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25. Oktober 2020
„Die Pandemie hat bei vielen Menschen den Wunsch nach Absicherung verstärkt“

„Die Pandemie hat bei vielen Menschen den Wunsch nach Absicherung verstärkt“

Der ALTE LEIPZIGER – HALLESCHE Konzern geht davon aus, gut durch die Corona-Krise zu kommen. Manche Segmente entwickeln sich sogar besser als erwartet. BU, bAV und bKV bleiben strategische Wachstumsfelder. Auch über eine Grundfähigkeitsversicherung wird nachgedacht. Ein Interview mit Frank Kettnaker, Vorstand Vertrieb/Marketing ALTE LEIPZIGER – HALLESCHE Konzern

Herr Kettnaker, wie hat sich die Corona-Krise in der ersten Jahreshälfte auf das Neugeschäft ausgewirkt?

Wir haben bei den Antragszahlen der ALTE LEIPZIGER Leben keine Krise bemerkt. Im Gegenteil: Die Bruttobeiträge wuchsen über dem Plan. Insbesondere die BU-Versicherungen wurden stark nachgefragt: Das Neugeschäft erhöhte sich hier um fast 40%. Auch mit dem Neugeschäft der HALLESCHE sind wir trotz Corona-Krise im Plan. Vor allem die betriebliche Krankenversicherung ist für uns ein strategisches Wachstumsfeld.

Und mit Blick auf das ganze Jahr?

Corona ist nicht überstanden und die Entwicklung in den kommenden Monaten ist schwer absehbar. Ich bin aber zuversichtlich, dass wir keinen starken Einbruch im Neugeschäft erleben werden. Denn die Pandemie hat offenbar bei vielen Menschen den Wunsch nach Absicherung für sich und ihre Familien geweckt bzw. verstärkt.

Wie liefen oder laufen denn die Maßnahmen wie Stundungen und Beitragsfreistellungen?

Wir haben für unsere Kunden die Möglichkeit geschaffen, die Beiträge sechs Monate zinslos zu stunden. Das wird auch angenommen und wir stellen mehr Beitragsfreistellungen und Stundungen als im Vorjahr fest. Erfreulicherweise mussten diese Möglichkeiten aber seltener in Anspruch genommen werden als gedacht.

Im Hinblick auf mögliche Courtagerückforderungen bei Storno herrschte große Unsicherheit bei Maklern. Wie gehen Sie damit um?

Wir halten uns streng an die gesetzlichen Vorgaben: Bei einem Storno in der Haftungszeit sind wir verpflichtet, zu viel gezahlte Courtage zurückzufordern. Da sehen wir keinen Spielraum, wir sind ja auch unseren Kunden verpflichtet. Sollte ein Geschäftspartner außergewöhnliche finanzielle Probleme bekommen, suchen wir hierfür natürlich Unterstützungsmöglichkeiten.

Wie sieht es allgemein auf Maklerseite aus? Nehmen Sie coronabedingte – oder allgemeine – Veränderungen wahr?

Mein Eindruck ist, dass sich insbesondere der Arbeitsalltag eines Maklers durch Corona verändert hat. Das persönliche Beratungsgespräch wurde sehr schnell durch Online-Beratung ersetzt. Der zu beratende Kundenkreis hat sich etwas verschoben von Firmen hin zu Privatpersonen.

Außer der Umstellung auf Online-Beratung gibt Corona der Digitalisierung in der Vermittlung tatsächlich einen Schub?

Auf jeden Fall. Denken Sie allein an die Messen und Präsenzschulungen, die jetzt online abgehalten werden. Oder schauen Sie sich die DKM in diesem Jahr an: Wer hätte sich dieses Format letztes Jahr vorstellen können? Wir hatten Glück, dass unsere traditionellen Jahresauftaktveranstaltungen fast alle noch stattfinden konnten. Seither führen wir Schulungen für Geschäftspartner als Webinare durch. Auch unsere Antragsprozesse gibt es in digitaler Form mit E-Signatur und Online-Übertragung. Risikovoranfragen erledigt unser digitales Tool „e-Votum“, das schnell und 24/7 ein verbindliches Votum abgibt, das dem Antrag nur noch beigefügt werden muss. Wir haben für unsere Geschäftspartner ein Paket an digitaler Unterstützung geschnürt, das schon vorher, aber besonders während der Krise genutzt wurde. Das wird honoriert: Wir gehören in einer aktuellen AssCompact-Umfrage zu den Versicherern, die während der Corona-Krise den besten Service geboten haben bzw. bieten.

Sehen wir uns die Produktseite an. Sie stellen aktuell die BU-Versicherung stark in den Vordergrund. Wie sehen Sie den Markt?

Der Wettbewerb der vergangenen Jahre hat dazu geführt, dass die Bedingungen von nahezu allen Anbietern sehr gut und kundenfreundlich sind. Hier sind wir immer wieder gefordert, den Kunden noch ein Extra anzubieten. Mit unserer neuen BU, die wir seit Januar haben, ist uns das gelungen und zeitgleich noch risikogerechtere Prä­mien einzuführen.

