Interview mit Nadine Romming, Versicherungsmaklerin und Vorstandsmitglied bei der Interessengemeinschaft Deutscher Versicherungsmakler e. V. (IGVM)
Frau Romming, die IGVM positioniert sich als Sprachrohr unabhängiger Makler. Wie definieren Sie „Unabhängigkeit“ in der heutigen Praxis – und wo sehen Sie selbst die größten Zielkonflikte für Ihre Mitglieder?
Unabhängigkeit bedeutet für uns, dass der Makler ausschließlich im Sinne des Kunden handeln kann – frei von Vorgaben oder Verkaufszielen der Versicherer, wie sie etwa im Ausschließlichkeitsvertrieb üblich sind. Dieses Prinzip der Kundenorientierung ist für uns zentral.
In der Praxis wird diese Unabhängigkeit vor allem durch den Bundesverband der Verbraucherzentralen infrage gestellt, etwa mit dem Hinweis auf unterschiedliche Provisionssätze. Doch das greift zu kurz: Der Kunde hat heute die Wahl, ob er seine Versicherung klassisch über Provision oder transparent über ein Honorar vermitteln lassen möchte.
Beide Modelle haben ihre Berechtigung – und ihre Grenzen. Bei kleinen Sachversicherungen kann ein Honorar im Verhältnis teuer werden. Außerdem bieten nicht alle Versicherer provisionsfreie Tarife an. Das würde die Produktauswahl einschränken. Dennoch bleibt entscheidend: Der Makler ist unabhängig in seiner Empfehlung – und das bedeutet, dass die Interessen des Kunden immer im Mittelpunkt stehen.
Verbraucherschützer zerren gegenwärtig Versicherungsmakler vor Gericht. Der Vorwurf: Maklerhäuser werben zu Unrecht mit dem Begriff Unabhängigkeit. Was nehmen Sie im Markt bzw. unter den IGVM-Mitgliedern wahr? Kennen Sie Fälle, in denen das der Fall ist?
Wir sehen die aktuelle Entwicklung mit Sorge – und auch mit Klarheit. Es gibt zweifellos Marktteilnehmer, die den Begriff „unabhängig“ in ihrer Außendarstellung verwenden, obwohl sie es strukturell nicht sind. In solchen Fällen ist Kritik berechtigt.
Ein Versicherungsmakler hingegen ist verpflichtet, seine Empfehlungen allein am Bedarf des Kunden auszurichten – unabhängig davon, ob und in welcher Höhe eine Provision gezahlt wird. Gerade weil diese Unabhängigkeit eine zentrale Pflicht des Maklers darstellt, ergibt sich daraus zugleich das berechtigte Recht, genau diesen Aspekt als Qualitätsmerkmal in der Kommunikation nach außen hervorzuheben. Daher sehen wir auch viele Abmahnungen mit Sorge, denn genau dieses Recht wird damit beschnitten. Diese Vorgehensweise betrifft auch eines unserer Mitglieder.
Sie kritisierten neulich, dass die aktive Rolle der IGVM nicht ausreichend gewürdigt wird. Wie genau sieht Ihr Engagement im konkreten Fall gegen die Abmahnung der Verbraucherzentrale aus?
Wir haben unter den IGVM-Mitgliedern ein Unternehmen, das in erster Instanz gegen den Bundesverband der Verbraucherzentralen gewonnen hat. Hiergegen ist dieser nun in Revision gegangen. Daher haben wir eine Kostenzusage für den Rechtsstreit erteilt – als klares Signal: Wer für Unabhängigkeit steht, steht bei uns nicht allein.
Darüber hinaus führen wir Gespräche mit juristischen Experten und stellen Stellungnahmen zur Verfügung. Unsere Rechtsauffassung zur Zulässigkeit des Begriffs „unabhängig“ für echte Versicherungsmakler ist klar begründet: Dass ein Makler für seine Vermittlung in der Regel eine Provision von der Versicherungsgesellschaft erhält – die Bestandteil der Versicherungsprämie ist –, beeinträchtigt seine gesetzlich verankerte Unabhängigkeit nicht. Er ist ausdrücklich verpflichtet, im ausschließlichen Interesse des Kunden zu handeln, und darf sich dabei nicht von etwaigen Provisionsinteressen leiten lassen. Wer das Gegenteil unterstellt, setzt automatisch ein rechtswidriges Verhalten des Maklers voraus.
