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4. Dezember 2023
Sustainable Finance: Dirigismus hat Priorität

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Sustainable Finance: Dirigismus hat Priorität

Regulierung untergräbt Innovationsprozesse

Abseits der zahlreichen operativen Hürden im täglichen Bankgeschäft bedroht vor allem die EU-Taxonomie-Verordnung viele Kapitalgeber und -nehmer in ihren individuellen Entscheidungsfreiheiten zu bestimmen, welche Wertschöpfung und welche Produkte sie individuell als nachhaltig erachten. Damit untergraben wird auch der wichtige Innovationsprozess zum Aufspüren von für die Transformation so zentralen neuen, oftmals sogenannten disruptiven Technologien. Stattdessen wird mittels der Taxonomie und der EU-Finanzwelt immer mehr staatlich bestimmt, was als „grün“, also ethisch gut gilt und (im Umkehrschluss) welches Wirtschaften und Konsumieren „braun“ ist. Da Nachhaltigkeit aber im Kern ein ethisches Konzept ist, steht gerade die Taxonomie im Geruch einer politisierten Deutungshoheit von Ethik. Seitens der Kommission wird dies gerne zurückgewiesen, indem auf eine „neutrale Objektivierung“ ihrer Maßnahmen durch wissenschaftliche Begleitung verwiesen wird. Ein großes Missverständnis: Ethik unterliegt dem persönlichen und gesellschaftlichen Diskurs und nicht wissenschaftlicher Bevormundung.

Wirtschaftspolitischer Dirigismus hat Priorität

Mehr ökonomischer Sachverstand und ein regulatorisches „Abrüsten“ wäre in den politisch auf EU- und nationaler Ebene gewollten Maßnahmen für die Green Economy zu wünschen – auch weil mit den Regulierungen zu Sustainable Finance immer mehr „ordnungspolitische Schleifspuren“ sichtbar werden. Vorhandene, wirkungsvollere wirtschaftspolitische Maßnahmen zur Erreichung von Klimaschutz- und Nachhaltigkeitszielen werden bislang in der EU immer noch vernachlässigt.

Priorisiert wird nach wie vor ein wirtschaftspolitischer Dirigismus mit Fokus auf den Finanzsektor. Ein oft juristisch geprägtes Verständnis von Wirtschafts- und Nachhaltigkeitspolitik in nationalen und im EU-Parlament, das massive Lobbying von NGOs, aber auch neue Marktpotenziale für Dienstleister wie Wirtschaftsprüfer, Berater, Medienhäuser, Ratingagenturen etc. durch die komplexen und vielfach widersprüchlichen Sustainable-Finance-Regulierungen der EU-Kommission haben eine von Versicherungs- und Finanzinstituten viel beklagte staatlich verordnete Nachhaltigkeit-Unordnung geschaffen.

„Regulierungswut“ der EU-Kommission und wachsende Geschäfts- und Ertragsmöglichkeiten auf Sustainable Finance spezialisierter Dienstleister gehen dabei faktisch Hand in Hand. Es steht zu erwarten, dass dies ein zunehmendes Beharrungsvermögen der Regulierungswelle in Sustainable Finance in der EU begünstigen dürfte. Derweil laufen klimatische und geopolitische Bedrohungen aus dem Ruder – ganz ohne irgendeinen Impact von Sustainable Finance der EU.

Bild: © Prof. Dr. Henry Schäfer

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