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11. April 2016
„Alternative Investments und marktneutrale Strategien werden wichtiger“

„Alternative Investments und marktneutrale Strategien werden wichtiger“

Die Finanzmärkte präsentieren sich weiter extrem volatil und verunsichern die Anleger. AssCompact bittet Investmentexperten um Orientierungshilfe in Form von Antworten auf grundlegende Anlegerfragen. Diesmal mit Martin Stenger, Leiter Vertrieb für unabhängige Finanzberater und Versicherungen bei Fidelity International.

Herr Stenger, gibt es am Anleihemarkt noch attraktive Zinsen bzw. Renditen?

Ja, vor allem europäische Unternehmensanleihen sind interessant. Denn bei Anleihen kommt es nicht nur auf den Zins an, sondern auch auf die Kursentwicklung. Das müssen Anleger sich immer bewusst machen. Auf ihrer Sitzung im März hat die Europäische Zentralbank (EZB) angekündigt, ihre Anleiheaufkäufe um 20 Mrd. Euro auszuweiten und zum ersten Mal auch europäische Unternehmensanleihen guter Bonität in ihr Programm einzubeziehen. Das heißt, die Nachfrage nach diesen Anleihen nimmt deutlich zu, was den Kurs voraussichtlich steigen lässt. Unterstützt werden europäische Unternehmensanleihen auch von ihren aktuell attraktiven Bewertungen – vor allem im Vergleich zu Staatsanleihen – und den relativ soliden makroökonomischen Aussichten der Eurozone. Hier stützen niedrige Energiepreise, steigende Einkommen und die niedrige Inflation das Wachstum.

Aktien gelten vielen Deutschen nach wie vor als zu riskant. Zu Recht?

Aktien sind etwas für langfristig denkende Anleger. Kursschwankungen stellen für sich genommen zunächst einmal kein Risiko dar. Zum Problem werden sie nur für Anleger, die entweder zu einem ungünstigen Zeitpunkt verkaufen müssen oder in Panik geraten und deswegen in einem Abwärtsmarkt verkaufen. Betrachtet man sich jedoch die langfristige Entwicklung der verschiedenen Anlageklassen, hat in der Vergangenheit keine Anlage besser abgeschnitten als Aktien. Und ich sehe keine Anzeichen dafür, warum sich diese Entwicklung künftig ändern sollte. Für langfristig orientierte Anleger, die zwischenzeitliche Kursschwankungen aushalten können, sind Aktien daher die richtige Anlage.

Wie gefährlich ist die Lage in China für die Finanzmärkte?

Zum Jahreswechsel 2015/16 haben die starken Schwankungen am chinesischen A-Aktienmarkt die globalen Aktienmärkte angesteckt – obwohl das eigentlich unbegründet war. Denn der A-Aktienmarkt ist im Wesentlichen ein innerchinesischer Markt, der von Privatanlegern genutzt wird. Daher wird er kurzfristig sehr stark von deren Stimmungen getrieben, weniger von den wirtschaftlichen Fundamentaldaten Chinas. Diese geben keinen Anlass zur Sorge. Zwar gibt es einige schwache Branchen wie das produzierende Gewerbe, aber eben auch starke Sektoren wie Dienstleistungen und den Einzelhandel. Insgesamt verläuft der Übergang Chinas zu einer stärker konsumorientierten Wirtschaft zwar nicht reibungslos, wird aber durch das Reformprogramm der Regierung unterstützt und ist auf einem guten Weg.

Wie sieht für Sie der ideale Anlagemix aus?

Jeder Anleger hat individuelle Bedürfnisse. Das heißt, es gibt keine One-Size-Fits-All-Lösung. Aber für einen durchschnittlich risiko-affinen (oder je nach Blickwinkel -aversen) Anleger mit einem Anlagehorizont von fünf Jahren oder mehr, ist ein Anlagemix interessant, der über eine klassische Aktien- und Anleihestrategie hinausgeht. Dabei werden alternative Investments und marktneutrale Strategien zunehmend wichtiger. Alternative Investments wie Infrastrukturtitel können konjunkturunabhängig Renditen erzielen. Damit liefern sie im Rahmen einer echten Multi-Asset-Strategie einen wichtigen Beitrag, um die Abhängigkeit vom Aktien- und Rentenmarkt zu reduzieren. Und mit Hilfe marktneutraler Strategien können Fondsmanager unabhängig von der generellen Richtung des Marktes Mehrwert für den Anleger erzielen. Ein Beispiel: Sie gehen davon aus, dass sich der US-Aktienmarkt besser entwickelt als der chinesische. Bei dieser Strategie profitiert der Fonds allein von der relativen Entwicklung der Regionen im Vergleich.

Welche Trends dürften den Fondsvertrieb in den kommenden Monaten prägen?

Ein erkennbarer Trend ist die zunehmende Nachfrage nach Multi-Asset-Produkten mit einer konkreten Zieldefinition, die genau dem jeweiligen Bedürfnis des Kunden entspricht. Hier sehen wir im Wesentlichen drei Ziele: Eine bestimmte Zielrendite, ein konstantes Risikoprofil oder ein fest definiertes Ziel- sprich Auszahlungsdatum. Um diese drei Bedürfnisse abzudecken, haben wir eine komplette Multi-Asset-Fondsfamilie entwickelt. Fonds mit einer solchen festen Zieldefinition bieten einen zentralen Mehrwert für beide, Kunden und den Vertrieb: Anleger erhalten Verlässlichkeit beim Profil und Ziel des Fonds, für Berater und Makler bieten sie Beratungssicherheit. (mh)