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BU: Die rechtlichen Folgen der konkreten Verweisungsmöglichkeit

In Fällen der Berufsunfähigkeit kann es zu Verweisungen des Versicherten durch den Versicherer kommen. Eine Grundlage der Verweisung kann die konkrete Verweisungsklausel des Versicherers sein. Rechtsexperte Björn Thorben M. Jöhnke erklärt in seiner regelmäßig erscheinenden BU-Kolumne, welche Auswirkungen eine konkrete Verweisung in den Versicherungsbedingungen einer BU hat.

Artikel von Björn Thorben M. Jöhnke, Fachanwalt für Versicherungsrecht und Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte

Die Versicherungsbedingungen einer Berufsunfähigkeitsversicherung enthalten grundsätzlich eine konkrete Verweisungsmöglichkeit für die Versicherung. Im Falle einer Berufsunfähigkeit kann eine solche Verweisung erhebliche Auswirkungen auf die Ansprüche des Versicherungsnehmers haben. Denn selbst wenn der Versicherte seinen bisherigen Beruf nicht mehr ausüben kann, könnte eine Leistung verweigert werden, wenn er tatsächlich bereits einer anderen Tätigkeit nachgeht. Doch woran erkennt man eine konkrete Verweisungsklausel in den Versicherungsbedingungen? In welchen Fällen ist sie einschlägig und was muss der Versicherungsnehmer gegebenenfalls beweisen? Diese und weitere Fragen werden im Folgenden beantwortet.

Die typische konkrete Verweisungsklausel

Konkrete Verweisungsklauseln sind in fast allen Versicherungsverträgen zu finden. Die Formulierungen unterscheiden sich oftmals in ihren Details voneinander, im Kern findet sich jedoch die folgende Formulierung:

„Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person […] keiner anderen, ihrer Ausbildung, ihren Fähigkeiten und ihrer bisherigen Lebensstellung entsprechenden beruflichen Tätigkeit nachgeht.“

Durch die konkrete Verweisung erfolgt also die Definition der bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit und damit die wesentliche Voraussetzung, um Versicherungsleistungen beanspruchen zu können. Gemäß der Klausel ist der Versicherungsnehmer nicht bedingungsgemäß berufsunfähig, wenn er tatsächlich – also konkret – einer neuen Tätigkeit nachgeht, die mit seiner bisherigen Lebensstellung vergleichbar ist.

Anforderungen und Probleme der konkreten Verweisung

Voraussetzung für die Verweisung des Versicherungsnehmers auf eine andere Tätigkeit ist, dass er diese tatsächlich bereits aufgenommen hat. Die Tätigkeit muss indes inhaltlich „anders“ sein als der bisherige ausgeübte Beruf, darf also nicht deckungsgleich sein. Denn wird nach außen ein anderer Beruf ausgeübt, der inhaltlich mit dem bisherigen Beruf übereinstimmt, kann sich die berechtigte Frage stellen, ob grundsätzlich überhaupt eine Berufsunfähigkeit vorliegt.

Entscheidend ist weiterhin die Frage, ob die neu ausgeübte Tätigkeit mit der bisherigen Lebensstellung vergleichbar ist. Es kommt hierbei darauf an, ob die notwendige Qualifikation für den neu ausgeübten Beruf mit derjenigen des alten Berufes vergleichbar ist und ob wesentliche Merkmale des alten Berufes auch in dem neuen Beruf vorausgesetzt werden. Die bloße Ausübung der neuen Tätigkeit lässt noch nicht darauf schließen, dass diese Anforderungen gewahrt sind, sie kann jedoch ein Indiz dafür darstellen. Generell kommt es bei der Vergleichbarkeit der Lebensstellung auch darauf an, ob das Einkommen im Vergleich mögliche andere abweichende Gesichtspunkte der Lebensstellung ausgleichen kann.

Dauerhaftigkeit der Verweisungstätigkeit

Um die Lebensstellung des Versicherten überhaupt prägen zu können, muss die neu aufgenommene Tätigkeit zudem eine gewisse Dauer aufweisen. Wann eine neu aufgenommene Tätigkeit nicht mehr kurzfristig ist, wird im Einzelfall betrachtet. Jedenfalls wird grundsätzlich keine Kurzfristigkeit mehr angenommen, wenn die Schwelle einer sechsmonatigen Probezeit überwunden ist. Zu betrachten ist also, ob die Tätigkeit, für die sich der Versicherte entschieden hat, tatsächlich dazu geeignet ist, die bisherige Lebensstellung zu wahren oder nicht. Ob es ihm dabei möglich wäre, die Tätigkeit so zu gestalten, dass dies der Fall ist, ist nicht maßgeblich. Vielmehr ist der Versicherer an die Entscheidung des Versicherten hinsichtlich Art und Umfang der neu ausgeübten Tätigkeit gebunden.

Darlegungs- und Beweislast bei der konkreten Verweisung

Sollte sich der Versicherer auf die konkrete Verweisungsklausel berufen, stellt sich die Frage, hinsichtlich welcher Tatsachen die Parteien beweispflichtig sind. Wird bereits eine andere Tätigkeit ausgeübt, obliegt es dem Versicherten zu beweisen, dass diese keine bedingungsgemäße Vergleichstätigkeit darstellt. Dies ergibt sich daraus, dass der Versicherer im Gegensatz zum Versicherten nicht weiß, welche konkreten Anforderungen die neue Tätigkeit mit sich bringt. Der Versicherte muss detailliert vortragen, weshalb die neue Tätigkeit die bisherige Lebensstellung nicht wahrt. Gelingt ihm der Beweis der fehlenden Vergleichbarkeit der Lebensstellung, muss wiederum der Versicherer beweisen, dass eine Vergleichbarkeit der Lebensstellung eben doch vorliegt. Die Beweislast trifft den Versicherten demnach um einiges „härter“, wenn er bereits eine neue Tätigkeit aufgenommen hat und sich auf die fehlende Vergleichbarkeit der Lebensstellungen berufen will.

Fazit und Hinweise für Versicherungsnehmer

Im Falle des Eintritts einer Berufsunfähigkeit gilt es angesichts der konkreten Verweisung für den Versicherungsnehmer einiges zu beachten. Zunächst muss auf die genaue Formulierung der Klausel geachtet werden. Denn diese gibt vor, unter welchen Voraussetzungen noch keine Tätigkeit im Sinne der Berufsunfähigkeitsklausel vorliegt. Generell ist immer darauf zu achten, ob die neue Tätigkeit eine vergleichbare Lebensstellung mit sich bringt oder nicht. Dieses wird jedoch immer im Einzelfall zu prüfen sein.

Weitere wissenswerte Beiträge zum Bereich der Berufsunfähigkeitsversicherung sind hier auf der Website der Kanzlei Jöhnke & Reichow zu finden.

