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12. August 2020
„Der Relaunch des Versicherungsvertreters“

„Der Relaunch des Versicherungsvertreters“

Die WWK stellt fest, dass in der Corona-Krise die Ausschließlichkeit an Attraktivität gewinnt. Die Stärke des Versicherers sieht Uwe Plath in einer dezentralen Betreuungsstruktur, einem breiten Produktportfolio und maßgeschneiderten Agenturverträgen, erklärt der Organisationsdirektor Eigenvertrieb der WWK im Interview.

Herr Plath, wie hat die Corona-Krise zunächst Ihre Ausschließlichkeit getroffen?

Im Prinzip hat es die Vermittler in der Ausschließlichkeit genauso getroffen wie die Versicherungsmakler. Von heute auf morgen war der Kontakt zum Kunden zunächst einmal bei vielen beendet. Wir mussten schnell umstellen in Richtung digitaler Vertrieb. Wir haben alles dafür getan, um hier zu unterstützen: Angefangen bei finanziellen Liquiditätshilfen bis hin zu umfangreicher technischer Unterstützung, um die digitale Kommunikation mit den Kunden zu ermöglichen und sogar Online-Abschlüsse rechtssicher zu tätigen.

Würden Sie sagen, der Vertrieb war schlecht vorbereitet?

Nein, aber wo wir vielleicht alle hätten schneller sein können, ist, die Online-Beratung flächendeckend zu etablieren. Sie ist sowohl bei den Gesellschaften als auch bei vielen Vermittlern zu lange zur Seite geschoben worden. Die technischen Handwerkssachen dafür gibt es bei uns ja schon lange, Corona hat den Veränderungsprozess nun beschleunigt.

Nun ist bei Veränderungen immer die Frage, ob die Vermittler alle mitgehen werden. Schon jetzt schrumpft ihre Zahl.

Ich kann mich noch gut erinnern, dass es an der Stelle mal 480.000 Marktteilnehmer waren. In den vergangenen Jahren ging das Pendel Richtung 200.000. Die Ausschließlichkeit ist dabei von allen Vermittlergruppen am meisten rückläufig. Ich habe für die WWK allerdings feststellen können, dass wir unseren Markt und unsere Größe gehalten haben. Unverändert sind rund 1.100 Vertriebspartner für uns tätig, und dies aus gutem Grund. Wir versuchen die Fluktuation, auch wenn sie in Teilen altersbedingt ist, auszugleichen und neue Vertriebspartner zu gewinnen. Das gelingt anscheinend nicht überall.

Die Wertschätzung gegenüber der eigenen Ausschließlichkeit wandelt sich immer mal wieder. Wie beurteilen Sie das?

Was andere tun, will ich nicht kommentieren. Ich kann nur sagen, wie wir mit den Leuten umgehen. Wir sind ein mittelgroßer Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit. Wir pflegen in unserer Ausschließlichkeitsorganisation einen fairen und partnerschaftlichen Umgang mit den Vermittlern.

Wie ist denn Ihre Struktur aufgebaut?

Wir haben eine dezentrale Struktur in Deutschland und sind mit acht Filial­direktionen und 32 Bezirksdirektionen in fast allen Regionen Deutschlands vertreten. Die Betreuung der Vertriebspartner findet persönlich vor Ort statt. Interessant ist zudem auch, dass die Ausschließlichkeit der WWK früher zu 90% im Lebengeschäft tätig war. In den vergangenen 15 Jahren haben wir uns aber in der Ausschließlichkeit zu einem Anbieter mit einem sehr breiten Produktportfolio entwickelt. Die breitere Spartenaufstellung insbesondere im Sachgeschäft hilft uns, neue Vertriebspartner zu gewinnen und einen mög­lichen Abrieb in der Vermittleranzahl zu verhindern. Abgänge können wir aber auch kompensieren durch ein gezieltes Nachwuchsförderungsprogramm, das uns sehr wichtig ist.

Wie darf man sich das vorstellen?

Wir haben einen Fokus auf die Nachwuchsförderung gelegt, die wir gemeinsam mit unseren Agenturen umsetzen. Wir versuchen mit unseren Agenturen einerseits Vermittler, die bereits in der Branche tätig sind, zu integrieren und andererseits auch Auszubildende im Vertrieb zu gewinnen. Die jungen Leute suchen wir gemeinsam mit den Agenturen aus. Sie sind direkt bei der WWK angestellt, die vertrieb­liche Ausbildung findet in den Agenturen vor Ort statt. Ich denke, dass wir so eine gute Mischung hinbekommen. Wir fördern den eigenen Nachwuchs, sind aber auch für die Ausschließlichkeit anderer Versicherer sowie für Makler und Mehrfachagenten, die Interesse an einem Wechsel haben, attraktive Partner.

