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BU: Viele Vorurteile halten der Realität nicht stand

Die Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) ist eine der wichtigsten Versicherungen. Dennoch oder gerade deshalb steht sie regelmäßig in der Kritik. Franke und Bornberg ist der Kritik nachgegangen und hat erneut die Regulierungspraxis namhafter BU-Versicherer analysiert. Demnach sind viele gängige Vorwürfe gegenüber BU-Anbietern haltlos.

Versicherern wird bei der BU häufig unterstellt, ihren Pflichten nur ungern nachzukommen, zum Beispiel in Form von Gefälligkeitsgutachten, vorsätzlich verzögerter Bearbeitung und Zermürben durch ständiges Anfordern weiterer Informationen. Auch die Diskussion über vermeintliche Instrumentalisierungen „unbestimmter Rechtsbegriffe“ zur Leistungsverweigerung wird immer wieder aufs Neue entfacht. Franke und Bornberg geht den pauschalen Vorwürfen in den BU-Leistungspraxisstudien auf den Grund. Die Analyse- und Ratingagentur hat nun die aktuelle Ausgabe der Untersuchung veröffentlicht.

Keine systematische Leistungsverweigerung

Der aktuellen BU-Leistungspraxisstudie zufolge sind die Vorwürfe gegenüber den BU-Versicherern haltlos. „Von systematischer Leistungsverweigerung kann zumindest bei den teilnehmenden Gesellschaften keine Rede sein“, berichtet Michael Franke, Gründer und geschäftsführender Gesellschafter von Franke und Bornberg. „Noch nicht einmal eine von fünf BU-Leistungsprüfungen endete mit einer Ablehnung; mehr als 80 % der untersuchten Regulierungen sind zu Gunsten der Versicherten ausgefallen. Verweigerung sieht anders aus.“ Gleichwohl könne die Studie bei mehr als 14.000 Regulierungen natürlich nicht jeden einzelnen Fall analysieren.

In aller Regel bedingungsgemäße Anerkennungen

Von den Anerkennungen im Jahr 2017 erfolgten 92,7% bedingungsgemäß. Das ist sogar eine deutliche Steigerung im Vergleich zum Vorjahr. Damals war der Wert bei 86,5% gelegen. Weitere 5,3% (Vorjahr: 10,9%) erfolgten auf Basis einer individuellen Vereinbarung. Nur 2,0% der Fälle mussten vor Gericht entschieden werden. Im Jahr zuvor waren es noch 2,6%.

Die häufigsten Gründe für BU-Ablehnungen
 Vorurteile halten der Realität nicht stand

Die meisten Ablehnungen gehen laut Franke und Bornberg darauf zurück, dass Leistungsvoraussetzungen nicht erfüllt waren wie etwa ein BU-Grad von mindestens 50% oder Anzeigepflichten verletzt wurden. Dabei handelte es sich meist um falsche oder fehlende Angaben zum Gesundheitszustand vor Vertragsabschluss. Anhaltspunkte für einen Zusammenhang von Rentenhöhe und Ablehnungsquote konnten die Analysten nicht finden.

Unterschiede in Bezug auf Alter und Krankheitsbilder
 Vorurteile halten der Realität nicht stand

Je nach Krankheitsbild schwankt der Anteil der Anerkennungen deutlich. Bei Krebs (bösartige Neubildungen) haben die Versicherer über 90 % der Anträge auf BU-Leistungen anerkannt. Bei psychischen Erkrankungen wurden hingegen mehr als ein Viertel aller Anträge abgelehnt. Die höchste BU Leistungsquote findet sich bei den 54-Jährigen, die niedrigste bei Menschen von 32 Jahren. Bis zu diesem Alter ist die Ablehnungsquote fast immer höher als die Zahl der Anerkennungen. Ablehnungen bei Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und Bindegewebes (27,0%) sowie Kreislauferkrankungen (15,2%) liegen zwischen diesen beiden Polen.

Regulierungsdauer verharrt bei 180 Tagen

Im Leistungsfall hoffen Versicherte nicht nur auf eine finanziell hohe, sondern auch auf eine schnelle Hilfe. Franke und Bornberg hat daher auch die Dauer vom Zeitpunkt der Meldung der vermuteten Berufsunfähigkeit bis zur Leistungsentscheidung des Versicherers analysiert. Die Bearbeitungszeiten ab Erstmeldung des Kunden sowie für die Auswertung des Fragebogens haben sich demnach verkürzt, nicht jedoch die gesamte Regulierungsdauer. Sie verharrt im Schnitt bei etwa 180 Tagen. Zwar gebe es auf der einen Seite Prozessverbesserungen, auf der anderen Seite aber auch negative Entwicklungen wie zum Beispiel beim durchschnittlichen Zeitaufwand von Gutachten. Psychiatrische Gutachten haben laut Franke und Bornberg zum Beispiel eine mittlere Durchlaufzeit von 105 Tagen.

Individuelle Prüfung erfordert naturgemäß mehr Zeit

„Der große Vorteil der Berufsunfähigkeitsversicherung, individuell auf den jeweiligen Beruf abgestellt zu sein, bringt einen zeitlichen Nachteil mit sich“, erläutert Michael Franke. Eine individuelle Prüfung erfordere jedoch deutlich mehr Zeit als ein schematisiertes Vorgehen wie beispielsweise zur gesetzlichen Erwerbsminderungsrente. „Über diesen Sachverhalt lohnt es sich zu sprechen. Höchstmögliche Transparenz ist das beste Mittel gegen pauschalisierte Vorwürfe.“ Daran mangele es jedoch noch deutlich. (mh)

Zur Studie

Der aktuellen Leistungspraxis-Studie zur Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) von Franke und Bornberg auf der Basis des BU-Unternehmens- bzw. Leistungspraxisratings liegen Daten der Allianz, AachenMünchener, ERGO, HDI, Nürnberger und Swiss Life zugrunde. Fast alle Gesellschaften sind schon seit dem Erstrating dabei. Mit rund 32.800 (2016: 24.600) Neuanmeldungen von BU-Leistungsfällen decken diese Versicherer gut die Hälfte aller Leistungsfälle des Jahres 2017 ab.

Detaillierte Ergebnisse der BU-Leistungsstudie 2019 werden in Kürze im fb>blog unter www.franke-bornberg.de/fb-blog veröffentlicht.

Bild: © MQ-Illustrations – stock.adobe.com

 

Infinma beleuchtet die Marktstandards in der BU

Erneut hat das infinma-Institut eine Analyse der Marktstandards in der Berufsunfähigkeitsversicherung veröffentlicht. Untersucht wurden dabei 461 Tarife von 76 Anbietern. Insgesamt erfüllen 187 Produkte (41%) den Marktstandard und damit weniger als im Vorjahr, da waren es 55%.

Die Kölner Institut für Finanz-Markt-Analyse GmbH veröffentlicht regelmäßig Marktstandards in der Berufsunfähigkeitsversicherung. Im Rahmen der Untersuchung beleuchtet das Institut wichtige Qualitätsmerkmale aus den Versicherungsbedingungen und präsentiert einen Überblick der am Markt üblichen und verbreiteten Regelungen.

So werden die Marktstandards ermittelt

Derzeit prüfen die Analysten von infinma zu insgesamt 18 Kriterien, welche konkreten Ausprägungen es in den BU-Bedingungen tatsächlich zu finden sind. Anschließend wird ermittelt, wie oft diese Ausprägungen vorkommen und die häufigste Ausprägung wird als Marktstandard im Sinne einer marktüblichen Durchschnittsregelung“ definiert. Für die einzelnen Kriterien stellt infinma dar, ob der Versicherer eine Regelung getroffen hat, die besser oder schlechter als der Marktstandard ist.

