AssCompact suche
Home
Vertrieb
10. Januar 2013
Versicherungsmakler Stefan Jauernig: Konzentration auf den Mittelstand

Versicherungsmakler Stefan Jauernig: Konzentration auf den Mittelstand

Stefan Jauernig glaubt an Papier und daran, dass es sich lohnt, Existenzgründer zum eigenen Kundenkreis zu zählen. Er weiß aber auch, wie schwierig es sein kann, beispielsweise Versicherungsschutz für ein betrieblich genutztes Elektrofahrrad zu finden.

zum Video

zum ergänzenden Interviewteil

Von Brigitte Horn, AssCompact

Das Erste, was einem im Maklerbüro Stefan Jauernig auffällt, sind die Leitz-Ordner in den Regalen. Ins Auge sticht auch der hohe Stapel an Papier auf dem Schreibtisch des Inhabers. Doch was vielen seiner Kollegen heute als Last erscheint, dem gewinnt Stefan Jauernig viel Positives ab: „Man kann sich über das Papier lustig machen, aber wir sind mit unseren Leitz-Ordnern immer auf der sicheren Seite. Sie sind dokumenten- und gerichtsfest. Wenn man sie mal braucht, sind sie da.“ Schon zu viele Softwareprogramme hat er kommen und gehen sehen. Diese Abhängigkeit von Systemen will er nicht mehr. Denn im Fall eines Falles führt das Verschwinden einer Software immer zu Datenverlusten. „Natürlich arbeiten wir auch mit einem EDV- und Verwaltungsprogramm“, erklärt der gelernte Versicherungskaufmann, „aber immer parallel auch mit Papier“. Dies scheint die aktuellen Bestrebungen der Branche nach medienbruchfreien, elektronischen Arbeiten zu konterkarieren, aber Jauernig sieht auch künftig die Notwendigkeit des parallelen Arbeitens.

Maklerbüro für mittelständische Unternehmen seit 1997

Sein Maklerbüro hat Jauernig 1997 in Frechen gegründet. Die etwa 50.000 Einwohner zählende Stadt grenzt westlich an Köln. Seine Kunden findet der Makler aber in ganz Nordrhein-Westfalen. Zu ihnen zählen insbesondere mittelständische Unternehmen bis zu 100 Mitarbeitern und auch Freiberufler. 600 Adressen sind dies etwa insgesamt. Von Anfang an berät und betreut er zusammen mit fünf Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen zahlreiche EDV- und IT-Firmen. Seit dem Boom bei den erneuerbaren Energien füllen auch energieberatende und -herstellende Unternehmen seine Kundenkartei.

Als er sein Büro eröffnete, begann er allerdings bei Null. Kunden hatte er damals keine in petto. Denn zuvor war er Marketingleiter bei der deutschen Niederlassung der Equitable Life in Köln. Allerdings hatte er da bereits einige Jahre an Vertriebserfahrung hinter sich. Diese hat er bei der DKV, der Barmenia und der INTER im Außendienst gesammelt. Bei der INTER Versicherung in Mannheim hatte er auch Mitte der 80er-Jahre seine Ausbildung zum Versicherungskaufmann absolviert. Schon damals schwebte ihm vor, irgendwann einmal selbstständig zu arbeiten. „Bereits zu diese Zeit war die Ausbildung bei einem Versicherer nicht besonders gefragt, mehr Ansehen hatte die Ausbildung bei einer Bank. Aber ich hatte schon immer den Gedanken an die Selbstständigkeit und das wäre im Bankwesen natürlich nicht möglich gewesen“, so Jauernig. Später entschloss er sich, den Fachwirt per Fernstudium zu machen.

Um seine ersten Kunden zu gewinnen, musste er ordentlich Werbung machen. Dennoch sieht Jauernig es heute als Vorteil an, einen kompletten Neustart gehabt zu haben: „Wenn man neu anfängt, kann man die Kunden auswählen, mit denen man zusammenarbeiten will. Man kann sich auf bestimmte Kundengruppen konzentrieren. Das ist gut, was die Abläufe angeht.“

Zudem müsse auch die Chemie zwischen Kunden und Makler stimmen, zeigt sich Jauernig überzeugt. Einmal habe er einen kleinen Versicherungsmakler übernommen, aber den Unterschied merke man gleich. „Es entsteht schnell ein Dorfladen. Plötzlich hat man kleine und große Firmen im Kundenkreis und dann wird das alles sehr bunt.“ Also hat sich der Unternehmer, der auch ehrenamtlicher Handelsrichter am Landgericht ist, gegen den „Dorfladen“ entschieden.

