Ein Gastbeitrag von Daniel Preis, Co-CEO und CSO der Domicil Real Estate AG
Spätestens seit dem BMF-Schreiben vom Februar 2023 ist klar: Die Restnutzungsdauer eines Gebäudes darf realistisch geschätzt und steuerlich geltend gemacht werden – ein Hebel, der in der Praxis bislang zu selten genutzt wird. Das bedeutet in der Konsequenz: Die lineare Abschreibung muss nicht pauschal über 50 Jahre erfolgen. Liegt eine nachvollziehbar begründete kürzere Restnutzungsdauer vor – etwa 30 oder 25 Jahre –, kann diese angesetzt werden. Der jährliche AfA-Satz steigt damit auf 3,33% oder 4% und reduziert die steuerliche Belastung spürbar. Das verbessert die laufende Liquidität und erhöht die Planbarkeit der Nachsteuerrendite.
Rechtlicher Rahmen und praktische Implikationen
§ 7 Abs. 4 Satz 2 EStG regelt, dass die Absetzung für Abnutzung bei Gebäuden sich nicht zwingend nach der gesetzlich unterstellten Nutzungsdauer von 50 Jahren richten muss. Vielmehr ist eine kürzere, realistische Nutzungsdauer maßgeblich, wenn sie plausibel belegt werden kann. Das BMF hat dies konkretisiert: Für den Nachweis ist ein Gutachten erforderlich, das sich ausschließlich mit der tatsächlichen Restnutzungsdauer des Gebäudes befasst. Dieses Gutachten muss von einem öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen oder einer nach DIN EN ISO/IEC 17024 zertifizierten Person erstellt sein.
Das Bundesfinanzministerium erwägt derzeit, die Bescheinigung der Restnutzungsdauer künftig ausschließlich auf öffentlich bestellte Sachverständige zu beschränken. In der Praxis ist das problematisch, da die Zahl solcher Gutachter begrenzt ist. Gleichzeitig bestehen rechtliche Bedenken hinsichtlich Berufsfreiheit, Gleichbehandlung und Verhältnismäßigkeit. Als Anbieter von Bestandswohnungen mit Rundum-Service für private Kapitalanleger hat Domicil bereits vorgesorgt, um auch unter den neuen Vorgaben verlässliche, rechtskonforme Lösungen sicherzustellen.
Technische Lebensdauer statt pauschaler 50 Jahre
Für ältere Eigentumswohnungen – etwa in Mehrfamilienhäusern der 1950er- bis 1980er-Jahre – ergeben sich daraus relevante Anknüpfungspunkte. Der Bauzustand, das Modernisierungsniveau, die Qualität der Bausubstanz und mögliche Instandhaltungsrückstände können bei der Bewertung der Restnutzungsdauer berücksichtigt werden. Auch bei bereits modernisierten Objekten liegt die effektive Restnutzungsdauer in der Regel unterhalb des pauschalen 50-Jahreswerts, da Modernisierungen häufig nicht alle Gebäudeteile umfassen und Lage- oder Substanzmängel fortbestehen können.
Eine verkürzte Restnutzungsdauer bedeutet jedoch nicht automatisch, dass Mängel am Gebäude oder ein Instandhaltungsstau vorliegen. Vielmehr spiegelt sie die realistische technische Lebensdauer wider – und das in Form eines Modellwerts gemäß Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV), der keine exakte Angabe zur tatsächlichen Haltbarkeit des Gebäudes macht. Bei einem Verkauf kann der neue Eigentümer unter bestimmten Voraussetzungen erneut eine verkürzte Restnutzungsdauer geltend machen.
Seite 1 Abschreibung als Ertragsverstärker
Seite 2 Steuerliche Wirkung und ökonomischer Vorteil

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