Bewusst kein Rating

Eine Bewertung in Form von Punkten oder ein Rating erstellt infinma ausdrücklich nicht, da sich nach Auffassung der Analysten die einzelnen Bedingungsbestandteile nicht gegeneinander „aufrechnen“ lassen. Stattdessen werden die einzelnen Bedingungswerke daran gemessen, was aktuell am Markt üblich ist. Es sei für den Berater und Kunden wenig hilfreich zu wissen, dass ein bestimmtes Merkmal aus Kundensicht unbefriedigend ausgestaltet ist, wenn am Markt keine besseren Alternativen zu haben sind, so der Standpunkt der Analysten.

Diese 18 Kriterien wurden betrachtet
  • Prognose
  • Rückwirkende Leistung
  • Abstrakte Verweisung
  • Verzicht auf Umorganisation
  • Kostenbegrenzung bei Umorganisation
  • Berufswechselprüfung
  • Leistungsbeginn
  • Meldefristen
  • Untersuchungen im Ausland
  • Erhöhungsoption ohne Anlass
  • Beitragsstundung
  • Befristete Anerkenntnisse
  • Meldepflicht Minderung BU
  • Meldepflicht Aufnahme Tätigkeit
  • Nachprüfung
  • Leistung bei Arbeitsunfähigkeit
  • Ausscheiden aus dem Beruf
  • Option auf selbstständige Anschluss-Pflegerente

Bei den Kriterien haben sich Änderungen im Vergleich zu früheren Analysen ergeben. So hat infinma das Kriterium „Lebenslange BU-Rente bei Pflegebedürftigkeit“ durch die Regelungen zur BU nach dem Ausscheiden aus dem Beruf ersetzt. Wie infinma-Geschäftsführer Marc Glissmann erläutert, wollte man damit eine „Übergewichtung des Themas Pflege innerhalb der BU“ vermeiden.

Die Kriterien beziehen sich nur auf die Bedingungswerke, nicht jedoch auf technische Gestaltungsmöglichkeiten, wie etwa die Höhe einer beitragsfrei versicherbaren Rente.

Bewegung bei den Marktstandards

„Die Marktstandards sind diesmal deutlich in Bewegung gekommen. Zahlreiche Versicherer haben ihre Produkte weiter optimiert,“ erklärt Dr. Jörg Schulz, Geschäftsführer bei infinma. So hätten viele Versicherer beispielsweise die Anregungen des Instituts zu einem Verzicht auf eine Meldepflicht bei Verbesserung des Gesundheitszustandes bzw. Minderung des BU-Grades aufgenommen. Die Veränderung des Marktstandards bei einem Kriterium sieht Schulz dementsprechend auch nicht als Zeichen für ein instabiles Verfahren. „Vielmehr zeigt es deutlich, dass die Marktstandards dynamisch auf Marktveränderungen reagieren und somit gut funktionieren.“

 

Infinma beleuchtet die Marktstandards in der BU

 

Tarife von 32 der 76 Gesellschaften erfüllen die Standards

Laut infinma haben viele Versicherer ihrer Produkte verbessert. Insgesamt erfüllen mit 187 von 461 Tarifen (41%) aber etwas weniger den Marktstandard als im Vorjahr. Da waren es mit 55% über die Hälfte der untersuchten Produkte. Diejenigen Tarife, die in allen 18 Kriterien zugleich den Marktstandard erreichen oder übertreffen, erhalten von infinma ein kostenloses Zertifikat.

Insgesamt 32 der 76 in die Analyse einbezogenen Gesellschaften haben einen BU-Tarif im Angebot, der den Marktstandards entspricht. Im Vorjahr waren es 48 von 80 Anbietern. (tk)

Hier geht es zur Analyse "Marktstandards in der BU".

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BU-Versicherung: Zurich verabschiedet sich vom Berufsgruppenmodell

Die Zurich kehrt vom Modell der Berufsgruppen beim Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung ab. Ab August führt der Versicherer einen neuen BU-Schutz ein, der auf einem Scoring-Modell basiert und sich bei Antragstellung mehr an der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit im Berufsalltag orientiert.

Die Zurich Gruppe Deutschland sieht im Berufsgruppenmodell beim Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung keine Zukunft und kehrt deshalb davon ab. „Digitalisierung und Automatisierung führen zu neuen Berufsbildern. Das traditionelle Karrieremodell hat ausgedient, selbstständige Tätigkeit und projektbezogene Auftragsarbeit nehmen zu. Das muss sich auch in der Berufsunfähigkeitsversicherung der Zukunft abbilden“, erklärt Jacques Wasserfall, Vorstand Leben der Zurich Gruppe Deutschland.

Zurich startet „Berufsunfähigkeits-Schutzbrief“

Zum 01.08.2019 führt der Versicherer eine neue Berufsunfähigkeitsversicherung ein, die auf einem so genannten Scoring-Modell basiert. Der neue „Berufsunfähigkeits-Schutzbrief“ der Zurich orientiert sich bei Antragstellung weniger an der Berufsbezeichnung, sondern mehr an der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit im Berufsalltag. Wie der Versicherer unterstreicht, führe dies zu einer individuelleren Gestaltung der Versicherungsprämien für Kunden.

Neues Verfahren zur Einstufung

Bei dem „Berufsunfähigkeits-Schutzbrief“ hat der Versicherer ein neues Einstufungsverfahren eingeführt. Das Scoring-Modell ermöglich laut Zurich eine besonders individuelle und risikogerechte Tarifierung. Die Einstufung erfolgt anstelle des bloßen Berufsbildes, wie es bislang in der Branche gängig ist. Durch das Scoring-Modell werden Beruf, Risiko und Personalverantwortung im Rahmen der beruflichen Tätigkeit kundenindividuell betrachtet.

Nach einer Grundeinstufung werden die Kriterien Tätigkeitsstatus, Anteil der Bürotätigkeit, Berufs-/Bildungsabschluss, Personalverantwortung, Rauchgewohnheiten sowie bei Ärzten eine eventuelle chirurgische Tätigkeit abgefragt. Bei jedem dieser Risikomerkmale gibt es in sich eine weitere Unterteilung. So erfolgt beispielsweise im Bereich Personalverantwortung eine Unterscheidung nach der Zahl der geführten Mitarbeiter. Mit den Antworten der Kunden zur beruflichen Tätigkeit werden je nach Scoring-Modell Punkte gesammelt, die beim Erreichen verschiedener Grenzen zu einer besseren Einstufung und individuellen sowie dem Risiko angepassten Versicherungsprämien führen.

„Nach unserer Überzeugung kann es die Formel ‘One size fits all’ im Markt der Berufsunfähigkeitsversicherung nicht mehr geben. Daher verabschieden wir uns mit dem neuen Zurich ‘Berufsunfähigkeits-Schutzbrief’ vom klassischen Berufsgruppenmodell“, unterstreicht Wasserfall.