In der IT-Branche zuhause

Die Chemie des Maklerunternehmens scheint gerade mit vielen IT-Unternehmen zu stimmen. Mitte und Ende der 90er-Jahre hatten es IT-Unternehmen in Deutschland schwer, überhaupt eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung zu bekommen. Vielleicht hat es deshalb gepasst, dass ein Neugründer sich mit den Themen der noch neuen IT-Branche auseinandergesetzt hat. „Hier geht es nicht um Altöl oder andere schwere Risiken. Es geht um Haftpflicht, Elektronik und Einrichtung sowie die persönliche Absicherung meist der Geschäftsführer“, erklärt Jauernig und macht deutlich, dass er sich in diesen Bereichen wohl fühlt. Viele Kunden hat er schon lange im Bestand. „Wir bieten kompetente Beratung und richten uns an Kunden, die Beratung brauchen und wollen. Der Bedarf unserer Kunden geht über Standardlösungen hinaus“, sagt der Makler, der auch schon mal als Autor für Fachmedien agiert oder hin und wieder Vorträge an Hochschulen hält.

Positive und bedenkliche Entwicklungen

Stefan Jauernig ist ein sogenannter „Sachkundiger Bürger“, der bei Branchenthemen insbesondere bei den Grünen gefragt ist. Sein Selbstverständnis ist es, sein Geschäft nachhaltig und langfristig vernünftig zu betreiben. „Das nehmen natürlich auch andere Makler für sich in Anspruch. Keine Frage. Aber in unserem Geschäft muss man sich schon hin und wieder fragen, was seriös ist und was nicht.“ Immer wieder bekomme er Angebote wie beispielsweise „Gewinnen Sie einen Vespa-Roller oder gehen Sie mit dem Vorstand in ein Musical“. Diese Angebote lehnt Jauernig ab. Denn damit verbunden ist, dass man eine gewisse Anzahl an Abschlüssen bringen muss. „Wenn Sie mit jemandem in ein normales Restaurant essen gehen, ist das moralisch natürlich machbar. Aber wenn es in Richtung Abhängigkeit geht und darum, wie viele Abschlüsse ich noch machen muss, um eben den Roller zu bekommen, dann geht es eben nicht mehr“, so Jauernig. Etwas anderes beeinflusst heute aber immer mehr, wo das Geschäft hingeht. „Durch die Finanzkrise ist es einigen Leuten heute wichtiger zu wissen, was mit ihrem Geld passiert. Auch wollen sie wissen, mit welchem Anbieter sie es zu tun haben. Das ist aus meiner Sicht ein positiver Aspekt. Man will, dass es den Anbieter auch noch in fünf oder sechs Jahren gibt. Billiglösungen sind deshalb weniger gefragt“, erklärt Jauernig die Entwicklung.

In Rage gerät der Versicherungsmakler, wenn es um die Beteiligungen von Produktgebern an Maklern oder um die Gründung von eigenen Maklerunternehmen geht. „Es gibt in Deutschland keine rechtliche Regelung, dass ein Makler nicht einer Versicherung gehören darf. In anderen Bereichen wie bei Rechtsanwälten wäre das standesrechtlich gar nicht denkbar. Da hilft es auch nicht, wenn man transparent darunterschreibt, wem was gehört und wie viel. Das ist nicht transparent, das ist ein Unding.“ Für ihn ist das so, als ob die Apotheke der Pharmaindustrie oder die Rechtsanwaltskanzlei zu dem Unternehmen gehört, gegen das die Kanzlei klagt. „Es ist doch klar, dass jeder beteiligte Produktgeber will, dass er im Vertrieb berücksichtigt wird. Das gehört verboten. Jemand der eine Beratungsleistung erbringt, kann nicht der Gegenseite gehören“, stellt der Versicherungsexperte heraus.

Überhaupt stört ihn der Druck vonseiten der Versicherer: „Der ehemalige Präsident des GDV hat einmal gesagt, der Verkauf von Versicherungen soll so einfach sein wie der Verkauf von Seife und das ist oft immer noch das Selbstverständnis der Branche.“ Man will Geschäft, egal woher es kommt. Als Makler sieht er aber seine Verantwortung darin, einem Kunden auch mal von einem Abschluss abzuraten. „Was hilft es einem Mann, wenn er im Dezember noch schnell vor Unisex einen Tarif abgeschlossen hat, wenn er aber eigentlich gar kein Geld hat, den Vertrag durchzustehen?“, fragt sich Jauernig. Das lässt sich oft schwer mit dem vereinbaren, wie Versicherer denken.

Innovation und Flexibilität von den Versicherern gewünscht

Was den Makler auch beschäftigt, ist die tägliche Zusammenarbeit mit den Versicherern. Er wünscht sich qualifizierte Ansprechpartner mit mehr Entscheidungskompetenzen. Denn mit Standardlösungen und Standardantworten kann er seinen Kunden nicht die Absicherung bieten, die sie benötigen.