Und lesen Sie weitere relevante BU-Kolumnenbeiträge auf asscompact.de:

Bild: © Studio_East – stock.adobe.com; © Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte

 

Vielen fehlt Geld für Arbeitskraftabsicherung

Die Sorge, nicht genug Geld für die Absicherung der eigenen Arbeitskraft zu haben, ist hierzulande groß – v. a. unter Frauen. Eine Studie von MetallRente zeigt aber auch, dass viele glauben, bei Berufsunfähigkeit sichere sie eine staatliche Rente ab. Wie realistisch wird dieses Risiko eingeschätzt?

Mit Blick auf die Inflation befürchtet zurzeit über die Hälfte der Menschen in Deutschland (54%), nicht genug Geld für die Absicherung der eigenen Arbeitskraft zu haben. Besonders viele Frauen machen sich darüber Sorgen. Das hat die aktuelle Studie „Wie steht es um die Arbeitskraftabsicherung in Deutschland?“, durchgeführt vom Meinungsforschungsinstitut Kantar Public im Auftrag des Versorgungswerks MetallRente, herausgefunden.

Frauen sichern sich mangels Geld nicht gegen Berufsunfähigkeit ab

Die Studie zeigt nun, dass 63% der Frauen besorgt sind, sich zusätzliche Vorsorge etwa für den Fall einer Berufsunfähigkeit nicht leisten zu können. Dies ist laut MetallRente ein Anstieg um 21 Prozentpunkte im Vergleich zu 2020. Mangelndes Geld wird auch als häufigster Grund für eine fehlende Arbeitskraftabsicherung genannt. Demnach sagen 38% der Frauen, die nicht vorsorgen, dass es am Geld liege. Doch auch bei Männern ist der Anteil gestiegen: Dass ihnen das Geld für die Arbeitskraftabsicherung fehlt, geben nun 32% an (2020: 21%).

Glaube an „Versorgungsillusion“ verbreitet

Die Studie hat auch die „Versorgungsillusion“, bei Berufsunfähigkeit durch eine staatliche Rente abgesichert zu sein, untersucht. Insgesamt haben MetallRente zufolge 54% fälschlicherweise diese Annahme. Es zeigt sich auch: Mehr Männer (58%) als Frauen (49%) gehen von dieser Fehlannahme aus.

Viele haben Sorge, psychisch zu erkranken

58% der Frauen zeigen sich ob der Vorstellung besorgt, im Laufe ihres Berufslebens psychisch zu erkranken und dadurch nicht mehr arbeiten zu können. Das sind 15 Prozentpunkte mehr als 2020. Bei den männlichen Befragten sind es 48%. Am Anfang der Corona-Pandemie 2020 waren es übrigens insgesamt 30%.

So schätzen Befragte das Berufsunfähigkeitsrisiko ein

Vielen fehlt Geld für Arbeitskraftabsicherung

Das Risiko, berufsunfähig zu werden, schätzen 29% der Befragten realistisch ein. Laut GDV sind rund 25% der Beschäftigten in Deutschland im Laufe ihres Arbeitslebens davon betroffen. Jeder dritte Mann (34%) und jede fünfte Frau (20%) schätzen das Berufsunfähigkeitsrisiko aber zu gering ein und gehen davon aus, dass es bei unter 20% liegt. Umgekehrt nehmen viele Frauen aber auch an, dass es höher liegt, als es tatsächlich ist: 39% gehen von einer Wahrscheinlichkeit von über 30% aus. Bei den Männern sind es der Studie gemäß 27%.

Vorsorgebereitschaft abhängig vom Haushaltseinkommen

Geld spielt bei der Vorsorgebereitschaft eine große Rolle. Haushalte mit einem geringen Einkommen bis 1.500 Euro haben nur wenige verfügbare Mittel für die Vorsorge. Hier sind lau Studie 42% in irgendeiner Form finanziell abgesichert. Mit steigendem Haushaltseinkommen wächst der Grad der Versorgung, wie MetallRente feststellt. Bei Haushalten mit mehr als 3.500 Euro monatlichem Einkommen machen 68% die Angabe, für den Fall von Berufsunfähigkeit oder Erwerbsminderung vorzusorgen.

MetallRente: Anstieg bei Verträgen zur Absicherung von Berufsunfähigkeit

Das Versorgungswerk MetallRente ist eine gemeinsame Einrichtung von Gesamtmetall und IG Metall, die Angebote für die betriebliche und private Altersvorsorge sowie die Absicherung von Berufsunfähigkeit, Erwerbsunfähigkeit, Grundfähigkeiten, Pflege und Hinterbliebenen bereitstellt. Auch hier ist laut eigenen Angaben insgesamt der Bestand an Verträgen zur Absicherung von Berufsunfähigkeit, Erwerbsminderung und Grundfähigkeiten 2022 um 2,4% angewachsen und umfasst derzeit mehr als 143.000 Verträge.

Über die Studie

Für die Studie hat das Meinungsforschungsinstitut Kantar Public im Auftrag von MetallRente 2.013 Menschen im Alter von 14 bis 45 Jahren befragt. Die repräsentative Studie wurde erstmals 2020 durchgeführt und 2023 in einer zweiten Erhebungswelle fortgesetzt. (lg)

Bild: © Syda Productions – stock.adobe.com; © Grafik: MetallRente AKS-Studie 2023

 

BU: Pauschale Entbindung von Schweigepflicht ist unzulässig

Versicherte müssen bei der Beantragung von Leistung aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung durch Einreichung von Unterlagen mitwirken. Allerdings hat diese Mitwirkung Grenzen, wie das Landgericht Berlin klar gestellt hat – zum Beispiel bei einer pauschalen Entbindung von der Schweigepflicht.

Bei der Geltendmachung von Leistungsansprüchen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) stellt sich für den Versicherten regelmäßig die Frage, in welchem Umfang und in welcher Weise er an der Leistungsprüfung mitwirken muss. Verweigert der Versicherte ohne gerechtfertigten Grund seine Mitwirkung, hat der Versicherer das Recht, die Leistung allein aufgrund dessen zu verweigern. Falls jedoch das Mitwirkungsverlangen des Versicherers unrechtmäßig ist, kann der Versicherte die Leistung vor Gericht einklagen.

Das Landgericht Berlin (LG) hat über die Reichweite dieser Mitwirkung durch den Versicherten geurteilt und dabei die Rechte der Versicherten gestärkt.