Dynamische Erwerbshistorien werden berücksichtigt

Die neue Police berücksichtige die zunehmend dynamischen Erwerbshistorien von Kunden, so die Zurich. „Ein gelernter Industriemechaniker kann beispielsweise in Abhängigkeit vom Grad und der Anzahl von Weiterbildungsmaßnahmen im Laufe seines Lebens unterschiedliche Tätigkeiten ausüben. Der neue Zurich ‘Berufsunfähigkeits-Schutzbrief’ berücksichtigt die tatsächliche Tätigkeit und den ggf. unterschiedlichen Anteil an körperlicher Tätigkeit. Dies wirkt sich dann auch im Versicherungsbeitrag aus. “ (tk)

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Franke und Bornberg: So sehen Vermittler die BU-Regulierung

Der BU-Regulierungsprozess aus Sicht der Vermittler: Wie lange dürfte die Leistungsprüfung höchstens dauern? Wer sind die größten Verzögerer innerhalb des Prozesses und was könnten Versicherer ändern, um Kunden besser zu unterstützen? Die Vermittlerantworten auf diese Fragen hat Franke und Bornberg mit Ergebnissen einer aktuellen BU-Leistungspraxisstudie verglichen.

Die Rating-Agentur Franke und Bornberg hat in ihrer aktuellen Frühjahrsumfrage die Meinung der Versicherungsvermittler rund um die Arbeitskraftsicherung (AKS), insbesondere die BU-Regulierungspraxis, abgefragt und mit dem Ist-Zustand verglichen: Wie lange sollte eine Leistungsprüfung nach Maklermeinung dauern, wie lange dauert sie tatsächlich? Wer verzögert den Prozess in den Augen der Befragten am meisten? Wo gibt es Verbesserungspotenzial? Die Ergebnisse, die Aufschluss darüber geben, wie es um den BU-Regulierungsprozess tatsächlich bestellt ist, kommen dabei aus der BU-Leistungspraxisstudie 2019 von Franke und Bornberg, die in Kürze erscheint.

Bitte nicht länger als 42 Tage prüfen

Die BU-Leistungsprüfung sollte nach Aussagen der befragten Vermittler nicht länger als 42 Tage dauern, die Hälfte der Befragten plädiert sogar für nur 30 Tage. Lediglich wenn es um psychische Erkrankungen geht, dürften sich die Versicherer in den Augen der Makler etwas mehr Zeit lassen, nämlich durchschnittlich 57 Tage. Soweit die Wunschvorstellung der Vermittler. Und die Realität? Laut Franke und Bornberg dauerte die Leistungsprüfung im Jahr 2017 durchschnittlich ganze 183 Tage, allerdings seien bei diesem Wert alle Zeiten enthalten, also auch die Wartezeiten auf ärztliche Unterlagen oder Gutachten. Die Netto-Bearbeitungszeiten der Versicherer lägen deutlich unterhalb dieser von Franke und Bornberg gemessenen Gesamtregulierungsdauer.

Lägen erst einmal alle erforderlichen Unterlagen vor, dauere es in der Praxis bis zur endgültigen Entscheidung noch gut drei Wochen (durchschnittlich 23,8 Tage bei Ablehnungen, durchschnittlich 17,2 Tage bei Anerkennungen).

Gutachter und Ärzte verzögern den Prozess am meisten

Und bei wem sehen die befragten Vermittler die Hauptschuld, wenn erforderliche Unterlagen viel zu lange auf sich warten lassen? Knapp die Hälfte sieht in den Ärzten die größten Verzögerer innerhalb der Leistungsprüfung, gut zwei Fünftel geben die Hauptverantwortung eher den Gutachtern. In der Praxis verzögern laut der Rating-Agentur tatsächlich die Gutachter den Prozess am meisten: Im Durchschnitt beträgt die Durchlaufzeit von der Beauftragung des Gutachtens bis zum Eingang beim Versicherer nämlich 104 Tage. Die meiste Zeit nehmen mit 105 psychiatrische Gutachten in Anspruch. Allerdings gibt die Rating-Agentur in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass in lediglich 7% der untersuchten Leistungsfälle tatsächlich ein Gutachter hinzugezogen worden sei. Arztrückfragen dauern nach Beobachtungen von Franke und Bornberg mehrere Wochen.

Vermittler wollen einbezogen werden, scheuen aber Haftungsrisiken

Um die Kunden beim Ausfüllen des BU-Leistungsantrags noch besser zu unterstützen, könnten Versicherer der Vermittlermeinung zufolge vor allem an einer Stellschraube drehen: Sie könnten den Versicherungsvermittler benachrichtigen und in den Prozess involvieren. Knapp drei Viertel der Befragten äußern damit ihre Bereitschaft, ihre Kunden in dieser schwierigen Phase zu begleiten. Dass sich – wie Franke und Bornberg ermittelt hat – die Vermittler in der Praxis aber recht selten tatsächlich einbringen, selbst dann nicht, wenn sie vom Versicherer benachrichtigt werden, das liegt dem Großteil der Befragten zufolge vor allem an den Haftungsrisiken. Diese und eine fehlende erforderliche Fachkenntnis aufseiten der Vermittler sind die größten Hinderungsgründe für eine aktive Mitarbeit der befragten Vermittler. Allerdings zeigen die Stichproben von Franke und Bornberg, dass die Regulierung mit persönlichem Kontakt überhaupt nur in durchschnittlich 3% der Leistungsfälle eingesetzt wurde und dass die Versicherer in diesen Fällen von positiven Feedbacks der Antragsteller und von beschleunigten Verfahren berichtet hätten.

Bild: © Daniel Krasoń – stock.adobe.com

Mehr dazu im Blog von Franke und Bornberg: https://www.franke-bornberg.de/blog/vermittlerumfrage-arbeitskraftabsicherung-2019-bu-regulierung-faktencheck

Lesen Sie auch: So sieht die kundenorientierte BU-Leistungsabwicklung 2.0 aus

 

Berufsunfähigkeit: Produkte vorhanden – Irrtümer und Vorurteile auch

Die meisten Deutschen schieben die BU-Vorsorge auf die lange Bank und geben ihr Geld lieber für andere Dinge aus. Zudem halten sich hartnäckig viele Irrtümer und Vorurteile rund um die Berufsunfähigkeit und verhindern so, dass Kunden sich gegen dieses existenzielle Risiko richtig absichern. Welche Fehlinformationen das sind, damit hat sich eine aktuelle Studie der Continentale Lebensversicherung befasst.

Warum sich hierzulande nur eine Minderheit gegen das existenzielle Risiko absichert, berufs- oder arbeitsunfähig zu werden, dieser Frage ist eine Studie der Continentale Lebensversicherung in Zusammenarbeit mit den Meinungsforschungsinstitut Kantar (ehemals TNS Infratest) nachgegangen. Befragt wurden sowohl Berufstätige, Studenten und Auszubildende als auch Vermittler. Letztere sind der Meinung, dass es an den am Markt vorhandenen BU-Produkten nicht liegen kann, dass die Deutschen in Sachen BU eher Vorsorgemuffel sind, denn die passenden Produkte seien vorhanden. Nur wenige im Rahmen der Studie befragte Vermittler halten die BU-Produkte derzeit noch für verbesserungswürdig. Der Großteil der Vermittler vermutet, dass ihren Kunden die BU-Absicherung schlicht zu teuer sei und dass sie – das wiegt in den Augen der Vermittler noch etwas schwerer – das Thema Vorsorge allzu gerne auf die lange Bank schieben.

Geld wird lieber für andere Dinge ausgegeben

Und welche Gründe nennen die Befragten selbst für die fehlende Absicherung? Eine Mehrheit von nahezu drei Vierteln stimmt der Aussage zu, eine Berufsunfähigkeitsversicherung sei zu teuer. Knapp zwei Drittel möchten der Continentale-Studie zufolge ihr Geld lieber für andere Dinge ausgeben. „Mangelnde Informiertheit ist beim Thema Berufsunfähigkeitsversicherung vermutlich weiterhin die größte Hürde“, kommentiert Dr. Helmut Hofmeier, Vorstand Leben im Continentale Versicherungsverbund, die Studienergebnisse. Die wenigsten Befragten sähen für sich ein echtes Risiko, einmal berufsunfähig zu werden. Die Fachleute der Branche wissen allerdings: Die Realität sieht leider anders aus, es trifft jeden Vierten. Die häufigste Ursache sind psychische Erkrankungen. Die Befragten hingegen sehen wie bereits in den Vorgängerstudien aus den Jahren 2008 und 2011 nach wie vor Rückenleiden und Unfälle als Hauptauslöser für Berufsunfähigkeit.

