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9. September 2019
Rürup-Rente: Fehlende Aufklärung über Nachteile bedeutet Schadensersatz

Rürup-Rente: Fehlende Aufklärung über Nachteile bedeutet Schadensersatz

Wenn nicht über die Nachteile der Basisrente (Rürup-Rente) aufgeklärt wurde, kann der Versicherungsvermittler zu Schadensersatz herangezogen werden. So zumindest lautet ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts Köln.

Laut einem Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Köln, ist ein Vermittler schadensersatzpflichtig, wenn er einem Kunden einen privaten Rentenversicherungsvertrag vermittelt, ohne ihn auf die Nachteile dieser Altersversorgung hinzuweisen.

Auszahlung nicht möglich

Im konkreten Fall ging es um einen Mann, der sich 2008 nach einem Beratungsgespräch festlegte, eine sogenannte Rürup-Rentenversicherung abzuschließen. In diese zahlte er bis 2017 ein und versuchte dann die Versicherung zu kündigen und sich den bisher eingezahlten Betrag in Höhe von 52.000 Euro auszahlen zu lassen. Die Beklagte bestätigte zwar, dass sie seine Kündigung erhalten habe, aber dass eine derartige Kündigung nur zu einer beitragsfreien Versicherung führen würde und keine Auszahlung möglich wäre. Daraufhin verklagte der Versicherungsnehmer die Vermittlerin auf Schadensersatz, aufgrund von Falschberatung beziehungsweise unterlassener Aufklärung.

Unvollständige Beratung

Im erstinstanzlichen Verfahren vor dem Landgericht Köln, war die Klage noch abgewiesen worden. Im Berufungsverfahren vor dem OLG Köln, bekam der Kläger nun Recht. Er hatte für sich geltend gemacht, dass er nicht über die fehlende Möglichkeit eines Rückkaufs der Versicherung aufgeklärt worden war. Ebenso wenig sei er darüber informiert gewesen, dass er sich die Rente nach dem 60. Lebensjahr nicht auf einmal auszahlen lassen könne und, dass lediglich der Ehegatte und die Kinder Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente hätten. Wäre er darüber informiert gewesen, so der Kläger, hätte er diese Police nie derartig abgeschlossen.

Schadensersatz aufgrund von Verletzung der Beratungspflicht

Erstinstanzlich sah das Gericht die Situation so, dass die ordnungsgemäße Beratung zwar unterblieben sei, jedoch nicht nachvollzogen werden könne, inwiefern dem Kläger ein Schaden entstanden sei. Das Beratungsgespräch war nicht dokumentiert worden, weshalb eine Beweislastumkehr eintrat und der Vermittler die ordnungsgemäße Beratung belegen musste. Dies konnte er nicht. Andererseits war jedoch nicht klar, ob der Kläger bei ordnungsgemäßer Beratung nicht eine ähnliche beziehungsweise die gleiche private Versicherung dennoch abgeschlossen hätte. Dementsprechend sah das Landgericht keinen kausalen Schadenszusammenhang. Das OLG war hierbei anderer Ansicht. Es ging davon aus, dass dem Kläger durch die verletzte Beratungspflicht ein Schaden entstanden sei und er Anspruch auf Rückgängigmachung des Vertrags und Ersatz des Zinsschadens habe.

Auch eine Verjährung könne laut Gericht nicht von der Beklagten geltend gemacht werden. Da die dreijährige Verjährungsfrist erst ab dem Zeitpunkt gilt, an dem der Schaden entstanden ist und der Geschädigte darüber in Kenntnis gesetzt wurde. Da die Falschberatung ihm erst durch die Ablehnung seiner Auszahlung bewusst gemacht wurde, begann die Verjährungsfrist erst im Jahre 2017, so das Oberlandesgericht Köln. (tku)

OLG Köln, Urteil vom 26.07.2019, Az.: 20 U 185/18

Bild: © pathdoc – stock.adobe.com

 

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Bruno Steiner am 10. September 2019 - 10:22

Für diesen staatlich subventionierten "Beschiss am Sparer"_Produkt muß nun der Vermittler und nicht der Erfinder dieses "Mists", Herr Rürup und der Gesetzgeber den Kopf hinhalten. Na toll! Deshalb nach wie vor mein Rat: "Finger weg von bAV- und "Rürup"_Produkten und äußerste Vorsicht beim "Riestern". Vermittler macht euch endlich sachkundig und schielt nicht nur auf die Provision

Gespeichert von Franz Josef Me… am 10. September 2019 - 10:44

Es ist wie beim Arzt: Jede gute Behandlung setzt eine solide Anamnese und Diagnose voraus. Die Produkt-Spezifikation ist in der Regel nicht das Problem, sondern lediglich ihr fachgerechter Einsatz. Einfach Vor- UND Nachteile mit dem Kunden offen diskutieren und abwägen.
Für den geeigneten Interessenten können die Unkündbarkeit und der Zwang zur ratierlichen Auszahlung sogar positive Abschlußargumente sein. Also keine Angst vor vermeintlich negativen Produktmerkmalen. Durchschnittlich denkende Menschen werden sich sicher darüber im Klaren sein, dass jede Anlage- und Vorsorgeform Vor- und Nachteile hat.
Auf die Provision zu schielen ist ohnehin sehr kurzfristig gedacht und einer nachhaltigen Kundenbindung wenig zuträglich.
I
h empfehle: Etwas mehr Zeit nehmen, genau zuhören und das Ergebnis gut dokumentieren. Dann sind am Ende alle Beteiligten zufrieden.

Und nochmal: Offenheit schafft Vertrauen!!

Gespeichert von Wilfried Strassnig am 10. September 2019 - 21:45

Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen das ein Kunde keinen Prospekt oder/und die Bedingungen, auch für die Basisrente nicht erhalten hat. Er muss dies ja auch schriftlich bestätigen, dass er alle Unterlagen Tage zuvor erhalten hat. Alles jetzt vielleicht seitenlang noch einmal im Beratungsprotokoll anzuführen ist völlig Realitätsfremd. Zumal er bei Abschluss im Netzt dies alles in Minuten erledigen kann. Aber da wird er ja nicht überredet, gell. Das ist so wie wenn ein Arzt bei der Risikobeurteilung einer OP seitenlang jedes Organ beschreiben müsste, das bei einem Fehler betroffen sein könnte. Beamte die solche Regeln mit den Politikern festlegen und Richter, die dann Weltfremd urteilen, sollte es einfach nicht mehr geben, sind sowieso unfinanzierbar. Stellt diese Beamtenprivilegien, in erfolgreichen Nachbarländern längst abgeschafft und mit enormen Kosten für nachfolgende Generationen, 1,7 Billionen Euro Defizit, auf den Prüfstand. Wer haftet dafür, dass hier die Zukunft unserer Kinder ruiniert wird.