Finanzanlagenvermittler benötigen eine Gewerbeerlaubnis. So weit, so einfach. Die allein bewahrt Kunden jedoch nicht grundsätzlich davor, mangelhaft beraten zu werden. Vielmehr soll der Schutzzweck der Erlaubnispflicht lediglich ungeeignete Personen von der Vermittlung ausschließen – beispielsweise von der Vermittlung von Kapitalanlagen.
10.000 Euro in Patentfonds investiert
Ein Bankkunde hatte sich nach einem Beratungsgespräch 2007 dazu entschlossen, 10.000 Euro in einem geschlossenen Patentfonds anzulegen. Der Angestellte der Bank, der den Mann beraten hatte, verfügte zum Zeitpunkt der Beratung über eine Gewerbeerlaubnis nach § 34c Abs. 1 Nr. 1 b GewO in der damals gültigen Fassung von 2006. Dabei handelte es sich um die Erlaubnis zur Vermittlung von Anteilsscheinen von Kapitalanlagegesellschaften oder Investmentanteilen.
Kunde tritt Ansprüche ab
Der Fonds entwickelte sich nicht wie vom Anleger erwünscht. Im Nachgang war der Mann überzeugt, dass er über die mit der Beteiligung verbundenen Risiken nicht ausreichend aufgeklärt worden war. Anstatt seinen Anspruch auf Schadensersatz jedoch selbst weiter zu verfolgen, trat er ihn an die Klägerin ab.
Zeichnungsschaden
Die Klägerin forderte im Weiteren Schadensersatz für den Zeichnungsschaden, der dem Anleger entstanden war, weil er nicht vollständig über die Risiken der Beteiligung informiert worden war. Unter Zeichnungsschaden wird der Schaden verstanden, der dabei entsteht, dass ein Investor Anteile an einer Beteiligung zeichnet und diese dann massiv an Wert verlieren bzw. wertlos werden.
Braucht die Bank bzw. der Geschäftsführer der Bank eine Erlaubnis?
Kurios dabei ist, dass die Klägerin die Bank nicht deshalb in die Pflicht nahm, weil ihr Mitarbeiter unzureichend beraten habe. Vielmehr forderte sie Schadensersatz, da das Kreditinstitut selbst bzw. dessen Geschäftsführer nicht über eine Gewerbeerlaubnis verfügte. Auf Grundlage dieses Vorwurfs klagte sie durch sämtliche Instanzen und landete schließlich vor dem Bundesgerichtshof (BGH).
Berater war maßgebliche Person
Der BGH entschied jedoch ebenso, wie bereits die Vorinstanzen. Er wies die Klage auf Schadensersatz ab. Im Bezug auf die Beratung, sei die maßgebliche Person der angestellte Berater gewesen, begründeten die Bundesrichter ihr Urteil. Und der Angestellte habe sehr wohl über eine Erlaubnis verfügt.
Schutzzweck der Erlaubnispflicht ist eng begrenzt
Des Weiteren war der BGH der Ansicht, dass zwischen dem Schutzzweck der Gewerbeerlaubnispflicht und der fehlerhaften Aufklärung über die Risiken der Beteiligung ein spezifischer Zusammenhang bestehen müsse, damit eine Haftung in Frage komme. Die Gewerbeerlaubnispflicht habe zwar auch den Schutz der Vermögensinteressen von einzelnen Anlegern zum Ziel, aber nur insoweit, dass unseriöse oder im gewerberechtlichen Sinne unzuverlässige Akteure bei der Vermittlung von Kapitalanlagen außen vor bleiben. Der Mann sei damals aber nicht deshalb schlecht beraten worden, weil die Bank selbst nicht über eine Gewerbeerlaubnis verfügt hatte. Die Bank muss dementsprechend keinen Schadensersatz leisten. (tku)
BGH, Urteil vom 14.07.2020, Az.: VI ZR 208/19
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