Irrtum: Immobilie bietet genug Absicherung

Irrtümer fördert die Studie aber nicht nur bei den BU-Ursachen zutage, sondern auch bei den Möglichkeiten, sich finanziell abzusichern: So meinen über zwei Drittel der Befragten, auch mit einer Unfallversicherung, mit Immobilien oder allein durch Sparen vor den finanziellen Folgen einer Berufsunfähigkeit geschützt zu sein. Die Hälfte der Befragten nennt als Schutzoption eine Lebensversicherung oder eine private Krankenzusatzversicherung. Hinzu kommt, dass zahlreiche Menschen laut Continentale-Studie nicht wissen, wem der so wichtige Versicherungsschutz offensteht. Die Mehrheit der Befragten glaubt fälschlicherweise, dass beispielsweise Schüler und Studenten gegen den Verlust der Arbeitskraft nicht versicherbar seien.

Vorurteil: Versicherer zahlt im Ernstfall sowieso nicht

Zusätzlich zu diesen Irrtümern hegen die befragten Berufstätigen, Studenten und Azubis einige ungerechtfertigte Vorurteile: Zum Beispiel fürchten über zwei Fünftel, der Versicherer leiste bei selbstverschuldeten Unfällen nicht. Darüber hinaus glauben fast ebenso viele, die privaten und gesetzlichen Leistungen würden verrechnet. Knapp zwei Drittel sagen zudem, der Versicherer zahle im Ernstfall meistens nicht, weil er sich auf irgendwelche Klauseln beziehe. Fakt ist aber, fügen die Studienautoren hinzu: Nur 0,5% aller Leistungsanträge werden mit Hinweis auf Klauseln abgelehnt.

Junge Menschen gezielt ansprechen

Dr. Helmut Hofmeier empfiehlt im Zusammenhang mit der aktuellen Studie, dass die Vermittler insbesondere junge Menschen gezielt und umfassend über Berufsunfähigkeit informieren sollten, denn – auch das ist ein Ergebnis der Continentale-Studie Je jünger die Befragten sind, desto mehr ziehen sie einen Rundum-Schutz einem reinen Basis-Schutz vor. Von den 20– bis 29-Jährigen würden sich über die Hälfte für einen Premiumschutz entscheiden. „Trotz aller Aufklärungsarbeit – nicht nur von Versicherern und Vermittlern, sondern auch Verbraucherschützern und Medien – zeigt sich: Wir müssen hier weiter am Ball bleiben,“ kommentiert Dr. Helmut Hofmeier abschließend.

Über die Studie

Die Continentale-Studie zur Berufsunfähigkeit ist eine Untersuchung der Continentale Lebensversicherung in Zusammenarbeit mit den Meinungsforschungsinstitut Kantar (ehemals TNS Infratest). Sie basiert auf den gleichnamigen Studien aus dem Jahren 2008 und 2011. Befragungszeitraum für die aktuelle Studie war der Dezember 2018. Die komplette Studie ist zu finden unter www.continentale.de/studien

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WürttLeben verbessert ihren BU-Tarif

Der Berufsunfähigkeitstarif der Württembergischen Leben ist modular aufgebaut und kann anhand verschiedener Optionen und Bausteine individualisiert werden. In jedem Vertrag ist ein zudem ein sogenannter „BU-Retter“ inbegriffen, der bei anlassbezogenen Zahlungsschwierigkeiten genutzt werden kann.

Die Württembergische Lebensversicherung AG (WürttLeben) hat ihre Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) verbessert und dabei insbesondere auf Flexibilität und Leistungsfähigkeit in der Produktgestaltung gesetzt. Der Tarif ist modular aufgebaut: Optionen wie eine Karenzzeit oder eine garantierte Rentensteigerung können dabei ebenso beliebig kombiniert werden, wie verschiedene Bausteine. Mit dem Unfall-Baustein können beispielsweise Beschäftigte in handwerklichen Berufen einen soliden und günstigen Basisschutz absichern. Wird ein Kunde, der diesen Baustein abgeschlossen hat, aufgrund eines Unfalls berufsunfähig, erhält er die doppelte vereinbarte BU-Rente.

Einsteiger-BU: Abschluss ab dem zehnten Geburtstag möglich

Auch für Schüler, Auszubildende, Studenten und Berufseinsteiger ist eine BU-Absicherung ratsam. Mit dem Produktmerkmal der Berufsverbesserung ist dem Kunden bis zum 30. Lebensjahr die Möglichkeit geboten, mit jedem Berufswechsel eine Beitragsreduzierung prüfen zu lassen. Eine Schlechterstellung ist ausgeschlossen. Der Abschluss des neuen BU-Tarifs ist bereits ab dem zehnten Geburtstag möglich. In der Einsteiger-BU der WürttLeben werden über eine zehnjährige Staffelphase die Beiträge sukzessive moderat angehoben. Bei Schülern schützt diese vor den finanziellen Risiken einer Schulunfähigkeit und zahlt die vereinbarte Rente. Später geht der Schutz in eine Absicherung gegen Berufsunfähigkeit über. Die im Vertrag eingeschlossenen Nachversicherungsoptionen ermöglichen eine Erhöhung der Versicherungsleistung ohne Gesundheitsprüfung, beispielsweise beim Abschluss einer staatlich anerkannten beruflichen Fortbildung.

In jedem BU-Vertrag der WürttLeben ist ein sogenannter BU-Retter inbegriffen, der bei anlassbezogenen Zahlungsschwierigkeiten des Kunden für ein bis drei Jahre genutzt werden kann. Dabei reduziert sich der Beitrag während der Inanspruchnahme des BU-Retters auf ca. 5 Euro im Monat. Die BU-Rente bleibt während der gesamten Dauer des BU-Retters auf einem verhältnismäßig hohen Niveau. (ad)

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So sieht die kundenorientierte BU-Leistungsabwicklung 2.0 aus

Bei der Berufsunfähigkeitsversicherung kommt es für Kunden vor allem darauf an, wie Versicherer den BU-Leistungsfall regulieren. In Sachen Kundenorientierung hat sich bei BU-Versicherern einiges getan, wie die Rating-Agentur Franke und Bornberg unterstreicht. In einem Blog-Beitrag zeigen die Analysten fünf Trends auf, wie eine moderne BU-Leistungsabwicklung in Zeiten der Digitalisierung funktionieren kann.

Bei der Berufsunfähigkeitsversicherung zählt für den Kunden vor allem die Regulierungspraxis des Versicherers im BU-Leistungsfall. Fair, schnell und professionell sollte sie sein. Auch wenn manche Medienberichte und Verbraucherschützer es anders darstellen: Bei den BU-Versicherern hat sich in Bezug auf die Kundenorientierung in den vergangenen Jahren viel getan, wie die Rating-Agentur Franke und Bornberg unterstreicht. Die Analysten stellen klar, dass das Bild der Leistungsregulierung der von ihnen untersuchten BU-Versicherer weitestgehend positiv ausfällt. Von einer Entwicklung hin zur Leistungsregulierung 2.0 ist die Rede. In einem Blog-Beitrag zeigt Christian Monke, Bereichsleiter Analyse von Franke und Bornberg, beispielhaft anhand fünf aktueller Trends auf, wie eine solche schnelle, transparente und damit faire Leistungsabwicklung in Zeiten der Digitalisierung aussehen kann.

