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16. Mai 2020
„Man weiß erst hinterher, wie wenig man über M&A weiß“

„Man weiß erst hinterher, wie wenig man über M&A weiß“

Am 16.03.2020 hat die Hypoport-Gruppe bekannt gegeben, dass sie sich mit fast 50% an der AMEXPool AG in Buggingen beteiligt und sich die Option gesichert hat, die restlichen Anteile ebenfalls zu übernehmen. Boris Beermann, Vorstand der AMEXPool AG, hat 2006 in einer familieninternen Nachfolge die Geschäftsführung von seinem Vater übernommen und berichtet im Interview von seinen Erfahrungen.

Herr Beermann, wie hat sich die AMEXPool AG entwickelt, seit Sie 2006 die Geschäftsführung übernommen haben?

Im Jahr 2006 war der Einstieg nach dem Ausscheiden meines Vaters alles andere als leicht. Wir mussten den Wegfall eines Rahmenvertragspartners verkraften, was uns ungefähr 0,5 Mio. Euro Umsatz gekostet hat. Mit 25 Mitarbeitern und 5.000 Vertriebspartnern hatten wir das Jahr bei einem Umsatz von ca. 2,7 Mio. Euro mit einem Fehlbetrag vom knapp 600.000 Euro abgeschlossen. Bereits im Folgejahr konnten wir das Minus dann aber wieder neutralisieren, indem wir einerseits erhebliche Kosteneinsparungen vorgenommen und parallel die vertrieblichen Aktivitäten deutlich verstärkt haben.

Heute ist die AMEXPool AG ein wirtschaftlich sehr gesundes Unternehmen. Im letzten Jahr konnten wir mit 40 Mitarbeitern und 4.400 Vertriebspartnern das Jahr mit einem Jahresumsatz von über 10 Mio. Euro und einem erneut erfreulichen Jahresüberschuss abschließen.

Wie kam es, dass Sie sich dazu entschlossen haben, einen Teil der AMEXPool AG zu verkaufen?

Nicht nur der Gesetzgeber, sondern auch der allgemeine Margendruck zwingt Maklerpools wie den unseren zu einer immer stärkeren Prozessoptimierung. Gleichzeitig fordern unsere Vertriebspartner eine zunehmend stärker werdende Unterstützung durch Tools, Abläufe und Services. Besonders im Bereich der IT führt dies in den kommenden Jahren zu erheblichen Investitionen. Mir war relativ bald klar, dass diese gigantischen Investitionen nur dann zu meistern sind, wenn Unternehmen eine gewisse Größe haben und auch ein breites Know-how sowohl im Fachlichen als auch in der Informationstechnik vereinen.

Sie haben schon relativ früh das Resultate Institut mit der M&A-Beratung beauftragt. Was waren die Gründe?

Ich bin Vorstand eines Maklerpools und kein M&A-Berater. Unsere Devise war schon immer: Man soll das machen, wovon man wirklich etwas versteht, und das andere lassen. Das galt auch hier. Ich hatte einige Ideen. Wie die beste Lösung aber genau aussehen könnte, haben wir zusammen mit dem M&A-Berater erarbeitet. Der hat zuerst den Wert unseres Unternehmens ermittelt, die möglichen Optionen definiert und dann mit einer Chancen-Risiko-Analyse hinterlegt. Erst als der Weg und die Anforderungen an potenzielle Kandidaten klar waren, hat der Berater im Hintergrund den Markt durchleuchtet, Sondierungsgespräche geführt und uns dann mit den ganz wenigen wirklich infrage kommenden Kandidaten an den Tisch gebracht und die Verhandlungen moderiert und begleitet.

Was mich übrigens bis heute beeindruckt hat, ist die Tatsache, dass trotz dieses kleinen und gut vernetzten Markts bis zur Pressemitteilung der Hypoport-Gruppe wirklich gar nichts durchgesickert ist.

Was war der wesentliche Mehrwert, der M&A-Beratung während der verschiedenen Projektphasen?

Ich bin das Projekt anfangs eher aus der Sicht angegangen, was für die AMEXPool AG das Beste ist. Aber das hat sich mit dem Einstieg des Beraters schnell geändert. Auch den Nutzen „der anderen Seite“ sollte man in seine Überlegungen miteinbeziehen. Alle Modelle haben Vor- und Nachteile, lassen sich kaufmännisch rechnen und mit einer Chancen-Risiken-Matrix bewerten. Manche sichern den Standort, andere hätten ihn eher gefährdet. Ich persönlich hätte vermutlich mit ganz anderen potenziellen Interessenten gesprochen, als wir dies dann nach den Ergebnissen der Analyse gemacht haben. Das Projekt ist so viel fokussierter geworden und es wurden daraus dann auch klare Projektziele formuliert.