Und was halten Sie von dem „Trend“ hin zur Grundfähigkeitsversicherung?

Auch für die ALTE LEIPZIGER ist dieses Produkt interessant. Wir prüfen zurzeit, inwiefern eine Grundfähigkeitenversicherung unsere Produktpalette ergänzen kann. Einen echten Ersatz zur Berufsunfähigkeitsversicherung stellt sie meiner Meinung nach nicht dar, aber für bestimmte Berufsfelder oder bei bestimmten Vorerkrankungen ist sie eine sehr gute Alternative.

Die bKV haben Sie schon kurz genannt. Wie sieht es hier und im Firmengeschäft allgemein aus?

In den vergangenen Jahren und noch zu Beginn dieses Jahres erzielten wir in der betrieblichen Altersversorgung hervorragende Geschäftsergebnisse. Aufgrund der Kontaktbeschränkungen hat sich das Neugeschäft abgeschwächt. Die tatsächliche Entwicklung hat aber zum Glück unsere Befürchtungen nicht bestätigt. Seit einigen Wochen spüren wir auch wieder eine Zunahme der Beratungs- und Vertriebsaktivitäten. Aufgrund des sehr guten Starts 2020 rechne ich damit, dass wir für das gesamte Jahr zu einem guten Gesamtergebnis kommen werden. Die Gesundheit der Mitarbeiter stand für Firmen noch nie so stark im Fokus wie jetzt. Zugleich warten viele Unternehmen bei ihrer Entscheidung für den Abschluss einer betrieblichen Krankenversicherung ab, wie sich die Krise auf ihr Unternehmen auswirkt. Wir sprechen deshalb im Neugeschäft der betrieblichen Krankenversicherung vermehrt Firmen der Lebensmittel- oder Gesundheitsbranche an, die ein krisenbedingtes Wachstum verzeichnen. Was unsere Bestandskunden im Firmengeschäft betrifft, sind wir auf die nächsten sechs bis zwölf Monate gespannt. Eine schnelle wirtschaftliche Erholung scheint möglich, weswegen ich verhalten optimistisch bin.

Und wie ist die aktuelle Lage beim Gewerbegeschäft?

Das Neugeschäft in der Gewerbever­sicherung hat sich im ersten Halbjahr dieses Jahres gut weiterentwickelt. Das führen wir darauf zurück, dass vor allem durch digitale Tools und vielfältige digitale Kommunikationsmöglichkeiten mit den Vermittlern dieses Geschäft vorangetrieben werden konnte. Inzwischen spüren aber auch wir die volkswirtschaftlichen Auswirkungen der Krise auf die Betriebe.

Wie andere Versicherer auch engagiert sich die ALTE LEIPZIGER im Bereich Nachhaltigkeit. Dringt das Thema bei Kunden und Vermittlern überhaupt durch?

Wir Versicherungsunternehmen denken langfristig, das liegt alleine schon an den langen Laufzeiten von Rentenversicherungen. Nachhaltige Produkte passen zu dieser Ausrichtung auf langfristige Kundenbeziehungen. Bei unseren fonds­gebundenen Renten können Kunden mittlerweile aus 19 nachhaltigen Fonds auswählen. „Grün“ zu investieren, lohnt sich. Denn wir haben festgestellt, dass die meisten nachhaltigen ETFs eine bessere Performance als ihre „klassischen“ Pendants bieten. Das liegt unter anderem daran, dass Unternehmen, die nachhaltig agieren, finanziell besser aufgestellt sind und weniger von Skandalen – zum Beispiel Dieselskandal oder Umweltverschmutzungen wie durch den Unfall der Deepwater Horizon – betroffen sind. Auffällig ist, dass Privatanleger massiv Geld aus Publikumsfonds abziehen, aber nachhaltige Fonds deutliche Zuwächse erfahren. Mit FEELfree hat die HALLESCHE die erste betriebliche Krankenversicherung auf den Markt gebracht, die ein Nachhaltigkeits-Testat erhalten hat. Damit können Kunden belegen, dass sie sich nicht nur für die Gesundheitsvorsorge ihrer Mitarbeiter einsetzen, sondern auch nachhaltig handeln.

Wird es diesbezüglich auch neue Produkte geben?

Im Rahmen von IDD wird auch die Frage nach nachhaltigen Produkten in die Beratung mit aufgenommen. Das wird das Interesse bei noch mehr Kunden wecken. Wir werden daher unsere Palette an nachhaltigen Fonds weiter ausbauen. Unser Nachhaltigkeitsbericht – nachzulesen auf unserer Website – ist seit diesem Jahr in einem kundenfreundlichen Format verfügbar, sodass unsere nachhaltigen Aktivitäten für jeden verständlich und zugänglich sind. Im Bereich der Nachhaltigkeit wird noch viel passieren! Es bleibt spannend! Wir Versicherungsunternehmen denken langfristig, das liegt schon an den langen Laufzeiten von Rentenversicherungen. Nachhaltige Produkte passen zu dieser Ausrichtung auf langfristige Kundenbeziehungen.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 10/2020, Seite 32 f., und in unserem ePaper.

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