview mit Dr. jur. Berndt Schlemann, Geschäftsführer, und Felix Czekalla, Finanzberater bei der Dr. Schlemann unabhängige Finanzberatung GmbH & Co. KG
Herr Dr. Schlemann, wie läuft das BU-Geschäft aktuell?

Dr. Berndt Schlemann Wir werden fast schon überflutet mit Buchungen. Vermutlich hat Corona die Fragilität von Gesundheit bewusster gemacht. Mit bis zu acht Kundenterminen am Tag sind die Kalender unserer Berater rappelvoll. Deshalb suchen wir unter schlemann.com/stellenanzeigen dringend gute Finanzberater.

Sie sind spezialisiert auf Akademiker. Ist es für Sie einfacher, BU-Versicherungsschutz für Ihre Kunden zu bekommen?

Felix Czekalla Der Wettbewerb der Versicherer um Akademiker hat in den letzten Jahren zugenommen. Neue BU-Abschlüsse mit besseren Leistungen sind teilweise sogar günstiger als ältere Verträge. Von „einfacher“ würde ich nicht sprechen. Akademiker sind anspruchsvolle Kunden und brauchen höhere Berufsunfähigkeitsrenten. Da schaut der Risikoprüfer genauer hin und verlangt zusätzlich eine ärztliche Untersuchung. Ein guter BU-Berater muss sich bei dieser Klientel deshalb nicht nur mit beruflichen Besonderheiten wie zum Beispiel Versorgungswerken bei Kammerberufen auskennen und Berufsunfähigkeitstarife überblicken, sondern auch Gesundheitsexperte sein.

Nutzen Sie die (dennoch) anonyme Risikoanfragen?

BS Die meisten Vorerkrankungen schätzen wir selbst ganz gut ein. Unsere erfahrenen Berater könnten meines Erachtens auch bei Versicherungen als Risikoprüfer anfangen. Risikoprüfungstools und unsere interne Know-how-Datenbank „SchleWiki“ helfen dabei.

Zusätzlich klärt unsere eigene Gesellschaftsärztin komplexere medi­zinische Fragen bei Antragstellung, Risiko- und Leistungsprüfung. Bei Bedarf verhandelt sie auf Augen­höhe mit Risikoprüfern und Versicherungsärzten kundenfreundliche Lösungen.

Anonyme Risikovoranfragen nutzen wir nur sehr gezielt in unklaren Fällen und nicht wahllos bei X Versicherern. Risikoprüfer wissen zu schätzen, dass wir mit ihrer knappen Zeit behutsam umgehen. Unsere Voranfragen werden bei positivem Ergebnis meistens auch zu Anträgen. Nicht zuletzt durch unser Umsatzvolumen profitieren wir und unsere Kunden deshalb von „Premiumservice“ mit festen Ansprechpartnern und schnellen Reaktionszeiten.

Ist ein möglicher Eintrag ins Hinweis- und Informationssystem der deutschen Versicherungswirtschaft (HIS) eigentlich der einzige Grund, Risikoanfragen erst mal anonym zu stellen?

BS HIS ist Geschichte. Die meisten für Akademiker relevanten Gesellschaften nehmen dort nicht mehr teil. Risikoprüfer treffen ihre Entscheidungen außerdem unabhängig von der Einschätzung anderer Gesellschaften.

Versicherer, mit denen wir intensiver zusammenarbeiten, gehen mit Risikovoranfragen ganz korrekt um. Auch ohne Anonymisierung werden sie nach drei Monaten „vergessen“ und gelöscht. Ein fachlicher Grund für Anonymität kann eine kritische Vorerkrankung sein, die einen Monat später nicht mehr anzugeben wäre.

Der wichtigste Grund für Anonymität ist Datenschutz, der bei uns sehr großgeschrieben wird – darüber habe ich promoviert. Zur Datenminimierung nach Art. 5 DSGVO übermitteln wir sensible Gesundheitsdaten unserer Kunden nur personalisiert, wenn das zwingend nötig ist.

Wie gehen Sie in der Beratung vor?

FC Wenn Sie nach „Beratung Berufsunfähigkeit: In vier Schritten zu Ihrer BU“ googeln, finden Sie eine genaue Beschreibung. Unsere Online-Beratung nutzen Kunden in ganz Deutschland. Wir gehen strukturiert in vier Schritten vor. Gerade Akademiker wissen das zu schätzen.

Schritt 1 – Vorbereitung: Vor dem Erstgespräch bereiten unsere Kunden ihre Gesundheitshistorie mit unserer Unterstützung sorgfältig vor. Nach Prüfung der Versicherbarkeit haben wir im Termin schon eine klare Gesprächsgrundlage.

