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2. März 2016
IDD: Regelungsvorgaben für Versicherer und Vermittler angezogen

IDD: Regelungsvorgaben für Versicherer und Vermittler angezogen

GDV-Referent Julian Schmücker hat bei einer Veranstaltung der Bezirksgruppe Ulm des Bundesverbandes der Assekuranzführungskräfte (VGA) am 23.02.2016 über die Auswirkungen der neuen EU-Versicherungsvertriebsrichtlinie berichtet.

Aktueller konnte das Thema einer Veranstaltung der Bezirksgruppe Ulm des Bundesverbandes der Assekuranzführungskräfte (VGA) am 23.02.2016 nicht sein: Genau am Tag des Inkrafttretens der neuen EU-Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD (Insurance Distribution Directive) zeigte ein Experte deren voraussichtliche Konsequenzen für die deutsche Versicherungsbranche auf: Julian Schmücker, beim Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) e. V. zuständig für Europafragen im Versicherungsvertrieb, stellte dar, in welchen Punkten Brüssel das Regulierungskorsett für den deutschen Versicherungsvertrieb enger ziehen will. Die Veranstaltung fand an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Heidenheim statt.

Schmücker befürwortete ausdrücklich den Schutz des Verbrauchers als Grund für die Novellierung der im Jahr 2002 erschienen EU-Versicherungsvermittlerrichtlinie (IMD): Die IDD sei ein tragfähiges Fundament für einen fairen, transparenten und einheitlichen Vertrieb. Der in Brüssel entwickelte Weg jedoch sei in einigen Punkten problematisch. Die Praktikabilität der Regelungsvorgaben müsse berücksichtigt werden. Es komme entscheidend darauf an, verhältnismäßige und zukunftsfähige Regeln für den deutschen Markt zu implementieren. Gebotene Handlungsspielräume der IDD sollten dafür genutzt werden.

Zusätzliche Personengruppen

Zum 23.02.2018 muss die IDD in deutsches Recht umgesetzt sein. Welche Folgen im Einzelnen dann für den Versicherungsvertrieb zu erwarten sind, stellte Schmücker an plakativen Beispielen dar. So werden zunächst der neuen Richtlinie zusätzliche Personengruppen unterworfen: Produktakzessorische Vermittler sind erfasst, genau wie vertreibende Angestellte von Versicherungen. Bei der Berufszulassung müssen von Vermittlern erstmals Weiterbildungsanstrengungen sowie eventuelle Beteiligungsverhältnisse durch Dritte (beispielsweise Versicherungsunternehmen) nachgewiesen werden.

Bei der Berufsausübung werden – ähnlich wie schon bei der bereits abgeschlossenen MiFID-Novellierung – Wohlverhaltensregeln vorgeschrieben, die Kundeninteressen klar in den Vordergrund stellen. Verkaufsziele müssen so gestaltet werden, dass sie nicht mit der Pflicht vertreibender Personen kollidieren, im bestmöglichen Kundeninteresse zu handeln. Provisionen zu Versicherungsanlageprodukten sind nur zulässig, wenn damit keine nachteiligen Auswirkungen auf Dienstleistungsqualität des Vermittlers und sein Handeln im Kundeninteresse verbunden sind.

Verschärfung der Informationspflichten

Die Informationspflichten gegenüber Kunden wurden verschärft: Vor Abschluss des Vertrages muss dem Kunden gegenüber die Quelle und Art der Vergütung genannt werden; bei Honorarberatung muss die Höhe des Honorars oder zumindest die Berechnungsmethode genannt werden. Die Beratungsdokumentation muss dem Kunden in der Regel in Papierform zur Verfügung gestellt werden. In einer „Geeignetheitserklärung“ in der Beratung zu Versicherungsanlageprodukten erklärt der Vermittler, dass die empfohlenen Produkte den Bedürfnissen und Wünschen des Kunden entsprechen sowie als geeignete Produkte seiner jeweiligen Fähigkeit entsprechen, Verluste zu tragen. Die empfohlene Produktlösung muss dem Kunden verständlich erklärt werden. Was aber in diesem Zusammenhang „Geeignetheit“, „Angemessenheit“ oder auch „Risikotoleranz“ im Detail bedeuten sollen, überließ der europäische Gesetzgeber weiterer Konkretisierung durch die EU-Kommission. Diese wird sich bei der Regelungsentwicklung der Unterstützung EIOPAs bedienen.