Versicherer lehnt Leistung trotz umfangreicher Unterlagen ab

Der BU-Versicherte hatte bei seinem BU-Versicherer einen Leistungsantrag eingereicht, weil er wegen einer psychischen Beeinträchtigung nicht mehr zu mindestens 50% in seinem Beruf arbeiten konnte. Dazu übersandte der BU-Versicherte dem Versicherer mehrere Unterlagen, wie etwa den ausgefüllten Antrag auf Berufsunfähigkeitsleistungen, ein Gutachten seines Krankenversicherers, das Arbeitsunfähigkeit attestierte, ein weiteres Gutachten, das Berufsunfähigkeit feststellte, einen Entlassungsbrief über eine stationäre Behandlung, einen Behandlungsbericht seiner behandelnden Psychotherapeutin, eine Aufstellung von Behandlungsdaten sowie (weitere) Unterlagen seiner behandelnden Ärzte.

Dennoch teilte der Versicherer nach Sichtung der Unterlagen mit, dass er nicht beurteilen könne, ob eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit vorliege. Die Begründung: Es fehle an Informationen zum aktuellen Befinden des Versicherten. Konkret hat der Versicherer dem BU-Versicherten vorgeworfen, dass er keine generelle Schweigepflichtentbindungserklärung abgegeben habe, auf deren Grundlage der Versicherer weitere Informationen hätte einholen können. Die Folge: Der Versicherer zahlte nicht.

Versicherer kann sich die Entscheidung nicht beliebig offen halten

Damit war der BU-Versicherte jedoch überhaupt nicht einverstanden und klagte vor dem LG auf Zahlung der Berufsunfähigkeitsrente. Und die Richter am LG entschieden: Der Versicherer müsse schon darlegen, welche Daten er konkret benötige. Der allgemeine Verweis auf eine nicht hinreichende Begründung reiche nicht. Denn: Nicht jede vom Betroffenen gegebene Einwilligung berechtige den Versicherer, Gesundheitsdaten zu erheben; dies könne nur eine freiwillig gegebene Einwilligung.

Wörtlich schreibt das Urteil: „Es kann nicht angehen, dass ein Versicherer unter pauschalem Hinweis darauf, ein Versicherungsfall sei nicht hinreichend dargetan, von einer Leistungsentscheidung absieht und [...] zuwartet, bis aus seiner Sicht genügend dargetan ist. Damit könne sich der Versicherer die Entscheidung zur Leistungspflicht beliebig offenhalten, so das LG. Und das ließen die Richter nicht gelten.

Der Versicherte erhält vom Versicherer nun rückwirkend rund 76.000 Euro Berufsunfähigkeitsrente. (as)

LG Berlin, Urteil vom 18.08.2021 – Az. 23 O 180/18

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So gut wie keine Prämienanpassungen in BU-Verträgen

Beitragserhöhungen in der BU-Versicherung sind weiterhin die Ausnahme. Das bescheinigt infinma den deutschen Versicherern in einer aktuellen Untersuchung. Zudem hat sich das Analysehaus allgemeine Entwicklungen in der Arbeitskraftabsicherung angesehen.

Das Kölner Analysehaus infinma Institut für Finanz-Markt-Analyse GmbH hat auch 2023 wieder eine Umfrage zur Beitragsstabilität in der Berufsunfähigkeitsversicherung bei den deutschen Lebensversicherern durchgeführt. Anhand der Umfrage zeigt infinma die Gesellschaften auf, die eine „maximale Beitragsstabilität“ und „eine langfristige Beitragsstabilität“ vorweisen können. Eine maximale Beitragsstabilität bedeutet, dass ein Versicherer mehr als 20 Jahre keine Anpassung vorgenommen hat, eine langjährige Beitragsstabilität, dass er bis zu 20 Jahre keine Anpassung vorgenommen hat.

Dabei haben sich die Analysten von infinma bewusst auf die Frage konzentriert, ob der jeweilige Versicherer in den letzten 10, 15, 20 oder mehr als 20 Jahren auf eine Anpassung der Überschussbeteiligung im Bestand der Berufsunfähigkeitsversicherungen (selbstständige BU-Versicherungen sowie BU-Zusatzversicherungen) verzichtet hat. Anknüpfungspunkte der Untersuchung waren der Bonussatz und der Sofortverrechnungssatz, die vom Versicherer im angegebenen Zeitraum nicht geändert worden sein sollten. Im Ergebnis müssen die Zahlprämien für die Kunden entsprechend mindestens konstant geblieben oder gesunken sein.

Prämien bleiben konstant

„Die Entwicklung des Risikoergebnisses ist bei den deutschen Lebensversicherern weiterhin sehr stabil, das zeigt sich bei einem Blick auf die Informationen aus der MindZV (Mindestzuführungsverordnung) und gilt vor allem für die großen und bekannten BU-Anbieter. Dementsprechend bleiben auch die BU-Prämien im Bestand konstant“, erläuterte Dr. Jörg Schulz, Geschäftsführer der infinma GmbH.

„Unsere Umfrage hat erneut bestätigt, dass die Versicherer durchweg solide und auskömmlich kalkuliert haben und Prämienanpassungen im Bestand bisher die Ausnahme gewesen sind.“ Sein Geschäftsführer-Kollege Marc Glissmann erklärt: „Die unverändert hohe Anzahl der teilnehmenden Gesellschaften zeigt, dass unser einfacher Ansatz der Abfrage beim Anbieter in der Branche gut angenommen wurde.“ Glissmann ergänzt, dass im Hinblick auf die Beitragsstabilität auch komplexere Bewertungsmodelle bislang nicht nachweisen konnten, dass sie zu signifikant besseren Ergebnissen führten.

Welche Versicherer infinma für ihre Beitragsstabilität auszeichnet, findet sich hier.

Auszeichnung „Transparente BU-Versicherer“

In gewohnter Weise zeichnet infinma auch wieder BU-Versicherer aus, die sich weiteren Zusatzfragen zum Biometriegeschäft gestellt haben. Diese dürfen sich als „Transparente BU-Versicherer“ bezeichnen. Welche Versicherer das sind, ist hier aufgelistet.

Die weiterführenden Ergebnisse werden vorwiegend für interne Zwecke der infinma verwendet. Die Analysten verraten aber, dass die Neugeschäftsentwicklung vor allem in der Grundfähigkeitsversicherung überwiegend steigt, während sich in der SBU ein etwas differenzierteres Bild zeigt. Im Hinblick auf zukünftige Weiterentwicklungen der Produktpalette hielten sich die Gesellschaften in der Umfrage scheinbar eher bedeckt; die Antworten deuten laut der Analysten aber darauf hin, dass es – vor allem in der BU – auch weiterhin vor allem um die Tarifierung, sprich Ausdifferenzierung der Prämien, geht und weniger um substanzielle Produktverbesserungen. (bh)

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Rückwirkende Befristung der BU-Leistung ist nicht rechtens

Ein Berufsunfähigkeitsversicherer hat die geleistete BU-Rente gegenüber einer Versicherten rückwirkend für befristet erklärt – allerdings ohne eine rechtlich wirksame Einstellungsmitteilung. So nicht, entschied das Oberlandesgericht Dresden.

