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10. März 2021
„Berater sollten sich ernsthaft mit Nachhaltigkeit auseinandersetzen“

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„Berater sollten sich ernsthaft mit Nachhaltigkeit auseinandersetzen“

Worin liegt denn die größte Herausforderung in der Beratung rund um nachhaltige Finanz- und Versicherungsprodukte?

Beide: Kompetente Beratung im Bereich nachhaltiger Investments erfordert neues Know-how in einem sich rasant entwickelnden Markt. Dieses Know-how ist nicht im Vorbeigehen zu erwerben. Mit welcher Situation haben es Finanzberater zu tun? Es gibt heute keine einheitliche Definition für Nachhaltigkeit, auch keine einheitlichen und verbindlichen Mindeststandards. Wie beschrieben gibt es eine Pluralität an Ansätzen für nachhaltiges Investieren. Und aktuell sehen wir noch einen deutlichen Mangel an vielen wichtigen Daten zur Nachhaltigkeitsperformance von Unternehmen und Projekten, woran allerdings auf EU-Ebene intensiv gearbeitet wird.

Auch die Pluralität an Nachhaltigkeits-Ratings mit ihren üblicherweise hochaggregierten und damit oftmals durchaus intransparenten Bewertungen erfordert Aufmerksamkeit: Woran soll man sich aus welchen Gründen halten? Zusätzlich muss man sich auf das einstellen, was noch kommt und dann für Investmentprodukte und Beratung relevant wird. Dabei ist eins klar: Das Ziel deutlich höherer Transparenz ist ein Leitmotiv auch dieser neuen Regulierungen. Damit werden gewisse Hürden für rein vertriebliches Handeln in der Beratung nachhaltiger Investments errichtet und die Chancen erhöht, sich mit Qualität im Markt abzuheben.

Und wie können sich Berater das notwendige Know-how aneignen, um die Spreu vom Weizen trennen zu können?

Beide: Nach unserer Erfahrung sind folgende Dinge gefordert: Investmentprüfungen mit kritischem Sachverstand, Vernetzung und für diejenigen, die das Thema noch nicht gut kennen, zunächst klassische Qualifizierung.

Um beim Thema Wissen zu bleiben: Herr Malmendier, inwieweit sehen Sie denn Handlungsbedarf in puncto Aus- und Weiterbildung von Beratern?

Marcel Malmendier: Im Bereich Weiterbildung sind wir bei ökofinanz-21 – wie andere auf Nachhaltigkeit spezialisierte Organisationen – selbst aktiv. Angebote von Investmenthäusern, die das Thema schon lange ernsthaft bewegen, sind zum Teil gut. Für Weiterbildungen ist bereits einiges da. Langfristig wird sich die Politik für den Finanzberatermarkt allerdings unter Qualitätsgesichtspunkten überlegen müssen, ob hier nicht eine echte Professionalisierung mit einer grundständigen Ausbildung wie bei anderen Professionen ansteht. Dort kann Nachhaltigkeits-Know-how dann ein zentrales Thema sein.

Eine Frage zum Abschluss: Wo sehen Sie nachhaltige Finanz­beratung in fünf Jahren?

Beide: Alle werden Angebote haben. Nachhaltigkeit ist ein Thema, in dem Qualität und Know-how der Finanzberater erkennbar werden. Klimawirkung, Biodiversität, Investments als Change-Instrumente zur Umsteuerung auf Nachhaltigkeit wie auch ESG-Berichterstattungen über den Impact von Investments sind zentrale Beratungsthemen. Und vielleicht öffnen sich der Markt und die Politik auch für diese Idee: Anleger müssen einen expliziten Wunsch äußern, um in kontroverse Geschäftsfelder investieren zu können.

Bild oben: © rangizzz – stock.adobe.com

 
Interview mit
Dr. Marcel Malmendier
Nadja Schiller