Schritt 2 – Erstgespräch: Unsere Kunden sind meist gut vorinformiert und haben sich auf unserer Website, die einem BU-Lexikon gleicht, eingelesen. Im etwa zweistündigen Beratungsgespräch müssen wir deshalb nur selten Überzeugungsarbeit zur Notwendigkeit einer BU leisten. Nach Kennenlernen und Bedarfsanalyse besprechen wir vor allem die richtige Rentenhöhe und vergleichen passende Tarife. Danach sind unsere Kunden „entscheidungsreif“ und denken noch einmal in Ruhe nach.

Schritt 3 – Abschlusstermin: Im zweiten Termin nach etwa einer Woche besprechen wir Fragen. Unsere Kunden entscheiden sich in der Regel für leistungsstarke Tarife – nach unserer Auto-Analogie auf Mercedes- oder VW-Niveau. Zur Umsetzung bereiten wir Antrag, Dokumentation und Maklerauftrag zur digitalen Signatur vor. Eventuell folgen weitere Themen wie private Krankenversicherung, Geldanlage oder Sachversicherungen.

Schritt 4 – Policierung und laufende Betreuung: Wir prüfen sorgfältig, ob Anträge korrekt policiert werden. Berater und Innendienst stehen unseren Kunden weiter für Fragen, Vertragsanpassungen und jährliche Finanzchecks zur Verfügung. Unsere meist jungen Kunden haben noch viele finanzrelevante Ereignisse wie Karriere, Heirat, Geburt, Kauf einer Immobilie etc. vor sich. Selbstverständlich können sie dabei auf unsere Unterstützung zählen.

Immer wieder gibt es Sonderaktionen der Versicherer mit reduzierten Gesundheitsfragen. Ist das eine gute Sache für die Interessenten? Und warum geht das nicht immer?

BS Sonderaktionen sind immer positiv für Kunden, die nur so eine Berufsunfähigkeitsversicherung erhalten. Dabei darf die Tarifqualität nicht zu kurz kommen. Wir bewerten auch, ob Aktionen uns plausibel erscheinen. Kauft der Versicherer sich schlechte Risiken ein, oder erschließt er sich eine attraktive Zielgruppe ohne vorhersehbare Negativselektion? Plan B sind BU-Alternativen wie Grundfähigkeitsversicherung oder Dread-Disease-Versicherung.

Auf Fragen nach psychischen Erkrankungen, Krebs oder Rückenbeschwerden, die für über 60% der BU-Fälle verantwortlich sind, verzichtet kaum ein Versicherer. Hier scheitern auch Sonderaktionen.

Sie arbeiten auch damit?

BS Natürlich. Manchen Akademikern können wir sogar exklusive Sonderaktionen anbieten, die es nur bei uns gibt.

Wie läuft es aktuell generell mit den Versicherern – zunächst beim Antrag?

FC Wir arbeiten 100% digital, von Unterschrift, Einreichen des Antrags bis zur Policierung. Über Professional Works von DEMV klappt das inzwischen recht gut. Nur wenige Gesellschaften nerven uns immer noch mit Papierpost.

Und in der Leistungsregulierung?

FC Gute Nachrichten: Wenn mit unserer Hilfe bei Antragstellung alles richtig gemacht wurde, kommt es bei „guten“ Versicherern fast nie zum Prozess, sofern wirklich 50% Berufsunfähigkeit vorliegt. Unsere Kunden mussten ihre BU, soweit wir wissen, noch nie einklagen. Der von uns in Leistungsfällen empfohlene Versicherungsberater kommt auf eine Prozessquote von nur 0,45%.

Arbeiten Sie auch mit Nettotarifen?

FC Grundsätzlich bieten wir auch Nettotarife gegen Honorar an. Beim Thema BU ist das für Kunden allerdings häufig unattraktiv. Wer nicht versicherbar ist, müsste trotzdem ein Honorar zahlen. Bei einer Vermittlung gegen Courtage tragen wir dieses Risiko. Manchmal wechseln Kunden später in „bessere“ neue Tarife und müssten dann erneut zahlen. Die Auswahl an „guten“ Nettotarifen ist leider auch überschaubar.

Mit dem Blick nach vorne: Was würden Sie denn gerne in der BU-Versicherung für Fortschritte oder Innovationen sehen?

BS Wir wünschen uns, dass Ver­sicherer mutiger und schneller auf Veränderungen im Markt reagieren. Gehälter steigen, Lebensplanungen verlaufen nicht immer geradlinig, Berufsbilder verändern sich.

Die sogenannten „Annahmerichtlinien“ hinken dem Leben teilweise leider deutlich hinterher, beispielsweise bei der Grenze, ab der eine ärztliche Untersuchung nötig ist, oder bei der Höhe der versicherbaren Berufsunfähigkeitsrente. Inzwischen müsste sich herumgesprochen haben, dass kaum ein Arzt oder Rechtsanwalt eine BU-Rente vom Versorgungswerk erhält. Trotzdem können Kammer­berufe häufig nicht ihr volles Nettoeinkommen versichern, weil diese Renten hälftig abgezogen werden.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 09/2023 und in unserem ePaper.