Zunächst das telefonische Gespräch suchen

Den wichtigsten Trend sehen Franke und Bornberg in einem ersten mündlichen Kontakt, etwa in Form eines Telefongesprächs. Anstatt einen standardisieren Fragebogen per Post zu versenden, sollten Versicherer erst einmal das telefonische Gespräch suchen. So würden Sachbearbeiter in kundenorientierten Unternehmen zunächst zum Telefonhörer greifen, um mit dem Kunden zu sprechen und dabei die erforderlichen Informationen anzufordern. Ein solches Vorgehen verkürzt die Durchlaufzeiten. Franke und Bornberg räumen aber auch ein, dass solche Telefoninterviews mit Kunden im BU-Fall mitunter auch sehr belastend sein können. Sie empfehlen daher, die Mitarbeiter umfangreich zu schulen.

Individualisierte Fragebögen

Als zweiten Trend nennt das Analysehaus das Thema Individualisierung, um die Informationsbeschaffung für Versicherer und Kunden zu vereinfachen. Sind bei traditionell arbeitenden Gesellschaften die Fragen zur Einschätzung der Kundensituation unabhängig von Beruf und BU-Ursache meist immer gleich, gehen moderne Versicherer einen anderen Weg: Mit technischer Hilfe gestalten sie die Fragebögen individuell auf den Kunden zugeschnitten und damit für diesen einfacher und weniger komplex.

Die BU-Leistungsfälle kategorisieren: einfach, normal oder komplex?

Bei einer modernen BU-Regulierungspraxis erfolgt eine Einteilung der BU-Leistungsfälle nach einem Telefonat mit dem Kunden in die drei Kategorien „einfach“, „normal“ und „komplex“. Die Kategorien beziehen sich auf die Komplexität des Prozesses, nicht auf den Schweregrad der Erkrankung, und das Telefoninterview hat einen festgelegten Ablauf. So landen die jeweiligen Fälle direkt bei darauf spezialisierten Teams und einfache Fälle werden sofort ausbezahlt. Auf der anderen Seite geht es bei den komplizierten Fällen häufig um Selbstständige und Unternehmer, bei denen auch die betrieblichen Hintergründe untersucht werden müssen. Auch eine solche Kategorisierung führt zu kürzeren Bearbeitungszeiten.

Informationen von spezialisierten Dienstleistern einholen lassen

Manche BU-Versicherer setzen spezialisierte Dienstleister ein, die Leistungsantragsteller auf Wunsch besuchen, um vor Ort alle Fragen zu Gesundheitszustand und beruflichem Hintergrund zu besprechen und Informationen wie Arztberichte und Atteste zusammenzutragen. Wie Franke und Bornberg unterstreichen, kann ein solches Vorgehen ein oft langwieriges Einholen der erforderlichen Dokumente beschleunigen bzw. ersetzen. Die Entscheidungen trifft dabei letztendlich der Sachbearbeiter des Versicherers und nicht der Mitarbeiter des Dienstleisters vor Ort – so zumindest bei den Fällen, die Franke und Bornberg untersuchte.

Status des BU-Leistungsfalls online verfolgbar machen

Schließlich geht die Entwicklung der modernen BU-Leistungsregulierung hin zu mehr Transparenz und Service. Erste Versicherer ermöglichen es ihren Kunden laut Franke und Bornberg bereits, den BU-Leistungsantrag über spezielle Portale online zu verfolgen. Per Chat lassen sich Nach- und Rückfragen abwickeln und die Kunden sind stets über den Status ihrer Fallbearbeitung informiert. Aufseiten der Versicherer steigt der Leistungsdruck: Bleibt ein Vorgang länger liegen, wird der Kunde nachfragen.

Den Blog-Beitrag von Christian Monke, Bereichsleiter Analyse von Franke und Bornberg, finden Sie unter https://www.franke-bornberg.de. (tk)

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BU: Wie sich eine Klage auf die Leistungspflicht des Versicherers auswirkt

Das Oberlandesgericht Celle hat ein Urteil zu der Frage gefällt, wann eine Berufsunfähigkeitsversicherung zahlen muss, auch wenn sie ihre Leistungspflicht nicht anerkennt und obwohl eine medizinisch begründete Berufsunfähigkeit schon gar nicht mehr vorliegt.

Klagt ein Versicherungsnehmer auf Zahlung von Berufsunfähigkeitsleistungen und endet seine Berufsunfähigkeit noch während des Rechtsstreits oder bereits bevor er Klage erhebt, dann muss der Versicherer trotzdem über den Zeitpunkt der Berufsunfähigkeit hinaus zahlen. Das hat das Oberlandesgericht Celle entschieden. Die Leistungspflicht endet laut dem Urteil erst, wenn der Versicherer ordnungsgemäß die Einstellung der Leistung schriftlich mitteilen kann. Dazu muss der Versicherer ein formelles Nachprüfungsverfahren im Prozess durchführen, welches das Ende der Berufsunfähigkeit konkret beschreibt.

Fingierte Leistungsanerkennung im BU-Fall

Dies ist unabhängig davon, ob er eine Berufsunfähigkeit im ersten Schritt überhaupt anerkannt hatte: Auch wenn der Versicherer kein Leistungsanerkenntnis abgegeben hat, ist er an die Versicherungsbedingungen gebunden. Lehnt der Versicherer nämlich seine Leistungspflicht ab, wird eine laut den Versicherungsbedingungen abzugebende Anerkennung im Fall einer tatsächlichen Berufsunfähigkeit des Versicherungsnehmers fingiert.

Leistungspflicht endet nicht automatisch bei Widererlangen der Berufsfähigkeit

Die Leistungspflicht endet somit laut dem Gericht im Klagefall auch nicht automatisch zu dem von einem Sachverständigen festgestellten Zeitpunkt, zu dem der Versicherungsnehmer wieder berufsfähig ist. Der Versicherer kann sich zwar auf das Gutachten berufen, nicht jedoch stillschweigend. Das heißt, er muss im Klageverfahren vortragen und Umstände darlegen, aus denen sich ergibt, dass der Versicherungsnehmer wieder berufsfähig ist. Eine Änderungsmitteilung gegenüber dem Versicherungsnehmer bleibt aber dennoch erforderlich.

Versicherer kann Anerkenntnis der Berufsunfähigkeit nicht nachträglich befristen

Die Leistungspflicht bleibt auch weiterhin bestehen, wenn der Versicherer die Anerkennung der Berufsunfähigkeit hätte befristen können, aber generell von einer Anerkennung abgesehen hat. Es gilt die fingierte Anerkennung der Berufsunfähigkeit. Diese kann der Versicherer in diesem Fall auch nicht nachträglich befristen, um die Regeln des Nachprüfungsverfahrens zu umgehen.

Oberlandesgericht Celle, Urteil vom 09.04.2018, Az.: 8 U 250/17

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„BU-Vermittlung in 45 Minuten kann nicht qualitativ hochwertig funktionieren“

Anlässlich der zweiten Auflage des BUV Fachforums, das vor Kurzem stattfand, hat AssCompact bei den Veranstaltern Torsten Breitag und Guido Lehberg nachgefragt. Die Versicherungsmakler und BU-Spezialisten geben im Interview Auskunft über Herausforderungen und Qualitätsansprüche in der BU-Vermittlung.