Als Beispiel führt er an, dass ein Unternehmen ein Elektrofahrrad für die geschäftliche Nutzung angeschafft hat und das mit versichert haben wollte. Allerdings war es schwierig, bei den Versicherern eine Lösung zu finden. „Was Innovation und Flexibilität angeht, tun sich die Versicherer sehr schwer. Aber die Kunden bestimmen den Markt. Sie kommen mit ihren Anliegen zum Makler, weil keine Standardlösungen für sie passen.“

Oft stößt er in den Gesellschaften aber erst einmal auf die Frage, wie viel Geschäft denn noch zu dem Thema kommt. Aber das weiß der Makler am Anfang auch meist nicht. „Wer wartet, bis eine SAP so richtig groß wird, bis das Unternehmen eine Haftpflicht bekommt, der wird manche Kunden nie haben“, ist Jauernig überzeugt. „Wir hatten im vergangenen Jahr eine Existenzgründung, die mit 100.000 Euro Umsatz gestartet ist. Ein Jahr später sind es 30 Mio. Euro. Das konnte der Versicherer erst gar nicht glauben.“ Schließlich kamen dann der Prämienregulierungsbogen und damit die Probleme. Denn Jauernig und der Kunde wollten eine Vertragsanpassung, der Versicherer eine hohe Prämien-zahlung. „Da hätte ich mir schon etwas Innovativeres vorgestellt“, erklärte der Vermittler seinem Ansprechpartner.

Überhaupt finden viele Existenzgründer und Ausgründer den Weg zu Jauernig. Bei Letzeren zeigt sich der Makler besonnen und fragt sich, ob es tatsächlich ein seriöser Weg ist, wenn man den Ausgründer ebenfalls versichert. Wenn es beispielsweise zum Rechtsschutzfall kommt zwischen dem Ausgründer und den Ex-Arbeitgeber oder -partner, dann kann es schon kompliziert werden. „Schließlich will man die Leute ja auch wieder auf der Straße treffen können“, so Jauernig.

Zeit für Existenzgründer

Der Berater eines Netzwerks für Existenzgründungen weiß, wovon er spricht. Viele Existenzgründer kommen von der Hochschule, die sind oft sehr wissenschaftlich ausgerichtet. Da muss man in der Beratung mehr Zeit einrechnen. Man braucht mehr Informationen über die Pläne und was sie genau vorhaben und für manche Versicherer ist das häufig nicht interessant. Der Aufwand für eine Prämie von 1.000 oder 2.000 Euro lohnt sich nicht, wenn man das unter aktuellen Renditezahlen sieht. Langfristig können diese Kunden aber sehr interessant werden. Im Strom- und Energiehandel oder auch bei der Herstellung und des Betriebs von Anlagen gibt es viele Unternehmen mit Wachstumschancen. Aber man muss sich dabei mit komplizierter Technik beschäftigen und dicke Beschreibungen wälzen. Wenn man sich dort mit allen Faktoren – angefangen von den Entwicklungskosten über die Produkthaftung zur Haftpflichtversicherung bis hin zu Vermögensschadenrisiken beschäftigt – braucht man viel Zeit und da ist das verdiente Geld schon weg. So sehen es nach Einschätzung von Jauernig zumindest einige Versicherer.

Honorarberatung wird zu einseitig betrachtet

Als stellvertretender Vorsitzender des BVK Bezirksverband Köln/Bonn und Mitglied im Vorstand des Regionalverbands West setzt sich Jauernig auch mit dem Berufsstand des Vermittlers auseinander. Einen Tag vor dem Gespräch mit AssCompact konnte er zusammen mit dem Verband bei der IHK Köln eine Aufwandsentschädigung für die Prüfer beim Versicherungsfachmann bewirken.

Zudem sieht er es als Aufgabe an, der Politik darzustellen, was Versicherungsmakler eigentlich machen. Erklärungsbedarf hat er aktuell, wenn es um das Thema Honorarberatung geht: „Ich muss häufig erst einmal erklären, dass eine erfolgsabhängige Vergütung oftmals auch heißt, dass man nichts verdient. Wer auf Honorarbasis arbeitet, bekommt sein Geld immer. Dem Honorarberater kann es egal sein, ob ein Kunde letztlich einen Schutz abschließt oder nicht. Und vor allem, ob der Kunde den Vertrag durchhalten kann oder nicht.“

Und es gibt die Honorarberatung eben nicht nur in der Vermittlung, sondern auch in der Schadenbearbeitung. Bei einem Brandschaden beispielsweise kommt einiges zusammen, weiß Jauernig. So generiert der Makler den Hauptteil seines Geschäfts aus der Provisionsberatung. Ein Kunde hat ihm einmal vorgehalten, dass er nun alle Versicherungsverträge provisionsfrei bekommen könne. Er müsse dafür jetzt auch nur noch 29 Euro pro Monat bezahlen. Jauernig hat gegengerechnet und konnte dem Kunden letztlich sagen, dass er es mit Provisionen bei ihm für 27 Euro im Monat haben kann. „Honorarberatung ist nicht günstiger, das ist ein Irrglauben.“ Deshalb geht Jauernig auch davon aus, dass er noch lange auf Provisionsbasis arbeiten wird.

zum Video

zum ergänzenden Interviewteil

Zu Besuch bei Versicherungsmakler Stefan Jauernig