Bild: © Dr. jur. Berndt Schlemann und Felix Czekalla, Dr. Schlemann unabhängige Finanzberatung GmbH & Co. KG

 
Ein Interview mit
Dr. jur. Berndt Schlemann
Felix Czekalla

Unersetzbar: preisgünstiger BU-Schutz für Handwerker

Handwerker und andere körperlich Tätige sind besonderen Risiken ausgesetzt, die öfter als in anderen Berufs­gruppen zur Berufsunfähigkeit führen können. Ein umfassender, bezahlbarer BU-Schutz tut an dieser Stelle Not.

<h5>Ein Artikel von Dr. Rainer Reitzler, CEO der Münchener Verein Versicherungsgruppe</h5><p>Eigentlich ist es doch so einfach: Wer arbeitet, bestreitet mit seinem Verdienst seinen Lebensunterhalt und oft auch den seiner Angehörigen. Wer nicht mehr arbeiten kann – nach einem Unfall oder aus anderen gesundheitlichen Gründen –, hat kein Einkommen mehr, es bricht einem weg. Und dann? „Dann springt der Staat ein und ich bekomme eine Erwerbsminderungsrente.“</p><p>Versicherungsmakler und Versicherungsmaklerinnen kennen dieses Argument aus ihren Gesprächen. Dafür gibt es aber ein gutes „Gegenmittel“: Für alle, die ab dem 01.01.1961 geboren sind, gibt es in der Tat nur noch eine Erwerbsminderungsrente (EMR) der gesetzlichen Rentenversicherung. Dabei gibt es mehrere Punkte, die Kunden oft nicht bewusst sind: Eine volle EMR gibt es nur, wenn man lediglich noch weniger als drei Stunden am Tag arbeiten kann. Und dies hat überhaupt nichts mit dem aktuell ausgeübten Beruf zu tun. Zudem liegt die EMR derzeit im Durchschnitt unter dem Grundsicherungsniveau. Und zuletzt wird jeder zweite Antrag auf EMR von der gesetzlichen Rentenversicherung abgelehnt.</p><p>Eine bedarfsgerechte Absicherung über die EMR zu erhalten, ist somit reines Wunschdenken. Wer dem finanziellen Ruin vorbeugen will und dieses Worst-Case-Szenario erst gar nicht aufkommen lassen möchte, sichert die eigene Existenz am besten mit einer privaten BU-Versicherung ab. Sie ist nach wie vor der Königsweg der bedarfsgerechten Arbeitskraftabsicherung. Ohne Wenn und Aber.</p><h5>Wer als berufsunfähig gilt</h5><p>Berufsunfähig ist, wer seinen zuletzt ausgeübten Beruf infolge Krankheit, Körperverletzung oder mehr als altersbedingten Kräfteverfalls nicht mehr nachgehen kann. Die Diagnose, die ein Haus- oder Facharzt stellt, bezieht sich dabei immer auf die betreffende Erkrankung. Ursachen können hierfür zum Beispiel Verkehrs- oder Arbeitsunfälle, Kniearthrosen oder Bandscheibenvorfälle sein. Letzteres betrifft insbesondere handwerkliche Berufe, die aufgrund ihrer harten körperlichen Belastungen immer wieder zu einer Berufsunfähigkeit führen. Liegt eine im zuletzt ausgeübten Beruf dauerhafte gesundheitliche Beeinträchtigung – in der Regel zu mehr als 50% – vor, ist der Betroffene berufsunfähig. Statistisch gesehen wird in etwa jeder Vierte im Laufe des Arbeitslebens mindestens einmal berufsunfähig. Vor allem für handwerkliche und körperlich arbeitende Personen ist deswegen eine private Absicherung auf ihren Beruf hin essenziell wichtig, damit sie nicht irgendeine andere Tätigkeit ausüben müssen. Im Rahmen des Antrags auf EMR in der gesetzlichen Rentenversicherung wird genau das überprüft. Oft wird dann auf eine Ersatztätigkeit verwiesen.</p><!--text-long-pagebreak--><!--sub-title||Private Absicherung des Risikos BU – je früher, desto besser--><h5>Private Absicherung des Risikos BU – je früher, desto besser</h5><p>Ob Dachdecker, Schreiner, Metallbauer oder Elektriker: In keiner anderen Berufsgruppe als bei Handwerkern führen vor allem Erkrankungen des Bewegungsapparats und Unfälle zu einer Berufsunfähigkeit. Nur rund ein Drittel der Handwerker erreicht die Rente, ohne berufsunfähig zu werden. Handwerker, aber auch alle körperlich Tätigen müssen sich dabei darüber klar sein, dass Erkrankungen des Skelett- und Bewegungsapparates sowie Unfälle in ihren Fällen für mehr als 50% der BU-Fälle verantwortlich sind.