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12. Juni 2018
Treuhänder in der PKV: Bundesregierung legt Prüfpraxis offen

Treuhänder in der PKV: Bundesregierung legt Prüfpraxis offen

Die Bundesregierung hat auf eine Kleine Anfrage der Grünen zur Unabhängigkeit von Treuhändern in der privaten Krankenversicherung geantwortet. Sie enthält Erhellendes zur Prüfpraxis, jedoch wenig zu geplanten Maßnahmen. Letzteres auch deshalb, weil das entscheidende Urteil des BGH noch aussteht.

16 Treuhänder sind aktuell im Bereich Krankenversicherung tätig. Dies ist der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu entnehmen. Geprüft wurden in allen Sparten in den letzten 10 Jahren insgesamt 64 Treuhänder. Einen Widerspruch der BaFin gab es in den letzten Jahren jedoch nur einmal. Grund war, dass dieser bei dem betreffenden Versicherungsunternehmen Ansprüche auf Versorgungsleistungen hatte.

Prüfung der Treuhänder an Hand von Unterlagen

Wie aus der an einigen Stellen lückenhaften Antwort hervorgeht, wurde die Bestellung aller bisherigen Treuhänder rein auf Basis der Aktenlage entschieden. Auch deren Unabhängigkeit, Zuverlässigkeit und fachliche Eignung werden anscheinend allein an Hand von Unterlagen geprüft. Zwar müssen die Treuhänderanwärter der BaFin eine Vielzahl an Unterlagen vorlegen, allerdings werden sie nicht nach vergangenen oder künftigen, bereits in Aussicht gestellten Tätigkeiten für Versicherer gefragt. Auch Informationen dazu, wie hoch der Anteil der Einkünfte ist, die ein Treuhänder von einem Versicherer erhält, hat die BaFin laut der Bundesregierung nicht.

Wie die zum Teil noch anhängigen Verfahren gegen Versicherer im Treuhänderstreit zeigen, scheint der Punkt der Unabhängigkeit von Treuhändern seitens der BaFin noch unzureichend geklärt. Dr. Gerhard Schick, Finanzexperte der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, sieht darin eines der Mankos der momentanen Prüfpraxis: „Dass die Bezahlung eines Treuhänders durch einen Versicherer in keinem Fall einen Einfluss auf dessen Unabhängigkeit haben soll, kann mir niemand erzählen. Auch vergangene oder vielleicht schon versprochene, zukünftige Tätigkeiten können sich auswirken. Doch zu diesen Punkten fordert die BaFin noch nicht einmal Informationen an.“

Prüfung der Tarifanpassungen stichprobenweise

Die BaFin prüft fachliche Unterlagen zu Beitragsanpassungen in der PKV stichprobenweise auf Angemessenheit. Die Stichprobe umfasst circa 10% der Tarifanpassungen, wobei auf bestandsstarke Tarife fokussiert wird. Dies entspricht etwa 100 Tarifanpassungen pro Jahr, die in der Stichprobe geprüft werden, so die Bundesregierung. Sie alle hatten zuvor das Treuhänderverfahren durchlaufen. In den letzten zehn Jahren wurde nach Angabe der Bundesregierung keine der Beitragsanpassungen untersagt. Beitragsanpassungen erfolgen nach gesetzlichen Vorgaben im Rahmen des VAG.

Ähnliches gilt für die Anpassung von Rentenfaktoren in der Lebensversicherung. Diese richtet sich jedoch nicht nach gesetzlichen Vorgaben, sondern nach vertraglichen Vereinbarungen (Versicherungsbedingungen). Bis zu 10 Anpassungen von Rentenfaktoren wurde laut der Bundesregierung in den letzten Jahren vorgenommen.

Grünen-Finanzexperte Schick: BaFin muss aufmerksamer werden

Schick hält die Überprüfungspraxis für unzulänglich: „Die BaFin ist eine Aufsichtsbehörde, die für die Wahrung der Belange der Versicherten und nicht, wie man manchmal denken könnte, allein der Versicherer zuständig ist. (…) Auch bezüglich des Themas Risikovorsorge bei den einzelnen Versicherern muss die BaFin aufmerksamer werden und darf nicht erst agieren, wenn es möglicherweise zu spät ist.“

Beitragsanpassungen: Versicherte können sich wehren

Zu den tatsächlichen Beitragsanpassungen in der PKV liegen der BaFin Zahlen vor. Die Anpassungshöhen der Beiträge betrugen für Versicherungsnehmer 4,4% im Jahr 2016, im Jahr 2017 7,7% und 2018 6,8%. Versicherte haben laut der Antwort verschiedene Möglichkeiten, solche Prämienerhöhungen sowie Anpassungen der Rentenfaktoren überprüfen zu lassen: Sie können eine Verbraucherbeschwerde bei der BaFin einreichen, sich an den Ombudsmann wenden oder vor einem Zivilgericht klagen. Die Grünen wollten auch wissen, wie viele Beschwerden bei der BaFin bezüglich solcher Anpassungen eingehen. Wie sich zeigt, waren es jährlich über Hundert: Im Jahr 2015 gingen 191 Beschwerden ein, im Jahr 2016 waren es 234 und 2017 sogar 353.

Finanzexperte Schick moniert in dem Zusammenhang auch die Intransparenz bei der Information der Versicherten über Beitragserhöhungen generell. „Tausende Menschen erhalten oftmals nur sehr knappe Briefe mit Beitragserhöhungen (…) und dann kann ich mir noch nicht einmal absolut sicher sein, dass die Rechtmäßigkeit der Beitragserhöhungen unabhängig geprüft wurde“, so der Finanzexperte. Er schlägt für die Prüfpraxis entweder ein Rotationsprinzip vor, „bei der die Treuhänder abwechselnd bei den einzelnen Versicherern zum Einsatz kommen und aus einem gemeinsamen Topf finanziert werden“, oder eine zentrale Überprüfungsstelle.

Vieles hängt am BGH-Urteil

Einige der brennenden Fragen der Grünen werden erst beantwortet werden können, wenn das Urteil vom Bundesgerichtshof vorliegt. So zum Beispiel ob die Regierung gesetzliche Anpassungen bezüglich der Treuhänder vornehmen will oder ob vertragliche Klauseln zu Leistungsanpassungen bei Beitragserhöhungen möglich sind. Das Urteil wird voraussichtlich erst im Herbst fallen. Dann wird klarer, welche Anforderungen an die Unabhängigkeit eines Treuhänders zu stellen sind und ob dieser Umstand überhaupt gerichtlich zu überprüfen ist. (tos)

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