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1. August 2023
Neue Möglichkeiten für Industrie- und Gewerbeversicherung
Space communications satellite in low orbit around the Earth. Elements of this image furnished by NASA

Neue Möglichkeiten für Industrie- und Gewerbeversicherung

Parametrische Versicherungen bieten neue Möglichkeiten in der Industrie- und Gewerbeversicherung. Mittels objektiver Parameter gelingt die Optimierung der zu erwartenden Schäden und Risiken, die infolge der Erwärmung des Weltklimas rasch zunehmen werden.

Ein Artikel von Mario Tucholke, Commercial Director DACH Descartes Underwriting

Bereits heute ist messbar: Die Risiken aus Extremwetterereignissen nehmen zu. Die jüngsten Schäden durch Fluten, Stürme, Waldbrände oder Dürre zeigen deutlich, dass der Klimawandel und seine Auswirkungen voll durchschlagen.

Mit Blick auf die gewerbliche und industrielle Versicherungslandschaft in Deutschland reichen bei einer Vielzahl der Risiken traditionelle Versicherungslösungen nicht mehr aus. Entweder werden sie sukzessive nicht mehr bezahlbar oder die Kapazitäten stehen erst gar nicht mehr zur Verfügung. Daher sind mehr denn je innovative Lösungen gefragt. Denn bereits heute belaufen sich die Verluste jährlich auf einen dreistelligen Milliardenbetrag. Viele Schäden und neue Risiken sind gar nicht versichert und die Tendenz ist steigend.

Der Berater ist in der Pflicht, die Resilienz der Unternehmen zu stärken

Umso wichtiger ist es, im Risikodialog mit dem Versicherungsnehmer deutlich hervorzuheben, wo die Grenzen der Versicherbarkeit von Naturgefahren-Deckungen liegen. Es muss aber ebenso über geänderte Eigentragung und die Entwicklung neuer Lösungen für unbekannte Gefahren gesprochen werden.

Descartes Underwriting verfolgt das Ziel, durch innovative Versicherungslösungen die Resilienz von Unternehmen gegenüber Elementar- und Klimarisiken zu stärken. Mit dem Angebot der parametrischen NatCat-Versicherung ist Descartes in einer Nische tätig, die durch den Klimawandel, die demografische Entwicklung und das wirtschaftliche Wachstum immer systemrelevanter wird.

Wie funktioniert der parametrische Versicherungsansatz?

In der parametrischen Versicherung weicht das klassische Schadenmanagement einem objektiven Parameter, dessen Messwerte über den erwarteten Schaden informieren, beispielsweise die Temperatur als Parameter für Frostschäden bei Obst. Sobald durch das Eintreten des Risikos vorab definierte Schwellenwerte erreicht werden (z. B. Temperatur unter null Grad), erfolgt eine schadenadäquate Auszahlung, basierend auf dem vorab definierten Index.

Dafür sind im Vorfeld jedoch enorme Rechenleistungen, Analysen und Modellierungen notwendig. Damit wird hohe Transparenz über das Risiko hergestellt. Doch die Vorteile sind noch nicht alle gehoben, denn eigentlich steckt man datenseitig erst noch in den „Kinderschuhen“. Stetig aktualisierte Datenmengen optimieren zukünftig die Risikomodelle und somit die Prämienkalkulation nach und nach – dies zugunsten der Versicherungsnehmer.

Das Absichern der Bilanz rückt in den Fokus

Im modernen Risikomanagement geht es in vielen Fällen bei der komplexen Absicherung von Risiken schon lange nicht mehr einzig um den materiellen Schaden. Finanzielle Einbußen, z. B. durch (indirekte) Betriebsunterbrechungen, stehen ebenfalls im Fokus. Auch hier kann die „Parametrie“ sinnvolle Ergänzung zur klassischen Deckung sein, insbesondere wenn es um die Sicherung kurzfristiger Liquidität geht. Denn Verzögerungen in der Schadenermittlung werden nicht nur immer weniger geduldet, sondern es gilt heute im Rahmen eines modernen Serviceversprechens Schäden ohne Wartezeit und ohne geografische Einschränkungen weltweit und jederzeit zu erheben bzw. zu regulieren. Unternehmen sind nicht mehr gewillt, Monate oder gar Jahre auf eine Auszahlung zu warten, und überlegen sich genau, welche Risiken für ihr Geschäftsmodell tragbar sind und welche nicht.

