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29. Februar 2024
Erbschaftsteuer: Nachteilige Wirkung beim Berliner Testament
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Erbschaftsteuer: Nachteilige Wirkung beim Berliner Testament

Ein Berliner Testament mit sogenannter Jastrowschen Klausel kann sich nachteilig bei der Erbschaftsteuer auswirken. In einem Fall zog das Finanzamt zweimal Erbschaftsteuer ein - allerdings bei zwei verschiedenen Personen. Zu Recht, wie der Bundesfinanzhof erst kürzlich urteilte.

Das Berliner Testament ist eine Form des gemeinschaftlichen Testaments, die insbesondere in Deutschland populär ist. Es wird oft von Ehepaaren gewählt, um den überlebenden Ehepartner abzusichern und gleichzeitig die gemeinsamen Kinder als Schlusserben einzusetzen. Einige Ehepaare entscheiden sich darüber hinaus für die Aufnahme einer sogenannten Jastrowschen Klausel – benannt nach dem ursprünglichen Verfasser dieser Klausel -, die eine Erweiterung der einfachen Pflichtteilsstrafklausel darstellt.

Inwiefern sich ein solches Testament auf die Erbschaftsteuer auswirkt, hat der Bundesfinanzhof in einem Urteil vom 11.10.2023 entschieden. Bei einer kürzlichen Pressekonferenz haben die Richter das Urteil aufgrund der Bedeutung für viele Bürger hervorgehoben.

Im Streitfall errichteten die Eltern der Klägerin ein Berliner Testament. Als Erben des überlebenden Ehegatten setzten die Eheleute die Klägerin und drei ihrer Schwestern ein. Ein Bruder und eine weitere Schwester wurden enterbt. Die enthaltene Jastrowsche Klausel regelte, dass für den Fall, dass eines der Kinder nach dem Tod des zuerst sterbenden Elternteils den Pflichtteil verlangt, dieses Kind auch vom Nachlass des zuletzt sterbenden Elternteils nur den Pflichtteil erhalten soll. Diejenigen Erben, die den Pflichtteil beim Tod des Erstverstorbenen nicht fordern, sollten bei Tod des länger lebenden Ehegatten aus dem Nachlass des Erstverstorbenen ein erst beim Tod des länger lebenden Ehegatten fälliges Vermächtnis in Höhe des Pflichtteils erhalten.

Finanzamt setzt Erbschaftssteuer ohne Abzug an

Wie das BFH mitteilt, machten die enterbten Geschwister der Klägerin nach dem Tod des erstverstorbenen Vaters ihren Pflichtteil geltend. Die Klägerin erwarb daher beim Tod des Vaters ein entsprechendes Vermächtnis, dass mit dem Tod der Mutter fällig wurde. Nachdem auch die Mutter verstorben war, setzte das Finanzamt gegenüber der Klägerin Erbschaftsteuer für den Erwerb nach der Mutter fest. Es ging dabei um den beachtlichen Betrag von 383.531 Euro. Das Vermächtnis rechnete das Finanzamt weder dem Erwerb hinzu noch wurde es als Nachlassverbindlichkeit in Abzug gebracht.

Die Klägerin war hingegen der Auffassung, das Vermächtnis sei bei ihr doppelt hinzugerechnet worden und deshalb als Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig.

BFH: Keine Doppelbesteuerung, da zwei Personen betroffen

Das zuerst mit dem Fall befasste Finanzgericht wies die Klage als unbegründet zurück. Der BFH schloss sich dieser Auffassung an und verneinte, dass im Streitfall das Vermächtnis bei der Klägerin doppelt besteuert worden sei. Der Wert des Vermächtnisses wurde zunächst einmal besteuert, nämlich nach dem Tod des Vaters bei der Mutter als dessen Alleinerbin. Da das Vermächtnis zwar damals bereits entstanden war, aber erst bei dem Tod der Mutter fällig wurde, ging der Nachlass des Vaters ungeschmälert, das heißt einschließlich des Vermögens, aus dem das Vermächtnis zu erfüllen war, auf die Mutter über.

Die Mutter konnte die Vermächtnisverbindlichkeit bei ihrem Erbe nicht in Abzug bringen, weil sie mangels Fälligkeit diese Schuld nicht zu begleichen hatte. Nach dem Tod der Mutter hatte die Klägerin das jetzt fällig gewordene Vermächtnis zu versteuern. Als Schlusserbin unterlag bei ihr außerdem der Nachlass nach der Mutter der Erbschaftsteuer. Dort konnte sie die dann fällig gewordene Vermächtnisverbindlichkeit als Nachlassverbindlichkeit in Abzug bringen. Das Vermächtnis unterlag bei der Klägerin daher nur einmal der Besteuerung.

Grund liegt in der Jastrowschen Klausel

Dass bezüglich des betagten Vermächtnisses im Ergebnis zweimal Erbschaftsteuer entsteht – einmal (ohne Abzugsmöglichkeit als Nachlassverbindlichkeit) bei der Mutter nach dem Tod des Vaters und ein weiteres Mal bei der Klägerin nach dem Tod der Mutter - ist für die Steuerpflichtigen zwar ungünstig, aus rechtlicher Sicht sei das aber nicht zu beanstanden, urteilte der BFH. Es liegt an der Verwendung der Jastrowschen Klausel, die – um den überlebenden Ehegatten mit ausreichend Liquidität auszustatten – das Vermächtnis zwar bei Tod des Erstverstorbenen anfallen, aber erst bei Tod des länger lebenden Ehegatten fällig werden lässt.

BFH, Urteil vom 11.10.2023, II R 34/20 (PM vom 27.02.2024)

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