Wo liegt denn dann Ihre Zielgröße bei der Anzahl der Vermittler im Eigenvertrieb?

Natürlich würde ich mich freuen, 1.500 Vertriebspartner zu haben. Wichtiger ist es aber, dass wir eine gesunde und leistungsfähige Ausschließlichkeit haben. Wir wollen ein stabiler Partner für die Agenturen sein und dass diese stabile Partner für die WWK sind.

Wenn Sie eine neue Agentur gewonnen haben, wie binden Sie diese an?

Je mehr sich unsere Ausschließlichkeit in den letzten Jahren verändert hat, desto mehr mussten wir unsere Systeme anpassen. Früher gab es einen Standardprovisionsvertrag zur Lebensver­sicherung. Heute benötigen wir beispielsweise auch Agenturkonzepte für jemanden, der Lebensversicherungen bisher gar nicht im Fokus hatte. Wir können auch jeder Komposit-Agentur ein maßgeschneidertes Sachkonzept vorlegen. Genauso können wir das aber für einen reinen Lebensversicherungs- und bAV-Vertrieb anbieten. Es gibt auch Vertriebspartner, die sich in einer Art Sozietät zusammenschließen, um ihre Stärken zu bündeln, und von uns adäquat unterstützt werden. Und wir haben einen Karriereweg für freiberufliche Vertriebspartner geschaffen, der bis zur selbstständigen Geschäftsstelle führt. Kommt aber jemand mit einer ganz neuen Idee zu uns, setzen wir uns auch damit auseinander und versuchen, ein maßgeschneidertes Konzept zu erstellen.

Dann noch einmal zur Corona-Krise zurück: Erwarten Sie denn eine steigende Wechselwilligkeit?

Viele Vermittler machen weiter wie bisher. Ich glaube aber auch, dass es Ausschließlichkeitsvermittler geben wird, die sich gerade jetzt alleingelassen und schlecht betreut fühlen. Da sehe ich durchaus hohes Potenzial für einen Wechsel zu uns. Ich glaube außerdem, dass es auch unter Makler- und Mehrfachagenten Wechselwillige gibt, die gemerkt haben, wie schwer es als Einzelkämpfer mit vielen Haftungsrisiken in solchen Zeiten sein kann, und den sicheren Hafen der Ausschließlichkeit suchen.

Das alles setzt voraus, dass in Zukunft der persönliche Vertrieb überhaupt noch gebraucht wird. Ist er für Sie weiterhin die Nummer eins?

Ja. Ich glaube nicht daran, dass der reine Online-Vertrieb den persönlichen Kontakt und die persönliche Beratung ablösen wird. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass Menschen bereit sind, komplexe Themen wie beispielsweise den Aufbau einer eigenen Altersvorsorge rein digital abzuschließen. Persönliche Beratung und Vertrauen wird ihren hohen Stellenwert behalten – wenn auch, wie schon angesprochen, mit vermehrter Anwendung von digitalen Medien und Tools. Der Trend geht ganz eindeutig zum „hybriden Vermittler“. Dies wird unserer Branche neue Leute im Vertrieb und auch neue Kunden bringen.

Die coronabedingten Änderungen machen den Beruf des Versicherungsvermittlers also interessanter für junge Menschen?

Ja, wir merken das sogar schon innerhalb der eigenen Organisation. Die jungen Kollegen und Kolleginnen verspüren seit Corona eine wesentlich höhere Bereitschaft, die neuen digitalen Wege zu nutzen. Zudem verzeichnen wir deutlich mehr Interesse an der Azubi-Ausbildung als in den Jahren zuvor. Ich denke, dass der Beruf für junge und technikaffine Leute durchaus attraktiver wird – man könnte sogar sagen, es gibt eine Art Relaunch des Versicherungsvertreters. Ich kann nur sagen, dass sich ein Blick auf den Beruf lohnt, und wer sich – ob nun Profi oder Einsteiger – dafür und insbesondere für die WWK interessiert, findet dazu alle Informationen im Internet unter www.zukunft-ausschliesslichkeit.de.

Das Interview lesen Sie auch in AssCompact 08/2020 und in unserem ePaper.