Viele Details noch nicht konkretisiert

Dort kommen mehrere Arbeitsaufgaben zusammen. So muss etwa ein Produktinformationsblatt vor Vertragsabschluss jedes Nicht-Leben-Produkt beschreiben; wie das optisch aussieht, steht noch gar nicht fest: Die europäische Versicherungsaufsichtsbehörde EIOPA will bis 23.02.2017 ein entsprechendes Format entwickeln. Viele weitere Regelungen sind vorgeschrieben, müssen aber ebenfalls erst noch konkretisiert werden: Zusätzliche „delegierte Rechtsakte“ müssen festlegen, wie Details zu Produktprüfungsprozessen, Interessenkonflikten oder besagter Geeignetheitsprüfung bei Versicherungsanlageprodukten aussehen sollen. Zusätzliche Leitlinien sollen unter anderem definieren, was „komplexe Versicherungsanlageprodukte“ sein sollen oder was bei Querverkäufen zu beachten ist.

Die EU-Kommission wird in Kürze EIOPA mit den Arbeiten zur Konkretisierung der IDD beauftragen. Man dürfe, so Schmücker, „gespannt sein, was der deutsche Gesetzgeber bei der Umsetzung des Ganzen letztendlich daraus machen wird“.

In der Diskussion wurde die Befürchtung geäußert, dass diese immer engmaschigere Regulierung die Attraktivität des Berufsfeldes Versicherungsvertrieb weiter beeinträchtigen könnte. Die im Publikum vertretenen Studierenden mit dem Berufsziel im Versicherungs- und Finanzvertrieb sahen die zusätzlichen Anforderungen an die Qualität und die Arbeitsweise von Vermittlern eher positiv; sie würden ja gerade für diese wachsenden Anforderungen ausgebildet. Wenn die Regulierung dazu führe, dass Vermittler aus dem Markt geworfen würden, dann seien sie sicherlich unter denen, die übrig blieben.

Text: Stefan Kuhnert/Prof. Dr. Hans Jürgen Ott

 

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Ludwig Barthel am 03. März 2016 - 10:12

.... wenn ich das so lese, stelle ich mir die Frage, wie weltfremd die Bürokraten in Brüssel eigentlich sind. Mal wieder viel theoretisches "bla bla" und nichts greifbares. Der Markt wird`s richten...

L. Barthel

Gespeichert von Frank L. Braun am 03. März 2016 - 13:20

Die Auswirkungen der Expertenhaftung sind ja bekannt. Jetzt kommt diese „Beweislastumkehr-Thematik“ auch für Altersvorsorge-/Geldanlageberatung auf Vermittler zu. Die Durchführungsrichtlinien zur „Geeignetheitsprüfung““ werden keine befreienden WpHG-Protokolle werden, so dass die jeweiligen Richter im Einzelfall entscheiden dürfen.

Fazit: Wer es nicht bis 2018 gelernt hat, den notwendigen Zeitaufwand von 3-4 Terminen vor dem Abschluss gegen eine Gebühr abzusichern, wird wesentlich häufiger als bisher Umsonst-Beratungen erleben.

Anm. Da ja 2/3 der 30Plus-Menschen (GfK-Studie) sowieso gerne eine „Finanzfortbildung“ wünschen, bietet sich dazu die Zertifizierung DIN ISO 22222 perfekt an, wie Joachim König in Internet berichtet „Für Finanzplanung wird-gerne-Honorar-gezahlt“. Details s. auch eBooks bei mwsbraun.de.