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10. November 2023
Rückwirkende Befristung der BU-Leistung ist nicht rechtens
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Rückwirkende Befristung der BU-Leistung ist nicht rechtens

Ein Berufsunfähigkeitsversicherer hat die geleistete BU-Rente gegenüber einer Versicherten rückwirkend für befristet erklärt – allerdings ohne eine rechtlich wirksame Einstellungsmitteilung. So nicht, entschied das Oberlandesgericht Dresden.

Erklärt ein Berufsunfähigkeitsversicherer (BU-Versicherer) für einen zurückliegenden, abgeschlossenen Zeitraum seine Leistungspflicht, so gilt diese Erklärung als ein unbefristetes Anerkenntnis. Das hat kürzlich das Oberlandesgericht Dresden (OLG) entschieden.

Versicherer erklärt rückwirkend die BU-Leistung für befristet

In dem vom OLG entschiedenen Sachverhalt hatte die Klägerin erstmals im Juli 2016 eine Berufsunfähigkeitsrente für den Zeitraum von Dezember 2014 bis April 2016 geltend gemacht. Der beklagte BU-Versicherer erklärte daraufhin im Februar 2017, dass er Leistungen ab dem 01.01.2015 anerkennt. Weiterhin erklärte er aber, dass diese Leistung am 30.11.2015 wieder ende. Diese Entscheidung begründete der BU-Versicherer insbesondere damit, dass die Klägerin nach Aussage eines Gutachtens eines psychiatrischen Sachverständigen (Prof. Dr. med. S.) seit dem 01.12.2015 wieder ihre berufliche Tätigkeit ausüben könne.

Mit ihrer Klage verfolgte die Klägerin das Ziel, dass trotz dieser Erklärung darin ein unbefristetes Anerkenntnis durch den BU-Versicherer zu sehen sei. Sie verlangte daher vor Gericht eine BU-Rente auch über den 30.11.2015 hinausgehend.

Ausnahmefälle lagen bei der Versicherten nicht vor

Die Klägerin hat vor dem OLG grundsätzlich recht bekommen. Die Richter führten aus, dass in den Versicherungsbedingungen konkrete Gründe vereinbart waren, bei denen die Rente hätte befristet werden können. Allerdings lag bei der Klägerin keiner dieser Gründe vor.

Zwar hätte der BU-Versicherer sein Anerkenntnis auch mit einer wirksamen Einstellungsmitteilung verbinden können. Dann hätte er aber im Februar 2017 für die Klägerin nachvollziehbar begründen müssen, warum nur bis 30.11.2015 Leistungen gewährt werden sollen. Mit dem wörtlich wiedergegebenen Satz „[...] da Sie nach Aussage von Prof. Dr. med. S. seit dem 01.12.2015 wieder ihre berufliche Tätigkeit ausüben können [...]“ hatte der BU-Versicherer diese Voraussetzungen jedoch noch nicht erfüllt. Erst in einem Schriftsatz der Rechtsanwälte des BU-Versicherers im November 2018 wurde diese Einstellungsmitteilung rechtswirksam nachgeholt. Aus diesem Grund, so die Richter am OLG, habe die Klägerin auch bis zu diesem Zeitpunkt Anspruch auf eine BU-Rente.

Urteil zeigt Komplexität von BU-Versicherungsfällen

Ob die Leistungsfähigkeit vor oder nach Antragstellung weggefallen ist, bedarf keiner Feststellung, da die Auflistung von Ausnahmen in den allgemeinen Versicherungsbedingungen eines BU-Versicherers, unter denen die zeitliche Befristung eines Anerkenntnisses möglich sein soll, auch dessen Möglichkeit zu einem rückwirkenden Anerkenntnis beschränken, argumentierten die Richter.

„Dieses Urteil zeigt einmal mehr die Komplexität von Versicherungsfällen in der Berufsunfähigkeitsversicherung“, kommentiert Tobias Strübing, Fachanwalt für Versicherungsrecht bei der Kanzlei WIRTH RECHTSANWÄLTE, gegenüber AssCompact. „Versicherungsnehmer sind daher immer gut beraten, sich in solchen Fällen beraten zu lassen.“ (as)

OLG Dresden, Urteil vom 22.08.2023 – Az. 4 U 943/20

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