Erklärt ein Berufsunfähigkeitsversicherer (BU-Versicherer) für einen zurückliegenden, abgeschlossenen Zeitraum seine Leistungspflicht, so gilt diese Erklärung als ein unbefristetes Anerkenntnis. Das hat kürzlich das Oberlandesgericht Dresden (OLG) entschieden.

Versicherer erklärt rückwirkend die BU-Leistung für befristet

In dem vom OLG entschiedenen Sachverhalt hatte die Klägerin erstmals im Juli 2016 eine Berufsunfähigkeitsrente für den Zeitraum von Dezember 2014 bis April 2016 geltend gemacht. Der beklagte BU-Versicherer erklärte daraufhin im Februar 2017, dass er Leistungen ab dem 01.01.2015 anerkennt. Weiterhin erklärte er aber, dass diese Leistung am 30.11.2015 wieder ende. Diese Entscheidung begründete der BU-Versicherer insbesondere damit, dass die Klägerin nach Aussage eines Gutachtens eines psychiatrischen Sachverständigen (Prof. Dr. med. S.) seit dem 01.12.2015 wieder ihre berufliche Tätigkeit ausüben könne.

Mit ihrer Klage verfolgte die Klägerin das Ziel, dass trotz dieser Erklärung darin ein unbefristetes Anerkenntnis durch den BU-Versicherer zu sehen sei. Sie verlangte daher vor Gericht eine BU-Rente auch über den 30.11.2015 hinausgehend.

Ausnahmefälle lagen bei der Versicherten nicht vor

Die Klägerin hat vor dem OLG grundsätzlich recht bekommen. Die Richter führten aus, dass in den Versicherungsbedingungen konkrete Gründe vereinbart waren, bei denen die Rente hätte befristet werden können. Allerdings lag bei der Klägerin keiner dieser Gründe vor.

Zwar hätte der BU-Versicherer sein Anerkenntnis auch mit einer wirksamen Einstellungsmitteilung verbinden können. Dann hätte er aber im Februar 2017 für die Klägerin nachvollziehbar begründen müssen, warum nur bis 30.11.2015 Leistungen gewährt werden sollen. Mit dem wörtlich wiedergegebenen Satz „[...] da Sie nach Aussage von Prof. Dr. med. S. seit dem 01.12.2015 wieder ihre berufliche Tätigkeit ausüben können [...]“ hatte der BU-Versicherer diese Voraussetzungen jedoch noch nicht erfüllt. Erst in einem Schriftsatz der Rechtsanwälte des BU-Versicherers im November 2018 wurde diese Einstellungsmitteilung rechtswirksam nachgeholt. Aus diesem Grund, so die Richter am OLG, habe die Klägerin auch bis zu diesem Zeitpunkt Anspruch auf eine BU-Rente.

Urteil zeigt Komplexität von BU-Versicherungsfällen

Ob die Leistungsfähigkeit vor oder nach Antragstellung weggefallen ist, bedarf keiner Feststellung, da die Auflistung von Ausnahmen in den allgemeinen Versicherungsbedingungen eines BU-Versicherers, unter denen die zeitliche Befristung eines Anerkenntnisses möglich sein soll, auch dessen Möglichkeit zu einem rückwirkenden Anerkenntnis beschränken, argumentierten die Richter.

„Dieses Urteil zeigt einmal mehr die Komplexität von Versicherungsfällen in der Berufsunfähigkeitsversicherung“, kommentiert Tobias Strübing, Fachanwalt für Versicherungsrecht bei der Kanzlei WIRTH RECHTSANWÄLTE, gegenüber AssCompact. „Versicherungsnehmer sind daher immer gut beraten, sich in solchen Fällen beraten zu lassen.“ (as)

OLG Dresden, Urteil vom 22.08.2023 – Az. 4 U 943/20

Bild: © Keitma – stock.adobe.com

 

Welche Folgen hat eine abstrakte Verweisungsklausel in der BU?

Im Falle einer Berufsunfähigkeit kann es zu Verweisungen des Versicherten durch den Versicherer kommen. Eine Grundlage dafür ist die abstrakte Verweisungsklausel. Rechtsexperte Björn Thorben M. Jöhnke erklärt in seiner regelmäßig erscheinenden BU-Kolumne, welche Auswirkungen eine solche Verweisung hat.

Artikel von Björn Thorben M. Jöhnke, Fachanwalt für Versicherungsrecht und Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte

Einige Berufsunfähigkeitsversicherungen verwenden in ihren Versicherungsbedingungen eine abstrakte Verweisungsklausel. Diese Klausel taucht jedoch eher nur in älteren Versicherungsverträgen auf. Heutzutage verzichten viele Versicherungen auf diese Art der Verweisung. Doch woran erkennt man eine abstrakte Verweisungsklausel und welche Auswirkungen hat sie für Versicherungsnehmer? Wer trägt die Beweislast für die maßgebenden Umstände? Was ist zu beachten, wenn sich die Versicherung auf die abstrakte Verweisungsklausel beruft? Diese und weitere Fragen werden im Folgenden beleuchtet.

Die typische abstrakte Verweisungsklausel

Die abstrakte Verweisungsklausel dient der Konkretisierung der Eintrittspflicht des Versicherers hinsichtlich der Berufsunfähigkeit. Denn die Versicherung leistet nur, wenn eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit, wie sie im konkreten Vertrag vereinbart wurde, vorliegt. Eine typische Formulierung der abstrakten Verweisungsklausel lautet wie folgt:

„Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn der Versicherte infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich dauernd außerstande ist, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht.“

Demgemäß genügt es nicht, wenn der bisher zuletzt in gesunden Tagen ausgeübte Beruf nicht mehr ausgeübt werden kann. Auch vergleichbare Berufe, also „andere Tätigkeiten“, dürfen durch den Versicherten – abstrakt – nicht ausgeübt werden können.

Anforderungen an die Berufsunfähigkeit bei einer abstrakten Verweisung

Damit der Versicherte auf eine andere Tätigkeit verwiesen werden kann, muss eine Vergleichbarkeit mit der bisherigen Lebensstellung vorliegen. Nicht berücksichtigt werden dürfen Berufe, die mit einem spürbaren wirtschaftlichen oder sozialen Abstieg einhergehen oder deutlich geringere Ausbildungen oder Erfahrungen voraussetzen, als sie der Versicherte aufweist. In der Rechtsprechung wird die Wahrung der bisherigen Lebensstellung bei einem Versicherungsnehmer bejaht, wenn er die Verweisungstätigkeit auch tatsächlich ausübt.