Und welche Signalwirkung erhoffen Sie sich davon für den Markt?
Wir wollen zeigen: Unabhängigkeit ist kein bloßes Marketingversprechen, sondern gelebte Haltung. Und wer sich wirklich im Sinne des Kunden positioniert, hat mit uns einen starken Verband an seiner Seite. Unsere Signalwirkung richtet sich sowohl an den Gesetzgeber als auch an Mitbewerber: Entweder man lebt Unabhängigkeit – oder man spricht nicht davon.
Die Unabhängigkeit von Maklern wird immer wieder infrage gestellt. Welche konkreten Maßnahmen fordern Sie von der Branche und dem Gesetzgeber, um diese Unabhängigkeit nachhaltig zu sichern?
Wir fordern:
- eine klare gesetzliche Definition des unabhängigen Versicherungsmaklers. Unserer Auffassung nach sollte § 59 Versicherungsvertragsgesetz geschärft werden. Darin muss ausdrücklich festgeschrieben werden, dass ein Versicherungsmakler ausschließlich im Interesse des Kunden handelt und dabei weder an Weisungen noch an wirtschaftliche Interessen von Versicherern gebunden sein darf. Zudem sollte klargestellt werden, dass die Annahme einer Provision die Unabhängigkeit des Maklers nicht infrage stellt, solange seine Beratungspflichten uneingeschränkt erfüllt werden.
- eine reine Beratungstätigkeit des Versicherungsmaklers sollte analog dem Versicherungsberater für diesen auch möglich sein.
- die Möglichkeit, dass unabhängige Makler weiterhin mit diesem Begriff werben dürfen – sofern sie den Status auch rechtlich und wirtschaftlich erfüllen.
Zudem muss die Finanzierung von Verbraucherschutzorganisationen transparenter werden, wenn diese sich als Marktakteure mit Abmahncharakter betätigen. Denn zum einen wird hier eine Rechtsberatung ohne Vermittlung oder Haftung durchgeführt, zum anderen werden aber „Mitbewerber“ durch Steuermittel finanziert abgemahnt.
Sie fordern außerdem eine differenzierte Betrachtung der Rolle der Berufsverbände. Wie sehen Sie die Zusammenarbeit mit anderen Akteuren?
Wir sind jederzeit zur Zusammenarbeit z. B. mit Verbänden bereit – aber nicht um jeden Preis. Die IGVM unterscheidet sich klar von anderen Berufsverbänden, da wir:
- ausschließlich aktive Versicherungsmakler in Verband und Vorstand haben,
- keiner wirtschaftlichen Abhängigkeit unterliegen und
- Positionen vertreten, auch wenn sie unbequem sind.
Das gibt uns die Möglichkeit, auch Stellungen zu beziehen, ohne dass wir den Einfluss von Versicherern beachten müssen. Denn jedes unserer Mitglieder arbeitet im Auftrag seiner Kunden, und diese Interessen versuchen wir zu wahren.
Auch sind Verbraucherschutzverbände in gewissen Themen wichtig und deren Arbeit richtig. Handelt es sich aber um solche Abmahnwellen, die Rechte von Marktteilnehmern willkürlich einschränken, stößt das Verständnis an Grenzen.
Wie wollen Sie sicherstellen, dass die Interessen der Maklerschaft in medienöffentlichen Debatten künftig stärker vertreten sind?
Wir versuchen stets, unsere Medienpräsenz zu erweitern. Am Ende ist unsere Kernarbeit allerdings die, unseren Mitgliedern den Arbeitsalltag zu erleichtern und mit gegenseitigem Fachwissen ein Forum zu schaffen, das in dieser Form einzigartig am Markt ist.
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Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 08/2025 und in unserem ePaper.

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