AssCompact suche
Home
Assekuranz
10. September 2014
Keine „Aldi-Versorgung“ für Pflegebedürftige

Keine „Aldi-Versorgung“ für Pflegebedürftige

Vor 20 Jahren wurde die Pflegepflichtversicherung eingeführt. Die ersten privaten Pflegezusatzversicherungen gab es sogar schon zehn Jahre früher. Trotz dieser Maßnahmen sind die Fragen nicht beantwortet, wie Pflege künftig vonstatten gehen und wie diese finanziert werden soll. Eine Podiumsdiskussion auf dem PKV-Forum der Continentale hält fest: Niemand, wirklich niemand, könne sich dem Thema verschließen.

In Berlin arbeitet man am Pflegestärkungsgesetz. Eigentlich an zwei. In einem ersten Schritt sollen – die Leistungsseite betreffend – die ambulante Pflege gestärkt und parallele Angebote, etwa die Vergütung von Nachbarschaftshilfe, ausgebaut werden. In einem zweiten Schritt soll ein neues Begutachtungssystem für Pflegebedürftigkeit folgen. Auf dem 14. PKV-Forum der Versicherungsgruppe Die Continentale am 09.09.2014 in Köln war es die Aufgabe von Ulrich Dietz, der im Bundesgesundheitsministerium das Referat Pflegeversicherung leitet, die Maßnahmen der Politik zu verteidigen. Zudem stellte er klar: Die häusliche könne die stationäre Pflege nicht ersetzen. Das wäre personell und finanziell nicht machbar.

Und das stellt unsere komplette Gesellschaft vor die Fragen: Wie wollen wir künftig mit Pflegebedürftigen umgehen und wie ist Pflege als Verantwortung einer alternden Gesellschaft lösbar?

Der menschliche Faktor

Menschen wollten Achtung, Respekt, Liebe und Bedeutung. Das ändere sich auch im Alter nicht, so Philosoph und Bestseller-Autor Richard David Precht auf dem PKV-Forum in Köln. Er sehe aber die Gefahr – auch weil die Politik zu langsam handle – dass pflegebedürftige Personen mit kleinem Einkommen in nicht allzu ferner Zukunft eine „Aldi-Versorgung per Roboter“ erhalten würden. Der menschliche Faktor müsse seiner Ansicht nach wieder wichtiger werden. Dieser könne auch dadurch gefördert werden, dass jeder Bürger zwei Pflichtjahre – beim Einstieg in den Beruf und beim Ausstieg aus dem Beruf – in der Pflege absolvieren müsse. Fachkräfte würde dies aber keineswegs ersetzen. Dieser Gedanke hatte dem Autor von „Wer bin ich – und wenn ja wie viele?“ schon einmal heftige öffentliche Schelte eingebracht.

Roboter an der Seite von Pflegebedürftigen, wie immer wieder aus Japan berichtet, sahen die anderen Diskussionsteilnehmer dann auch nicht kommen, sondern vielmehr, dass Pflege weiterhin eine arbeitsintensive Dienstleistung bleibe. Recht gaben sie ihm aber, dass es einen Wandel in der Gesellschaft geben müsse. Eine Achtungskultur etwa gegenüber Älteren und Kranken müsse entwickelt werden. Gastgeber und Continentale-Chef Helmut Posch mahnte ebenfalls an, dass sich alle mit der Pflege auseinandersetzen müssten, und hofft, dass die Maßnahmen, alternative Angebote zu fördern, nicht von professionellen Pflegeanbietern torpediert werden. Qualität müsse natürlich gesichert und erhalten bleiben, sagte er, Pflege sei aber eben auch eine allgemeine gesellschaftliche Aufgabe.