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13. September 2023
Ist die Streichung der Dankesformel im Arbeitszeugnis zulässig?

Ist die Streichung der Dankesformel im Arbeitszeugnis zulässig?

Eine ehemalige Beschäftigte war erst mit der dritten korrigierten Version ihres Arbeitszeugnisses zufrieden. Doch zu ihrer Überraschung hatte der Arbeitgeber nun die übliche Dankesformel am Schluss des Zeugnisses gestrichen. War das rechtlich zulässig?

Manche Dinge sind derart stark verbreitet, dass sie als allgemeingültiger Standard oder gar als Institution gelten. Ein Satz, der wohl in diese Kategorie fällt, ist der Schlusssatz eines Arbeitszeugnis. Dort steht nämlich in sehr vielen Fällen geschrieben: „Wir danken ‚Person xy‘ für die Dienste, bedauern das Ausscheiden und wünschen für den weiteren Lebensweg alles Gute.“ Wenn ein Arbeitgeber diesen Satz weglasse, so die einhellige Meinung, bringe das zum Ausdruck, dass er mit dem Arbeitnehmer nicht zufrieden gewesen sei. Das könne die Chancen des Arbeitnehmers bei künftigen Bewerbungen verschlechtern.

Arbeitgeber war von Korrekturwünschen genervt

Im dem Bundesarbeitsgericht (BAG) vorgelegten Fall ging es nun genau um diesen Schlusssatz, der von jedem Zeugnisempfänger grundsätzlich dort erwartet wird. Nur hatte der Arbeitgeber, der als Beklagter vor dem BAG stand, diese finale Dankesformel nach zweimaliger Korrektur des Arbeitszeugnisses einfach entfernt. Seine Begründung: Der Grundsatz der Zeugniswahrheit schlösse derartige Schlusssätze aus, wenn sich das subjektive Empfinden des Arbeitgebers nach erstmaliger Erteilung eines Arbeitszeugnisses geändert habe. Mit anderen Worten: Der Arbeitgeber war offensichtlich von den permanenten Korrekturwünschen der als Assistentin der Geschäftsführung tätigen Arbeitnehmerin derart genervt, dass er die Streichung der Dankesformel bei der dritten Zeugnisversion für gerechtfertigt erachtete.

Doch damit war die ehemalige Beschäftigte nicht einverstanden. Ihre Begründung: Mit der Erteilung des ersten und zweiten Arbeitszeugnisses – die die Dankesformel enthielten – habe sich der Arbeitgeber daran gebunden. Er verstoße mit seiner Weigerung gegen das arbeitsrechtliche Maßregelungsverbot.

Grundsätzlich existiert kein Anspruch auf die Formel

Wie also sahen die Richter am BAG den vorgelegten Sachverhalt? Grundsätzlich, so heißt es im getroffenen Urteil, hätten Arbeitnehmer in einem qualifizierten Arbeitszeugnis laut Gesetzeslage keinen Anspruch auf besagte Dankes- und Grußformel. Doch in diesem Einzelfall kamen die Richter zu einem anderen Ergebnis. Denn das Maßregelungsverbot gemäß § 612a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) verbiete eine Benachteiligung des Arbeitnehmers, der seine Rechte in zulässiger Weise ausübe. Die vom Arbeitgeber berechtigte Einwendung darf, so das BAG, aber nicht zu einer Verschlechterung des Zeugnisses führen. Das gelte im Übrigen auch über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus.

Streichung der Dankesworte ist unzulässige Verschlechterung

Und die Richter am BAG bewerteten die Streichung der Dankesworte – nachdem es in zwei vorherigen Versionen vorhanden war – als Verschlechterung des Zeugnisses. Der Gesetzgeber bezwecke mit dem Maßregelungsverbot, die Willensfreiheit der Arbeitnehmer zu schützen. Sie sollten ihre Rechte wahrnehmen können, ohne mögliche Vergeltungsaktionen durch die Unternehmen befürchten zu müssen. Daher sei jeder Nachteil von ihm umfasst, erläuterte das BAG. Laut Urteil kann die ehemalige Beschäftigte nun also von ihrem Arbeitgeber ein Arbeitszeugnis mit den von ihr begehrten Schlusssätzen verlangen. (as)

BAG, Urteil vom 06.06.2023 – Az. 9 AZR 272/22

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