</p><p>Die Deutsche Handwerker BU des Münchener Verein ist für alle gedacht, die ihr Handwerk verstehen. Der Name des Produkts zielt also auf die wichtige Zielgruppe der Handwerker. Günstige Beiträge bekommen aber zum Beispiel auch Apothekenhelfer, Erzieher, Softwaretechniker, Bewegungstherapeuten, Bühnentechniker, Chemielaboranten, Sicherheitstechniker oder Qualitätsprüfer. Ein 30-jähriger Ergotherapeut zahlt für 1.000 Euro monatliche BU-Rente bis Endalter 67 noch nicht mal 50 Euro.</p><p>Die wichtigsten Produktmerkmale auf einen Blick:</p><ul><li>Kostenlose Wechseloption vom Aktiv- in den Premium-Tarif – ohne erneute Gesundheitsprüfung in den ersten drei Jahren nach Versicherungsbeginn</li><li>Existenzgründer: 10% Beitragsvorteil in den ersten drei Jahren für Handwerker</li><li>Nachversicherungsgarantie ohne erneute Gesundheits­prüfung bei vielen Ereignissen und ereignisunabhängig in den ersten drei Jahren</li><li>Arbeitsunfähigkeit: volle Leistungen bei bescheinigter AU von sechs Monaten bzw. bei Krankschreibung von drei Monaten und Prognose vom Facharzt für weitere drei Monate</li><li>Einmalzahlung von zwei Monatsrenten nach Arbeitsunfall</li><li>Wiedereingliederungshilfe von sechs Monatsrenten bis zu 10.000 Euro erleichtert die Arbeitsaufnahme nach einer Berufsunfähigkeit</li><li>Wichtiger Inflationsschutz mit Beitrags- und Leistungsdynamik</li><li>Leistungsfall: unbürokratische und zügige Bearbeitung der Leistungsanträge. Liegen alle erforderlichen Unterlagen vor, fällt die Leistungsentscheidung innerhalb von acht Tagen.</li><li>Bei einer Beitragspause besteht weiter vollständiger Versicherungsschutz. Stundungszinsen gibt es keine.</li></ul><h5>Zwei Varianten mit günstigen Prämien</h5><p>Die Premium-Variante leistet in allen BU-Fällen zu 100%. Der Leistungsfall tritt bei einem BU-Grad von 50% ein. Bei einer Pflegebedürftigkeit gilt das bereits ab einem einzigen Pflegepunkt, unabhängig vom Grad der BU.</p><p>Mit der Aktiv-Variante kann die Prämie um rund 30% gesenkt werden. Sie wurde gemeinsam mit Handwerkern entwickelt und deckt gerade deren Hauptrisiken ab: Erkrankungen des Bewegungsapparats und Unfälle. In diesen wichtigen Fällen wird die volle BU-Rente gezahlt, bei anderen Ursachen 50%.</p><h5>Sehr hohe Annahmequote</h5><p>Der Münchener Verein nimmt über 80% der gestellten BU-Anträge an. Die meisten Fälle, die nicht zum Versicherungsschutz führen, sind durch den Kunden selbst begründet. So fehlen etwa Unterlagen, ein angebotener Risikozuschlag bzw. Leistungsausschluss wird abgelehnt oder das Interesse ist nicht mehr vorhanden. Der Münchener Verein lehnt Anträge nur selten ab, nämlich in weniger als 8% der Fälle. Diese Quote ist im Vergleich zum Markt gering. Dabei sind die Gründe überwiegend medizinischer Art.</p><h5>Fazit: Das muss das Beratungsgespräch leisten</h5><p>Im Beratungsgespräch ist es essenziell, den Wert eines hochwertigen BU-Schutzes zu verdeutlichen und dem Kunden die Gefahren bewusst zu machen, was der Verlust der eigenen Arbeitskraft für das ganze restliche Leben bedeuten kann. Der Kunde muss verstehen, dass die finanzielle Lücke zwischen dem aktuellen Einkommen und der gesetzlichen Absicherung erheblich ist. Je mehr die BU-Rente dem Nettoeinkommen des Kunden entspricht, umso besser ist er im Ernstfall geschützt.</p><p>Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 09/2023 und in unserem <a href="https://epaper.asscompact.de/de/profiles/53e4066999da-asscompact/editio…; target="_blank" >ePaper</a>.</p><p><i class="font-twelve-italic" >Bilder: © Stock 4 You – stock.adobe.com; © Alexander von Spreti</i></p><div id="bbgreadlog-getimage"><img src="/bbgreadlog/getimage/74269C6C-744A-4547-930A-93949FE5CA41"></div>

 
Ein Artikel von
Dr. Rainer Reitzler