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8. November 2023
ÖKOWORLD: Das hat die neue Unternehmensleitung vor
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ÖKOWORLD: Das hat die neue Unternehmensleitung vor

ÖKOWORLD hat bewegte Monate hinter sich. Nach dem Rückzug von Gründer Alfred Platow übernahmen im August 2023 drei neue Vorstände das Ruder. Wie wollen sie den Anbieter weiterentwickeln? Und wie denken sie über den Vertrieb von nachhaltigen Kapitalanlagen?

Interview mit Katrin Hammerich, Andrea Machost und Torsten Müller, Vorstandsmitglieder der ÖKOWORLD AG
Vorgänger Alfred Platow prägte die ÖKOWORLD AG über Jahrzehnte. Was bedeutet sein Abschied für das Unternehmen?

Andrea Machost Der Generationswechsel ist für ÖKOWORLD ein markanter Einschnitt. Alfred Platow hat unser Unternehmen fast 50 Jahre lang erfolgreich aufgebaut und weiterentwickelt. Er hat es geprägt. Er hat viel bewegt und sehr viel erreicht. Unsere dunkelgrünen Nachhaltigkeitsfonds verwalten heute ein Vermögen von rund 3 Mrd. Euro. Dieses Geld gibt uns wichtigen Einfluss auf Unternehmen, und diesen Einfluss nutzen wir, um unsere Welt sozial, ökologisch und ethisch nachhaltiger zu machen. An dieser Strategie hat sich nach dem Ausscheiden von Alfred Platow selbstverständlich nichts geändert. Unser engagierter Einsatz für eine bessere und nachhaltigere Welt geht mit dem neuen Führungsteam unverändert und mit voller Kraft weiter.

Welche neuen Möglichkeiten mit Blick auf Kunden und Produkte ergeben sich für ÖKOWORLD mit dieser personellen Neuaufstellung an der Spitze?

Katrin Hammerich Das neue Vorstandsteam wird die erfolgreiche Arbeit des Firmengründers fortsetzen. Hierfür hat das neue Vorstandsteam drei wichtige Handlungsfelder definiert: „Neue Themen“, „Neue Produkte“ und „Neue Zielgruppen“. Bei einigen nachhaltigen Themen wollen wir den Dialog intensivieren. Beispielsweise plant die Bundesregierung die Einführung einer kapitalgedeckten Rente. Hier geht es um nicht weniger als die Sicherheit der Rentenzahlung künftiger Generationen. Bei diesem Thema muss unbedingt darauf geachtet werden, dass die angelegten Gelder nur in Unternehmen investiert werden, die zu 100% ethisch, ökologisch und sozial werteorientiert aufgestellt sind.

AM Sowohl auf der Anlageseite als auch im Vorsorgebereich sehen wir Chancen für eine Weiterentwicklung unserer dunkelgrünen Produkte. Beispielsweise wollen wir für den Vermögensaufbau und die Altersvorsorge auch ratierliche Anlagen mit in unser Angebot aufnehmen. Zusätzlich planen wir, unsere Aktivitäten im Bereich der betrieblichen Altersvorsorge weiter auszubauen.

Torsten Müller ÖKOWORLD war in der Vergangenheit stark auf eine ältere Zielgruppe ausgerichtet. Das wollen wir ändern. Wir wollen in Zukunft deutlich stärker auch jüngere Menschen ansprechen, ohne unsere bisherige Zielgruppe zu vernachlässigen. Jüngere Menschen sind überaus umweltbewusst und engagieren sich sehr stark für Nachhaltigkeit und gegen den Klimawandel. Diese Veränderung wird Einfluss haben auf unsere Aktivitäten in den Bereichen Marketing und Vertrieb.

In den letzten Jahren hat das Bewusstsein für nachhaltige Kapitalanlagen stetig zugenommen. Welche Top-Herausforderungen und Top-Chancen sieht die neue Vorstandschaft gegenwärtig für ÖKOWORLD in diesem Wachstumsmarkt?

TM Allein in Deutschland liegt das Gesamtvolumen nachhaltiger Geldanlagen inzwischen bei mehr als 500 Mrd. Euro. Das zeigt, dass sehr viele Anlegerinnen und Anleger ihr Geld auch tatsächlich nachhaltig investieren wollen. Und da wir diejenigen sind, die sich seit Gründung im Jahr 1975 auf ethisch-ökologische Geldanlagen spezialisiert haben und ausschließlich zu 100% nachhaltige Fonds anbieten, sehen wir hier weiterhin große Wachstumschancen. Viele Verbraucher sind inzwischen verunsichert und was wir brauchen, ist dringend mehr Orientierung für die Verbraucher.

