Interview mit Stefan Münter, Co-CEO und Vorstand von Europace
Herr Münter, die Unsicherheit gerade bei Häuslebauern war und ist groß, die Branche in Sorge. Wie hat sich das auf die Baufinanzierung ausgewirkt?
Derzeit sehen sich die Verbraucherinnen und Verbraucher mit mehreren Unsicherheiten am Markt konfrontiert. Die steigenden Zinsen bei derzeit weiterhin steigenden Immobilienpreisen und steigenden Herstellungskosten für Neubauten sind in dieser Kombination lange nicht gesehene Herausforderungen. Geplante Finanzierungen müssen neu- oder umgeplant werden. Im schlimmsten Fall sind konkrete Vorhaben – auch durch den Wegfall der Förderung – nicht mehr möglich.
Nichtsdestotrotz sehen wir weiterhin eine hohe Nachfrage nach Immobilien und durch den schnellen Zinsanstieg vor allem im ersten Quartal dieses Jahres auch eine übermäßige Nachfrage nach Forward-Darlehen.
Während die Immobilienpreise weiter steigen, haben auch die Baukosten und vor allem die Zinsen deutlich zugelegt. Wie hat sich denn die Nachfrage unter diesen Vorzeichen zuletzt entwickelt?
Das Bedürfnis von Verbraucherinnen und Verbrauchern hat sich nicht geändert. Die Eigentumsquote in Deutschland ist im internationalen Vergleich nach wie vor eher niedrig. Es sind weiterhin nur wenig Angebote in den gefragten Lagen am Markt verfügbar. Die Baugenehmigungen haben sich zudem nicht in dem Maße entwickelt, wie wir es im politischen Umfeld anstreben, und auch der Nachfragedruck auf das Umland bleibt hoch. Und bei einem in bestimmten Räumen weiterhin deutlichen Nachfrageüberhang bleibt zuletzt eben ein Käufer übrig. Das spricht gerade in entsprechenden Lagen erneut für hohen Preisdruck, wie auch die Postbank zuletzt in einer großen Studie festgestellt hat.
Für das Hin und Her rund um die Bundesförderung für effiziente Gebäude musste die Bundesregierung heftige Kritik einstecken. Wo sehen Sie die Politik in der Pflicht, um Häuslebauer angesichts steigender Baukosten und höherer Zinsen zu unterstützen?
Mein Wunsch wäre eine Rückkehr der zinsgünstigen KfW-Darlehen und zugleich die Wiederaufnahme der Förderung für energieeffizientes Bauen durch die Politik. Diese Förderung in Verbindung mit der Verwendung nachwachsender Rohstoffe bietet eine gute Grundlage für Verbraucherinnen und Verbraucher, die sich den Traum des eigenen Zuhauses erfüllen wollen. Zusätzlich finde ich es wichtig, die Grunderwerbsteuer zu hinterfragen und darauf bei der ersten eigenen Immobilie zur Selbstnutzung zu verzichten. Diese Vorschläge können Alternativen darstellen, wie die Politik Verbraucherinnen und Verbraucher auch in Zeiten steigender Zinsen weiterhin unterstützen kann.
Welche Relevanz haben denn überhaupt staatliche Fördermittel in der Baufinanzierung?
Wir glauben daran, dass die eigene Immobilie ein Teil eines jeden Lebensentwurfs sein soll. Aus diesem Grund wünschen wir uns mehr Anreize für die Menschen, ihre vier Wände auch selbst ihr Eigen nennen zu können. Wohneigentum trägt einen erheblichen Teil zur Vermeidung von Altersarmut bei. Die Sparquote ist viel höher.
Schauen wir auf unsere Nachbarländer ist die Eigenheimquote und damit auch ein wesentlicher Teil der Vermögensbildung in Deutschland noch immer eher gering. In Deutschland besitzen laut Statista nur knapp 50,4% eine eigene Immobilie, die andere Hälfte lebt noch immer zur Miete – in Europa liegt nur die Schweiz mit 42,3% hinter Deutschland. Die Eigenheimquote ist in Frankreich (64%), Norwegen (80,8%) oder beispielsweise Kroatien (91%) deutlich höher. Hier können und müssen wir aufholen.
Staatliche Fördermittel können auch Menschen mit niedrigeren Einkommen ermöglichen, in die eigenen vier Wände zu kommen. Die KfW kann ihren Anteil an der Bewerbung für Immobilienvermögen leisten. Insbesondere die guten Förderungen für Energieeffizienz können im Hinblick auf eine bessere Energiebilanz des Gebäudesektors einen wichtigen Beitrag leisten.
Zusätzlich sollten wir den Bau mit nachwachsenden Rohstoffen zur CO2-Speicherung fördern, beispielsweise durch die vermehrte Nutzung von Holz. Unsere Gesellschaft setzt auf den massiven Ausbau von erneuerbaren Energien. Das braucht Förderung, vor allem dann, wenn es nicht zugleich ökonomisch auch die bessere Lösung ist, die PV- Anlage zu maximieren. Bauherren stehen gerade in Zeiten steigender Baupreise vor der Frage, ob sie auf die Kosten der nächstbesseren Energieeffizienzklasse verzichten, weil sie schlicht müssen, um sich den Traum der eigenen Immobilie zu erfüllen.
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