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9. März 2020
Adoption abgebrochen. Staat bittet wankelmütiges Paar zur Kasse

Adoption abgebrochen. Staat bittet wankelmütiges Paar zur Kasse

Ein Ehepaar, das ein fünfjähriges Mädchen aus Thailand adoptieren wollte, muss nach Abbruch der Adoption in vollem Umfang für die Kosten des Lebensunterhalts des Kindes aufkommen. Die Kosten seien zwar existenzgefährdend für die Eltern, aber dennoch rechtmäßig, entschied das OVG Münster.

Ein Kind zu adoptieren will wohlüberlegt sein. Das gilt für alle Paare, ganz gleich ob es sich um eine Auslandsadoption handelt oder ob im Inland nach einem Adoptivkind gesucht wird. Wie wichtig diese selbstverständliche Empfehlung jedoch ist, beweist ein aktueller Fall vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster.

Paar erklärt Adoption für gescheitert

Ein Ehepaar aus NRW wollte ein Kind aus Thailand adoptieren. Vorgeschlagen wurde ihnen ein fünfjähriges Mädchen, das in seinem Heimatland bereits wenige Wochen nach der Geburt in ein Kinderheim gegeben worden war. Das Paar nahm das Mädchen zur sechsmonatigen Adoptionspflegezeit auf, die einer Adoption vorangehen muss, kam jedoch mit dem Mädchen nicht zurecht und erklärte die Adoption für gescheitert.

Kosten für sechs Jahre Unterhalt des Kindes

Im Zuge des Auslandsadoptionsverfahrens mussten die Eltern jedoch zusichern, dass sie das vorgeschlagene Kind wirklich annehmen würden. Sollte die Adoption scheitern, verpflichteten sich die Eheleute dem Jugendamt gegenüber dazu, sämtliche durch öffentliche Mittel aufgewendete Kosten für den Lebensunterhalt des Kindes für einen Zeitraum von sechs Jahren ab der Einreise des Kindes zu übernehmen.

Kind wird in staatlicher Einrichtung untergebracht

Bereits nach wenigen Wochen Adoptionspflege sah sich das Ehepaar mit der Erziehung und Betreuung des Kindes überfordert. Die Eheleute sprachen davon, dass das Kind widerspenstiges Verhalten an den Tag lege und es bereits bei der Abholung in Thailand zu Problemen gekommen war. Aus diesem Grund strebten sie eine baldige Rückführung des Mädchens in sein Heimatland an. Dies kam für die Behörden jedoch nicht in Betracht, da das Kindeswohl unter diesen Umständen im Heimatland gefährdet gewesen wäre. Das Mädchen wurde daraufhin in einer staatlichen Einrichtung untergebracht, die Kinder in häuslicher Umgebung betreut.

Adoptionsbewerber sollen monatlich 5.000 Euro zahlen

Das Ehepaar erhielt ein halbes Jahr später einen Bescheid, in dem sie zur Zahlung von 38.000 Euro aufgefordert wurden. Bei dem Betrag handelte es sich um die Kosten für die Unterbringung sowie die Krankenversicherung und den Dolmetscher, was in einer Höhe von ca. 5.000 Euro pro Monat zu Buche schlug. Die 38.000 Euro umfassten folglich nur den Zeitraum von Juli 2014 bis Februar 2015. Auf das Paar warteten dementsprechend weitere knapp fünfeinhalb Jahre, in denen sie die Kosten für den Lebensunterhalt zu tragen hätten. Das Paar klagte gegen die Forderungen der Stadt.

Paar spricht von unzureichender Aufklärung

Die beiden vertraten die Ansicht, dass der Bescheid rechtswidrig erfolgt sei. Der Vertreter des Jugendamtes habe sie nicht ausreichend aufgeklärt, sondern lediglich gesagt, dass es teuer werden könne, wenn sie die Adoption abbrechen würden. Sie seien davon ausgegangen, dass sie in einem solchen Fall lediglich für sechs Monate und nicht sechs Jahre zur Übernahme der Unterhaltskosten verpflichtet seien. Dass eine kurzfristige Rückführung des Kindes nicht möglich sein könnte, hätte ihnen auch niemand gesagt. Auch über den Umstand, dass das Kind Verhaltensauffälligkeiten an den Tag lege, fühlten sie sich nicht hinreichend aufgeklärt.

Beschluss ist existenzgefährdend, aber rechtens

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf lehnte die Klage ab, das OVG schloss sich in seiner Entscheidung dem an und lehnte den Antrag auf Zulassung der Berufung ab. Das OVG begründete seinen Beschluss damit, dass etwaige Verstöße des Jugendamtsvertreters gegen Belehrungs- und Aufklärungspflichten bereits deshalb nicht zum Erfolg der Klage führen könnten, da diese nicht die Unwirksamkeit der Erklärung zur Folge hätten. Lediglich Schadensersatzansprüche könnten sich diesbezüglich ergeben. Die Kläger hatten zugegeben, dass sie sich unsicher hinsichtlich des zeitlichen Umfangs ihrer Haftung waren. Dennoch hätten sie weder nachgefragt noch die beurkundete Erklärung unterlassen. Dementsprechend sei auch eine etwaige unzureichende Aufklärung nicht ursächlich für den entstandenen Schaden gewesen. Auch, dass die Höhe der Erstattungsbeträge unter Umständen existenzgefährdend für die Eheleute sei, stehe der Rechtmäßigkeit derselben nicht entgegen. Der Beschluss ist unanfechtbar. (tku)

OVG Münster, Beschluss vom 03.03.2020, Az.: 12 A 1353/17

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