Darüber hinaus muss die Ausübung des Verweisungsberufes dem Versicherten gesundheitlich zumutbar sein. Hierfür muss die Verweisung dessen Beeinträchtigung berücksichtigen und sicherstellen, dass der bedingungsgemäße Grad der Berufsunfähigkeit nicht überschritten wird. Denn die Verweisung auf einen Beruf, der auf Kosten der Gesundheit des Versicherungsnehmers geht, ist unzulässig. Kann der Versicherte sowohl seinem bisher ausgeübten Beruf als auch dem Verweisungsberuf gesundheitlich nicht nachgehen, liegt auch im Falle der abstrakten Verweisung eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit vor.

Der Beruf muss dem Versicherten schließlich auch individuell zumutbar sein. Insbesondere zu beachten ist das Über- und Unterforderungsgebot: Der Versicherungsnehmer muss weder überobligatorische Anstrengungen hinnehmen, um den Verweisungsberuf auszuüben, noch muss er sich auf Berufe verweisen lassen, die verglichen mit der bisherigen Tätigkeit deutlich niedrigere Erfahrungen und Kenntnisse verlangen. Eine individuelle Zumutbarkeit liegt nicht vor, wenn etwaige Voraussetzungen zur Berufsausübung vom Versicherungsnehmer noch erworben werden müssen.

Damit die abstrakte Verweisung auf einen Vergleichsberuf einschlägig ist, müssen also eine Vergleichbarkeit mit der bisherigen Lebensstellung sowie die gesundheitliche und individuelle Zumutbarkeit vorliegen.

Abstrakte Verweisung und die Darlegungs- und Beweislast

Es stellt sich weiterhin die Frage, welche Partei welche Tatsachen vorbringen und beweisen muss. Grundsätzlich trägt der Versicherungsnehmer die Beweislast für die Berufsunfähigkeit. Bei einer abstrakten Verweisung erstreckt sich seine Beweislast auch auf die Tatsache, dass er den Verweisungsberuf nicht ausüben kann oder die Vergleichbarkeit fehlt. Es genügt der summarische Vortrag, dass keine anderen Tätigkeiten ausgeübt werden können, die er mit seinen Ausbildungen und Kenntnissen ausüben könnte und die seiner bisherigen Lebensstellung entsprechen.

Sodann trifft den Versicherer die sekundäre Darlegungslast. Er muss die Anforderungen, Umstände, Qualifikationen und alle sonstigen prägenden Merkmale des Verweisungsberufes derart konkret benennen, dass der Versicherte den ihn daraufhin obliegenden Negativbeweis antreten kann. Erfolgt keine hinreichend konkrete Schilderung des Versicherers, gilt der einfache Vortrag des Versicherten als zugestanden.

Fazit und Hinweise für Versicherungsnehmer

Abstrakte Verweisungsklauseln werden in Versicherungsverträgen nur noch selten bis gar nicht mehr verwendet. Vielfach wird seitens der Versicherungen sogar aktiv darauf verzichtet und mit diesem Verzicht geworben. Bei Abschluss eines neuen Vertrages sollte also darauf geachtet werden, dass eine abstrakte Verweisungsklausel nicht vereinbart wird, denn diese kann nachteilig für den Versicherungsnehmer sein. Falls der bestehende Versicherungsvertrag eine solche Klausel enthält, sind dennoch einige Bedingungen an die wirksame Geltendmachung geknüpft. Maßgeblich ist die vergleichbare Lebensstellung beider Berufe sowie die Zumutbarkeit, die der Versicherer ausreichend darlegen muss.

Weitere wissenswerte Beiträge zum Thema der Berufsunfähigkeitsversicherung sind nachstehend zu finden: „Berufsunfähigkeitsversicherung“.

Bild: © Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte

 

Wenige BU-Versicherer gewähren Einblick in Leistungspraxis

Das BU-Leistungspraxisrating 2023 des Analysehauses Franke und Bornberg hat die Leistungspraxis einiger Versicherer bei der Berufsunfähigkeitsversicherung untersucht. Fazit: Die meisten Versicherer regulieren hervorragend – doch nur wenige gewähren Einblick in ihre Prozesse im Leistungsfall.

Wie arbeiten die Versicherer im Leistungsfall bei der Berufsunfähigkeitsversicherung (BU)? Dieser Frage hat sich die Ratingagentur Franke und Bornberg in ihrem neuen BU-Leistungspraxisrating 2023, welches am Montag veröffentlicht wurde, gewidmet. Denn: Wichtig sei, so Franke und Bornberg, bei der BU nicht nur das passende Produkt und ein stabiler Versicherer, sondern auch die Qualität der Leistungsprüfung. Wie professionell und kundenorientiert gehen die Gesellschaften mit Leistungsanträgen um? Wie lange dauert es vom Eingang einer Anzeige bis zur Entscheidung? Und welche Versicherer agieren transparent und fair?

Laut Franke und Bornberg sei das Rating zur Leistungspraxis nur mit Zustimmung des jeweiligen Versicherers möglich – anders als beim Tarifrating. Auch aus diesem Grund besteht das BU-Leistungspraxisrating lediglich aus neun Versicherern, denn längst nicht alle Gesellschaften erlauben Einblick in ihre Leistungspraxis.

Darauf wurde beim Rating geachtet

Wie kundenorientiert, fair und transparent die Gesellschaften die BU-Leistungsansprüche ihrer Versicherten behandeln, prüft Franke und Bornberg grundsätzlich vor Ort, so die Agentur in ihrer Mitteilung zum Rating. Das Urteil basiert auf einer Stichprobe von mindestens 125 sorgfältig durch die Prüfer ausgewählten Leistungsfällen je Gesellschaft. Grundlage für das Leistungspraxisrating 2023 bilden Regulierungen aus dem Jahr 2022. Bearbeitungsdauer, Anteile von abstrakter Verweisung und Vorgaben zur Umorganisation fließen in das Urteil ebenso ein wie Befristungen und Individualvereinbarungen sowie Rücktritte und Anfechtungen.

Weiterhin untersuchen die Analystinnen und Analysten, wie die Unternehmen ihre Versicherten in dieser schwierigen Situation begleiten. Positiv bewertet werden hier z. B. das individuelle Eingehen auf die Antragsteller, durch individuell zugeschnittene Fragebögen nach vorheriger Kontaktaufnahme. Für Geschäftsführer Michael Franke sollten Versicherte auch im Leistungsfall als Menschen und nicht als Verwaltungsvorgänge behandelt werden – dies treffe gleichermaßen auf die Begutachtung komplexer Gegebenheiten vor Ort durch geschulte Mitarbeiter zu, bspw. bei Selbstständigen. So könnten sie Abläufe und Anforderungen des Arbeitsplatzes wirklichkeitsnah einschätzen. Auch sollte Kunden das Ergebnis der Leistungsprüfung so transparent und nachvollziehbar wie möglich mitgeteilt werden.