KH Ja, leider ist nicht überall Nachhaltigkeit drin, wo Nachhaltigkeit draufsteht. Das führt zu einer deutlichen Verunsicherung der Verbraucher. Das sehen wir beispielsweise auch bei Stiftung Warentest. In der September-Ausgabe von Finanztest wurden rund 1.000 nachhaltige Fonds auf ihre Nachhaltigkeit hin untersucht. Rund die Hälfte ist bereits beim ersten Screening durchgefallen und nur 8 von 1.000 erhielten die Bestnote von fünf Sternen  darunter natürlich die zwei getesteten ÖKOWORLD-Fonds. Von dieser Transparenz brauchen wir dringend mehr. Auch wir sehen uns hier in der Verpflichtung, für noch mehr Transparenz zu sorgen. Nachhaltigkeit ist ein komplexes Thema und wir müssen in einfachen, aber klaren Botschaften den Kundinnen und Kunden vermitteln, dass unsere Fonds echte Nachhaltigkeit enthalten.

Nachhaltigkeit kann auf viele Arten interpretiert werden – von Umweltschutz über soziale Verantwortung bis hin zu guter Unternehmensführung. Bislang dominiert am Markt die Berücksichtigung von Umweltschutzbelangen. Wird sich das in absehbarer Zeit verändern? Und wie reagiert ÖKOWORLD darauf?

AM ÖKOWORLD war schon immer der Meinung, dass Nachhaltigkeit mehr ist als nur Umweltschutz. Deshalb haben wir bereits vor über 20 Jahren entschieden, dass wir bei unseren Fonds nur dort investieren, wo neben unseren ökologischen Anforderungen auch unsere ethischen und sozialen Bedingungen erfüllt werden. Diese breite Definition von Nachhaltigkeit ist für unsere Gesellschaft und für unseren Planeten extrem wichtig. Leider fehlen hier immer noch allgemeingültige strenge Regeln. Einen Ansatz in die richtige Richtung liefern hier die EU-Taxonomien. Nur leider ist dieser Prozess sehr politisch, weshalb hier zu viele Kompromisse gemacht werden. Es ist beispielsweise ein absolutes Unding, dass Atomkraft laut der EU-Taxonomie als nachhaltige Energie eingestuft wird. Und bei der Social-Taxonomie kommt die EU leider aus politischen Gründen aktuell überhaupt nicht voran. Das ist sehr schade, denn eine EU-weite Definition von menschenwürdiger Arbeit und angemessenen Lebensstandards würden wir als ersten Schritt in die richtige Richtung sehr begrüßen.

Es gibt eine wachsende Debatte darüber, ob nachhaltige Kapitalanlagen auch konkurrenzfähige Renditen im Vergleich zu traditionellen Anlagen bieten können. Wie begegnet ÖKOWORLD diesem Thema und welche Argumente haben Sie für Skeptiker?

TM Selbstverständlich müssen nachhaltige Fonds auch eine marktkonforme Rendite bringen. Aber das können sie auch. Nehmen wir mal unseren größten Fonds: ÖKOWORLD ÖKOVISION Classic. Dieser hat in den vergangenen zehn Jahren sieben Mal eine zweistellige Rendite geschafft, einmal war die Rendite einstellig und nur zweimal war sie leider negativ. Besonders im Jahr 2022 hat uns der Ukraine-Krieg schwer zu schaffen gemacht. Dieser hat einen regelrechten Boom bei Unternehmen mit fossilen Energien ausgelöst. Aber daran ist nichts nachhaltig. An einer solchen Entwicklung können und wollen wir deshalb auch nicht partizipieren.

Angesichts der globalen Herausforderungen wie Klimawandel, soziale Ungleichheit und Biodiversitätsverlust: Welche Rolle spielt ÖKOWORLD in der Gestaltung einer nachhaltigeren Zukunft und wie wollen Sie das Unternehmen in den nächsten Jahren strategisch ausrichten?

AM Wir wollen weiter wachsen. Je mehr Kundinnen und Kunden ihr Geld in unsere Fonds anlegen, desto mehr Einfluss können wir im Sinne von sozialer, ökologischer und ethischer Nachhaltigkeit auf Unternehmen, Politik und Gesellschaft ausüben. In einer global entwickelten Wirtschaft ist Geld das entscheidende Mittel, um Veränderungsprozesse voranzutreiben. Wir wollen gemeinsam mit unseren Kundinnen und Kunden die Gesellschaft nachhaltig, ökologisch und sozial verändern.

Jüngst bezog unter anderem das Forum Nachhaltige Geldanlagen e. V. Stellung zur Nachhaltigkeitsabfrage in der Finanzanlagenvermittlung. Das Fazit: zu komplex, zu wenig anlegerfreundlich. Ist dieses Fazit für ÖKOWORLD nachvollziehbar?

KH Diese Einschätzung teile ich. Deshalb haben wir uns auch als ein wichtiges Ziel gesetzt, für mehr Transparenz im Markt für Nachhaltigkeitsfonds zu sorgen. Wir müssen den Investorinnen und Investoren verständliche und zugleich nachvollziehbare Guidelines an die Hand geben, mit deren Hilfe sie leichter erkennen können, wer wirklich nachhaltig ist und wer nur Greenwashing betreibt.

Bild: © t0pkul3 – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Andrea Machost
Katrin Hammerich
Torsten Müller