Das Image der Versicherungsbranche ist nicht das Beste. Immer wieder gerät vor allem die Berufsunfähigkeitsversicherung ins Visier von Medien. Was läuft in Ihren Augen schief?

Torsten Breitag: Die Branche ist selbst schuld, über Jahrzehnte standen lediglich Vertrieb und Umsatz im Vordergrund, fachliche Qualifikation ist auch heute noch eine Randerscheinung. Das mag über Jahrzehnte so funktioniert haben. Heute haben wir zunehmend aufgeklärtere und anspruchsvollere Kunden am Markt. Vermittler und Gesellschaften müssen lernen, die Bedürfnisse dieser Kunden zu befriedigen, wenn sie in anspruchsvollen Zielgruppen mitspielen wollen.

Guido Lehberg: Die Branche hat es in den letzten zehn bis 20 Jahren verpasst, die Strategie anzupassen. Früher galt noch das Modell „Verkauf durch Vertrauen“. Heute ist das Interesse für die eigene Vorsorge bei den guten Kunden wesentlich ausgeprägter. Nur wenige Kunden kaufen noch eine Versicherung ohne diese zu hinterfragen. Als wissbegieriger Kunde suche ich allerdings auch einen Vermittler, der mehr Know-how hat, als ich mir selbst im Internet anlesen kann. Leider investieren viele Versicherungsmakler aktuell mehr Geld in Software und Büroausstattung als in Fachschulungen.

Versicherer sollten umdenken, fachlich fundierte Vermittlung stärker unterstützen und weniger Tische mit Gummibärchen auf Messen mieten. Hier hat beispielsweise die Nürnberger gezeigt, wie so etwas laufen kann. Im Rahmen der zweiten Auflage unserer Veranstaltung „BUV Fachforum“ (BUV II) stellte sie uns Räumlichkeiten und Unterstützung in der Organisation zur Verfügung. Und das ohne einen direkten monetären oder werblichen Vorteil davon zu haben.

Neben den Versicherern kommen auch die Makler mitunter nicht gut weg. Wie erleben Sie die Situation?

Guido Lehberg: Der Berufsstand der Versicherungsmakler hat sich in den vergangenen zehn Jahren aus meiner Sicht deutlich gewandelt. Zwar hat sich die Anzahl der Anbieter von Versicherungsprodukten eher reduziert, aber die Anzahl an verfügbaren Produkten ist deutlich gestiegen. Als Makler kann man hier sehr schnell den Überblick verlieren. Ich habe sogar den Eindruck, dass der „Bauchladen“ vieler Marktteilnehmer durch weitere Produkte wie Kapitalanlagen oder Finanzfremde Produkte (z.B. Strom, Gas, Mobilfunk) deutlich gewachsen ist. Da ist es die logische Konsequenz, dass die Qualität der Beratung schnell verwässert werden kann.

Torsten Breitag: Der Vermittlerstatus trifft keine Aussage über Beratungsqualität. Es liegt immer am Vermittler selbst, wie und mit welcher Zielsetzung dieser agiert. Makler haben ob ihrer Unabhängigkeit und Entscheidungsfreiheit beste Voraussetzungen hochwertige Vermittlung darzustellen; es nutzen nur die wenigsten. Hier setzen wir mit unserer Arbeitsgemeinschaft BUV Fachforum im kleinen Maßstab an. Das Motto: Gemeinsam kommen wir weiter, als im Spiel gegeneinander. Das bedingt Kollegen, die von sich aus das Beste für ihre Kunden erreichen wollen. Ist diese elementare Voraussetzung gegeben, heißt es lernen, lernen, lernen, wie in jeder anderen anspruchsvollen Branche auch.

Aus Maklersicht ist die Qualität der Beratung ein elementarer Baustein, um einen Beitrag zum besseren Image der Branche zu leisten. An welchen Stellschrauben kann man denn am ehesten ansetzen, um die BU-Beratung zu optimieren?

Torsten Breitag: Das erlebe ich durchaus anders. Das durchschnittliche fachliche Niveau auch unter Maklerkollegen ist erschreckend niedrig. Die Bereitschaft, die Aussage „habe ich schon seit 20 Jahren so gemacht“ zu hinterfragen, geht oftmals gegen null. Genau das ist aber die Voraussetzung. Qualitative BU-Vermittlung bedingt saubere, strukturierte Prozesse. Im Grunde ist eine BU-Vermittlung prozessual betrachtet immer gleich: 1. Aufbereitung der Gesundheitshistorie, 2. Aufbau und Funktionsweise einer BU samt Auswahlkriterien, 3. technische Ausgestaltung. Nur in dieser Reihenfolge kann am Ende ein hochwertiges Ergebnis stehen. BU in 45 Minuten kann einfach nicht qualitativ hochwertig funktionieren.

Aus diesem Grund haben wir auf unserem Workshop in Nürnberg das Augenmerk auf den Beratungsprozess gelegt. Von der Versicherbarkeit bis zum Verständnis für den Leistungsfall.

Guido Lehberg: Die BU-Beratung sollte ein eigenständiger Beratungsprozess werden. Bevor ich Versicherungsmakler geworden bin habe ich mich einem anderen Makler angeschlossen, um von ihm zu lernen. Als wir gemeinsam einen Kunden besucht haben, wurde von diesem Makler eine „ganzheitliche Beratung“ innerhalb von 120 Minuten vorgenommen. PHV, Hausrat, Unfall, Altersvorsorge und BU. Ein für den Kunden gutes Resultat wäre hier ein absoluter Zufallstreffer.

Immerhin habe ich daraus gelernt, dass Beratung und Fokussierung einzelner Themen auch einzeln behandelt werden müssen. Gerade bei einer BU-Versicherung, die in sich ja schon durch mehrere Teile (Aufbereitung der Gesundheits- und Risikodaten, Auswahl des Anbieters, Gestaltung der Absicherung) unterteilt werden sollte.

Im Rahmen des BUV Fachforums haben Sie gemeinsam mit den Teilnehmern in Workshops alle Teilaspekte einer BU-Beratung beleuchtet. Ging es um knifflige Spezialfälle?

Guido Lehberg: In meinem Workshop ging es um die fiktive Kundin Susi Sorgenfrei, die in vier verschiedenen Lebenssituationen zu ihrem Versicherungsmakler kam (als Schülerin, als Azubi, als Studentin und im Beruf stehend). Die Teilnehmer hatten die Versicherungsbedingungen von jeweils zwei Anbietern zur Hand und sollten für die jeweilige Situation den passenden Tarif wählen. Also eigentlich eine alltägliche Situation.

Torsten Breitag: Gerade die Aufbereitung der Gesundheitshistorie ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Im dazugehörigen Workshop habe ich zunächst einfache, fiktive Modellfälle präsentiert, in Folge wurde mit realen, bereits abgeschlossenen und jeweils medizinisch glatt versicherten Fällen gearbeitet. Deutlich wird dabei, dass Interessent, Gesellschaft und Vermittler in einem Boot sitzen. Die Gesellschaft will das Geschäft, der Interessent eine vorteilhafte Annahme und der Vermittler den Lohn für seine Arbeit. Das ist per Definition knifflig.

Das Ziel war, die Risikoprüfer und die Vermittler ins Gespräch zu bringen. Zu beleuchten, unter welchen Voraussetzungen die besten Ergebnisse für alle Beteiligten erreicht werden können. Das hat wieder einmal ganz offen und auf Augenhöhe bestens funktioniert. Wer als Vermittler sauber und ergebnisorientiert arbeitet, braucht auch bei kniffligen Fällen keine Angst vor dem Ergebnis haben. Das dürfte bei allen Teilnehmern angekommen sein.