Sechs von neun Versicherern mit Bestnote

Die Höchstbewertung von FFF+ bzw. „hervorragend“ erreichten sechs der neun angetretenen Versicherer, nämlich Allianz, ERGO, Generali, HDI, NÜRNBERGER und Zurich. Ein „sehr gut“ bzw. FFF erhielten die übrigen drei: Gothaer, Hannoversche und SIGNAL IDUNA. Laut Michael Franke sei die Wahrscheinlichkeit eines guten Abschneidens umso größer, je häufiger ein Unternehmen am BU-Leistungspraxisrating teilnehme. Diesen Effekt führt der Geschäftsführer hauptsächlich darauf zurück, dass die Ratings Benchmarks liefern, für Transparenz sorgen und zugleich den Blick für Verbesserungen schärfen.

Am Rating teilgenommen haben noch mehr Versicherer – allerdings haben diese der Veröffentlichung ihrer Ergebnisse nicht zugestimmt.

Fakten und Trends in der BU-Regulierung

Etwas verlängert hat sich laut der Untersuchung die Dauer der Leistungsprüfung. Diese dauerte 2022 durchschnittlich 184 Tage. Dies sei wohl auch bedingt durch den Fachkräftemangel. „Abwerbungen durch Mitbewerber und BU-Dienstleister haben die ohnehin knappen Personalressourcen einiger Gesellschaften weiter ausgedünnt“, so Franke und Bornberg. Als Gegenmaßnahme setzen die Versicherer verstärkt auf eigenen Nachwuchs – mit Erfolg. Doch auch auf Arztberichte und vor allem Gutachten mussten die Versicherer 2022 noch länger warten als zuvor.

Zeitersparnis verspreche der Einsatz des Telefons anstelle von Papier. Christian Monke, Leiter Ratings Gesundheit und Private Risiken bei Franke und Bornberg: „Der Formularmarathon ist ein Auslaufmodell. Wer konsequent telefoniert und Fragen gemeinsam mit dem Kunden durchspricht, kann die Regulierung deutlich abkürzen.“ Auch würden erste Gesellschaften positive Erfahrungen mit Chats in geschützten Portalen sammeln.

Digitale Prozesse und künstliche Intelligenz bieten außerdem viel Potenzial für schnellere Entscheidungen, so die Ratingagentur. Bspw. könnten umfangreiche Arztberichte in Zukunft automatisch so strukturiert werden, dass Leistungsprüfer einen besseren Überblick gewinnen. Rückversicherer hätten schon jetzt automatisierte Entscheidungshilfen entwickelt, die in der Praxis als Zweitmeinung dienen, aber aus Sicht der befragten Versicherer erfahrene und empathische Leistungsprüfer bislang noch nicht ersetzen könnten.

Wertung und Ausblick

Es sei ein Warnsignal für Verbraucher und Vermittler, dass noch immer zu wenige Versicherer auf eine unabhängige Bewertung ihrer Leistungsprüfung setzen. Denn erst hier entscheide sich, ob ein Vertrag seinen Zweck erfüllt, so Franke und Bornberg. Teilnehmende Gesellschaften könnten im Laufe der Jahre mit einer überzeugenden Leistungspraxis punkten und erhalten außerdem einen detaillierten Untersuchungsbericht, der individuelle Ansatzpunkte und Hebel für weitere Verbesserungen aufzeigt.

Die vollständige BU-Leistungspraxis-Studie enthält noch weitere Informationen u. a. zu Ursachen der Berufsunfähigkeit, Anerkennungs- und Ablehnungsquoten, Bearbeitungsdauern und Prozessquoten. Diese wird Franke und Bornberg demnächst vorstellen. (mki)

Bild: © MrPanya – stock.adobe.com

 

„Mit betrieblicher BU gewinnen Arbeitgeber und Arbeitnehmer“

Der Belegschaft eine Versicherung für den Fall der Berufsunfähigkeit (BU) anzubieten, kann sich besonders für kleine und mittelständische Unternehmen lohnen. Über die Vorteile von BU-Kollektivverträgen in der betrieblichen Altersversorgung (bAV) sprach AssCompact mit Uwe Neußel und Florian Schlögl.

Interview mit Uwe Neußel, Leiter Betriebliche Altersversorgung Continentale Versicherung, und seinem Stellvertreter Florian Schlögl
Herr Neußel, eine aktuelle Studie aus Ihrem Haus besagt, dass in der Bevölkerung das Bewusstsein für das Risiko, berufsunfähig zu werden, gestiegen ist. Was hat die Studie genau ergeben?

Uwe Neußel Eine private BU-Versicherung ist knapp drei Vierteln aller Befragten zwischen 18 und 60 Jahren wichtig. Bei den 18- bis 29-Jährigen sind es sogar 80%. In unserer letzten Studie zum Thema vor vier Jahren sahen das insgesamt noch deutlich weniger Menschen so. Was besonders spannend ist: Für die Generation Z ist die BU-Vorsorge nach der Haftpflicht die wichtigste Versicherung. Zudem sind junge Leute stärker für psychische Erkrankungen als Hauptursache für eine BU sensibilisiert. Aber nach wie vor klaffen Bewusstsein und Handeln weit auseinander: Beim Grad der Absicherung in der Bevölkerung sind wir leider noch auf dem Niveau von 2019.

Das heißt, junge Menschen rechnen eher mit einer psychischen Erkrankung als die Generationen davor. Liest sich eigentlich schrecklich, oder?

UN Ja, das klingt erst mal hart. Aber wir müssen hier differenzieren: Die jungen Menschen rechnen gar nicht unbedingt damit, dass sie selbst wegen einer psychischen Erkrankung nicht mehr arbeiten können. Ihr eigenes Risiko, einmal berufsunfähig zu werden, schätzen sie eher gering ein. Nur 16% der 18- bis 29-Jährigen hält die Wahrscheinlichkeit, selbst einmal betroffen zu sein, für groß. Sie verdrängen das Thema am Ende doch.

Positiv ist, dass der jungen Generation das Risiko psychischer Erkrankungen viel mehr bewusst ist. Dazu haben vermutlich auch Long Covid und die psychologischen Auswirkungen der Lockdowns beigetragen. Hier wurde sichtbar, dass eine BU unerwartet und schnell auch gesunde Menschen treffen kann.

Herr Schlögl, das Bewusstsein steigt, die finanzielle Absicherung der Arbeitskraft ist trotzdem kein Selbstläufer. Liegt dies vor allem am Preis?

Florian Schlögl Ja, das ist schon der Hauptgrund. Knapp drei Vierteln der Befragten ohne Versicherungsschutz ist eine BU-Versicherung zu teuer. Allerdings schätzt genau diese Gruppe ihren persönlichen Beitrag häufig höher ein, als er in der Realität wahrscheinlich ist. Und fast die Hälfte will ihr Geld lieber für andere Dinge ausgeben.