Ein weiterer wesentlicher Nutzen war der, dass ich mich um die ganze Recherche über potenzielle Kandidaten, deren Ansprache und um die späteren Sondierungsgespräche überhaupt nicht kümmern musste, weil dies der Dienstleister übernommen hat, ohne dass gegenüber potenziellen Kandidaten schon transparent gemacht worden wäre, dass es um mein Unternehmen geht.

Als es dann konkret wurde und ich auch persönlich in die Gespräche mit potenziellen Kandidaten involviert war, war es sehr hilfreich, sich auf jemanden verlassen zu können, der über das Thema M&A wirklich Bescheid weiß, den man jederzeit mit Fragen löchern kann und der auch weiß, wie mit gewissen Aktionen oder Reaktionen der anderen Seite umzugehen ist, welche Forderungen und Einwürfe seitens der beteiligten Rechtsanwälte und Steuerberater wie einzuordnen sind und wie man darauf reagiert. Man weiß erst hinterher, wie wenig man über M&A weiß.

Was war für Sie während des Projekts am anstrengendsten?

Hauptsächlich waren es emotionale Faktoren: Über einen so langen Zeitraum vor unseren Mitarbeitern, den Gesellschaften und Vertriebspartnern die Geheimhaltung aufrechtzuerhalten, fordert erhebliche Konzentration. Sie dürfen sich schließlich nicht versehentlich verquatschen. Und es zehrt auch heftig an den Nerven, weil Sie immer wieder Unterlagen beibringen müssen, die Sie in anderen Situationen einfach in der jeweiligen Abteilung angefordert hätten und jetzt teilweise selbst zusammenstellen müssen, um keine schlafenden Hunde zu wecken. Auch Herr Öchsner vom Resultate Institut hat mich zudem ziemlich gefordert, wenn es um die Bereitstellung und Hinterfragung geforderter Unterlagen oder die Vorbereitung auf Verhandlungsrunden ging. Ohne diese Form der Zusammenarbeit mit meinem Berater wäre das erreichte Ergebnis nicht im Ansatz möglich gewesen.

Was waren aus Ihrer Sicht die wichtigsten Meilensteine im Projekt? Und wie haben Sie sie gemeistert?

Ich fand es unglaublich spannend, welche Unternehmen das Resultate Institut aufgrund der erarbeiteten Kriterien als vielversprechendste Kandidaten ermittelt hatte. Diese hätte ich aus eigenem Antrieb wahrscheinlich nicht angesprochen und vermutlich auch nicht ansprechen können. Auch die Erstgespräche mit den potenziellen Kandidaten waren sehr entscheidende Ereignisse und liefen im Wesentlichen genau so ab, wie unser Berater es angekündigt hatte.

Irgendwann muss man sich dann entscheiden, mit wem man in die finalen Verhandlungen einsteigen will. Auch wenn das seitens des Beraters bestens vorbereitet war, nimmt einem diese Entscheidung dann keiner ab. Obwohl der Berater im Vorfeld schon angekündigt hatte, dass es kurz vor Vertragsunterzeichnung noch einmal „sehr spannend“ werden würde, habe ich die Dynamik der letzten Tage vor der Vertragsunterzeichnung absolut unterschätzt. Das zehrt wirklich an den Nerven. Meine Erkenntnis ist zwischenzeitlich die: Verhandlungen sind dann zu Ende, wenn die Tinte trocken ist.

Ihre persönliche Planung für die kommenden Jahre?

Mein Vorstandsmandat bei der AMEXPool AG läuft ja noch ein paar Jahre. Wenn die Zusammenarbeit mit QualityPool (Anmerkung der Redaktion: Innerhalb der Hypoport-Gruppe wird das Pool-Geschäft bei QualityPool angesiedelt, zu dem dann auch die AMEXPool AG gehören wird) so funktioniert, wie ich mir das vorstelle, verlängere ich auch gerne noch.

Irgendwann mussten Sie Ihre Mitarbeiter und Ihre Vertriebspartner informieren. Wie waren die Reaktionen?

Wie das Resultate Institut schon angekündigt hatte, waren die Reaktionen eher verhalten. Ich muss aber auch gestehen, dass der Zeitpunkt bedingt durch die aktuelle Corona-Krise fast nichts anderes erwarten ließ. Es haben eine Handvoll Vertriebspartner auf unseren Newsletter zurückgeschrieben, wobei sich hier positive und negative Rückmeldungen die Waage hielten. Das Gleiche gilt auch für die Versicherungsgesellschaften. Unsere Mitarbeiter dagegen waren erst mal schockiert. Da stehe ich für Fragen aber jederzeit zur Verfügung. Aber vermutlich ist es auch deshalb momentan so ruhig, weil sich die Firma aufgrund der Corona-Pandemie im Krisenmodus befindet und fast alle Mitarbeiter ins Home-Office geschickt hat.

Was würden Sie nachträglich betrachtet anders machen?

Nichts!

Das Interview führte Andreas W. Grimm für AssCompact.

Das Interview lesen Sie auch in AssCompact 05/2020, Seite 86 f. und in unserem ePaper.

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