Können Sie uns ein Beispiel mit komplexer Gesundheitshistorie und die Besonderheiten schildern?

Torsten Breitag: Es beginnt bereits mit der Erhebung der Daten des potenziellen Kunden durch den Vermittler. Hier sind saubere Eingangsfragebögen das Alpha und Omega. Ein geübter Vermittler mit sauberen Gesundheitsfragebögen geht von Anfang an in einen strukturierten Beratungsprozess. Daher habe ich die Kollegen in meinen Fragebögen arbeiten lassen.

Danach lauert ein Grundproblem: Aktenlage (GKV / KAV) und Sichtweise des Kunden können beispielsweise deutlich voneinander abweichen. Hier muss der Vermittler erst beides zusammenzuführen und dann auch noch so sauber aufbereiten, dass der Risikoprüfer in die Lage versetzt wird, eine Entscheidung im Interesse unserer Kunden treffen zu können.

Beispielsweise hatten wir einen Übungsfall, wo eine nicht entdeckte chronische Blinddarmentzündung zu Jahren an Psychotherapie in Folge Erschöpfungserscheinungen geführt hat. Dann missglückte auch noch die vermeintlich einfache Blinddarm-OP, was in Folge mehrere Jahre Probleme im Magen-/Darm-Kontext verursachte. Da kommen schnell viele, viele Seiten Aktenlage zusammen. Trotzdem lassen sich solche Fälle sauber aufbereiten, mit Befunden und Berichten belegen. Am Ende war es eine glatte Annahme von zwei der sechs angefragten Gesellschaften. Diesen realen Fall haben die Teilnehmer unter anderem bearbeitet.

Guido Lehberg: Wie viel Potenzial in einer sauberen Aufbereitung der Gesundheitshistorie steckt, habe ich kürzlich erst wieder gesehen. Es ging um einen Geschäftsführer mit mehreren Vorerkrankungen (Bandscheibenvorfall, Fersensporn, Plantarfaszietitis, Neurodermitis, Knick-Senk-Spreizfuß), der zudem beruflich öfter im außereuropäischen Ausland unterwegs ist und gerne Tauchen geht. Neben einigen Ablehnungen konnte ich den Kunden letztendlich mit einem Ausschluss der Wirbelsäule mit einer BU versichern.

Ich bin mir sicher, dass zwei Gründe dafür ausschlaggebend gewesen sind: zum einen die detailliert zusammengestellte Voranfrage, zum anderen der direkte Draht zu Entscheidern bei den Versicherern, der auch im Rahmen unseres BUV Fachforums entstanden ist.

Wo lauern im Beratungsprozess in der Regel denn die meisten Fallstricke?

Guido Lehberg: Meiner Meinung nach liegt ein elementares Problem darin, dass zu schnell Empfehlungen ausgesprochen werden. Und das, bevor mit dem Kunden überhaupt über seinen individuellen Bedarf gesprochen wurde. Ich erlebe von Neukunden, die schon einmal mit einem anderen Makler Kontakt hatten, oft folgenden Ablauf: „Lieber Kunde, Du brauchst eine BU, ich schicke Dir mal ein Angebot“. Der Kunde bekommt ein Angebot, ohne vorher ausführlich nach seinem Gesundheitszustand oder nach seinem wirklichen Bedarf gefragt worden zu sein. Wenn ich aber die gesamte Story meines Kunden nicht kenne, dann ähnelt meine Empfehlung einem Glücksspiel.

Torsten Breitag: Die saubere, rechtssichere Versicherbarkeit ist für jeden weiteren Schritt die Voraussetzung. Hat man saubere Ergebnisse, ist die Auswahl der passenden Verträge meist vergleichsweise einfach. Effektiv wird ein versierter Vermittler im Bereich der Berufsunfähigkeitsversicherung nur mit vier bis sechs Gesellschaften arbeiten. Mehr Gesellschaften mit vernünftiger Risikoprüfung und gleichzeitig individuell passenden Versicherungsbedingungen gibt es im Regelfall gar nicht.

Die größte Herausforderung besteht aus meiner Sicht aber darin, einen heute abgeschlossenen Vertrag über Jahrzehnte an Berufsleben bedarfsgerecht zu halten (technische Ausgestaltung). Hier ist beispielhaft zu nennen, dass die Nachversicherungsobergrenzen im Marktschnitt bereits im Jahr 2004 bei 2.500 Euro lagen, genau wie heute leider auch noch. Gerade hinsichtlich dieser Herausforderungen ist der Markt, sprich Versicherer und Vermittler, aus meiner persönlichen Sicht am schlechtesten aufgestellt.

Im Fokus der Veranstaltung standen ja die Workshops, in denen die Makler gemeinsam BU-Fälle bearbeiten. Nun muss man dabei mitunter auch Wissenslücken preisgeben. Wie erleben Sie hier denn den Umgang unter den Kollegen?

Torsten Breitag: Das ist überhaupt kein Problem. Niemand steht spontan früh morgens auf und ist ein Experte auf seinem Gebiet. Das ist und war allen Teilnehmern immer bewusst. Daher sind die Stichworte „auf Augenhöhe“ und „gemeinsam statt gegeneinander“ maßgebliche Faktoren, die unsere Veranstaltung von anderen unterscheidet. Kurzum: Niemandem wird der Kopf abgerissen und niemand ist bereits perfekt.

Guido Lehberg: Der Umgang untereinander verlief sehr gut. Das Schöne ist aber auch, dass es zum Beispiel bei der Auswahl des richtigen Tarifs anhand der Versicherungsbedingungen durchaus mehrere richtige Lösungen gibt. Niemand musste sich also für eine plausibel argumentierte Meinung schämen. Entscheidend ist eben, dass er sie dem Kunden begründen kann. Dann können sogar zwei unterschiedliche Tarife für denselben Kunden richtig sein.

Wie war denn die Resonanz der Teilnehmer?

Guido Lehberg: Ich habe nur Gutes gehört. Das liegt aus meiner Sicht vor allem an der oft angesprochenen Augenhöhe aller Beteiligten. Niemand verkauft einem Teilnehmer irgendein Produkt oder eine Dienstleistung. Das oberste Ziel ist, dass alle gemeinsam erfolgreicher werden. Das kommt gut an und ist sicher eines der Erfolgsgeheimnisse.

Torsten Breitag: Durchweg positiv. Insbesondere unser diesjähriger Gastgeber, die Nürnberger Lebensversicherung, hat sich maximale Mühe gegeben, ideale Rahmenbedingungen zu schaffen. Das hat es uns leicht gemacht und wurde von den Teilnehmern sehr gewürdigt. Schließlich ist es alles andere als selbstverständlich, dass ein Versicherer fachliche Qualifikation über Umsatzziele stellt. Die Nürnberger scheint hier aus der Vergangenheit gelernt zu haben, ich wünsche mir, dass weitere Versicherer diesem Beispiel folgen werden.

Was nehmen Sie als Veranstalter für Ihren eigenen Beratungsalltag mit?

Torsten Breitag: Gerade die Kontakte zur Risikoprüfung, Leistungsfallprüfung und Produktentwicklung sind unermesslich wertvoll für mein Alltagsgeschäft. Das BUV Fachforum bietet hier die optimale Plattform für den Austausch. Das und selbstverständlich auch der offene Dialog mit den Kollegen ist der größte Wert, den ich als Veranstalter für mich mitnehmen kann. Zeitgleich auch der Grund, warum es eine dritte Auflage unserer Veranstaltung mit dem Gastgeber „die Bayerische“ geben wird (mehr zur Veranstaltung 2019 finden sich hier).