Neben rein finanziellen Gründen sind vor allem mangelnde Kenntnisse eine Hürde: So geben mehr als 40% der Befragten ohne Versicherungsschutz an, sie hätten sich über das Thema noch nicht informiert. Und: Das gilt für deutlich mehr als die Hälfte der 18- bis 29-Jährigen, die als Zielgruppe besonders interessant sind. Es gibt also finanzielle Gründe und gleichzeitig einen hohen Infor­mationsbedarf.

Mit einer betrieblichen BU-Vorsorge gewinnen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Denn damit werden gleich mehrere Probleme gelöst. Menschen werden in die Lage versetzt, einfach und günstig diese existenzielle Vorsorge abzuschließen. Unternehmen haben einen attraktiven Benefit im Wettbewerb um Mitarbeiter.

Sie sprechen sich für eine betriebliche BU-Versicherung aus. Handelt es sich um eine selbstständige BU oder um eine Zusatzversicherung?

FS Wir empfehlen eine selbstständige BU-Versicherung – am besten im Kollektivvertrag. Die BU-Vorsorge kann beispielsweise als Direktversicherung im Rahmen der Entgeltumwandlung abgeschlossen werden. Im Idealfall übernimmt der Arbeitgeber die Beiträge komplett.

Was spricht aus Arbeitnehmersicht dafür?

UN Vom Staat gibt es bekanntlich nur eine Grundversorgung. Mit einer betrieblichen BU-Vorsorge im Kollektiv löst der Arbeitgeber ein existenzielles Problem des Arbeitnehmers. Außerdem profitieren die Mitarbeiter meist von einer vereinfachten Gesundheitsprüfung. Noch vorteilhafter ist es, wenn der Arbeitgeber eine Dienstobliegenheitserklärung abgibt. Weitere Vorteile sind günstige Beiträge und attrak­tive Rentenhöhen.

Was passiert bei einem Arbeitgeberwechsel?

FS Das kommt darauf an. Handelt es sich um eine Entgeltumwandlung, kann der Arbeitnehmer den Vertrag grundsätzlich problemlos fortführen. Ist die BU-Vorsorge arbeitgeberfinanziert, ist das unter bestimmten Voraussetzungen möglich.

Die BU-Versicherungen werden immer flexibler. Bietet das auch eine betriebliche BU-Versicherung?

FS Im Unterschied zur privaten sind bei der betrieblichen BU-Versicherung die steuerlichen Vorgaben des Gesetzgebers zu beachten. Daher ist sie weniger flexibel. Der große Pluspunkt ist einfach der erleichterte Zugang durch das Kollektiv. Durch eine Mischkalkulation ist es außerdem möglich, attraktive Prämien selbst für Berufsgruppen mit erhöhten BU-Risiken zu bieten.

Gibt es Punkte zu beachten, was die Sozialversicherung und die Steuer angeht?

UN Alle Formen der Entgeltumwandlung funktionieren nach dem gleichen Prinzip: Die Beiträge zur bAV gehen direkt vom Bruttoentgelt ab, es fallen meist weder Steuern noch Beiträge zur Sozialversicherung an. In der Auszahlungsphase sind die Leistungen dann in vollem Umfang zu versteuern, zudem werden dann Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung fällig.

Dennoch ist eine BU-Vorsorge im Rahmen der bAV in der Regel der günstigste Weg – und wegen der vereinfachten Gesundheitsprüfung für viele überhaupt die einzige Möglichkeit, ihre Arbeitskraft abzusichern.

Auch die Sozialabgaben des Unternehmens reduzieren sich. Weitsichtige Chefs setzen auf arbeitgeberfinanzierte Bausteine. Den Zuschuss können sie von der Steuer absetzen.

Welche Vorteile bringt es denn noch für den Arbeitgeber? Die müssen Sie bzw. die Vermittler ja zunächst erst mal erreichen.

FS Mehr denn je geht es für Unternehmen darum, sich im Wettbewerb um die besten Mitarbeiter abzuheben. Ein BU-Kollektivvertrag lässt sich besonders leicht implementieren. Daher ist er gerade für kleine und mittelständische Betriebe bestens geeignet, um die dringend benötigten Kräfte zu finden und zu binden. Vor allem bei diesen Unternehmen ist die bAV-Durchdringung ausbaufähig. Da liegt viel Potenzial für den Vermittler.

Ein weiterer Vorteil: Zunehmend mehr Menschen achten auf ESG-Kriterien. Indem der Arbeitgeber diese existenzielle Vorsorge anbietet, kann er deutlich machen, dass er sozial handelt. Gemäß dem Gleichbehandlungsgrundsatz sollte es außerdem Ziel sein, möglichst allen Zugang zur Versorgung zu gewähren – von der Reinigungskraft bis zum Manager.

Was macht denn einen guten BU-Kollektivvertrag aus Ihrer Sicht aus?

UN Produkte und Prozesse müssen auf die Anforderungen der bAV ausgerichtet sein. Dies berücksichtigt unsere Betriebliche PremiumBU für Kollektive ab zehn Personen. Dazu gehören transparente Annahmerichtlinien und eine einfache Gesundheitsprüfung oder Dienstobliegenheitserklärung. Das allein erleichtert schon die Akzeptanz bei allen Beteiligten. Und natürlich attraktive Beiträge und Leistungen.

Vermittler wie auch Unternehmen legen zudem großen Wert auf schlanke, effiziente Abläufe bei der Verwaltung. Erfahrene Anbieter wie die Continentale bieten zusätzlich eine sehr gute Vertriebsunterstützung von der Beratung bis zur Umsetzung im Betrieb.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 11/2023 und in unserem ePaper.

Bild: © Uwe Neußel, Florian Schlögl, Continentale

 
Ein Interview mit
Florian Schlögl
Uwe Neußel

Franke und Bornberg bewertet BU-Versicherer als „hervorragend“

Die Ratingagentur Franke und Bornberg hat im BU-Unternehmensrating wieder die Professionalität von vier BU-Versicherern unter die Lupe genommen. Die teilnehmenden Unternehmen müssen bei dem Rating tiefe Einblicke gewähren – mit Erfolg: Die Teilnehmer konnten erneut Bestnoten erzielen.

In ihrem jährlichen BU-Unternehmensrating unterzieht die Ratingagentur Franke und Bornberg Versicherer einer tief greifenden Prüfung, um zu analysieren, wie professionell sie das Risiko Berufsunfähigkeit (BU) handhaben und wie kundenorientiert sie dabei vorgehen.

