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17. November 2023
„Sehen Trend hin zu Serviceentgelten“

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„Sehen Trend hin zu Serviceentgelten“

Ist die Branche – Fondsplattformen, Berater, Fondsgesellschaften – heute überhaupt noch abhängig von Provisionen?

Es gibt durchaus alternative Vergütungsmodelle, sodass weder Fondsplattformen noch Finanzberater oder Fondsgesellschaften von Provisionen abhängig sind. Unseren Beobachtungen zufolge befinden wir uns bereits in einer Übergangsphase von Provisionen hin zu Serviceentgelten. Unsere Daten stützen dies: Heute wird knapp jedes zweite neue Depot auf unserer Plattform mit einem Serviceentgelt-Modell eröffnet. Vor fünf Jahren war es noch etwa jedes fünfte Depot.

Da es Stand heute kein generelles Provisionsverbot in Deutschland gibt, sind auch Kombinationsmodelle aus Serviceentgelten und Provisionen denkbar. Wichtig ist für Finanzberater meines Erachtens, dass sie sich Gedanken über ihr Preismodell machen und auf Rückfragen der Kundinnen und Kunden vorbereitet sind. Denn diese legen, wie schon erwähnt, einen hohen Wert auf Transparenz. Wir als Depotbank begleiten unsere angeschlossenen Finanzberater gerne bei diesem Prozess, indem wir ihnen Aufträge über Serviceentgelte bereitstellen und auch die Abrechnung übernehmen.

Auch die Fondsplattformen trifft eine Konsolidierungswelle. Mit FNZ entsteht gerade eine große Gruppe und auch über den potenziellen Verkauf der FIL Fondsbank wurde schon gesprochen. Käme dies für Sie infrage?

Die merkliche Konsolidierung auf dem Markt für Fondsplattformen liegt darin begründet, dass es sich um ein Skalengeschäft handelt. Auch wir waren seinerzeit mit der Übernahme von Depots vom Bankhaus Metzler erfolgreich an der Konsolidierung beteiligt. Wir können uns aktuell über starkes Wachstum freuen, das auf unseren engen Beziehungen zu unseren Geschäftspartnern beruht. Unserer Meinung nach ist der Bedarf an Unterstützung und Beratung bei Privatkundinnen und -kunden immens, da wir eine erhebliche finanzielle Bildungslücke in Deutschland beobachten und gleichzeitig die Komplexität bei den Anlagemöglichkeiten zunimmt. Folglich sind die Fundamentaldaten für Fondsplattformen sehr gut. Da wir sowohl einen steigenden Beratungsbedarf seitens Endkundinnen und -kunden als auch eine erhöhte Nachfrage nach Anlagen in Publikumsfonds erwarten, sehen wir auch für unser Geschäft weiteres Wachstumspotenzial. Derzeit evaluieren wir, wie wir unsere Möglichkeiten, weiter zu wachsen, beschleunigen können.

Werden derartige Veränderungen oder auch die neuen Player wie Neobroker mehr Menschen den Zugang zu Vermögensaufbau und Altersvorsorge erleichtern?

Kundinnen oder Kunden haben einen bestimmten Bedarf. Diesen müssen Anbieter erkennen und konkret adressieren. Will eine Privatperson zum Beispiel fürs Alter vorsorgen oder kontinuierlich Vermögensaufbau betreiben, eignen sich Fonds oft als Lösung. Wir gehen davon aus, dass sich der Anteil von Fonds am Haushaltsvermögen in den kommenden Jahren noch deutlich erhöhen wird.

Die Fundamentaldaten für Fondsplattformen sind also gut. Wir dürfen allerdings nicht isoliert auf die Lösungen schauen, sondern müssen auch andere Faktoren wie die Digitalisierung im Auge behalten. Jüngere Anlegerinnen und Anleger erwarten eine digitale Lösung, um fürs Alter vorzusorgen oder Vermögen aufzubauen. Das ist auch einer der Gründe, warum sich Neobroker insbesondere bei der jüngeren Zielgruppe großer Beliebtheit erfreuen. Ich bin allerdings der Meinung, dass Finanzberater aufgrund der gering ausgeprägten Finanzbildung in Deutschland weiterhin eine wichtige Rolle spielen werden.

Die FFB bietet nun volldigitale Vermögensverwaltung an. Wie wichtig ist dieser Schritt und Digitalisierung allgemein für Ihr Geschäft?

Wie bereits erwähnt, ist es wichtig die Kundenbedürfnisse in den Vordergrund zu stellen, um relevante Services anbieten zu können. Mit der VermögensverwaltungPlus haben wir eine Lösung lanciert, die wir gemeinsam mit unseren Vertriebspartnern entwickelt haben. Sie ermöglicht es Finanzberatern aufgrund der attraktiven Kostenstruktur, eine neue Zielgruppe zu erschließen, und eignet sich folglich auch für Anlegerinnen und Anleger mit kleineren Anlagevolumina und für Sparpläne.

Die Digitalisierung ist aber auch wichtig, um Skaleneffekte zu erzielen. Denn diese erreicht man nur mit hochautomatisierten und -digitalisierten Prozessen. Folglich ist die Transformation hin zu einem digitalen Geschäftsmodell eine unserer höchsten Prioritäten. Hier haben wir bereits einige relevante Schritte unternommen und im vergangenen Jahr beispielsweise einen Chatbot für unser Direktgeschäft eingeführt.

Die Reform der Altersvorsorge geht schleppend voran, wird aber so langsam angeschoben. Wie sehen Sie mögliche Reformschritte?

Unserer Meinung nach war es höchste Zeit, eine zusätzliche kapitalmarktorientierte Finanzierungskomponente wie das Generationenkapital in die gesetzliche Rentenversicherung einzuführen. Um eine nachhaltige Entlastung zu ermöglichen, müssen regelmäßige Mittelzuweisungen stattfinden. Grund­sätzlich sollten wir meiner Meinung nach jedoch noch weit mehr Anreize zur privaten Altersvorsorge am Kapitalmarkt im Sinne einer gerechten Partizipation schaffen. Ebenso sollte Deutschland die finanzielle Bildung verbessern, um informierte Anlageentscheidungen zu ermöglichen.

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Ein Interview mit
Jan Schepanek