Guido Lehberg: Eines meiner Lieblingszitate ist „Kontakte schaden immer nur demjenigen, der sie nicht hat“. Und genau so sehe ich meinen großen Vorsprung auch hier. Der direkte Draht zu Entscheidern bei den Versicherern hat sich bislang für meine Kunden und (somit) auch für mich merklich ausgezahlt. Aber auch beim intensiven Austausch mit den Maklerkollegen kommen neue Ideen, von denen wir alle profitieren können. Ich freue mich daher aus gutem Grund auf die Wiederholung im nächsten Jahr (mehr Informationen gibt es im Blog).

 

 

Wie sicher sind Berufsunfähigkeitsversicherungen bei Insolvenz des Versicherers?

Seine Berufsunfähigkeitsversicherung sollte man bekanntlich so früh wie möglich abschließen. Dadurch sind Vertragslaufzeiten von 40 bis 50 Jahren keine Seltenheit. Aber wer kann garantieren, dass der Versicherer dann noch sein Leistungsversprechen halten kann? Aktuelle Finanzstärke-Ratings sind gut – konkrete Regelungen zur Vermeidung der Insolvenz eines Lebensversicherers aber besser. Ein Kommentar von Versicherungsmakler Gerd Kemnitz.

Bei der Empfehlung einer Berufsunfähigkeitsversicherung achten verantwortungsbewusste Vermittler neben einer bedarfsgerechten Dimensionierung auch auf ausgezeichnete Versicherungsbedingungen, eine faire Leistungsregulierung, günstige Beiträge und vermutlich auch auf die aktuelle Finanzstärke des Versicherers.

Was sagen heutige Ratings über die Finanzstärke eines Versicherers in 30 Jahren aus?

Viele Versicherer werben mit ihren aktuellen Finanzstärke-Ratings. Allerdings sind diese ohne Bedeutung für die Zukunft. Erinnern wir uns: Nach der Pleite der amerikanischen Investmentbank „Lehman Brothers Holdings Inc.“ hatten Ratingagenturen darauf hingewiesen, dass sie ihre Ratings als reine Meinung verstanden wissen wollen und keine Garantie für die Richtigkeit ihrer Beurteilungen abgeben. Vermittler und Verbraucher sollten Ratings zur Finanzstärke eines Versicherers also nicht überbewerten.

Der Sitz des Versicherungsunternehmens ist wichtig

Natürlich weiß niemand, wie sich Zinsen, Aktienkurse und vor allem BU-Leistungsfälle in den kommenden Jahrzehnten entwickeln werden.

In Deutschland wurde nach den Erfahrungen mit der Mannheimer Lebensversicherung AG ein gesetzliches Sicherungssystem zum Schutz der Versicherungsnehmer bei Ausfall von Lebensversicherern geschaffen. Von diesem Sicherungssystem profitieren jedoch nur Lebensversicherer mit Sitz in Deutschland.

Die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes erlaubt es aber auch anderen Versicherern des EWR-Raumes, Berufsunfähigkeitsversicherungen in Deutschland anzubieten. Solche Unternehmen unterliegen allein der Finanzaufsicht des jeweiligen Herkunftsstaates und auch dessen Sicherungssystem. Das Problem: In vielen EWR-Staaten gibt es keine vergleichbaren Sicherungssysteme. Deshalb hängt die Sicherheit eines BU-Vertrags und der daraus gezahlten Rente entscheidend vom Sitz des Lebensversicherers ab.

Das mehrstufige Sicherungssystem für Lebensversicherer in Deutschland

Versicherungsgesellschaften mit Sitz (nicht Niederlassung) in Deutschland kalkulieren ihre Tarifbeiträge mit entsprechender Vorsicht und leiten erzielte Überschüsse an die Versicherten weiter – zum Beispiel durch eine Sofortverrechnung und niedrigere Zahlbeiträge. Die Zahlbeiträge sind dadurch zwar nicht garantiert. Der Versicherer kann jedoch auf Veränderungen reagieren, bevor er in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät. Die „Katze im Sack“ muss deshalb niemand kaufen. Verbraucher und Vermittler müssen lediglich auf eine geringe Differenz zwischen Tarif- und Zahlbeitrag achten.

Doch auch der Tarifbeitrag ist nicht garantiert. Das Versicherungsvertragsgesetz (VVG) erlaubt nach § 163 auch eine Anhebung des Tarifbeitrags, wenn „sich der Leistungsbedarf nicht nur vorübergehend und nicht voraussehbar gegenüber den Rechnungsgrundlagen der vereinbarten Prämie geändert hat“. Um eine willkürliche Erhöhung des Tarifbeitrags auszuschließen, muss dies von einem unabhängigen Treuhänder bestätigt werden.

Waren die vorgenannten Maßnahmen nicht ausreichend, um die Solvenz des Versicherers wieder herzustellen, kann die BaFin eine Übertragung des Bestands auf den Sicherungsfonds „Protektor“ anordnen. Alle Lebensversicherer mit Sitz in Deutschland sind per Gesetz Mitglied dieses Sicherungsfonds und profitieren von seinem Schutz. Sein Vermögen reicht aus, um die Pleite eines mittelgroßen Versicherers zu verhindern.

Letztlich kann die BaFin entsprechend § 314 des Versicherungsaufsichtsgesetzes zur Vermeidung des Insolvenzverfahrens noch die Leistungsverpflichtungen einer Versicherungsgesellschaft herabsetzen.

Die Crux mit dem garantierten Beitrag

Im Gegensatz dazu klingt es im ersten Moment wesentlich verbraucherfreundlicher, wenn Lebensversicherer mit Sitz in einem EWR-Staat außerhalb Deutschlands nicht zwischen Tarif- und Zahlbeitrag unterscheiden und diesen Beitrag auch noch dauerhaft garantieren.

Aber wenn sich hierzulande beispielsweise BU-Leistungsfälle häufen, wird sich dies auf alle auf dem deutschen Markt tätigen BU-Versicherer auswirken. Dadurch entstehende kurzzeitige Verluste verkraftet jede finanzstarke Gesellschaft. Werden die Verluste jedoch existenzbedrohend, kann ein Versicherer mit Sitz in Deutschland die Überschussbeteiligung kürzen und mit den erhöhten Beitragseinnahmen seine Leistungsfähigkeit erhalten.

Dieser Möglichkeit beraubt sich ein Versicherer, wenn er seinen Versicherungsnehmern den Beitrag garantiert und ausdrücklich auch auf eine Erhöhung des Beitrags nach § 163 VVG verzichtet. In diesem Fall sollten Verbraucher und Vermittler schon sehr genau prüfen, welche Schutzmaßnahmen zur Vermeidung der Insolvenz des Versicherers existieren. Ein Verweis des Versicherers auf seine aktuelle Finanzstärke ist hierfür zu wenig – auch ein Verweis auf die Finanzstärke des Mutterkonzerns.

Denn für die meisten Versicherungsnehmer wäre es desaströs, wenn ihr BU-Schutz nach jahrelanger Beitragszahlung wegen Insolvenz des Versicherers verloren ginge. Und ein Wechsel zu einem anderen Versicherer ist wegen der dann bereits erlittenen Erkrankungen meist nicht mehr möglich.

Deshalb fragt Versicherungsmakler Gerd Kemnitz auf seiner Website, wie anstrebenswert solch garantierte Beiträge wirklich sind und lädt hierüber zur Diskussion ein: https://www.bu-portal24.de/wie-sicher-sind-berufsunfaehigkeitsversicherungen.html

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