Denn wie gut ein Berufsunfähigkeitsversicherer ist, zeigt sich nicht nur in der Tarifqualität, sondern setzt eine gute Risikoprüfung und ein umfassendes Controlling voraus, um den Versichertenbestand vor übermäßigen Belastungen zu schützen. Auch die Qualität in der Leistungsprüfung ist entscheidend, argumentieren die Analysten.

Teilnehmer erzielen Höchstbewertung FFF+

Die Teilnahme am BU-Unternehmensrating ist freiwillig. Die teilnehmenden Gesellschaften müssen sich einer sehr umfangreichen Untersuchung stellen und laut Michael Franke, geschäftsführender Gesellschafter von Franke und Bornberg, „absolute Transparenz in den Unternehmensbereichen zeigen und auch interne Unterlagen und Berichte offenlegen“. Diese Bereitschaft sei bei vielen Versicherern nicht gerade groß, so Franke weiter.

Dieses Jahr haben sich vier Versicherer zum wiederholten Male dem Verfahren gestellt: die ERGO Vorsorge, Generali, HDI und Nürnberger. Auch und gerade wegen ihrer wiederholten Teilnahme wird von den Kandidaten umso mehr verlangt. „Von den Unternehmen erwarten wir eine kontinuierliche Weiterentwicklung“, sagt Franke. Das Ergebnis ist erfreulich: Alle vier Versicherer konnten im aktuellen Ratingturnus die Bestnote FFF+ (hervorragend) erzielen.

BU-Versicherer gehen neue Wege in der Kundenkommunikation

Für die Analyse bewertet das Ratinghaus zunächst einen Datenbogen mit mehr als 500 Einzelpositionen. Im Abschluss folgen Besuche bei den Unternehmen vor Ort, wo Angaben verifiziert werden, aktuelle und geplante Arbeitsabläufe geplant werden und Leistungsfälle stichprobenartig überprüft werden.

Die Analysten berichten über angepasste Prozesse, die der Kundenzufriedenheit dienen sollen. Lange Zeit war der rechtssichere Kontakt zur Leistungsregulierung in der BU per Brief üblich – was jedoch zu langen Regulierungszeiträumen und dadurch zu Unzufriedenheit auf beiden Seiten führte. Heute läuft der Kontakt viel häufiger telefonisch, was laut den Analysten neben einem besseren und schnelleren Informationsfluss und vor allem zu besserer Kundenbindung führt. Auch digitale Wege der Kundenkommunikation über Chats oder Kundenportale werden erprobt, Datenschutz hemmt hier allerdings bisher die Entwicklung.

Serviceangebote sollen idealerweise Leistungseintritt verhindern

Neue Ideen gibt es außerdem in der Prävention. BU-Versicherer kommen nicht mehr erst am Ende einer langen Krankheitsgeschichte des Versicherten ins Spiel. Künftig sollen bereits vor Eintritt des Leistungsfalls Beratungsangebote zu Erkrankungen und Therapien und Services wie ärztliche Zweitmeinung zur Verfügung stehen – bestenfalls mit dem Ergebnis, dass es gar nicht erst zur Berufsunfähigkeit kommt.

Stabilität und Finanzstärke der untersuchten Unternehmen erfreulich

Zu einem erfreulichen Ergebnis konnte das Ratinghaus in der Teilkategorie „Stabilität des BU-Geschäfts“ kommen. Stabilität gilt aufgrund der langen Leistungsdauer in der BU als sehr wichtig. Hier spielen nicht nur eine verantwortungsvolle Risikoprüfung begleitet von umfangreichen Controlling-Maßnahmen eine Rolle, um Fehlentwicklungen entgegenzuwirken, schreiben die Analysten. Wichtige Elemente sind auch Augenmaß bei der Tarifkalkulation sowie ausgemessene Zeichnungsgrenzen im Neugeschäft.

Eine hervorragende Stabilität wiesen die Teilnehmer auch bei der Finanzstärke auf, und das trotz langjährigen Preiswettbewerbs und herausfordernder Marktbedingungen. (js)

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Gothaer bAV-Tarif integriert BU und Hinterbliebenenschutz

Die Gothaer hat ihr Angebot in der betrieblichen Altersvorsorge erweitert. Ein neuer Baustein im Tarif „Vorsorgeplan Business“ bietet Unternehmen die Möglichkeit, eine Berufsunfähigkeitsversicherung und/oder einen Hinterbliebenenschutz in die Vorsorgepläne ihrer Mitarbeiter zu integrieren.

Die betriebliche Altersvorsorge (bAV) ist laut der Gothaer die beliebteste Versicherung zur Steigerung der Arbeitgeberattraktivität – in Zeiten des Fachkräftemangels hat sie sich als gutes Instrument zur Personalgewinnung und -bindung erwiesen. Aus diesem Grund hat der Versicherer nun seine betriebliche Altersvorsorge „Vorsorgeplan Business“ um einen Baustein erweitert, der Unternehmen die Möglichkeit bietet, eine Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) und/oder Hinterbliebenenschutz für Mitarbeiter zu integrieren.

Betriebliche BU auch für Mitarbeiter mit Vorerkrankungen

„Vor dem Hintergrund, dass sich nur jeder zweite abhängig Beschäftigte gegen die Folgen einer Berufsunfähigkeit mit einer BU absichert, leistet diese Versicherung über den Arbeitgeber einen wertvollen Beitrag zur Existenzabsicherung der Mitarbeitenden“, so Michael Kurtenbach, Vorstandsvorsitzender der Gothaer Lebensversicherung. Auch Mitarbeiter mit Vorerkrankungen, für die eine BU privat zu teuer wäre, können über die bAV des Arbeitgebers mitversichert werden.

Unbürokratisches Annahmeverfahren und verwaltungsarme Prozesse

Bei der Konzeption des neuen Kollektivproduktes wurde auf ein unbürokratisches Annahmeverfahren und verwaltungsarme Prozesse geachtet, so das Unternehmen weiter. Der Versorgungsplan Business lässt sich in bestehende bAV-Regelungen von Unternehmen integrieren und schränkt bereits genutzte Fördermöglichkeiten nicht ein. Die Versicherung kann in Betrieben ab zehn Mitarbeitern durch eine einfache Erklärung des Arbeitgebers, die sogenannte Dienstobliegenheitserklärung, abgeschlossen werden. Bei großen Betrieben kann diese sogar ganz entfallen, erklärt der Versicherer.

Bei Direktversicherung ist Weiterführung nach Arbeitgeberwechsel möglich

Der Baustein ist als beitragsorientierte Leistungszusage konzipiert. Der Arbeitgeber kann zwischen Direktversicherung und rückgedeckter Direktzusage wählen. Bei der Entscheidung für eine Direktversicherungsoption können Mitarbeiter den Vertrag auch privat weiterführen, wenn sie das Unternehmen verlassen. (js)

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