Moderne Technologien und KI als Grundlage

Grundsätzlich wird auf Basis des Risikomodells das Versicherungsprodukt individuell für den Kunden entworfen. Beliebte Instrumente zur Messung sind Wetterstationen, lokale Sensorik sowie Satellitendaten. Deren Auflösung ist mittlerweile in einigen Bereichen so genau, dass sich bspw. verbrannte Waldflächen durch spektrale Filtereinstellungen ermitteln lassen und dadurch eine automatisierte Flächenbrandversicherung möglich wird.

Bei der Satelliten-basierten Dürreversicherung werden die kumulierten Defizite an Bodenfeuchtigkeit aufgezeichnet und ausgewertet. Basierend auf den verschiedenen Pflanzensorten erfolgen passende Auszahlungen nur wenige Tage nach Abschluss der vereinbarten Risikoperiode. Die Dürreversicherung bedient dabei mehrere Zielgruppen und ist außer für Landwirte insbesondere für die Lebensmittelindustrie attraktiv.

Das Risikomodell für parametrische Überschwemmungsdeckungen ist stark auf lokale und regionale Gegebenheiten fokussiert. In einem Berechnungsmodell aus Wetterfaktoren und Pegelmessungen wird das Risiko für ein einschlägiges Hochwasser ermittelt. Die Versicherungslösung hat dann zum Ziel, ab einem gewissen Pegelstand die erwarteten Schäden zu kompensieren. Häufig werden diese Deckungen im Zonierungssystem für Überschwemmung, Rückstau und Starkregen (ZÜRS) in den Zonen 3/4 genutzt, da hier die Pegelaufzeichnungen brauchbar und relevant sind und die aktuellen ZÜRS- oder Starkregengefährdungsklassen i. d. R. keinen Exit darstellen. Das weitere Produktportfolio umfasst neben Hurricane- und Erdbebendeckungen auch Hagel- und Sturmversicherungen. Eine weitere Besonderheit sind Niedrigwasserdeckungen, mit denen sich nicht nur die Schifffahrt und die Logistikbranchen beschäftigen, sondern auch Energieerzeuger und alle Industrien, die auf Binnengewässer oder Kühlwasser angewiesen sind.

Parametrie – das neue Allheilmittel!?

Die Idee der parametrischen Risikolösung ist bereits einige Jahre alt, aber durch die wesentlich bessere Datenverfügbarkeit, größere Rechenleistungen, systematische Vernetzung (IoT) sowie konsequentes Weiterentwickeln dieses Ansatzes wächst das Modell ständig. Als eine ergänzende Alternative beim Aufbau von Versicherungsprogrammen gehören parametrische Lösungen bereits zum Standardrepertoire für viele Makler. Zielgruppen sind der klassische Mittelstand, die Landwirtschaft, Kommunen, die Energiebranche und die Industrie.

Descartes bietet eine Vielzahl an Risikomodellen/Produkten an. Überall dort, wo eine Naturgefahr einen Parameter stellt und ein (bilanzieller) Schaden droht, lohnt es sich, sich mit Parametrie zu beschäftigen. So können selbst Wetter- oder temperaturbedingte Ausfälle von Veranstaltungen oder der Stillstand einer (Groß-)Baustelle abgesichert werden. Ausfalldeckungen rund um die erneuerbaren Energien runden das aktuelle Portfolio ab – es werden aber ständig neue Produkte entwickelt.

Über Descartes

Im Oktober 2018 in Paris gegründet verwendet das Unternehmen neben IoT auch künstliche Intelligenz, Big Data sowie detailauflösende Satellitendaten, um Wetterereignisse und Naturkatastrophen parametrisch zu versichern. Weltweit zeichnen sich über 150 Mitarbeiter, darunter Aktuare, Mathematiker, Klimatologen und Ingenieure von renommierten Universitäten für die Entwicklung hauseigener, skalierbarer und globaler Risikomodelle zuständig, die als Grundlage für das Underwriting der Produkte dienen. Währenddessen baut das multinationale Business-Development-Team Kontakt zu Maklerhäusern und der Industrie auf, lanciert Innovationen und leitet den Wissensaustausch zwischen den Akteuren. Mit Dependancen in USA, Lateinamerika, UK, Frankreich, Spanien, Deutschland sowie Japan, Singapur und Australien ist Descartes auf den vielen Märkten vertreten und stellt Kapazitäten bis zu 200 Mio. US-Dollar.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 08/2023 und in unserem ePaper.

Bild: © aapsky – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Mario Tucholke